Arbeitsrecht

Das deutsche Arbeitsrecht ist ein Rechtsgebiet, das die Rechtsbeziehungen zwischen einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern (Individualarbeitsrecht) sowie zwischen den Koalitionen und Vertretungsorganen der Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber (Kollektivarbeitsrecht) regelt.

Rechtsquellen

Trotz einiger Bemühungen und der Regelung im Einigungsvertrag (Art. 30), ein Arbeitsgesetzbuch zu schaffen, gibt es bisher noch keine einheitliche Kodifikation des Arbeitsrechts. Regelungen finden sich daher zersplittert u. a. in folgenden Rechtsquellen[5]:

  • Europarecht (meist als Richtlinien)
  • Deutsche Gesetze:
    • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland insb. Art. 9 Abs. 3, Koalitionsfreiheit
    • Bürgerliches Gesetzbuch insbes. §§ 611 ff., Dienstvertrag
    • Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns – Mindestlohngesetz
    • Arbeitnehmer-Entsendegesetz
    • Kündigungsschutzgesetz
    • Betriebsverfassungsgesetz und Personalvertretungsgesetze (PersVG – öffentlicher Dienst)
    • Tarifvertragsgesetz
    • Mitbestimmungsgesetze (Montan-MitbestG, MitbestG und DrittelbG) regeln die Beteiligung der Arbeitnehmer am Aufsichtsrat
    • Altersteilzeitgesetz
    • Gewerbeordnung insbes. §§ 105 ff.
    • Handelsgesetzbuch insb. §§ 59 ff. (Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge)
    • Teilzeit– und Befristungsgesetz
    • Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG)
    • Entgeltfortzahlungsgesetz
    • Bundesurlaubsgesetz
    • Arbeitszeitgesetz
    • Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
    • Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeldgesetz
    • Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz
    • Nachweisgesetz
    • Arbeitsplatzschutzgesetz
    • Jugendarbeitsschutzgesetz und Kinderarbeitsschutzverordnung
    • Berufsbildungsgesetz sowie Ausbildungsverordnungen der einzelnen Berufe
    • Arbeitsschutzgesetz, Arbeitsstättenverordnung sowie Bildschirmarbeitsverordnung
    • Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG)
    • Berufskrankheiten-Verordnung
    • Viertes Buch Sozialgesetzbuch insbes. §§ 8, 8a Geringfügige Beschäftigung
    • Neuntes Buch Sozialgesetzbuch, Schwerbehindertenrecht
    • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
    • Gesetz über Arbeitnehmererfindungen zusammen mit der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen
    • Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG)
    • Arbeitsgerichtsgesetz
    • Gesetz über die Statistik der Verdienste und Arbeitskosten (Verdienststatistikgesetz – VerdStatG)
    • Strafgesetzbuch § 291 (Lohnwucher nach BAG, Urteil vom 24. März 2004 – 5 AZR 303/03)
    • Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (Beitragsverfahrensverordnung – BVV)
    • diverse Rechtsverordnungen über Mindestarbeitsbedingungen für einzelne Branchen
  • Tarifverträge für Branchen sowie Einzelunternehmen
  • Betriebsvereinbarungen und Dienstvereinbarungen (öffentlicher Dienst)
  • Einzelarbeitsverträge
  • nicht das so genannte Richterrecht, da dieses rechtlich nicht bindend und somit keine Rechtsquelle ist. Faktisch kommt dem Richterrecht aber eine große Bedeutung im Arbeitsrecht zu, speziell im gesetzlich völlig ungeregelten Arbeitskampfrecht.[6]

(Zur Rangordnung der unterschiedlichen Rechtsquellen vergleiche Günstigkeitsprinzip sowie Normenpyramide im Arbeitsrecht.)

