Weisungsrecht (Arbeitgeber)

Das Weisungsrecht im Arbeitsrecht das Recht des Arbeitgebers auf Grundlage des Arbeitsvertrages gegenüber dem Arbeitnehmer, (An-)Weisungen zu erteilen.

Umfang

Der Arbeitnehmer ist aufgrund des Arbeitsvertrages dem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung verpflichtet. Im Arbeitsvertrag werden meistens jedoch lediglich Art und Umfang der zu verrichtenden Arbeit sehr allgemein geregelt, Einzelheiten der zu erbringenden Arbeitsleistung sind in ihm jedoch nicht enthalten. Um die Arbeitsleistung konkret zu bestimmen, hat der Arbeitgeber ein Weisungs-, Direktions- oder Leitungsrecht im Hinblick auf die Ausführung der Arbeitsleistung (Konkretisierung). Je weniger im Arbeitsvertrag geregelt ist, umso mehr unterliegt der Konkretisierung durch Weisung des Arbeitgebers. Die Weisungen des Arbeitgebers haben als einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärungen rechtsgeschäftlichen Charakter.

In § 106 Abs. 1 GewO besteht eine gesetzliche Regelung zum Direktionsrecht. Nach dieser Norm kann der Arbeitgeber gegenüber allen Arbeitnehmern Arbeitsinhalt, Arbeitsort und Arbeitszeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Der Arbeitgeber darf in Ausübung seines Weisungsrechts grundsätzlich bestimmen, welche Art von Leistungen der Arbeitnehmer zu erbringen hat. Es ermöglicht dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben zuzuweisen oder auch zu entziehen. Stets muss der Arbeitgeber bei Weisungen billiges Ermessen walten lassen. Nach dem Wortlaut des § 106 GewO handelt es sich um ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB, wobei der quantitative Umfang der beiderseitigen Hauptleistungspflichten (Vergütungs- und Arbeitsleistungspflicht) dem Weisungsrecht nicht unterliegt. Deshalb ist der Arbeitgeber nicht befugt, dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit mit geringerer Vergütung zuzuweisen, selbst dann nicht, wenn die bisherige Vergütung fortgezahlt wird.

Das Weisungsrecht bezieht sich nach § 106 Abs. 1 GewO auch auf Weisungen, die die Ordnung und das Verhalten des Arbeitnehmers im Betrieb betreffen. Diese Bestimmung betrifft das Auftreten gegenüber Dritten und das äußere Erscheinungsbild des Arbeitnehmers. Hierzu gehören etwa das Tragen von Dienstkleidung oder betriebliche Bekleidungskonventionen.

 

Grenzen

Dieses Weisungsrecht findet seine Grenzen im Rahmen der Gesetze, des kollektiven Arbeitsrechts (Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag), dem Arbeitsvertrag sowie dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (§ 87 BetrVG); deren Regelungen haben stets Vorrang (§ 106 Abs. 1 GewO). Weisungen können einen kollektiven Bezug aufweisen und müssen daher der Billigkeit entsprechen. Unbillige Weisungen müssen nicht, auch nicht vorläufig, vom Arbeitnehmer befolgt werden. Sie dürfen Arbeitnehmer insbesondere nicht wegen einer zulässigen Ausübung ihrer Rechte maßregeln. Das Weisungsrecht unterliegt der Kontrolle der Gerichte. Dabei sind insbesondere die Grundrechte des Arbeitnehmers zu beachten.

Eine Änderung der ursprünglich vereinbarten Rechte und Pflichten durch so genannte Konkretisierung in einen einseitig nicht veränderlichen Vertragsinhalt tritt nicht allein dadurch ein, dass der Arbeitnehmer längere Zeit in derselben Weise eingesetzt wurde. Zum reinen Zeitablauf müssen besondere Umstände hinzutreten, die erkennen lassen, dass der Arbeitnehmer nur noch verpflichtet sein soll, seine Arbeit unverändert zu erbringen. Wird die Grenze des Weisungsrechts überschritten, darf der Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB ausüben. Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug (§ 615 BGB), wenn er dem Arbeitnehmer danach keine andere Arbeit zuweist.

