Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung; Krankschreibung) ist die Bestätigung eines Arztes über eine festgestellte Einschränkung der namentlich genannten Person, die die Person am Erbringen der Arbeitsleistung hindert. Die Bescheinigung über die Hinderung zur Arbeit (Arbeitsunfähigkeit) muss dem Arbeitgeber nach deutschem Arbeitsrecht spätestens an dem Arbeitstag vorliegen, der auf den dritten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit folgt, kann jedoch vom Arbeitgeber auch schon früher verlangt werden (§ 5 EFZG). Für den Versicherer ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die leistungsauslösende Schadensmeldung.

Umgangssprachlich wird die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch manchmal als Krankenschein bezeichnet.

Arbeitsrecht

Der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird von der Rechtsprechung ein hoher Beweiswert im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung zuerkannt. Aus ihr wird eine Vermutung abgeleitet, dass der Arbeitnehmer tatsächlich infolge Krankheit arbeitsunfähig war. Erst wenn es dem Arbeitgeber im Rechtsstreit gelingt, diesen Beweiswert zu erschüttern, muss der Arbeitnehmer weiteren Beweis anbieten, zum Beispiel durch Vernehmung seines behandelnden Arztes.

Bezweifelt der Arbeitgeber die Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit, so kann er gemäß § 275 Absatz 1a Satz 3 SGB V die gutachterliche Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung verlangen.

Änderungen durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz

Durch das am 14. März 2019 verabschiedete Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) wird gemäß § 295 neu Absatz 1 Satz 1 SGB V zum 1. Januar 2021 ein einheitliches und verbindliches elektronisches Verfahren zur Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsdaten durch die Ärzte an die Krankenkassen eingeführt und damit die bisherigen, der Krankenkasse vorzulegenden, papiergebundenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ersetzt. In diesem Zusammenhang wird gesetzlich klargestellt, dass die Pflicht zur Übermittlung dieser Daten an die Krankenkassen den Ärzten und Einrichtungen obliegt, die die Arbeitsunfähigkeit feststellen. Bürgerinnen und Bürger sollen aufgrund der vorgesehenen elektronischen Übermittlung von AU-Bescheinigungen um mindestens 43 Millionen Euro entlastet werden.

Formular

Für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung wird ein vierteiliges, selbstdurchschreibendes Formular (DIN A5 – hoch) ausgestellt.

Für Mitglieder der privaten Krankenversicherungen ist daneben auch eine Bescheinigung in einfacher – freitextlicher – Ausfertigung möglich.

Informationsinhalt

Bei dem konventionellen Formular handelt sich hierbei um das Muster 1 aus der zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen geschlossenen Vordruckvereinbarung. Dieses besteht auf 4 Seiten:

  1. Seite (gelb) – für die Krankenkasse (das Original)
  2. Seite (gelb – deshalb die umgangssprachliche Bezeichnung: „gelber Schein“) – Durchschlag für den Arbeitgeber (er erhält nur die obere Hälfte – DIN A6 quer – ohne Krankheitsbezeichnung)
  3. Seite (gelb) – Ausfertigung für den Versicherten
  4. Seite (weiß) – Durchschlag für den ausstellenden Arzt oder Zahnarzt (für die Krankenakte).

Informationen, die auf allen vier Seiten enthalten sind:

  • Krankenkasse bzw. Kostenträger
  • Name, Adresse, Geburtsdatum und Versicherten-Nummer des Erkrankten
  • Kostenträgerkennung
  • Arztnummer und Name des attestierenden Arztes
  • Datumsangaben der Ausstellung der Bescheinigung, der Feststellung sowie des Beginns und des voraussichtlichen Endes der Arbeitsunfähigkeit
  • Erst- oder Folgebescheinigung
  • ist Arbeit die Ursache (ja/nein)
  • Durchgangsarzt zugewiesen (ja/nein)

Auf der ersten, dritten und vierten Seite sind zusätzlich noch vermerkt:

  • bis zu sechs Erkrankungen oder Symptomkomplexe, die Arbeitsunfähigkeit begründen können (nach ICD-10 verschlüsselt), nicht jedoch bei Bescheinigungen vom Zahnarzt
  • Status des Versicherten
  • Betriebsstättennummer
  • Unfall als Ursache (ja/nein)
  • Versorgungsleiden (ja/nein)
  • Rehabilitations-Leistungen erforderlich (ja/nein)
  • stufenweise Wiedereingliederung (ja/nein)
  • sonstige besondere Maßnahmen
  • Krankengeldfall (ja/nein), ggf. Endbescheinigung (ja/nein)

Auf der zweiten Seite (für den Arbeitgeber) fehlt aus Gründen des Gesundheitsdatenschutzes und der Ärztlichen Schweigepflicht die Bezeichnung der Erkrankung oder ihrer Symptome.

Die Krankenkasse benötigt die medizinischen Daten, um die Dauer des Anspruches auf Entgeltfortzahlung zu prüfen und ggf. den Anspruch auf Krankengeld festzustellen.

Blankoformular

Hat der Arzt eine entsprechende Genehmigung, so kann er nach §§ 34 Abs. 1 Satz 3, 42 BMV-Ä die AU-Bescheinigung selbst unter Verwendung einer zertifizierten Praxissoftware auf einem Blankoformular mit einem Laserdrucker drucken (Blankoformularbedruckungs-Verfahren). Dazu muss er ein speziell entwickeltes Sicherheitspapier verwenden, damit Fälschungen von AU-Bescheinigungen verhindert, zumindest aber erschwert werden. Dieses Sicherheitspapier hat eine blassrosa Farbe und ein Wasserzeichen. Um maschinelle Verarbeitung durch die Krankenkassen zu erleichtern, werden einige der oben aufgelisteten Daten per PDF417-Code auf der ersten Seite abgedruckt. Codiert werden dabei nur solche Daten, die auch menschenlesbar auf der Bescheinigung stehen.

Verteilung der Seiten an verschiedene Adressaten

Die ersten drei Seiten werden in der Regel dem Erkrankten ausgehändigt, welcher sich um die weitere Verteilung (Seite 1 an die Krankenkasse, Seite 2 an den Arbeitgeber) kümmert. Die vierte Seite verbleibt beim ausstellenden Arzt.

Der 16. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen entschied am 26. August 2004 (Az.: L 16 KR 324/03), dass der Arzt die Krankenkasse über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren hat. Arbeitnehmern könne diese Meldepflicht des Arztes nicht übertragen werden (auch nicht durch Aushändigung der ersten Seite des Formulars). Ab 2021 ist dies mit oben genannten Terminservice- und Versorgungsgesetz geregelt. Bis dahin sieht jedoch das Bundessozialgericht die Meldung der Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse als Obliegenheit des Versicherten an.

Die Meldung kann der Arbeitnehmer auch mit Rückwirkung innerhalb einer Woche seit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erstatten. Sie ist an keine Form gebunden und setzt nicht die Vorlage der Bescheinigung (mittels der ersten Seite) voraus, so dass der Versicherte die Arbeitsunfähigkeit auch mündlich oder telefonisch mitteilen kann.

Beamtenrecht

Ein Beamter hat seine Arbeitsunfähigkeit dem Dienstvorgesetzten jedenfalls anzuzeigen, in der Regel unverzüglich. Einige Bundesländer regeln die Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift analog dem für Arbeitnehmer geltenden Recht. Vereinzelt ist die Vorlagepflicht für Beamte aber auch abweichend geregelt (zum Beispiel für Lehrer in Baden-Württemberg). Im Übrigen hat ein Beamter eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung jedenfalls „auf Verlangen“ vorzulegen (welches sich allerdings gegebenenfalls auch aus der Verwaltungspraxis ergeben kann).

Als Rechtsfolgen eines unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst sind ein Verlust der Bezüge sowie Disziplinarmaßnahmen möglich.