Das ist über die Abfindungen für RTL-Mitarbeiter bekannt

05. Dezember 2025 -

Mitte Dezember 2025 hat RTL einen umfangreichen Stellenabbau angekündigt: Rund 600 Vollzeitstellen sollen im kommenden Jahr gestrichen werden. Für die betroffenen Mitarbeiter gibt es jedoch einen Lichtblick – ein Sozialplan verspricht sehr großzügige Abfindungen. Viele Beschäftigte zeigten sich sogar erleichtert, denn die Unternehmensführung hat mit dem Betriebsrat Abfindungszahlungen vereinbart, die als durchaus attraktiv gelten. Dem Kölner Stadt-Anzeiger liegt das Angebot vor; interne Berechnungen belegen, dass für die Gekündigten überaus hohe Abfindungssummen möglich sind. (Ein automatischer gesetzlicher Anspruch auf Abfindung besteht übrigens nicht – Abfindungen werden nur gezahlt, wenn sie vertraglich oder per Sozialplan vereinbart sind. Insofern stellt der RTL-Sozialplan eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers dar, die die wirtschaftlichen Nachteile des Jobverlusts abmildern soll.)

Der denkmalgeschützte Messeturm am RTL-Standort Köln-Deutz mit den Logos von RTL und VOX. Bei RTL Deutschland sollen 600 Stellen abgebaut werden.

Abfindungsangebot im Überblick

Der Sozialplan von RTL Deutschland sieht für alle gekündigten Mitarbeiter Abfindungen nach einer festen Formel vor. Diese setzt sich aus vier Komponenten zusammen:

  • Basisbetrag: Ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt der letzten 12 Monate (bei Vollzeit gedeckelt auf 10.000 €) wird mit den Jahren der Betriebszugehörigkeit multipliziert und mit einem Altersfaktor (Der Altersfaktor gilt ab 40 Jahren und liegt zwischen 1,0 und 1,4 – jü̈ngere Mitarbeiter erhalten also den Faktor 1, ältere bis zu 1,4.)
  • Sozialer Ausgleich: Für jedes unterhaltspflichtige Kind zahlt RTL zusätzlich 6.200 €, für Schwerbehinderte – je nach Grad der Behinderung – weitere 6.000 € bis 12.000 €.
  • Unterzeichnungsbonus: Wer das Abfindungsangebot zeitnah annimmt und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses unterzeichnet, erhält einen Bonus von 12.500 € („Sprinter-Prämie“ für den schnellen Abschluss).
  • Treueprämie (Booster): Zusatzbeträge nach Länge der Betriebszugehörigkeit: ab 5 Jahren gibt es 12.500 €, ab 10 Jahren 22.500 € und ab 15 Jahren sogar 37.500 € on top.

Diese vier Bausteine führen in ihrer Summe zu beträchtlichen Abfindungen. Drei realistische Rechenbeispiele aus dem Sozialplan verdeutlichen die Größenordnung:

  • Beispiel 1: Ein Redakteur (29 Jahre, 2 Jahre Betriebszugehörigkeit, 3.900 € Grundgehalt, keine Kinder) kann mit rund 21.800 € Abfindung
  • Beispiel 2: Ein Angestellter (42 Jahre, 10 Jahre Betriebszugehörigkeit, 6.000 € Monatsverdienst inkl. Zuschläge, 1 Kind) erhält knapp 106.000 € Abfindung.
  • Beispiel 3: Ein Abteilungsleiter (15 Jahre Betriebszugehörigkeit, Durchschnittsgehalt 10.000 € mtl. inkl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld, 2 Kinder) bekommt rund 246.000 € Abfindung.

Zum Vergleich: Üblich ist in Deutschland oft nur eine Abfindung von etwa 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr als Faustformel. Nach dieser Regel würden z.B. 10 Dienstjahre bei 6.000 € Monatsgehalt nur ca. 30.000 € ergeben – der RTL-Sozialplan zahlt hier aber über 100.000 €. Man sieht: RTL bietet seinen Mitarbeitern überdurchschnittlich hohe Abfindungen, um den einschneidenden Jobverlust finanziell abzufedern.