Das Direktionsrecht des § 106 GewO berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Erteilung von Weisungen, die zwingenden straf- und öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zuwiderlaufen. So darf etwa ein Fernfahrer nicht angewiesen werden, die Lenkzeiten zu überschreiten. Eine Weisung des Arbeitgebers, gegen Straf- oder Ordnungswidrigkeitsvorschriften zu verstoßen, ist nichtig (§ 134 BGB). Unwirksam sind auch sittenwidrige (§ 138 BGB) oder diskriminierende (§ 7 AGG) Weisungen. Wird eine solche Weisung nicht befolgt, besteht kein Kündigungsgrund, da es für den Arbeitnehmer keine Verpflichtung gibt, einer unzulässigen Weisung Folge zu leisten. Werden dennoch Sanktionen wegen der Nichtbefolgung einer unzulässigen Weisung ausgesprochen, so verstoßen diese gegen das in § 612a BGB niedergelegte Maßregelungsverbot.

 

Erweitertes Direktionsrecht

Das erweiterte Direktionsrecht verpflichtet den Arbeitnehmer aufgrund seiner Schadensabwehrpflicht, im Notfall auch Weisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten, die über die im Arbeitsvertrag definierten Pflichten hinausgehen. Ein Notfall in diesem Sinne liegt dann vor, wenn ein Ereignis nicht vorhersehbar und unvermeidbar ist, nicht im Verantwortungsbereich des betroffenen Arbeitgebers liegt und/oder hoher finanzieller Schaden droht (§ 14 ArbZG) wie etwa eine Überstundenanweisung an die Empfangsdame im Hotel, weil ein Reisebus voller Gäste wegen Staus später als erwartet eintrifft.

 

Wozu dient das Weisungsrecht des Arbeitgebers?

Das Weisungszweck hat die Aufgabe, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben seinen Arbeitnehmer nach den jeweiligen – wechselnden – Erfordernissen im Betrieb zu beschäftigen.

Ohne das Weisungsrecht wäre der Arbeitgeber nicht in der Lage, den Betriebsablauf zu steuern.

Mit seiner Weisung konkretisiert der Arbeitgeber dessen Pflicht zur Erfüllung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag.

Der Arbeitnehmer muss grundsätzlich die Weisung des Arbeitgebers befolgen.

 

Was ist, wenn der Arbeitnehmer mit einer Anweisung des Arbeitgebers nicht einverstanden ist?

Zunächst ist dazu festzustellen, dass der Arbeitgeber nicht auf das Einverständnis des Arbeitnehmers angewiesen ist.

Der Arbeitnehmer muss auch nicht mit der Weisung Einverstanden sein, er muss sie dennoch beachten und befolgen.

Der Arbeitgeber hat mit dem Weisungsrecht die einseitige Möglichkeit den Arbeitnehmer und dessen Arbeitsleistung zu lenken.

Nur der Arbeitgeber entscheidet, nach welchen Vorgaben (Inhalt, Ort, Zeit) der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringt, die er nach dem Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber schuldet.

Die Weisung des Arbeitgebers kann vom Unternehmer, Geschäftsführer oder Betriebsleiter erfolgen, aber auch von sonstigen Vorgesetzten des Arbeitnehmers, wenn dieser zur Weisung an den Arbeitnehmer berechtigt ist.

 

Auf welche Inhalte bezieht sich das Weisungsrecht des Arbeitgebers?

Aus § 106 GewO ergibt sich, dass der Arbeitgeber

  • In­halt,
  • Ort
  • Zeit

der Ar­beits­leis­tung nach bil­li­gem Er­mes­sennäher be­stim­men kann, so­weit die­se Ar­beits­be­din­gun­gen nicht durch den Ar­beits­ver­trag, Be­stim­mun­gen ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung, ei­nes an­wend­ba­ren Ta­rif­ver­tra­ges oder ge­setz­li­che Vor­schrif­ten fest­ge­legt sind.

Dies gilt auch hin­sicht­lich der Ord­nung und des Ver­hal­tens der Ar­beit­neh­mer im Be­trieb.

 

Worauf muss der Arbeitgeber bei einer Weisung achten?

Aus § 106 GewO ergibt sich, dass der Arbeitgeber seine Weisung nach billigem Ermessen treffen muss.

