Arbeitslosigkeit

Unter Arbeitslosigkeit versteht man in der Volkswirtschaftslehre das Fehlen von erwerbsorientierten Beschäftigungsmöglichkeiten für einen Teil der arbeitsfähigen und beim bestehenden Lohnniveau arbeitsbereiten Personen. Statistisches Pendant sind die offenen Stellen.

Allgemeines

Die Arbeitslosigkeit betrifft den Produktionsfaktor Arbeit, dessen Preis als Lohn bezeichnet wird und sich auf dem Arbeitsmarkt durch Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage bildet. Markttechnisch ausgedrückt ist die Arbeitslosigkeit der Überschuss des Arbeitsangebots über die Arbeitsnachfrage. Arbeitslosigkeit setzt mithin eine der Marktwirtschaft unterworfene Arbeitsgesellschaft voraus. Dazu gehören Arbeitskräfte, die ihren Lebensunterhalt nicht über eigene Produktionsmittel (Landflächen, Immobilien, technische Produktionsmittel) bestreiten können, und eine marktwirtschaftliche Gesellschaftsformation. Eine Masse solcher Menschen – das industrielle Proletariat – entstand in der Frühmoderne mit den Bauernbefreiungen, der Bevölkerungsexplosion sowie der industriellen Revolution. Die damit entstandene soziale Frage (Pauperismus) führte ab dem 18. Jahrhundert auch zu ersten Formen staatlicher Straf-, Erziehungs- und Sozialsysteme und schließlich zu Beschäftigungspolitik. Die Lohnarbeiter organisierten sich ihrerseits in der Arbeiterbewegung (Gewerkschaften, Arbeiterparteien, Arbeitervereine, Genossenschaftswesen etc.), um die mit Arbeitslosigkeit und fremdbestimmter Lohnarbeit verbundenen Probleme gemeinsam besser bewältigen zu können.

Die Arbeitslosigkeit ist eines der zentralen Probleme der Wirtschaftspolitik, denn sie muss innerhalb des magischen Vierecks das Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes erfüllen. Zum Zwecke der Zielerfüllung ist das vorhandene Arbeitsvolumen mit Hilfe wirtschaftspolitischer Maßnahmen über die gültigen Regelungen zur Arbeitszeit gleichmäßig auf das Erwerbspersonenpotential zu verteilen. Das Ziel gilt solange als verfehlt, solange eine deutliche Unterbeschäftigung oder Überbeschäftigung herrschen. Erst bei Vollbeschäftigung ist das Ziel als erreicht anzusehen, auch wenn es im Rahmen der Vollbeschäftigung noch eine geringfügige Arbeitslosigkeit geben kann. Die Arbeitslosigkeit ist erst im Falle der Markträumung auf dem Arbeitsmarkt vollständig beseitigt.

Begriff

Im Deutschen kam der Begriff Arbeitslosigkeit mit der Großen Depression in den 1890er Jahren auf.

Die Nationale Armutskonferenz (nak), ein Zusammenschluss von Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland, lehnt den Begriff „arbeitslos“ ab und schlägt vor, auf den Begriff „erwerbslos“ auszuweichen, da es viele nicht-bezahlte Arbeitsformen gibt.

Arten

Folgende Arten von Arbeitslosigkeit werden unterschieden:

  • Friktionelle Arbeitslosigkeit entsteht beim Übergang von einer Arbeitsstelle zu einer anderen, ist in der Regel nur von kurzer Dauer und auch in Phasen einer Vollbeschäftigung unvermeidlich.
  • Saisonale Arbeitslosigkeit ergibt sich im Jahresverlauf aufgrund von Klimabedingungen (z. B. Arbeitslosigkeit in der Landwirtschaft im Winter oder in Freizeitparks) oder aufgrund von Nachfrageschwankungen (z. B. in der Gastronomie während der Nebensaison; Saisonbetriebe).
  • Konjunkturelle Arbeitslosigkeit ist eine Folge von Konjunkturschwankungen. Bei Mangel an Absatzmöglichkeiten entlassen die Unternehmen im Abschwung Arbeitskräfte, die sie im Aufschwung wieder einstellen.
  • Strukturelle Arbeitslosigkeit: Sie ist das Ergebnis fortdauernder Strukturkrisen oder Ungleichgewichte zwischen der Struktur des Angebots und der Nachfrage nach Arbeitskräften. Zur strukturellen Arbeitslosigkeit zählen:
    • Merkmalsstrukturelle Arbeitslosigkeit: Ursächlich sind hier die Unterschiede zwischen der Qualifikation der Arbeitslosen und den Anforderungen bei den offenen Stellen, beispielsweise wenn Arbeitslose nicht die Qualifikationsanforderungen für eine Beschäftigung erfüllen (englisch mismatch).
    • Sektorale Arbeitslosigkeit: Ursächlich sind hier Wachstumsschwächen oder Schrumpfungstendenzen in einzelnen Wirtschaftszweigen im Vergleich zu anderen Branchen mit stabilen Verhältnissen.
    • Technologische Arbeitslosigkeit: Sie entsteht durch den Ersatz der Arbeitskräfte durch Maschinen (Automatisierung, Rationalisierung). Damit verbundene Investitionen, beispielsweise für die Anschaffung der Maschinen, machen sich durch eine höhere Produktivität schnell bezahlt (Rationalisierungsinvestition).
    • Institutionelle Arbeitslosigkeit: Arbeitslosigkeit aufgrund arbeits- und sozialrechtlicher Regelungen, z. B. wenn ein hohes Arbeitslosengeld keinen Anreiz zur Aufnahme einer wenig besser bezahlten Beschäftigung bietet. So führte Hochlohnpolitik, teils in Verbindung mit hohen Abfindungen wie z. B. in der Montanindustrie, beim Übergang von Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit zur Verzögerung einer erneuten Arbeitsaufnahme. Auch sind durch Tarifverträge in vielen Ländern ältere Arbeitnehmer besser vor Arbeitslosigkeit geschützt als jüngere.
    • Regionale Arbeitslosigkeit: Sie entsteht durch die Tatsache, dass Personen nicht dazu bereit oder fähig sind, in eine andere Region zu ziehen, um dort eine freie Stelle anzunehmen (fehlende räumliche Mobilität). Ursache für regionale Arbeitslosigkeit ist, dass es bestimmte Regionen gibt, in denen (z. T. durch nicht vorhandene Studien-/Ausbildungsplätze hervorgerufen) ein Unterangebot an gesuchten Qualifikationen herrscht.
  • Als Sockelarbeitslosigkeit (Bodensatzarbeitslosigkeit) wird der Anteil der Arbeitslosigkeit bezeichnet, der selbst unter günstigsten konjunkturellen Bedingungen nicht abgebaut werden kann. Dieser besteht aus friktioneller und struktureller Arbeitslosigkeit. Konkret umfasst diese Gruppe von Arbeitslosen also solche, die aufgrund von Qualifikation, Alter, Gesundheitszustand, Wohnort oder mangelndem Arbeitswillen nicht oder zumindest nicht sofort einen Arbeitsplatz finden und annehmen. Niedrig ist die Sockelarbeitslosigkeit vor allem in Schwellenländern.

Versteckte Arbeitslosigkeit

Der Begriff versteckte oder verdeckte Arbeitslosigkeit bezeichnet den Anteil der Arbeitslosigkeit, der nicht in Statistiken über Arbeitslosigkeit erfasst wird. Darunter wird vor allem die stille Reserve verstanden, nämlich Arbeitslose, die nicht bei den Behörden als arbeitslos registriert sind. Der Grund dafür kann beispielsweise darin liegen, dass von den Betroffenen eine Meldung bei den Behörden als arbeitslos für überflüssig gehalten wird, etwa weil sie ohnehin keinen Anspruch auf Leistungen hätten und weil sie die Vermittlung eines Arbeitsplatzes durch die Behörden als unwahrscheinlich ansehen. Häufig werden auch Arbeitssuchende in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder in behördlich angeordneten Umschulungsmaßnahmen, die meist ebenfalls nicht in der Arbeitslosenstatistik erfasst sind, zur versteckten Arbeitslosigkeit gezählt. Darüber hinaus kann sich versteckte Arbeitslosigkeit auch darin äußern, dass Arbeitskräfte zwar einen Arbeitsplatz haben, jedoch nicht ausgelastet sind.