AfD darf als Verdachtsfall eingestuft werden

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat mit Beschluss vom 07.03.2022 zum Aktenzeichen 9 B 273/21 MD entschieden, dass die Einstufung der AfD als Verdachtsfall in Sachsen-Anhalt rechtmäßig ist.

Aus der Pressemitteilung des VG Magdeburg Nr. 5/2022 vom 11.03.2022 ergibt sich:

Die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) begehrte den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt untersagt werden sollte, sie aus verfassungsschutzrechtlichen Gründen zu beobachten (Einstufung als sog. Verdachtsfall). Eine Einstufung als Verdachtsfall mit der Folge, dass u. a. nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden können, setzt nach § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA voraus, dass tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, die AfD verfolge Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung.

Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Magdeburg hat den Antrag abgelehnt. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen für die Einstufung der AfD als Verdachtsfall lägen bei einer Gesamtschau der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse vor.

Dies deshalb, so die Kammer, weil es für eine mit der Einstufung als Verdachtsfall einhergehenden zielgerichteten Beobachtung durch den Verfassungsschutz lediglich des Vorliegens von Anhaltspunkten in tatsächlicher Hinsicht bedürfe, mithin noch nicht der Gewissheit, dass die Partei verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge. Insofern genüge bereits der „Verdacht“ der Gefährdung von Grundwerten der Verfassung.

Die Kammer sah jedenfalls hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die AfD Bestrebungen verfolge, die sich gegen die durch die Verfassung geschützte Menschenwürde und das Demokratieprinzip in ihrem Wesensgehalt richten würden. Für eine von der AfD verfolgte Aushöhlung der vom Grundgesetz geschützten Menschenwürde spreche nach Auffassung des Gerichts die systematische Ausgrenzung von allen Personen, die nicht über „ethnische Eigenschaft, Deutscher zu sein“ verfügten, mithin eine tendenzielle Überbetonung der Abstammung, was mit den Wertvorstellungen des Grundgesetzes nicht vereinbar sei. Hinreichende Anhaltspunkte für eine zielgerichtete Diffamierung dieses Personenkreises hat die Kammer insbesondere in der Wortwahl, dem Inhalt und Umfang von Äußerungen auf Landes- und kommunaler Ebene gesehen.

Hinreichende Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen den Wesenskern der bestehenden demokratischen Verhältnisse habe die Kammer einer Vielzahl von Äußerungen in Bezug auf staatliche Institutionen entnommen. Diese Äußerungen gingen in massiver Weise über die bloße Kritik an bestehenden Zuständen hinaus und verunglimpften diese in bewusst überzogener Weise. Ziel sei es, so das Gericht, diesen Institutionen und damit den demokratischen Verhältnissen ihre Daseinsberechtigung abzusprechen.

Das Gericht betonte abschließend, dass sich Maßnahmen des Verfassungsschutzes auch gegen eine Partei richten könnten, die einen nicht unbeachtlichen Teil der Parteienlandschaft der Bundesrepublik Deutschland repräsentierten. Das insoweit bestehende Spannungsverhältnis zwischen der vom Grundgesetz geschützten Parteienfreiheit und dem der wehrhaften Demokratie sei aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse über die Bestrebungen der AfD zu ihren Lasten aufzulösen.

Eine Beobachtung zur Klärung der Frage, ob die AfD verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge, sei deshalb rechtlich zulässig und geboten, wobei der Verfassungsschutz bei der Wahl der jeweiligen Einzelmaßnahme – insbesondere bei Mandatsträgern – den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten habe.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.