Wochenarbeitszeit

Die Wochenarbeitszeit bezeichnet die durchschnittliche Anzahl der Stunden, die ein Arbeitnehmer in einer Woche ohne Feiertage arbeitet. Sie ist häufig Gegenstand von Tarifverhandlungen und speziellen Arbeitszeitmodellen. Hierbei muss zwischen einer kollektiven und einer individuellen Betrachtungsebene unterschieden werden:

  • In einem individuellen Bereich ist die Wochenarbeitszeit in der Regel die Anzahl der vereinbarten Arbeitsstunden und kann damit auch Ausdruck eines Teilzeitarbeitsverhältnisses sein.
  • Im kollektiven Bereich bezieht es sich normalerweise auf Vollzeitarbeitsverhältnisse und es wird eine übliche oder mittlere Arbeitszeit geregelt oder gemessen.

Betriebliches Gesundheitsmanagement

Im Zusammenhang mit betrieblichem Gesundheitsmanagement, Work-Life-Balance und Gesundheitsförderung spielt die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine wesentliche Rolle. So zeigte es sich beispielsweise als Ergebnis einer 2005 veröffentlichten Sekundäranalyse der Daten einer Repräsentativerhebung in 15 europäischen Staaten der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, dass sämtliche erfassten gesundheitlichen Beschwerden umso ausgeprägter waren, je länger die wöchentliche Arbeitszeit war. Die Studie kommt zu dem Schluss, „dass eine generelle Ausdehnung der Arbeitszeit aus arbeitswissenschaftlicher Perspektive wegen des erhöhten Risikos gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht unbedenklich erscheint“.

Europäische Rahmenbedingungen

Gemäß einer von den Arbeitsministern der EU-Mitgliedstaaten geplanten Änderung der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung soll die Wochenarbeitszeit in EU-Staaten grundsätzlich auf 48 Stunden beschränkt sein. Es sind jedoch Ausnahmen (so genannte Ausstiegsklauseln) vorgesehen. So ist für den einzelnen Arbeitnehmer eine Obergrenze von 60 Stunden vorgesehen, aber Wochenarbeitszeiten bis zu 65 Stunden sollen möglich sein, sofern ein Teil davon als Bereitschaftsdienst in Form „aktiver Bereitschaftszeit“ geleistet wird. Etliche dieser Klauseln hat das EU-Parlament am 17. Dezember 2008 zurückgewiesen.

Rechtslage in Deutschland

Aufgrund der Tarifautonomie regelt das deutsche Arbeitszeitgesetz als ein Gesetz zum Schutz der Arbeitnehmer die Wochenarbeitszeit nicht explizit, sondern definiert maximale zulässige Arbeitszeiten und Arbeitsverbote an bestimmten Tagen. Damit existiert ein im Wesentlichen aus dem Gesundheitsschutz begründeter weit gespannter Rahmen, in dem sich die Tarifparteien mit ihren Vereinbarungen bewegen können. So sieht § 3 ArbZG vor, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten darf. Nach § 9 ArbZG dürfen Arbeitnehmer sonntags grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Von dem Sonntagsarbeitsverbot gibt es allerdings viele Ausnahmen. Daraus ergibt sich eine maximale reguläre Wochenarbeitszeit von 48 Stunden. Die Tagesarbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Daraus ergibt sich eine kurzfristig mögliche maximale Wochenarbeitszeit von 60 Stunden.

Wichtige in Deutschland existierende Wochenarbeitszeitregelungen

Folgende Wochenarbeitszeiten sind für Vollzeitstellen durch verschiedene Vereinbarungen, Verträge oder andere Regelungen festgelegt:

Dauer Erläuterung
28,8-Stunden-Woche Es handelt sich um sogenannte 4-Tage-Woche bei Volkswagen. Sie entspräche 36 Stunden an 5 Tagen. Diese Regelung wurde aufgehoben.
35-Stunden-Woche Gilt seit 1995 in der westdeutschen Metallindustrie, tarifvertraglich auch in Stahl-, Elektro-, Druck- sowie holz- und papierverarbeitenden Industrie vereinbart
37-Stunden-Woche Gilt seit 2006 bei Vattenfall Europe
37,5-Stunden-Woche Gilt seit 1991 im Einzelhandel.
38,5-Stunden-Woche Galt seit 1990 im Öffentlichen Dienst, aber nur im Tarifgebiet West. Im Tarifgebiet Ost gilt nach dem TVöD weiterhin die 40-Stunden Woche. Gilt heute nur noch für die Beschäftigten in den kommunalen Krankenhäusern des Tarifgebiets West – mit Ausnahme Baden-Württembergs.

