Unkündbarkeit

Unkündbarkeit liegt im Arbeitsrecht vor, wenn für den Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen ist.

Arbeitsverhältnisse sind wie Miete, Pacht oder Leasing Dauerschuldverhältnisse, die unbefristet geschlossen werden und deshalb nur durch Kündigung beendet werden können. Die meisten Arbeitsverhältnisse unterliegen einer beiderseitigen Kündigungsmöglichkeit durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer. Davon geht auch die allgemein für alle Arbeitsverhältnisse geltende Vorschrift des § 620 Abs. 2 BGB bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen aus. Die Unkündbarkeit ist deshalb als Ausnahmeregelung anzusehen, die auch nur auf ganz bestimmte Arbeitsverhältnisse begrenzt ist. Noch im Dezember 1954 ging das Bundesarbeitsgericht (BAG) davon aus, dass selbst eine „ständige betriebliche Übung“ auch eine ordentliche Unkündbarkeit der Arbeitnehmer begründen könne.

Die ordentliche Unkündbarkeit eines Beschäftigungsverhältnisses ist eine Form der Mitarbeiterbindung und wirkt faktisch wie eine Arbeitsplatz– oder Beschäftigungsgarantie. Die Unkündbarkeit kann für Arbeitnehmer einen sehr starken Anreiz darstellen, dessen Wirkung den Anreiz möglicher Gehaltssteigerungen durch Beförderung sogar noch übertrifft.

Vergleichbar mit der Unkündbarkeit eines Arbeitnehmers ist die Situation von Beamten, die in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit stehen und die nur bei schweren Dienstvergehen entlassen werden können. Dabei gehen möglicherweise auch die Versorgungsansprüche verloren. Die Lebenszeitstellung des Beamten schließt die Möglichkeit der Versetzung in ein anderes Amt und die gehaltsmindernde zeitweilige oder endgültige Versetzung in den Ruhestand ein.

Die Unkündbarkeit und Versorgung auf Lebenszeit (Alimentation) soll vor willkürlicher Entlassung schützen.

Rechtsfragen

Eine absolute Unkündbarkeit gibt es in Deutschland nicht, denn aus der Definition ist zu entnehmen, dass für den Arbeitnehmer weiterhin eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung möglich ist und der Arbeitgeber noch die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 BGB aus wichtigem Grund besitzt. Dem „unkündbaren“ Mitarbeiter kann mithin aus in seiner Person oder in seinem Verhalten liegenden wichtigen Gründen fristlos gekündigt werden. Selbst wenn die ordentliche Unkündbarkeit eines Arbeitnehmers dazu führt, dass eine außerordentliche fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt ist, bleibt noch die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist, die einer ordentlichen Kündigungsfrist entspricht. Bei dauernder Unkündbarkeit wird eine Kündigungsfrist von 18 Monaten unterstellt, bei zeitweiliger Unkündbarkeit – etwa aufgrund Zugehörigkeit zum Betriebsrat – soll die Kündigungsfrist maßgebend sein, die der Arbeitgeber ohne den besonderen Kündigungsschutz einzuhalten hätte. Eine unzulässige ordentliche Kündigung kann aber nicht gemäß § 140 BGB in eine außerordentliche befristete Kündigung umgedeutet werden.

Sachliche Unkündbarkeit

Eine derartige „relative“ Unkündbarkeit kann sich aus Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung (z. B. Sozialplan) oder Arbeitsvertrag ergeben. Eine gesetzliche Regelung findet sich in § 15 Abs. 3 Teilzeit– und Befristungsgesetz, wonach die ordentliche Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer ausgeschlossen ist, soweit eine Kündigungsmöglichkeit nicht vereinbart worden ist. Beamte können nur unter erschwerten Bedingungen aus ihrer Stellung entfernt werden (Entlassung, Verlust der Beamtenrechte, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach den Disziplinargesetzen oder Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand), nicht aber durch Kündigung (§ 21 Beamtenstatusgesetz).

