Abschlussbericht der Sektoruntersuchung Krankenhäuser

02. September 2021 -

Das Bundeskartellamt hat am 02.09.2021 den Abschlussbericht seiner Sektoruntersuchung Krankenhäuser vorgelegt.

Aus der Pressemitteilung des BKartA vom 02.09.2021 ergibt sich:

Im Ergebnis wird die große Bedeutung des Wettbewerbs für die Qualität der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung klar bestätigt. Die Sektoruntersuchung wurde durchgeführt, um die wettbewerblichen Rahmenbedingungen und Handlungsspielräume bei Krankenhäusern umfassend zu beleuchten und die Fusionskontroll-Praxis des Bundeskartellamtes weiter zu entwickeln.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Der Wettbewerb im Krankenhauswesen bewirkt eine flächendeckende und allgegenwärtige Qualitätskontrolle für die Krankenhäuser. Natürlich sind Krankenhäuser kein Markt wie jeder andere. Es gibt praktisch keinen Preiswettbewerb. Für Patientinnen und Patienten bzw. die einweisenden Ärztinnen und Ärzte ist stattdessen die Behandlungsqualität bei der Wahl des Krankenhauses entscheidend. Krankenhäuser konkurrieren miteinander um Behandlungsfälle, also um Patientinnen und Patienten. So versucht jedes Krankenhaus, eine bessere Behandlungsqualität zu bieten als die Nachbarklinik und die vorgegebenen Mindeststandards zu übertreffen. Gehören hingegen alle Kliniken vor Ort zum selben Träger, geht dieser Qualitätswettbewerb verloren, weil man Abwanderungen zur Konkurrenz nicht mehr befürchten muss. Stattdessen rückt der finanzielle Anreiz in den Vordergrund, auf Kosten der Behandlungsqualität zu sparen, also etwa beim Personal oder bei der Ausstattung. Wettbewerb ist also auch im Krankenhauswesen eine unverzichtbare Kontrollinstanz.“

Die Ergebnisse im Überblick:

  • Krankenhäuser vor Ort im Wettbewerb

Krankenhäuser mit Qualitätsvorsprüngen ziehen mehr Patientinnen und Patienten an als andere Häuser. Bestehende regulatorische Vorgaben wie Krankenhausplanung, festgelegte Fallpauschalen als Entgelte (DRG) und Mindestmengen- oder Mindestqualitätsvorgaben hindern die Krankenhäuser nicht, sich durch Leistung und Qualität von Wettbewerbern abzuheben. Für Patientinnen und Patienten ist die Behandlungsqualität neben den Einweisungsempfehlungen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte das entscheidende Auswahlkriterium. Knapp 75 Prozent der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte geben eine Empfehlung für ein oder mehrere Krankenhäuser ab – wiederum vor allem auf Basis der Behandlungsqualität. Die Empfehlungen werden von ca. 75 Prozent aller Patientinnen und Patienten auch befolgt. Insgesamt erfolgen Einweisungen zu mindestens 50 Prozent über die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Rettungsdienste, Selbsteinweisungen und Patientenverlegungen zwischen Krankenhäusern spielen eine deutlich geringere Rolle. Räumlich stammen über 80 Prozent aller Krankenhausfälle aus einem 35-km-Radius um das Krankenhaus.

  • Fusionskontrolle und Krankenhausplanung gehen Hand in Hand

Die Krankenhausplanung definiert den Versorgungsauftrag der Krankenhäuser, sie hat aber keinen Einfluss auf die Trägerschaft. Nachlassende Qualität kann sie nur durch Umverteilung von Planbetten sanktionieren, wenn weitere Träger in der Region vorhanden sind, welche die entsprechenden Behandlungen übernehmen können. Allein die Fusionskontrolle kann die Trägervielfalt schützen, weil sie Einfluss auf das Eigentum am bzw. die Kontrolle über ein Krankenhaus hat und gerade verhindern soll, dass die miteinander in Wettbewerb stehenden Krankenhäuser einseitig in die Hand desselben Trägers bzw. Träger-Konzerns geraten. Damit sichert die Fusionskontrolle nicht nur die Trägervielfalt, sondern auch den Handlungsspielraum der Planungsbehörden.

  • Fusionskontroll-Praxis des Amtes weiterentwickelt 

Die Ergebnisse der Sektoruntersuchung unterstreichen die Bedeutung einer konsequenten Fusionskontrolle im Krankenhausbereich.

Andreas Mundt: „Die meisten Fusionen im Krankenhausbereich sind wettbewerblich unproblematisch. Aber bei den kritischen Fällen ist eine konsequente Fusionskontrolle unverzichtbar. Zu weitgehende Konzentrationsprozesse haben irreversible Folgen. Ist die Trägervielfalt vor Ort einmal beseitigt, nehmen der Wettbewerb und die Auswahlmöglichkeit für Patientinnen und Patienten dadurch dauerhaft Schaden. Die Sektoruntersuchung hilft uns dabei, unsere Prüfmethoden in der Fusionskontrolle weiter zu verfeinern.“

Die Erkenntnisse des Amtes zur sachlichen und räumlichen Marktabgrenzung wurden erweitert und gefestigt. Die Merkmale zur Berücksichtigung der fachlichen Nähe der Krankenhäuser wurden verfeinert. Für eine effektive Fusionskontrolle ist das Bundeskartellamt auf eine umfassende Datenbasis angewiesen. Hierfür werden die anonymisierten Krankenhausdaten der InEK – Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH im Einzelfall ausgewertet. Die Sektoruntersuchung zeigt aber auch, dass es darüber hinaus hilfreich wäre, wenn dem Bundeskartellamt für die Fusionskontrolle einmal jährlich die anonymisierten Krankenhausdaten der InEK GmbH für alle Krankenhäuser einschließlich der medizinischen Diagnosedaten zur Verfügung gestellt werden könnten. Dies würde zu einer weiteren Beschleunigung der Prüfungen beitragen.

Die Untersuchung stützt sich auf eine Befragung sämtlicher Krankenhäuser in einem repräsentativen Korridor quer vom Saarland bis nach Sachsen. Damit wurden rund 22 Prozent aller deutschen Krankenhäuser erfasst und deren anonymisierte Daten zu allen ihren Behandlungsfällen ausgewertet. Zusätzlich wurden beispielhaft in der Region Darmstadt rund 600 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte als Krankenhaus-Einweiser befragt.

Das Bundeskartellamt hatte die Sektoruntersuchung Krankenhäuser bereits 2016 eingeleitet, um für die fortlaufend zu prüfenden Krankenhausfusionen ein umfassendes Verständnis der maßgeblichen Wettbewerbsparameter zu erlangen. Die Ergebnisse flossen nach und nach in die Zusammenschlussprüfungen ein. Nun erfolgt die Gesamtdarstellung in einem Sektorbericht.

Weitere Informationen
Sektoruntersuchung Krankenhäuser (PDF, 8 MB)