Mitarbeiterüberwachung – was ist erlaubt?

11. Mai 2025 -

Die Überwachung von Mitarbeitenden am Arbeitsplatz berührt fundamentale Persönlichkeitsrechte und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Arbeitgeber stehen dabei vor einem Zielkonflikt: Einerseits möchten sie Sicherheit, Effizienz und Compliance in ihrem Unternehmen gewährleisten, andererseits dürfen sie nicht in unzulässiger Weise in die Privatsphäre der Beschäftigten eingreifen. Dieser Artikel untersucht die rechtlichen Grenzen der Mitarbeiterüberwachung und zeigt auf, welche Voraussetzungen für ein zulässiges Tracking – sei es per Video, Telefonüberwachung, Software oder GPS – erfüllt sein müssen.

Gesetzlicher Rahmen

Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)

Nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist jede Verarbeitung personenbezogener Daten nur rechtmäßig, wenn sie auf einer der dort genannten Rechtsgrundlagen beruht – etwa der Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 a) oder dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers (Art. 6 Abs. 1 f). Dabei ist zu beachten, dass der Begriff „berechtigtes Interesse“ eng auszulegen ist und stets eine Interessenabwägung zwischen dem Schutzbedürfnis der Mitarbeitenden und den Unternehmensinteressen erfolgen muss (Erwägungsgrund 47 DSGVO).

Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)

Das neue BDSG ergänzt die DSGVO in nationalen Sonderregelungen. § 26 BDSG erlaubt die Datenverarbeitung für Beschäftigte zur Begründung, Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, sofern sie für das Arbeitsverhältnis erforderlich ist und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den Interessen besteht. Zudem regelt § 4 BDSG die Videoüberwachung öffentlicher und nicht-öffentlicher Räume und betont die Pflicht zu Kennzeichnung und Zweckbindung.

Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

Besteht ein Betriebsrat, hat dieser nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung technischer Einrichtungen, die der Überwachung von Verhalten oder Leistung dienen. Ohne Zustimmung des Betriebsrats sind entsprechende Maßnahmen unwirksam.

Arten der Überwachung und ihre Grenzen

Videoüberwachung

Zulässig ist Videoüberwachung nur in klar definierten, überwachten Bereichen (z. B. Verkaufsfläche zur Verbrechensprävention) und unter strikter Beachtung der Verhältnismäßigkeit. Dauerhafte, flächendeckende Aufnahmen, vor allem in nicht öffentlichen Bereichen wie Lagerräumen oder Pausenräumen, sind unzulässig. Eine vorherige Warnung durch gut sichtbare Hinweise ist verpflichtend, Tonaufnahmen sind stets verboten.

Telefon- und Gesprächsmitschnitt

Das Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen ist nur zulässig, wenn es einem konkreten, dokumentierten Zweck dient (z. B. Qualitätssicherung im Callcenter) und eine zeitliche Begrenzung besteht. Ohne schriftliche Einwilligung der Mitarbeitenden und – sofern Dritte (Kunden) betroffen sind – auch deren Zustimmung, verstößt das Mithören gegen das Fernmeldegeheimnis (§ 88 TKG).

Software-Tracking auf Firmenrechnern

Der heimliche Einsatz von Keyloggern oder umfassender Überwachungssoftware widerspricht dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ist nur in engen, mitbestimmten Grenzen zulässig. Bildschirmaufzeichnungen dürfen lediglich zu stichprobenartigen Kontrollen herangezogen werden, sofern dies vorher transparent gemacht und vertraglich bzw. per Betriebsvereinbarung geregelt wurde.

GPS-Tracking von Dienstfahrzeugen

GPS-Ortung ist in Spedition und Außendienst üblich, um Touren effizient zu planen und gesetzliche Lenkzeiten zu überwachen. Die Verarbeitung dieser Standortdaten erfordert jedoch eine vorherige, freiwillige Einwilligung und endet zwingend mit Feierabend bzw. außerhalb der dienstlichen Nutzung des Fahrzeugs.

Verhältnismäßigkeit und Transparenz

Jede Überwachungsmaßnahme muss verhältnismäßig sein: Sie muss geeignet, erforderlich und angemessen zur Zielerreichung sein. Zudem ist eine umfassende Aufklärung der Mitarbeitenden über Art, Umfang und Zweck der Datenverarbeitung verpflichtend. Eine Dokumentation der Abwägung sollte Teil der Datenschutz-Folgenabschätzung sein, wenn voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte Betroffener besteht (Art. 35 DSGVO).

Sanktionen bei Rechtsverstößen

Bei Verstößen drohen nach Art. 83 Abs. 5 DSGVO Bußgelder bis zu 20 Mio. Euro oder 4 % des weltweiten Jahresumsatzes. Beispiele aus der Praxis zeigen Strafen von mehreren Millionen Euro, wenn Unternehmen ohne Rechtsgrundlage dauerhaft Kameras einsetzten oder Standortdaten verarbeiteten. Zudem stehen abgemahnten Arbeitnehmern Unterlassungsansprüche und Schadensersatz zu; rechtswidrig erhobene Daten sind vor Gericht unbrauchbar.

Fazit

Mitarbeiterüberwachung kann legitime Unternehmensinteressen schützen, birgt jedoch erhebliche Risiken für Persönlichkeitsrechte und Datenschutz. Zulässig ist sie nur auf Grundlage einer gesetzlichen Rechtsnorm, mit Einwilligung oder berechtigtem Interesse, nach strenger Verhältnismäßigkeitsprüfung, unter Transparenzpflicht sowie gegebenenfalls mit Zustimmung des Betriebsrats. Arbeitgeber sollten dabei stets auch alternative Maßnahmen – etwa klare Zielvereinbarungen und Motivation – erwägen, bevor sie zu Überwachungstechnologien greifen.