Neben der Abfindung an sich bietet das Unternehmen außerdem an, dass ausscheidende Mitarbeiter in eine Transfergesellschaft wechseln können. Dort können sie bis zu 12 Monate lang angestellt bleiben, um eine direkte Arbeitslosigkeit zu vermeiden. In der Transfergesellschaft erhalten Betroffene ein Transfer-Kurzarbeitergeld, das von RTL auf ca. 80 % des letzten Nettogehalts aufgestockt wird, und sie bekommen Unterstützung bei Bewerbungen sowie die Möglichkeit zur Weiterqualifizierung (jedem steht ein Budget von 3.000 € für Fortbildungen zu). Im Gegenzug müssen Mitarbeiter, die dieses Angebot nutzen, auf zwei Monate der regulären Kündigungsfrist verzichten. (Wichtig: Die Teilnahme an der Transfergesellschaft schließt die Abfindung nicht aus – beide Leistungen können parallel in Anspruch genommen werden. Sie verlieren also Ihre Abfindung nicht, wenn Sie das Transferangebot annehmen.)

Handlungsempfehlungen für betroffene RTL-Mitarbeiter

Auch wenn der Sozialplan sehr lukrative Abfindungen vorsieht, sollten Sie als betroffener Arbeitnehmer Ihr weiteres Vorgehen gut überlegen. Im Folgenden einige arbeitsrechtliche Tipps, wie Sie das Beste aus der Situation machen können:

