leitender Angestellter

Wer ist leitender Angestellter?

Der leitende Angestellte ist ein Angestellter, der mit wesentlichen Arbeitgeberbefugnissen ausgestattet ist und Führungsaufgaben wahrnimmt.

Leitender Angestellter ist ein Rechtsbegriff aus dem deutschen Arbeitsrecht, genauer dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 5 Abs. 3 und 4 BetrVG) und dem Mitbestimmungsgesetz sowie dem Kündigungsschutzgesetz.

Für leitende Angestellte (i. S. d. BetrVG) gilt das BetrVG und das Arbeitszeitgesetz nicht.

Für Leitende Angestellte (i. S. d. KSchG) ist das Kündigungsschutzgesetz eingeschränkt anwendbar (grundlose Beendigung gegen Abfindung, §§ 14 Abs. 2 KSchG, 9 Abs. 1 S. 2 KSchG).

Nicht selten sind Arbeitnehmer besonders stolz darauf, dass sie angebliche die Position eines „leitenden Angestellten“ einnehmen.

Sobald sie jedoch erkennen, dass hiermit im Falle einer Kündigung erhebliche Nachteile verbunden sind, wird dies häufig einer Prüfung zugeführt.

Diese ergibt erfahrungsgemäß in mehr als der Hälfte der Fälle, dass die Einstufung als leitender Angestellter i. S. d. KSchG bzw. BetrVG zu Unrecht erfolgt ist und es sich (lediglich) um eine „Angestellten mit Leitungsfunktion“ handelt.

 

Abgrenzung und Definition

Die Gruppe der Angestellten in Leitungsfunktionen innerhalb einer üblichen Betriebshierarchie, z. B. Abteilungsleiter, Meister, Hauptabteilungsleiter, Betriebsleiter usw. ist wesentlich größer als die der leitenden Angestellten.

Meist handelt es sich um außertariflich Angestellte, diese sind umgekehrt jedoch nicht automatisch leitende Angestellte.

Leitende Angestellte zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen wesentliche Arbeitgeberbefugnisse übertragen wurden. Das sind vor allem Einstellungs- und Entlassungsbefugnis, eine nicht unbedeutende Handlungsvollmacht oder Prokura, Generalvollmacht oder die Übertragung sonstiger Aufgaben in unternehmerischer Funktion. Wenn einem Angestellten mindestens eine der drei genannten Funktionen dauerhaft übertragen ist, ist er leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Wenn darüber im Einzelfall Zweifel bestehen, können auch zusätzliche formelle Kriterien zur Klärung herangezogen werden, zum Beispiel die Leitungsebene oder das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt.

Leitende Angestellte im betriebverfassungsrechtlichen und kündigungsschutzrechtlichen Sinne werden nicht identisch definiert, die Definition des KSchG ist enger: Während diese zwingend die Befugnis zur Entlassung und/oder Einstellung voraussetzt, ist nach dem BetrVG bereits leitender Angestellter, wer Aufgaben wahrnimmt, die aufgrund ihrer Bedeutung für das Unternehmen einen maßgeblichen Einfluss haben. Oftmals erweist sich in der gängigen Rechtsprechung eine bloße Befugnis zur Entlassung bzw. Einstellung als unzureichend, einen Arbeitnehmer als leitenden Angestellten zu klassifizieren. Er muss diese Befugnis auch regelmäßig ausüben.

 

Leitender Angestellter nach Betriebsverfassungsgesetz

Nach dem § 5 Abs 3 Betriebsverfassungsgesetz ist ein leitender Angestellter,

wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

  1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
  2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
  3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.“

Nach § 5 Abs. 4 regelt, dass ebenfalls leitender Angestellter ist, wer

  1. aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
  2. einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
  3. ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
  4. falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.“

Hinweise:

Einstellungen und Entlassungen selbstständig vornehmen: Dabei muss sich die Berechtigung auf beides beziehen – die Befugnis, entweder nur selbstständig einzustellen oder nur selbstständig zu entlassen, reicht nicht aus, damit die betroffene Person im Sinne des BetrVG als leitender Angestellter gilt. Es reicht auch nicht, wenn der Arbeitgeber zustimmen muss oder ein anderer mitentscheidet.

Generalvollmacht oder Prokura: Unter Generalvollmacht ist dabei die Vollmacht zur Führung des gesamten Betriebs zu verstehen. Es reicht nicht, wenn der Arbeitgeber eine einfache Handlungsvollmacht erteilt. Somit sind Prokuristen, die nur eine Stabsfunktion wahrnehmen, und Titularprokuristen keine leitenden Angestellten im Sinne des BetrVG.

Entscheidungen den Betrieb betreffend weisungsfrei trifft und diese maßgeblich beeinflusst: Dabei muss derjenige, der die Voraussetzungen zum leitenden Angestellten erfüllen will, diese Aufgabe regelmäßig und nicht nur vertretungsweise wahrnehmen. Die Aufgaben des leitenden Angestellten haben dabei große Bedeutung für Bestand und Entwicklung des Unternehmens und unterscheiden sich eindeutig von den Aufgaben einfacher Arbeitnehmer.

 

Leitender Angestellter nach dem Kündigungsschutzgesetz

§ 14 Abs. 2 KSchG regelt, dass auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung.

§ 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

§ 17 Abs. 5 KSchG regelt zur Massenentlassungsanzeige:

Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

Nicht jede Führungsperson des Arbeitgebers ist gleich leitender Angestellter im rechtlichen Sinn.

