Gemütlicher Feierabend am Kamin: Viele möchten Heiligabend und Silvester zu Hause verbringen.
Die Feiertage rücken näher, Dienstpläne werden geschrieben und Urlaubsanträge stehen an. Gerade Heiligabend (24.12.) und Silvester (31.12.) möchten viele Arbeitnehmer gerne freinehmen, um die festliche Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. Auch Arbeitgeber stehen jährlich vor der Frage, wie sie den Betrieb an diesen Tagen organisieren. Immer wieder stellt sich dabei die Frage: Muss man für Heiligabend und Silvester jeweils einen ganzen Urlaubstag opfern – oder reicht ein halber Tag Urlaub? Im Folgenden geben wir einen Überblick aus arbeitsrechtlicher Sicht, worauf Arbeitnehmer und Arbeitgeber achten sollten.
Heiligabend und Silvester sind keine gesetzlichen Feiertage
Zunächst eine wichtige Klarstellung: Weder der 24. Dezember (Heiligabend) noch der 31. Dezember (Silvester) sind in Deutschland gesetzliche Feiertage. Rechtlich gelten sie als ganz normale Werktage. Das bedeutet, es besteht kein automatischer Anspruch darauf, an diesen Tagen bezahlt freizuhaben. Arbeitnehmer müssen – sofern keine anderslautende Regelung greift – grundsätzlich arbeiten oder Urlaub nehmen, wenn sie an Heiligabend oder Silvester freihaben möchten. Entgegen mancher Gerüchte existieren auch keine „halben Feiertage“: Halbe Feiertage gibt es nicht, und halbe Urlaubstage sind im Bundesurlaubsgesetz nicht vorgesehen.
Gesetzliche Vorgaben: Ganze Urlaubstage statt halber Tage
Da Heiligabend und Silvester normale Arbeitstage sind, ist rein rechtlich für einen freien Tag auch ein voller Urlaubstag erforderlich. Nach den gesetzlichen Regelungen – insbesondere dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) – kennt der Urlaubsanspruch keine halben Urlaubstage. Urlaub dient der Erholung und soll im Zusammenhang genommen werden, nicht zerstückelt in viele kleine Abschnitte. Die Gerichte lehnen daher „halbe Urlaubstage“ ab: So hat z.B. das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden, dass halbe Urlaubstage den Urlaubsanspruch nicht wirksam erfüllen. Gewährt ein Arbeitgeber trotzdem nur einen halben Urlaubstag, mindert dies den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht – der Arbeitnehmer behält in diesem Fall seinen vollen Urlaubstaganspruch. Für die Praxis heißt das: Wer komplett frei haben will, muss nach Gesetz einen ganzen Urlaubstag einsetzen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur, wenn vertragliche oder tarifliche Sonderregelungen einen halben Urlaubstag ermöglichen – oder der Arbeitgeber den freien halben Tag zusätzlich gewährt (siehe unten).
Abweichende Regelungen in Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung
In vielen Fällen gibt es spezielle Vereinbarungen, die den allgemeinen Grundsatz abändern. Ob Arbeitnehmer an Heiligabend und Silvester einen ganzen oder nur halben Urlaubstag nehmen müssen (oder sogar ganz frei bekommen), hängt maßgeblich von den geltenden vertraglichen oder kollektivrechtlichen Regelungen ab. Folgende Punkte sollten geprüft werden:
- Arbeitsvertrag: Einzelne Arbeitsverträge oder betriebliche Regelungen können besondere Klauseln enthalten. Zum Beispiel könnte im Arbeitsvertrag festgelegt sein, dass der 24.12. und 31.12. betriebsfrei sind oder nur halbtags gearbeitet wird. Ist eine solche Klausel vorhanden, gilt sie vorrangig – der Arbeitnehmer hätte dann vertraglich Anspruch darauf, etwa nur einen halben Tag Urlaub nehmen zu müssen oder ganz frei zu bekommen.
- Tarifvertrag: In Tarifverträgen vieler Branchen finden sich Sonderregelungen für Weihnachten und den Jahreswechsel. Häufig werden Heiligabend und Silvester dort als „halbe Arbeitstage“ Das bedeutet: Die tarifliche Arbeitszeit ist an diesen Tagen verkürzt (z.B. nur bis Mittag), und entsprechend müssen Beschäftigte, die dennoch den ganzen Tag frei möchten, nur einen halben Urlaubstag einreichen. Teilweise ist tariflich sogar eine vollständige Freistellung vorgesehen. Beispiel: Im Manteltarifvertrag der Zeitarbeitsbranche endet die Arbeitszeit an Heiligabend und Silvester bereits um 14:00 Uhr – Arbeit darüber hinaus würde wie Feiertagsarbeit behandelt. Arbeitnehmer sollten daher in ihren Tarifvertrag schauen (sofern ihr Arbeitsverhältnis tarifgebunden ist), um zu erfahren, ob dort besondere Regelungen für den 24. und 31. Dezember gelten.
- Betriebsvereinbarung: Gibt es einen Betriebsrat, kann per Betriebsvereinbarung eine betriebliche Regelung getroffen werden. Oft vereinbaren Arbeitgeber und Betriebsrat, dass an Heiligabend und Silvester nur halbtags gearbeitet wird oder die Mitarbeiter ganz frei haben. Solche Vereinbarungen können vorsehen, dass für diese Tage ausnahmsweise nur ein halber Urlaubstag benötigt wird oder sogar kein Urlaubstag abzuziehen ist. Eine Betriebsvereinbarung ist für alle Arbeitnehmer des Betriebs verbindlich – Arbeitnehmer sollten also prüfen, ob es im Unternehmen entsprechende Abmachungen gibt.