Unkündbarkeitsregelungen sind vor allem im öffentlichen Dienst anzutreffen. Die ordentliche Unkündbarkeit stellt ein wesentliches Element des Kündigungsschutzes im öffentlichen Dienst dar und beginnt mit Vollendung eines bestimmten Lebensalters und Erreichen eines bestimmten Dienstalters. Hier können nach § 34 Abs. 2 TVöD Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, nach einer Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren durch denselben Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Beide Voraussetzungen müssen gleichzeitig erfüllt sein. Zwar sind bei einem Arbeitgeberwechsel innerhalb des öffentlichen Dienstes vorherige Beschäftigungszeiten anzurechnen, nicht jedoch im Falle der ordentlichen Unkündbarkeit. Wechselt jemand innerhalb des öffentlichen Dienstes den Arbeitgeber, wird nach diesem Urteil die Beschäftigungszeit beim vorherigen Arbeitgeber hinsichtlich der Unkündbarkeit nicht berücksichtigt. Im Rahmen der wichtigen Gründe kann nach der ständigen Rechtsprechung des BAG aufgrund tarifvertraglicher Vorschriften eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund bei Krankheit in Betracht kommen, und zwar bei Langzeiterkrankungen oder häufigen Kurzerkrankungen.

Im Falle eines „sinnentleerten Arbeitsverhältnisses“ (Orlando-Kündigung), bei dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auf „unabsehbare Dauer“ Arbeitsentgelt fortzahlen müsste, ohne ihn beschäftigen zu können, ist eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber möglich. Das trifft auf Fälle zu, wo dem Arbeitgeber Unternehmerfreiheit zugesprochen wird und hierdurch Tätigkeiten wegfallen (etwa Personalabbau durch Outsourcing). Zuvor muss der Arbeitgeber jedoch alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um eine Beendigungskündigung zu vermeiden; notfalls ist auch ein Arbeitsplatz mit schlechterer Vergütung anzubieten oder ein in absehbarer Zeit durch Fluktuation frei werdender Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber kann sogar gehalten sein, eine Weiterbeschäftigung bei anderen öffentlichen Arbeitgebern durch einen Personalgestellungsvertrag auszuschöpfen.

Unkündbarkeit aus persönlichen Gründen

Die – zeitweilige – Unkündbarkeit kann sich aus einer bestimmten Funktion ergeben und gilt nur solange, wie jemand diese Funktion ausübt. Persönlich ausgeschlossen (Sonderkündigungsschutz) ist eine Kündigung etwa bei Abgeordneten (Art. 48 Abs. 2 GG), Vertrauenspersonen der Schwerbehinderten (§ 179 Abs. 3 SGB IX), Immissionsschutzbeauftragten (§ 58 Abs. 2 BImSchG), Datenschutzbeauftragte öffentlicher Stellen (§ 6 Abs. 4 BDSG), Auszubildenden nach Ablauf der Probezeit (§ 22 Abs. 2 BBiG), zum Wehrdienst eingezogenen Personen (§ 2 ArbPlSchG), Zivildienstleistenden (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 ZivildienstG) und Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung (§ 15 Abs. 1 KSchG), Mutterschutz und Elternschaft (§ 17 Abs. 1 MuSchG, § 18 Abs. 1 BEEG) oder während der Pflegezeit (§ 5 Abs. 1 PflegeZG).

Arbeitnehmerstatus

Die tarifliche Unkündbarkeit kann jeden Arbeitnehmerstatus erfassen, gleichgültig, ob jemand Arbeiter oder Angestellter ist. Im öffentlichen Dienst wurde mit dem Inkrafttreten des TVöD und des Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) im Oktober 2005 die Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern abgeschafft. Beide Gruppen werden jetzt einheitlich als Beschäftigte bezeichnet. Der Arbeitnehmer muss sich in einem Kündigungsschutzprozess ausdrücklich auf die tarifliche oder vertragliche Unkündbarkeit berufen.