(Hinweis: Aufgrund der Föderalismusreform I gelten für die Beamten nach den Arbeitszeitverordnungen überall unterschiedliche Arbeitszeiten von 40 bis 42 Wochenstunden). Einen Überblick Öffentliche Dienste bietet dbw-online.de.

39-Stunden-Woche Gilt seit dem 1. Januar 2006 im Öffentlichen Dienst für die Beschäftigten des Bundes. Gilt seit dem 1. Oktober 2006 im Öffentlichen Dienst für die Beschäftigten im Bereich des KAV Baden-Württemberg – inkl. der Beschäftigten der Krankenhäuser. Gilt seit dem 1. Juli 2008 im Öffentlichen Dienst für die Beschäftigten der Kommunen im Tarifgebiet West (ausgenommen Beschäftigte der Krankenhäuser).
40-Stunden-Woche Früher übliche Arbeitszeit und derzeit von verschiedenen Arbeitgebergruppierungen wieder angestrebte allgemeingültige Arbeitszeit. Sie wurde 1965 in der Druckindustrie und 1967 in der Metallindustrie eingeführt. Im Oktober 2004 wurde die 40-Stunden-Woche wieder für alle Bundesbeamten in Deutschland eingeführt und gilt in den meisten Bundesländern ebenfalls für Landesbeamte (und somit auch für Kommunalbeamte).
41-Stunden-Woche Gilt seit dem 1. September 2003 für Beamte des Landes Baden-Württemberg. Gilt seit 2004 für Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen. Gilt seit dem 1. Oktober 2005 für alle Bundesbeamten ohne Kinder bzw. mit Kindern über 12 Jahre (für Bundesbeamte mit Kindern unter 12 Jahren gilt die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden) siehe: Arbeitszeitverordnungen
42-Stunden-Woche Gilt seit dem 1. Januar 2004 für hessische und galt bis ins Jahr 2011 für Thüringer Landesbeamte. Vom 1. September 2004 bis zum 31. Juli 2013 galt sie für bis zu 60 Jahre alte bayerische Landesbeamte.

Die tatsächliche Wochenarbeitszeit kann je nach Branche und Position von diesen formalen Wochenarbeitszeiten abweichen (in der Regel nach oben), ist arbeitsvertraglich anders geregelt (z. B. in Bezug auf Mehrarbeit) oder unterliegt keiner Beschränkung (z. B. bei Selbstständigen).

Bei Teilzeitstellen werden Wochenarbeitszeiten vereinbart, die unter den genannten Werten liegen.

Historische Entwicklung der Wochenarbeitszeit in Deutschland

Die Wochenarbeitszeit ist in einer langfristigen Betrachtung deutlich rückläufig. Die Angaben in der Tabelle beziehen sich auf die Regelung in Schlüsselbranchen, meist Metall- und Elektroindustrie. Viele Branchen folgten den Änderungen erst Jahre später (oder im Falle der 38,5-Stunden- bzw. 35-Stunden-Woche bisher noch gar nicht).

  • 1825: 82 Stunden
  • 1875: 72 Stunden
  • 1900: 60 Stunden (in 6 Tagen)
  • 1913: 57 Stunden
  • 1918: 48 Stunden (8-Stunden-Tag)
  • 1932: 42 Stunden
  • 1941: 50 Stunden (Verlängerung im Zweiten Weltkrieg)
  • 1950: 48 Stunden
  • 1956: Übergang zur 5-Tage-Woche
  • 1965: 40 Stunden (Druckindustrie)
  • 1967: 40 Stunden (Metallindustrie)
  • 1984: 38,5 Stunden (Metallindustrie, in Verbindung mit Arbeitszeitflexibilisierung und Arbeitszeitdifferenzierung, und Druckindustrie)
  • 1995: 35 Stunden (Druck-, Metall- und Elektroindustrie)

Die Arbeitszeitverkürzung (Achtstundentag, 40-Stunden-Woche) wurde von der Arbeiterbewegung, namentlich den Gewerkschaften, meist mit Streiks gegen den Widerstand der Unternehmer durchgesetzt. Seit Mitte der 1990er Jahre ist die Wochenarbeitszeit in vielen Branchen – meist unter dem Stichwort „Rücknahme der Arbeitszeitverkürzung“ – wieder deutlich angestiegen.

Erst am 25. Februar 1990 erfolgte die Einführung der 5-Tage-Unterrichtswoche im Bildungswesen der DDR. Lange Zeit hatte sich Margot Honecker gegen diese Änderung gewehrt, erst ihr Rücktritt am 20. Oktober 1989 machte dies möglich.