Körperverletzung im Arbeitsverhältnis – arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen
Gewalt am Arbeitsplatz ist keine bloße Grenzüberschreitung, sondern stellt in der Regel einen schwerwiegenden Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten dar – und zugleich eine Straftat. Körperverletzungen unter Kollegen oder gegenüber Vorgesetzten, Kunden oder externen Geschäftspartnern können erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen wie eine fristlose Kündigung nach sich ziehen. Gleichzeitig ist die strafrechtliche Relevanz (§§ 223 ff. StGB) zu beachten.
Was ist Körperverletzung im strafrechtlichen Sinne?
Die rechtliche Grundlage liefert insbesondere § 223 StGB:
§ 223 Abs. 1 StGB – Körperverletzung:
„Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Eine Körperverletzung liegt demnach vor, wenn jemand:
- eine andere Person körperlich misshandelt (z. B. schlagen, schubsen, würgen),
- oder deren Gesundheit schädigt (z. B. Prellungen, Schürfwunden, Stresssymptome infolge von Gewalt).
Auch eine versuchte Körperverletzung oder eine gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB), z. B. durch den Einsatz von Werkzeugen, sind strafbar. Bei besonders schweren Fällen (z. B. mit bleibenden Schäden) drohen Freiheitsstrafen über ein Jahr.
Körperverletzung am Arbeitsplatz – typische Konstellationen
Im betrieblichen Alltag sind folgende Konfliktlagen häufig relevant:
- Tätliche Auseinandersetzungen unter Kollegen, etwa im Rahmen eines Streits
- Gewalt gegen Vorgesetzte, z. B. aus Frustration oder in Eskalationssituationen
- Übergriffe durch Vorgesetzte, etwa im Zusammenhang mit Mobbing
- Körperliche Angriffe auf Kunden, Patienten oder Besucher (z. B. im Sicherheitsdienst, Pflegebereich oder Einzelhandel)
Die Einordnung hängt von der Intensität, dem Vorsatz, dem Ablauf und der Beziehung zwischen den Beteiligten ab.
Arbeitsrechtliche Konsequenzen
Körperverletzungen im beruflichen Kontext stellen in der Regel eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) dar. Abhängig vom Einzelfall kommen folgende Maßnahmen in Betracht:
1. Fristlose Kündigung (§ 626 BGB)
Eine Tätlichkeit rechtfertigt in der Regel eine außerordentliche Kündigung – unabhängig davon, ob die Tat innerhalb oder außerhalb der Arbeitszeit erfolgt, sofern sie einen Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweist. Beispiel: Faustschlag in der Teeküche oder Prügelei auf dem Firmengelände.
2. Ordentliche Kündigung
Wenn mildernde Umstände vorliegen (z. B. lange Betriebszugehörigkeit, spontane Reaktion, vorherige Provokation), kann auch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung möglich sein.
3. Abmahnung
Nur bei sehr leichten körperlichen Übergriffen, etwa bei versehentlichen Berührungen im Rahmen eines Streits oder wenn eine Reaktion als Kurzschlussreaktion zu bewerten ist, kann im Ausnahmefall eine Abmahnung genügen.
4. Freistellung / Versetzung
Zur Deeskalation kann es erforderlich sein, betroffene Arbeitnehmer bis zur Aufklärung vorübergehend freizustellen oder umzusetzen.
Strafanzeige und Ermittlungsverfahren
In der Praxis folgt einer Körperverletzung am Arbeitsplatz oft eine Strafanzeige durch den Geschädigten oder den Arbeitgeber. Dies kann sowohl zu einem Strafverfahren mit möglichen Sanktionen (Geldstrafe, Bewährungsstrafe, Eintrag ins Führungszeugnis) als auch zu zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen führen (z. B. Schmerzensgeld).
Besonderheiten:
- Körperverletzung ist ein Offizialdelikt – die Ermittlungsbehörden müssen bei Kenntnis handeln.
- Auch ein innerbetrieblicher Vergleich ersetzt das staatliche Ermittlungsinteresse nicht.
- Täter riskieren eine Verurteilung mit Relevanz für das Arbeitsverhältnis (Vertrauensverlust, Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung).
Arbeitgeberpflichten im Umgang mit Gewalttaten
Arbeitgeber haben eine gesetzliche Schutzpflicht gegenüber ihren Beschäftigten (§ 618 BGB, § 12 ArbSchG). Bei Gewaltdelikten am Arbeitsplatz müssen sie:
- den Sachverhalt gründlich aufklären (Beweissicherung, Zeugenanhörung),
- den Betriebsrat beteiligen (bei Kündigungen: § 102 BetrVG),
- geeignete arbeitsrechtliche Maßnahmen einleiten,
- ggf. Anzeige erstatten und Hausverbote aussprechen,
- Präventionsmaßnahmen etablieren, z. B. Deeskalationstrainings, Konfliktmediation.
Versäumnisse können zivilrechtliche Haftungsrisiken oder öffentlich-rechtliche Konsequenzen (z. B. aus dem Arbeitsschutzrecht) nach sich ziehen.
Was sollten Arbeitnehmer tun?
Arbeitnehmer, die Opfer von Gewalt am Arbeitsplatz werden, sollten:
- den Vorfall dokumentieren (Datum, Uhrzeit, Beteiligte, Verletzungsfolgen),
- mögliche Zeugen benennen,
- sich medizinisch untersuchen lassen (Attest einholen),
- den Vorfall intern melden (Vorgesetzte, Personalabteilung, ggf. Betriebsrat),
- ggf. eine Strafanzeige erstatten und anwaltliche Beratung einholen.