Wichtig: Arbeitnehmer sollten rechtzeitig in ihren Arbeitsvertrag, anwendbaren Tarifvertrag oder eine eventuelle Betriebsvereinbarung schauen. Daraus ergibt sich, ob Heiligabend und Silvester besonders geregelt sind. Wenn ja, muss unter Umständen kein voller Urlaubstag genommen werden – im Idealfall ist sogar gar kein Urlaub nötig, falls der Tag (halb oder ganz) als arbeitsfrei definiert ist. Arbeitgeber sollten ihre Belegschaft frühzeitig über geltende Regelungen informieren, damit die Urlaubsplanung fair und transparent erfolgen kann.
Freiwillige Freistellung durch den Arbeitgeber und betriebliche Übung
Viele Arbeitgeber zeigen sich in der Praxis großzügig, auch ohne rechtliche Verpflichtung. Es ist keine Seltenheit, dass Betriebe am 24. Dezember und 31. Dezember früher schließen oder den Mitarbeitern sogar den ganzen Tag frei geben. Diese verbreitete Tradition erklärt, warum das „Gerücht“ vom halben Urlaubstag an Heiligabend/Silvester so hartnäckig ist. Faktisch handelt es sich in solchen Fällen um ein freiwilliges Entgegenkommen des Arbeitgebers – ein Geschenk an die Mitarbeiter gewissermaßen. Einen gesetzlichen Anspruch gibt es darauf nicht, solange es nicht vertraglich oder tariflich festgelegt ist. Arbeitgeber können also aus eigenem Entschluss die Arbeitszeit an diesen Tagen verkürzen oder ganz erlassen.
Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern Heiligabend oder Silvester auf freiwilliger Basis (teilweise) freigeben, sollten dies klar kommunizieren. Es empfiehlt sich, z.B. in einer Rundmail oder am Schwarzen Brett darauf hinzuweisen, dass die Freistellung einmalig aus Kulanz erfolgt und kein Rechtsanspruch für kommende Jahre abgeleitet werden kann. Warum ist das wichtig? Wiederholt ein Arbeitgeber eine freiwillige Leistung vorbehaltlos über mehrere Jahre, kann daraus eine betriebliche Übung entstehen. Gewährt ein Unternehmen z.B. drei Jahre in Folge den 24.12. und 31.12. zusätzlich frei oder rechnet nur halbe Urlaubstage an, ohne dies jedes Mal unter Vorbehalt zu stellen, dürfen Beschäftigte ab dem vierten Jahr darauf vertrauen, dass dies weiterhin gilt. Mit anderen Worten: Es würde ein einklagbarer Anspruch entstehen, künftig an Heiligabend und Silvester frei zu bekommen (bzw. nur einen halben Urlaubstag einsetzen zu müssen), obwohl ursprünglich keine Pflicht dazu bestand. Arbeitgeber können eine solche betriebliche Übung verhindern, indem sie wirklich jedes Jahr ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Regelung freiwillig und ohne Bindung für die Zukunft erfolgt. Ein einmaliger allgemeiner Vorbehalt im Vertrag genügt nach Rechtsprechung nicht – der Hinweis muss im Zweifel jährlich erneuert werden.
Gleichbehandlung beachten: Wenn ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern, die am 24. oder 31. Dezember arbeiten, am Mittag frei gibt, dann muss er fairerweise diejenigen, die an diesem Tag Urlaub genommen haben, gleich behandeln. Konkret darf in so einem Fall für Arbeitnehmer, die Urlaub eingereicht hatten, nur ein halber Urlaubstag vom Urlaubskonto abgezogen werden. Es wäre also unfair und rechtlich bedenklich, einem Mitarbeiter einen vollen Urlaubstag zu berechnen, während die Kollegen am selben Tag ab Mittag bezahlt freigestellt wurden. Arbeitgeber sollten dies bei der Urlaubsabrechnung berücksichtigen – und Arbeitnehmer dürfen im Zweifel freundlich auf diese Gleichbehandlung pochen.
Gute Planung und klare Kommunikation
Zusammengefasst sind Heiligabend und Silvester aus arbeitsrechtlicher Sicht gewöhnliche Arbeitstage – ohne spezielle Regelung muss für einen freien Tag jeweils ein voller Urlaubstag eingesetzt werden. Halbe Urlaubstage kennt das Gesetz nicht, auch ein „halber Feiertag“ ist ein Mythos. Allerdings können Tarifverträge, Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen günstigere Regelungen vorsehen, etwa nur eine Halbtagsarbeit oder zusätzliche Freistellung. Fehlt eine solche Regelung, steht es Arbeitgebern frei, kulante Lösungen zu finden – dabei sollten sie aber immer transparent machen, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt, um keine dauerhaften Ansprüche zu begründen. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber sind gut beraten, frühzeitig das Gespräch zu suchen und die vorhandenen Regeln zu prüfen. So lässt sich rechtzeitig klären, ob Heiligabend und Silvester entspannt zu Hause verbracht werden können oder ob dafür Urlaubstage eingeplant werden müssen. Mit klaren Absprachen und fairer Behandlung aller Beteiligten steht einer friedlichen (Arbeits-)Weihnachtszeit nichts im Wege.