Arbeitszimmer

Das (häusliche) Arbeitszimmer (englisch study (room); ferner auch Homeoffice oder Home-Office für einen mit Rechner und Kommunikationstechnik ausgestatteten Arbeitsplatz in der eigenen Wohnung) ist in einer Wohnung ein Zimmer, das von Arbeitnehmern für Zwecke der Heimarbeit oder Telearbeit oder von Selbständigen zwecks Berufsausübung genutzt wird. Im künstlerisch-kreativen Bereich wird ein solcher separate Raum auch als Atelier oder Studio bezeichnet. Historisch gesehen bildeten Wohnung und Werkstätten bis zur Einführung von Manufakturen meist eine Einheit und waren nicht klar zu trennen.

Das Arbeitszimmer ist sowohl Gegenstand des Arbeits- als auch des Steuerrechts. Während sich das Arbeitsrecht mit dem erheblichen Interesse des Arbeitgebers befasst, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung ganz oder teilweise (auch) zu Hause erbringt, betrachtet das Steuerrecht die durch das häusliche Arbeitszimmer anfallenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Beide Rechtsgebiete gehen einheitlich davon aus, dass sich ein Arbeitszimmer in einer Wohnung befinden muss und beruflichen Zwecken dient, unterscheiden sich jedoch in den Konsequenzen dieser Rechtsfrage.

Arbeitsrecht

Mit der Auslagerung der Arbeitsleistung in die Privatsphäre des Arbeitnehmers erspart sich der Arbeitgeber im Regelfall Verwaltungskosten für die Einrichtung und Unterhaltung von Arbeitsplätzen im Unternehmen, doch hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die für die Erbringung der Arbeitsleistung notwendigen Betriebsmittel (Betriebs- und Geschäftsausstattung wie Büromöbel) und Arbeitsmittel (Büromaterial oder Telekommunikationsanlagen) zur Verfügung zu stellen. Dies gilt insbesondere für die Räume, in denen der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringen soll. Dann stellt sich die Rechtsfrage, ob der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB für die Büroeinrichtung verlangen kann, wenn diese durch den Arbeitnehmer beschafft wurde. Auch steht in dem Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer in dem häuslichen Arbeitszimmer Arbeitsleistungen erbringt, die Wohnfläche nicht zur privaten Nutzung zur Verfügung. Im Fall hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Aufwendungsersatzanspruch verneint. Wenn jedoch das Interesse des Arbeitgebers so weit überwiegt, dass das Interesse des Arbeitnehmers vernachlässigt werden kann, ist der Aufwendungsersatz statthaft. Es bedarf mithin bei einem Arbeitsverhältnis konkreter Vereinbarungen in Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag über die Kostenverteilung des Arbeitszimmers.

Auch der Arbeitnehmer kann ein Interesse an einem häuslichen Arbeitszimmer haben. Die Einrichtung eines solchen Arbeitsplatzes hat zur Folge, dass sich der Arbeitnehmer Arbeitswege und damit Fahrtzeit und Fahrtkosten erspart. Zudem ist er weitgehend der persönlichen Kontrolle durch Vorgesetzte entzogen. Die hierdurch geringere Fremdbestimmtheit eröffnet Freiräume für eine eigenständigere Arbeitsgestaltung sowie eine individuellere Gestaltung der Arbeitsumgebung. Zudem erleichtert das Arbeitszimmer dem Arbeitnehmer die Kinderbetreuung oder die Heimpflege. Unfälle bei Heimarbeit oder Telearbeit gehören zu den Arbeitsunfällen, wenn sie sich im Arbeitsraum der Wohnung ereignen.

Steuerrecht

Was steuerrechtlich unter einem häuslichen Arbeitszimmer zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht definiert, so dass weitgehend auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zurückgegriffen werden muss. Danach ist das häusliche Arbeitszimmer ein Raum, der

  • nach seiner Funktion, Ausstattung und Lage in die häusliche Sphäre eingebunden ist,
  • vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder organisatorischer Arbeiten dient und
  • nahezu ausschließlich zu betrieblichen oder beruflichen Zwecken genutzt wird.
  • Räume mit atypischer Ausstattung und Funktion gelten nicht als Arbeitszimmer, unabhängig davon, ob sie der Lage nach in die häusliche Sphäre eingebunden sind; Beispiele hierfür sind Werkstatt, heilberufliche Praxis, Kanzlei, Behandlungsraum.