Arbeitsvertrag

Ausgangspunkt des Arbeitsrechts ist der Arbeitsvertrag, durch den das Arbeitsverhältnis überhaupt erst begründet wird. Der Arbeitsvertrag ist eingebettet in ein komplexes System arbeitsrechtlicher Regulierungen durch Betriebsvereinbarungen bzw. Dienstvereinbarung (im öffentlichen Dienst), Tarifverträge, nationale Gesetze und Verordnungen sowie durch supranationale EU-Richtlinien und EU-Verordnungen. Auch der Rechtsprechung durch die nationalen Gerichte und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) kommt eingeschränkt eine rechtsetzende Funktion zu.

Der Arbeitsvertrag, auch Anstellungsvertrag, ist nach deutschem Recht ein Vertrag zur Begründung eines privatrechtlichen Schuldverhältnisses über die entgeltliche und persönliche Erbringung einer Dienstleistung. Der Arbeitsvertrag wird in § 611a BGB geregelt und stellt eine Unterart des Dienstvertrages dar. Werden Arbeitsvertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, unterliegen sie grundsätzlich auch dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. ff. BGB. Im Unterschied zum freien Dienstverhältnis ist das durch den Arbeitsvertrag begründete Arbeitsverhältnis von der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber gekennzeichnet. Der Arbeitnehmer kann im Wesentlichen nicht selbst seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen. Er ist vielmehr in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert und unterliegt typischerweise den Weisungen des Arbeitgebers über Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit.

Kollektives Arbeitsrecht

Unter dem kollektiven Arbeitsrecht versteht man das Recht der arbeitsrechtlichen Koalitionen (Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände), das Tarifvertrags­recht, das Arbeitskampfrecht (Streiks und Aussperrungen) sowie das Mitbestimmungsrecht in Unternehmen und Betrieben.

Tarifvertragsrecht

Das Tarifvertragsrecht ist im Tarifvertragsgesetz geregelt. Das Arbeitskampfrecht ist vorwiegend Richterrecht; eine gesetzliche Normierung ist bislang nicht erfolgt. Rechtliche Grundlage des Tarifvertragsrechts sind die Koalitionsfreiheit, Art. 9 Abs. 3 GG und die Tarifautonomie.

Unternehmensmitbestimmung

Zu unterscheiden ist die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in privaten Betrieben und die Mitbestimmung in Unternehmen. Ein Unternehmen ist ein Rechtsträger (Einzelperson, Gesellschaft, juristische Person), der einen oder mehrere Betriebe führen kann. Betriebe sind organisatorische Einheiten, mittels derer der Unternehmer einen Betriebszweck (z. B.: Produktion, Dienstleistung) zu erfüllen versucht.

Mitbestimmung im Aufsichtsrat

Die Unternehmensmitbestimmung im Aufsichtsrat ist im Drittelbeteiligungsgesetz, im Mitbestimmungsgesetz und im Montan-Mitbestimmungsgesetz geregelt. Das Drittelbeteiligungsgesetz hat 2004 die Weitergeltung von Teilen des BetrVG von 1952 abgelöst, ohne inhaltliche Änderungen nach sich zu ziehen.

Betriebsrat und vergleichbare Gremien

Die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer in privaten Betrieben ist im Betriebsverfassungsgesetz und im Sprecherausschussgesetz geregelt. Sie wird durch Betriebsräte und für die leitenden Angestellten durch Sprecherausschüsse ausgeübt, die von den Arbeitnehmern in freier und geheimer Wahl bestimmt werden.

In Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Dienstes sind Personalvertretungen zuständig, deren Arbeitsgrundlagen für die Bundesverwaltung im Bundespersonalvertretungsgesetz, ansonsten in Personalvertretungsgesetzen der 16 Bundesländer enthalten sind. In kirchlichen Tendenzbetrieben sind Mitarbeitervertretungen aufgrund kirchlichen Arbeitsrechtes tätig.

Rechtsgrundlagen

Im kollektiven Arbeitsrecht bestehen neben staatlichen Gesetzen Kollektivvereinbarungen als zwingende Rechtsgrundlagen für die erfassten Arbeitsverhältnisse. Das sind einmal branchen- oder unternehmensbezogen die Tarifverträge und betriebsbezogen die Betriebsvereinbarungen (bzw. im öffentlichen Dienst Dienstvereinbarungen).