Für Arbeitnehmer ist eine Beförderung in die Leitungsebene des Arbeitgebers in der Regel nicht nur mit einem beruflichen Aufstieg, sondern auch mit einer erheblichen Erhöhung des Arbeitslohns verbunden.

Seitens der Arbeitnehmer wird dabei jedoch häufig übersehen, dass mit der Übertragung der Position eines leitenden Angestellten zwar ein Gewinn an Verantwortung, jedoch auch ein Verlust an arbeitsrechtlichem Schutz verbunden ist.

Gleichzeitig verkennen Arbeitgeber regelmäßig, dass die Übertragung einer leitenden Position noch lange nicht mit einer Position als leitender Angestellter im rechtlichen Sinne verbunden ist.

Als Zwischenfazit kann festgehalten werden, dass es keine allgemein gültige Definition des leitenden Angestellten gibt.

Vielmehr stellen das BetrVG und das KSchG jeweils abweichende Anforderungen auf.

Dementsprechend kann eine Führungskraft durchaus leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) sein, nicht jedoch im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) und umgekehrt.

Er kann schließlich auch leitender Angestellte im Sinne beider Gesetze sein.

Es gibt deshalb folgende unterschiedliche Personengruppen:

 

Voraussetzungen für leitende Angestellte nach dem KSchG

Nach dem KSchG gibt es folgende Führungspersonen:

Die Verwendung des Wortes „Geschäftsführer“ ist hier insofern irreführend, als das KSchG auf GmbH-Geschäftsführer ohnehin keine Anwendung findet.

Denn diese sind als Organmitglieder gemäß § 14 Abs. 1 KSchG ohnehin aus dem Anwendungsbereich des KSchG ausgeschlossen.

Vielmehr sollen hiervon Personen erfasst sein, welche die Geschäfte des Arbeitgebers führen.

Entscheidend ist also, ob der Arbeitnehmer entweder zur Einstellung oder zur Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt ist.

Diese Befugnis muss zudem ein relevantes Maß erreichen, d. h. sie muss sich auf eine, im Hinblick auf die gesamte Betriebsgröße erhebliche Zahl von Arbeitnehmern beziehen.

Zudem muss der betreffende Arbeitnehmer auch zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung befugt sein.

Ist er im Innenverhältnis verpflichtet, zunächst bei seinem Vorgesetzten jeweils eine Zustimmung zur Unterschriftsleistung einzuholen, so fehlt ihm in Innenverhältnis gerade diese selbstständige Befugnis zur Einstellung oder Entlassung.

Der leitende Angestellte muss die Rechtsmacht haben, den Arbeitgeber selbständig im Außenverhältnis zu anderen Arbeitnehmern zu verpflichten. Die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis (alternatives Vorliegen genügt) setzt außerdem voraus, dass der Angestellte auch im Innenverhältnis zum Arbeitgeber selbstständig und eigenverantwortlich über die Einstellung oder Entlassung einer bedeutenden Anzahl von Arbeitnehmern zu entscheiden hat.

Ein nur eng umgrenzter Personenkreis genügt nicht. Die Personalkompetenz muss auch einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen, seine Tätigkeit prägen. Steht die Befugnis zur Einstellung oder Kündigung nur  zwei Personen gemeinschaftlich zu, z. B. dem Leiter der Personalabteilung und dem Abteilungsleiter der jeweiligen Fachabteilung, sind beide nicht selbstständig im Sinne von § 14 Abs. 2 KSchG.

Des Weiteren muss der Arbeitnehmer eine echte unternehmerische Führungsaufgabe wahrnehmen, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung „Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte“ in § 14 Abs. 2 KSchG ergibt.

Nach dem KSchG müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis
  • Selbständigkeit bei der Ausübung der Befugnis
  • Befugnis im Innen- und Außenverhältnis
  • erhebliche Anzahl von Arbeitnehmer

Erfahrungsgemäß erfüllen die wenigsten Angestellten in Leitungsposition diese strikten gesetzlichen Anforderungen, so dass die Wenigsten als leitende Angestellter i. S. d. KSchG einzustufen sind.

 

Arbeitszeit der leitenden Angestellten

Leitende Angestellte im Sinne des BetrVG fallen nicht unter die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). In der Regel wird im Vertrag keine feste Stundenzahl für leitende Angestellte vereinbart, vielmehr wird ein Aufgabengebiet umschrieben, dem sich der leitende Angestellte „voll und ganz“ zu widmen hat.

Das heißt aber nicht, dass der Arbeitgeber vom leitenden Angestellten Leistungen verlangen kann, die die allgemeine menschliche Leistungsfähigkeit übersteigen oder vom Arbeitsvolumen her nicht zumutbar sind. Das Arbeitsvolumen muss im Einklang mit dem Schutz der Menschenwürde und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit stehen.

 

Urlaubsanspruch von leitenden Angestellten

Auch wenn der leitende Angestellte nach BetrVG nicht als Arbeitnehmer gilt, hat er gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) einen Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen in einer 6-Tage-Woche.

 

Lohnanspruch von leitenden Angestellten

Weil keine Tarifverträge greifen, fallen für die Vergütung von Überstunden oder sonstige Zuschläge weg. Häufig wird das Gehalt als Jahresgehalt mit Tantiemen, Boni oder Sachbezügen (wie Privatnutzung eines Firmenwagens) verhandelt. In der Regel verdient der leitende Angestellte mehr als ein Arbeitnehmer im Betrieb.