Auch für Beschuldigte ist anwaltliche Hilfe essenziell, um arbeitsrechtliche und strafrechtliche Risiken sachgerecht zu bewerten.
Wann sollte ein Fachanwalt für Arbeitsrecht eingeschaltet werden?
Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht sollte in allen Fällen von körperlicher Gewalt am Arbeitsplatz konsultiert werden – sowohl von Arbeitgebern als auch von Arbeitnehmern. Der Anwalt kann:
- die rechtlichen Folgen bewerten (Kündigung, Abmahnung, Schadensersatz),
- eine individuelle Verteidigungsstrategie bei Kündigung oder Strafanzeige entwickeln,
- Vergleichs- und Einigungslösungen vermitteln,
- Gerichtsverfahren begleiten – sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor Strafgerichten.
Körperverletzungen im Arbeitsverhältnis stellen einen gravierenden Bruch des Vertrauensverhältnisses dar und können straf- wie arbeitsrechtlich schwerwiegende Konsequenzen haben. Arbeitgeber sind verpflichtet, konsequent zu handeln. Arbeitnehmer müssen ihre Rechte wahren – sei es als Opfer oder als beschuldigte Person. Eine rechtzeitige Beratung durch einen erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht ist in beiden Fällen unerlässlich, um Risiken zu minimieren und geeignete Schritte einzuleiten.
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FAQ – Körperverletzung im Arbeitsverhältnis
Was gilt im Arbeitsrecht als Körperverletzung?
Körperverletzung im arbeitsrechtlichen Sinne ist jede vorsätzliche oder fahrlässige physische Misshandlung oder Gesundheitsbeschädigung eines Kollegen, Vorgesetzten, Mitarbeiters oder Dritten (z. B. Kunden), die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 223 StGB.
Ist eine Körperverletzung am Arbeitsplatz immer ein Kündigungsgrund?
In der Regel ja. Eine vorsätzliche Körperverletzung stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten dar. In vielen Fällen ist eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung möglich – insbesondere bei gewalttätigen Übergriffen mit Verletzungsfolge.
Muss der Arbeitgeber kündigen, wenn es zu einer Körperverletzung kommt?
Nein, aber er ist verpflichtet, den Vorfall sorgfältig aufzuklären und geeignete arbeitsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Je nach Schwere und Kontext kann das eine Abmahnung, Versetzung, Freistellung oder Kündigung sein. Arbeitgeber müssen zudem ihrer Fürsorgepflicht nachkommen und betroffene Arbeitnehmer schützen.
Kann auch eine leichte Tätlichkeit arbeitsrechtliche Folgen haben?
Ja. Auch vermeintlich „geringfügige“ körperliche Übergriffe – wie das Schubsen, Stoßen oder Greifen an die Kleidung – können zu einer Abmahnung oder Kündigung führen, wenn sie nicht nur versehentlich oder im Affekt erfolgen.
Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Kündigung wegen Körperverletzung?
Der Betriebsrat muss gemäß § 102 BetrVG vor jeder Kündigung angehört werden. Er kann Bedenken äußern oder der Kündigung widersprechen, etwa wenn der Vorfall nicht ausreichend aufgeklärt wurde oder eine mildere Maßnahme ausreicht. Eine fehlende oder fehlerhafte Beteiligung kann die Kündigung unwirksam machen.
Was kann der betroffene Arbeitnehmer tun?
Das Opfer sollte:
- den Vorfall dokumentieren (Ort, Zeit, Beteiligte, Ablauf),
- Zeugen benennen,
- ggf. ärztliche Beweise sichern (Attest),
- den Vorfall intern melden,
- bei Bedarf Strafanzeige stellen und rechtlichen Beistand suchen.
Welche Rechte hat der beschuldigte Arbeitnehmer?
Beschuldigte haben das Recht auf:
- Anhörung durch den Arbeitgeber,
- Einsicht in die Vorwürfe,
- anwaltliche Beratung (insbesondere vor einer Kündigung),
- ggf. arbeitsgerichtliche Klage gegen eine unberechtigte Kündigung oder Abmahnung.
Wann liegt eine „betriebsbezogene“ Körperverletzung vor?
Eine betriebsbezogene Körperverletzung liegt dann vor, wenn die Tat im Rahmen oder aus Anlass des Arbeitsverhältnisses erfolgt – also z. B. im Büro, auf dem Betriebsgelände oder bei einem dienstlichen Anlass (z. B. Weihnachtsfeier). Auch Vorfälle außerhalb der Arbeitszeit können arbeitsrechtlich relevant sein, wenn ein Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis besteht.
Ist eine Strafanzeige durch den Arbeitgeber zulässig?
Ja. Körperverletzung ist ein sogenanntes Offizialdelikt – das bedeutet: Wenn ein Arbeitgeber Kenntnis von einer Straftat erlangt, darf (und sollte) er diese anzeigen. Das gilt besonders bei schweren Übergriffen oder Wiederholungsfällen. Eine interne Regelung ersetzt nicht das staatliche Strafverfolgungsinteresse.
Wann sollte ein Fachanwalt für Arbeitsrecht eingeschaltet werden?
Ein Fachanwalt ist sinnvoll bei:
- fristloser Kündigung wegen Körperverletzung,
- Mobbing mit körperlichen Übergriffen,
- Konflikten im Betrieb mit Eskalationspotenzial,
- drohender Strafanzeige oder Klage,
- präventiver arbeitsrechtlicher Beratung für Arbeitgeber.