Ein Arbeitszimmer ist nicht „häuslich“,

  • wenn es in einem fremden Gebäude angemietet wird.
  • wenn darin Publikumsverkehr stattfindet oder familienfremde Mitarbeiter beschäftigt werden.

Ein Arbeitszimmer ist demnach ein Raum, in dem eine Tätigkeit ausgeübt wird, die mit einer steuerlichen Einkunftsart im Zusammenhang steht. Im Hinblick auf die Bestimmung der Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG) oder Werbungskosten (§ 9 Abs. 5 EStG) gelten für das häusliche Arbeitszimmer Einschränkungen im Vergleich zu anderen beruflich genutzten Räumen (Arbeitszimmern).

Rechtslage ab 1. Januar 2007

Seit 1. Januar 2007 war der Abzug der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer beschränkt. Es gab nur noch „Vollabzug“ oder „kein Abzug“. Das Bundesverfassungsgericht hielt diese Neuregelung für nicht gerechtfertigt (Abweichung vom objektiven Nettoprinzip).[7] Nach dem Beschluss müssen die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer auch dann steuerlich abzugsfähig sein, wenn es zwar nicht den Mittelpunkt der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit darstellt, dem Steuerpflichtigen aber kein anderweitiger Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber wurde aufgefordert, rückwirkend ab dem 1. Januar 2007 den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen.

Rechtslage seit 2010

Mit dem Jahressteuergesetz 2010 wurde das häusliche Arbeitszimmer unter gewissen Bedingungen wieder für absetzbar erklärt. Es können bis zu 1250 Euro in der Steuererklärung geltend gemacht werden „wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“. Ausgelöst wurde diese Gesetzesänderung durch die Klage eines Lehrerehepaares. Für die Berufsgruppe „Lehrer“ ist damit regelmäßig davon auszugehen, dass obige Bedingung erfüllt ist. Gleiches gilt für weitere Berufsgruppen, z. B. Außendienstmitarbeiter ohne Schreibtisch in einem Firmenbüro.

Die Abzugsbegrenzung auf 1250 Euro gilt nicht, wenn ein angemieteter Raum außerhalb der eigenen Wohnung genutzt wird (s. o. „nicht-häusliches Arbeitszimmer“). In diesem Fall können alle tatsächlich anfallenden Kosten in Abzug gebracht werden. Ein solcher Mietvertrag muss tatsächlich „gelebt“ werden, was insbesondere bei Vorliegen eines schriftlichen Mietvertrages und regelmäßiger bargeldloser Zahlung der Miete angenommen werden kann.

Mittelpunkt der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit

Gem. § 4 Abs. 5 Nr. 6b in Verbindung mit § 9 Abs. 5 EStG 2007 ist ein Abzug der Kosten in unbegrenzter Höhe möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Das ist dann der Fall, wenn im häuslichen Arbeitszimmer die für den Beruf oder den Betrieb wesentlichen und prägenden Tätigkeiten verrichtet werden. Die zeitliche Nutzungsdauer des Arbeitszimmers hat nur Indizwirkung.

Erfolgt die berufliche oder betriebliche Tätigkeit sowohl im Arbeitszimmer als auch außer Haus, muss der qualitative Schwerpunkt der Gesamttätigkeit ermittelt werden. Hierbei kommt es nicht (mehr) darauf an, ob ein anderweitiger fester Arbeitsplatz vorhanden ist, ob im Arbeitszimmer der größte Teil der Einnahmen erzielt wird oder ob im Arbeitszimmer die „geschäftstragenden Ideen“ entwickelt werden bzw. die unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden. Entscheidend ist, dass die Tätigkeiten im Arbeitszimmer die gesamte berufliche oder betriebliche Tätigkeit prägen.