Das bedeutet, dass eine Weisung des Arbeitgebers gerecht ausgeübt und in angemessener Art und Wise erfolgt und auch die Interessen des Arbeitnehmers beachtet und berücksichtigt werden.

Der Arbeitgeber muss insbesondere

  • pri­va­te Le­bens­umstände,
  • be­son­de­re Vor­lie­ben
  • Ab­nei­gun­gen
  • Kennt­nis­se
  • Er­fah­run­gen
  • Beeinträchtigungen
  • Behinderung

des Ar­beit­neh­mers beachten.

 

Wo gilt das Weisungsrecht für den Arbeitgeber nicht?

Sei­ne Gren­ze fin­det das Wei­sungs­recht dort, wo In­halt, Ort und Zeit der Ar­beits­leis­tung (oder auch die „Ord­nung“ und das Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers im Be­trieb) be­reits recht­lich ver­bind­lich fest­ge­schrie­ben sind.

Sol­che Re­ge­lun­gen können sich aus

  • dem Ar­beits­ver­trag,
  • ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung,
  • aus Ta­rif­verträgen
  • oder aus ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen

er­ge­ben.

Wenn im Arbeitsvertrag geregelt ist, dass ein Arbeitnehmer Montag, Mittwoch und Freitags von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr in Köln arbeitet, dann kann der Arbeitgeber nicht im Rahmen einer Weisung an den Arbeitnehmer bestimmen, dass dieser nunmehr Dienstag, Donnerstag und Samstag von 10.00 bis 19.00 Uhr in Hamburg arbeiten muss.

 

Darf der Arbeitgeber mit dem Weisungsrecht auch Arbeitskleidung festlegen?

Der Ar­beit­ge­ber kann auf­grund sei­nes Wei­sungs­rechts die Art und Wei­se der Ar­beits­leis­tung, ih­ren Ge­gen­stand und die Rei­hen­fol­ge der ein­zel­nen Ar­beits­schrit­te fest­le­gen.

Auch die Be­gleit­umstände der Ar­beits­leis­tung wie z.B. die Be­klei­dung des Ar­beit­neh­mers kann der Ar­beit­ge­ber vor­ge­ben, wenn er da­zu – et­wa bei Ar­beits­leis­tun­gen mit Kun­den­kon­takt – ein sach­lich be­rech­tig­tes In­ter­es­se hat.

In einer Bank darf ein Arbeitgeber zum Beispiel als Weisung festlegen, dass ein Arbeitnehmer nicht in T-Shirt und kurzer Hose zur Arbeit erscheint, sondern eine Stoffhose, ein weißes Hemd und eine Krawatte trägt.

Aber auch hier sind Grenzen gesetzt. Das Bundesarbeitsgericht hat zum Beispiel entschieden, dass ein Arbeitgeber, der einer Verkäuferin untersagte, bei der Arbeit ein muslimisches Kopftuch zu tragen, eine rechtswidrige Weisung erlassen hat, die die muslimische Arbeitnehmerin nicht beachten musste, denn vom Tragen eines Kopf­tuch ging kei­ne Be­ein­träch­ti­gung der Ar­beits­leis­tung aus.

 

Wie weit darf der Arbeitsort im Rahmen der Weisung entfernt sein?

Nach der älte­ren Recht­spre­chung der Ar­beits­ge­rich­te konn­te der Ar­beit­ge­ber den Ar­beit­neh­mer im All­ge­mei­nen nur in den Gren­zen der Ge­mein­de beschäfti­gen, in der sich sein Be­trieb zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses be­fin­det, und zwar auch, wenn kein Arbeitsort im Arbeitsvertrag benannt war.

Wenn jedoch ein Arbeitsort im Arbeitsvertrag genannt wird, könnte man meinen, dass man dann nur an diesem Ort seine Arbeitsleistung erbringen muss. Aber auch dies gilt nicht uneingeschränkt, denn allein die Nen­nung ei­nes Ar­beits­or­tes im Ar­beits­ver­trag bedeutet nicht un­be­dingt zwangsläufig, dass der Ar­beit­ge­ber in sei­nem Wei­sungs­recht be­schränkt wäre, d.h. den Ar­beit­neh­mer nicht auch per Wei­sung in ei­ner an­de­ren Stadt ein­set­zen könn­te.