  • Informieren und nichts vorschnell unterschreiben: Machen Sie sich umgehend vertraut mit den Inhalten des Sozialplans und Ihren Ansprüchen. Lassen Sie sich vom Betriebsrat erläutern, welche Abfindung und Unterstützungsleistungen Ihnen zustehen (Abfindung, Transfergesellschaft etc.). Unterschreiben Sie keinesfalls übereilt irgendwelche Vereinbarungen (z.B. einen Aufhebungsvertrag), ohne den Sozialplan genau zu kennen. Oft bietet der Sozialplan bereits ein standardisiertes Abfindungsangebot – prüfen Sie in Ruhe, ob dieses fair und angemessen ist und zu Ihrer persönlichen Situation passt. Sollte man Ihnen ein individuelles Angebot unterbreiten (z.B. eine Abfindung gegen schnellen Austritt), vergleichen Sie es mit den Sozialplan-Leistungen. Holen Sie im Zweifel professionellen Rat (Betriebsrat, Gewerkschaft oder Fachanwalt) ein, bevor Sie etwas akzeptieren.
  • Kündigungsschutzklage in Erwägung ziehen: Der Sozialplan ändert nichts daran, dass jede Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss und den Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes genügen sollte. Trotz Abfindungsangebot können (und sollten) Sie eine Kündigung gerichtlich überprüfen lassen, wenn Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Das Arbeitsrecht gibt Ihnen die Möglichkeit, mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Entlassung vorzugehen. Wichtig: Die Klage muss innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 4 KSchG). Diese Frist ist absolut zwingend – verstreicht sie, gilt die Kündigung automatisch als akzeptiert und kann nicht mehr angefochten werden. Handeln Sie also rechtzeitig. Überlegen Sie insbesondere dann zu klagen, wenn die Auswahl der Gekündigten fragwürdig war oder formelle Fehler passiert sind (z.B. fehlerhafte Sozialauswahl, fehlende Anhörung des Betriebsrats, etc.). In solchen Fällen stehen die Chancen gut, dass das Gericht die Kündigung für unwirksam erklärt – oder dass der Arbeitgeber zu einem Vergleich bereit ist, um einen Prozess zu vermeiden.
  • Abfindungshöhe durch Verhandeln oder Klage optimieren: Scheuen Sie sich nicht, mehr herauszuholen, als der Sozialplan zunächst vorsieht. Ihr finanzielles Risiko bleibt dabei in der Regel überschaubar. Ansprüche aus dem Sozialplan (insbesondere die Abfindung) sind verbindlich – sie stehen Ihnen selbst dann zu, wenn Sie gerichtlich gegen die Kündigung vorgehen und letztlich unterliegen. Die vereinbarte Abfindung darf Ihnen wegen einer Klage also nicht verweigert werden. Viele Arbeitgeber sind vielmehr bereit, im Vergleich noch zusätzliches Geld draufzulegen, um einen Rechtsstreit zügig beizulegen. Tatsächlich enden die meisten Kündigungsschutzprozesse nicht mit einer Urteilsentscheidung, sondern mit einem Abfindungsvergleich: Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich außergerichtlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindungszahlung – meist höher als ursprünglich angeboten. Arbeitsrechtsexperten raten daher oft, trotz Sozialplan eine Klage zumindest zu prüfen – in vielen Fällen lässt sich auf diesem Wege eine größere Abfindungssumme erzielen, als der Sozialplan allein bieten würde. Beachten Sie aber auch eventuelle Bedingungen des Arbeitgebers: Den Unterzeichnungsbonus von 12.500 € erhalten Sie vermutlich nur, wenn Sie innerhalb einer bestimmten Frist freiwillig aus dem Unternehmen ausscheiden und auf eine Klage verzichten. Solche Sprinter-Prämien sollen die schnelle, einvernehmliche Trennung belohnen. Hier gilt es abzuwägen: Ist die angebotene Summe attraktiv genug, oder lohnt es sich, dennoch zu klagen und auf diesem Wege eventuell mehr als 12.500 € zusätzlich herauszuhandeln? Lassen Sie sich im Zweifel beraten, um die für Sie beste Entscheidung zu treffen.
  • Transferangebot prüfen: Überlegen Sie, ob die Transfergesellschaft für Sie infrage kommt. Dieses Angebot ermöglicht Ihnen, für bis zu ein Jahr weiter ein Gehalt (rund 80 % Ihres letzten Nettos) zu beziehen und aktiv bei der Stellensuche unterstützt zu werden. Insbesondere wenn Sie kurzfristig keinen neuen Job in Aussicht haben, kann die Transfergesellschaft eine wertvolle Brücke sein, um sich neu zu orientieren oder Qualifizierungen zu absolvieren – ohne direkt arbeitslos zu werden. Die Abfindungszahlung aus dem Sozialplan bleibt Ihnen dennoch erhalten, da es sich bei der Transfergesellschaft um eine zusätzliche Maßnahme handelt. Beachten Sie aber, dass Sie für den Wechsel in die Transfergesellschaft auf einen Teil der Kündigungsfrist verzichten müssen (laut RTL-Sozialplan zwei Monate). Prüfen Sie also genau, wie lange Ihr volles Gehalt noch liefe und ob sich das Transfermodell für Sie persönlich lohnt. Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, sich auch hierzu beraten zu lassen (etwa durch den Betriebsrat oder einen Anwalt), um alle Vor- und Nachteile abzuwägen.
  • Professionelle Beratung nutzen: Zögern Sie nicht, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Ihre Kündigung und das Abfindungsangebot individuell prüfen und das Optimum für Sie herausholen. Die Erfahrung zeigt, dass professionelle Beratung oft zu höheren Abfindungen oder erfolgreichen Kündigungsschutzklagen führt. Ihr Anwalt kann z.B. die Berechnung Ihrer Abfindung nachrechnen (und eventuelle Fehler aufdecken), Sie auf wichtige Fristen hinweisen und in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber noch bessere Konditionen erzielen. Gerade bei einer so weitreichenden Entscheidung wie dem Verlust des Arbeitsplatzes ist es sinnvoll, einen Experten an seiner Seite zu haben – zumal die Kosten im Falle einer Kündigungsschutzklage von vielen Rechtsschutzversicherungen abgedeckt werden und in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht jede Partei die eigenen Kosten trägt. Lassen Sie sich beraten, bevor Sie auf Ihre Rechte verzichten.

Der geplante Stellenabbau bei RTL ist für die Mitarbeiter ein harter Einschnitt, doch Sie stehen nicht schutzlos da. Nutzen Sie die Instrumente des Arbeitsrechts und die Angebote des Sozialplans, um für sich das Beste herauszuholen. Der Sozialplan bietet eine finanzielle Grundlage – aber oftmals ist mehr für Sie drin, wenn Sie Ihre arbeitsrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Ob durch eine gut verhandelte Abfindung, eine Kündigungsschutzklage oder kluge Inanspruchnahme der Transferleistungen: Sie können die Situation aktiv mitgestalten. Wichtig ist, dass Sie Ihre Rechte kennen und konsequent wahrnehmen. Mit entschlossenem Vorgehen und anwaltlicher Unterstützung können Sie diesen Umbruch bestmöglich bewältigen – und im Idealfall mit einer optimalen Abfindung einen Neuanfang machen. Viel Erfolg dabei!