Werden mehrere Tätigkeiten ausgeübt, muss der Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit nach folgenden Kriterien ermittelt werden:

Zunächst wird für jede einzelne Tätigkeit der Schwerpunkt bestimmt und dann auf dieser Grundlage der qualitative Schwerpunkt der Gesamttätigkeit. Bestimmend ist dabei der Mittelpunkt der Haupttätigkeit. Wird eine nichtselbständige Vollzeitbeschäftigung ausgeübt, ist diese als Haupttätigkeit für die Ermittlung des Schwerpunktes relevant. Bei Ausübung mehrerer selbständiger Tätigkeiten oder einer nichtselbständigen Teilzeitbeschäftigung müssen weitere Kriterien geprüft werden, anhand derer der Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu bestimmen ist, insbesondere Wertigkeit, Einnahmen und Zeitaufwand der einzelnen Tätigkeiten.

Werden nebeneinander mehrere Tätigkeiten (ohne eine bestimmende Haupttätigkeit) im Arbeitszimmer ausgeübt, gelten folgende Grundsätze:

  • Bildet das Arbeitszimmer bei allen Tätigkeiten den qualitativen Schwerpunkt, ist es auch Mittelpunkt der Gesamttätigkeit.
  • Liegt der Schwerpunkt bei allen Tätigkeiten außerhalb des Arbeitszimmers, ist ein Abzug nicht (mehr) möglich.
  • Liegt der qualitative Schwerpunkt einer Tätigkeit im Arbeitszimmer, aber bei anderen außerhalb, muss eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden.

Bei Ausübung einer nichtselbständigen Beschäftigung am Telearbeitsplatz im eigenen Arbeitszimmer kommt es darauf an, ob die Telearbeit ausschließlich im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird oder abwechselnd zu Hause und im Betrieb. Bei ausschließlicher Telearbeit im häuslichen Arbeitszimmer bildet dieses den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung, und die Kosten sind in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar. Wird die Tätigkeit abwechselnd am betrieblichen Arbeitsplatz und im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt, bildet die zeitliche Aufteilung ein wesentliches Indiz. Wird das Arbeitszimmer an drei Tagen in der Woche genutzt, wird hier auch der qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit liegen.

Nicht häusliches Arbeitszimmer

Aufwendungen für nicht häusliche Arbeitszimmer und andere Räume können grundsätzlich steuerlich angesetzt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Zimmer, das im selben Haus liegt, als außerhäusliches Arbeitszimmer abgesetzt werden, wenn es z. B. mit der Wohnung nicht direkt verbunden ist und über das Arbeitszimmer ein weiterer Mietvertrag geschlossen wurde. Der innere Zusammenhang des Arbeitszimmers mit den in demselben Gebäude gelegenen Wohnräumen ist dann durchbrochen, wenn das Arbeitszimmer über eine der Allgemeinheit zugängliche und auch von anderen Personen genutzte Verkehrsfläche zu erreichen ist.

Einrichtung des Arbeitszimmers

Sollte vom Finanzamt ein häusliches Arbeitszimmer verwehrt werden, betrifft dies nicht alle Kosten. Denn als „Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer“ und „Kosten der Ausstattung“ gelten nur folgende Aspekte:

  • Die anteiligen Raumkosten wie Miete, Heizung und Strom etc. sowie
  • die dekorative Ausstattung des Raumes wie zum Beispiel Gardinen, Tapete, Teppich, Decken- und Wandlampen.

Beruflich oder betrieblich genutzte Arbeitsmittel müssen vom Finanzamt als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anerkannt werden, auch wenn sie in Privaträumen genutzt werden. Darunter zählen Ausgaben für:

  • Schreibtisch
  • Chef-Sessel / Bürostuhl / Gymnastikball (als rückenschonende Sitzgelegenheit)
  • PC mit Zubehör (z. B. Drucker und Scanner)
  • Telefon und/oder Faxgerät
  • Ablagen und Regale für Bücher und Unterlagen
  • Papierkorb / Aktenvernichter
  • Fachbücher