Der Arbeitgeber darf in Bezug auf den Arbeitsort aber keine Schikane, Willkür oder Maßregelung des Arbeitnehmers betreiben, wenn er das macht, dann muss der Arbeitnehmer eine solche Weisung nicht beachten.

Wenn der Arbeitgeber zum Beispiel einen Arbeitnehmer, nachdem er diesen gekündigt hat und die Kündigung durch das Arbeitsgericht als rechtswidrig festgestellt wurde anschließend in einem 170 km entfernten Ort einsetzen will, dann spricht sehr viel dafür, dass eine solche Weisung allein zu dem Zweck erfolgt, um den (unliebsamen) Arbeitnehmer zu einer Eigenkündigung zu bewegen und alles zu unternehmen, damit dieser Arbeitnehmer nicht mehr lang Arbeitnehmer bei diesem Arbeitgeber ist.

Und wenn der Ar­beits­ver­trag keinen Arbeitsort konkret benannt, wie eine Gemeinde, Eine Stadt, ein Dort, eine Fabrik etc. dann ergibt sich aus § 106 Ge­wO , dass der Ar­beit­ge­ber kraft Ge­set­zes ein deutsch­land­wei­tes Ver­set­zungs­recht hat.

 

In welchem Rahmen kann der Arbeitgeber die Arbeitszeit durch Weisung regeln?

Der Ar­beit­ge­ber kann durch einseitige Weisung das zeitliche Fenster, den zeitlichen Rahmen und die Zeit an sich regeln. Das be­trifft vor al­lem die Ver­tei­lung der ver­trag­lich fest­ge­leg­ten wöchent­li­chen Ar­beits­stun­den auf die ein­zel­nen Ar­beits­ta­ge.

Wenn ein Arbeitnehmer übliche 40-Wochenstunden zu leisten hat, dann kann der Arbeitgeber, wenn diese bislang Montag bis Freitag jeweils zu 8 Stunden geleistet wurden durch eine Weisung anordnen, dass diese nun Montag bis Donnerstag und Samstag erbracht werden müssen.

Auch wenn viele Arbeitnehmer dies ungerecht und nicht richtig findet, ist eine sol­che Wei­sung ist durch § 106 Ge­wO ab­ge­deckt und da­mit rechtmäßig und muss folglich vom Arbeitnehmer auch berücksichtigt werden.

Wenn aber im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag geregelt ist, dass ein Arbeitnehmer nur von Montag bis Freitag arbeiten muss, dann kann der Arbeitgeber durch eine Weisung an den Arbeitnehmer nicht einfach den Samstag zum neuen Arbeitstag bestimmen.

Der zeitliche Umfang der Wochenarbeitsstunden kann der Arbeitgeber in jedem Fall nicht durch eine Weisung festlegen.

So kann der Arbeitgeber eine 20-Stunden-Teilzeitkraft nicht im Rahmen einer Weisung dazu verpflichten, nun dauerhaft 30 Stunden pro Woche zu arbeiten.

Wenn der Arbeitgeber zeitlich begrenzte Überstunden im Rahmen einer Weisung anordnen will, muss er dazu im Arbeitsvertrag ermächtigt werden; es muss dann also im Arbeitsvertrag eine Regelung geben, dass der Arbeitgeber ermächtigt ist, durch Weisung dem Arbeitnehmer (bezahlte) Überstunden anzuordnen.

Außer­dem er­ge­ben sich auch dann, wenn der Ar­beit­ge­ber im Prin­zip Über­stun­den an­ord­nen kann, in­halt­li­che Gren­zen sei­nes Wei­sungs­rechts aus Ta­rif­verträgen, falls die­se ver­bind­lich tägli­che und wöchent­li­che Höchst­ar­beits­zei­ten vor­schrei­ben, und aus dem Ar­beits­zeit­ge­setz (Arb­ZG).

Und wenn es ei­nen Be­triebs­rat gibt, braucht der Ar­beit­ge­ber vor der An­ord­nung von Über­stun­den durch Weisung prak­tisch im­mer des­sen Zu­stim­mung, denn Über­stun­den ändern fast im­mer die „be­triebsübli­che Ar­beits­zeit“ und sind da­her mit­be­stim­mungs­pflich­tig gemäß § 87 Abs.1 Nr.3 Be­trVG.