Die Klägerin ist Verwaltungsangestellte bei einem Finanzamt. Am Unfalltag rutschte sie gegen 15:30 Uhr im Sozialraum des Finanzamts aus, als sie sich dort wie üblich gegen diese Uhrzeit an dem Kaffeemünzautomaten einen Kaffee holen wollte. Der Raum war von dem beauftragten Reinigungsunternehmen feucht gewischt worden und nass, ein Warnschild war aufgestellt. Die Klägerin arbeitete am Unfalltag noch bis 16:00 Uhr. Einige Tage später wurde unter anderem ein Bruch des dritten Lendenwirbelkörpers diagnostiziert.
Anders als das Sozialgericht hat das Landessozialgericht die Beklagte verurteilt, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen. Wege, die im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme und mit entsprechender Handlungstendenz innerhalb des Betriebsgebäudes des Arbeitgebers zurückgelegt werden, stünden grundsätzlich unter Versicherungsschutz. Zum einen diene die Nahrungsaufnahme der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit, zum anderen handele es sich um einen Weg, der durch die notwendige Anwesenheit im Betrieb geprägt sei. Die Tür zum Sozialraum habe im Gegensatz zu Außentüren des Betriebsgebäudes, der Kantine oder eines Lebensmittelgeschäfts keine Grenze des Versicherungsschutzes begründet.
Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung formellen (§§ 103, 106 SGG) sowie materiellen Rechts (§§ 2, 8 SGB VII).
Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht hat das Unfallereignis zu Recht als Arbeitsunfall anerkannt.
Die dem Unfall unmittelbar vorausgehende Verrichtung ist der versicherten Tätigkeit als Beschäftigte zuzurechnen. Zwar ereignete sich der Unfall während einer eigenwirtschaftlichen Verrichtung. Steht bei Essen und Trinken während der Arbeitszeit (Arbeitsschicht) der beabsichtigte Konsum eines Genussmittels im Vordergrund, handelt es sich bei dem Konsum wie bei dem Weg dahin um eigenwirtschaftliche Tätigkeiten. Die Klägerin wollte sich am Unfalltag gemäß ihren Gewohnheiten wie üblich gegen 15:30 Uhr einen Kaffee holen. Ausnahmsweise betriebsdienliche Umstände, dass sich die Klägerin zum Erhalt ihrer Arbeitskraft in Gestalt des Kaffees mit Koffein versorgen wollte, sind nicht festgestellt.
Die Klägerin erlag aber einer besonderen Betriebsgefahr. Beschäftigte sind gegen Gefahren aus dem Bereich ihres Arbeitsplatzes versichert, wenn sie sich im Wesentlichen wegen der versicherten Beschäftigung dort aufhalten und sich eine spezifische Gefahr verwirklicht, der sie durch die Eingliederung in den Betrieb ausgesetzt sind. So lag es hier. Der Arbeitgeber hatte die betriebliche Getränkeversorgung ausdrücklich in dem von ihm als Sozialraum gewidmeten Raum 407 verortet. Dieser war damit seiner Risikosphäre zuzurechnen. Dies schließt die Säuberung und Reinigung ein. Das Ausrutschen der Klägerin auf dem von der beauftragten Reinigungsfirma gewischten Boden ist damit dem Gefahrenbereich des Betriebes zuzuordnen.
Quelle: Terminsbericht des BSG vom 24.09.2025 – B 2 U 11/23 R