akustischen Überwachung der Telefonate mit seinen Eltern in der Untersuchungshaft

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 15. November 2022 zum Aktenzeichen 2 BvR 1139/22 entschieden, dass die Anordnung der akustischen Überwachung der Telefonate mit seinen Eltern in der Untersuchungshaft verfassungswidrig ist.

Am 28. Juni 2019 erließ das Amtsgericht gegen den Beschwerdeführer einen auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützten Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts der Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes und Nötigung. Am selben Tag ordnete das Amtsgericht mit angegriffenem Beschluss gemäß § 119 Abs. 1 StPO haftgrundbezogene Beschränkungen während der Untersuchungshaft an. In Ziffer 1 des Beschlusses ist bestimmt, dass der Empfang von Besuchen der Erlaubnis bedarf und Besuche zu überwachen sind; in Ziffer 2 des Beschlusses ist angeordnet, dass die Telekommunikation des Beschwerdeführers der Erlaubnis bedarf und ebenfalls zu überwachen ist. Es bestehe der Haftgrund der Fluchtgefahr, sodass auch unter Berücksichtigung der Unschuldsvermutung und der schutzwürdigen Interessen des Beschwerdeführers die angeordneten Beschränkungen zur Abwehr des Haftgrundes erforderlich und zumutbar seien und angesichts der hohen Straferwartung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprächen.

Der Beschwerdeführer wurde am 28. Juni 2019 aufgrund einer in anderer Sache rechtskräftig angeordneten Unterbringungsmaßregel gemäß § 63 StGB in das (…)-Klinikum verbracht und von dort am 11. Juli 2019 in das Bezirkskrankenhaus (…) verlegt, wo er seither untergebracht ist. Wegen des Haftbefehls des Amtsgerichts vom 28. Juni 2019 bestand durchgehend Überhaft.

Mit Datum vom 10. Februar 2020 wurde ein psychiatrisches Gutachten nach Aktenlage erstellt. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 StGB wurde aus psychiatrischer Sicht ausgeschlossen.

Die Staatsanwaltschaft München I gestattete mit Verfügung vom 23. Dezember 2019 Telefonate des Beschwerdeführers mit seiner aus Frankreich stammenden Mutter. Diese seien in deutscher Sprache oder mit einem Dolmetscher zu führen und dürften keine verfahrensbezogenen Inhalte haben. Die Telekommunikation sei insoweit zu überwachen. Eine entsprechende Verfügung erging am 20. Januar 2020 in Bezug auf den Vater des Beschwerdeführers.

Mit Urteil vom 13. Juli 2021 verurteilte das Landgericht München I den mehrfach, auch einschlägig vorbestraften Beschwerdeführer wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit Vergewaltigung und Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren. In der Hauptverhandlung hatte der Beschwerdeführer den Tatvorwurf als solchen eingeräumt. Seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wurde angeordnet. Angesichts der Ausführungen des Sachverständigen sei die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt voll schuldfähig gewesen sei, sodass eine Anwendung von § 20 StGB (Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen) beziehungsweise § 21 StGB (verminderte Schuldfähigkeit) ausscheide; eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB sei daher nicht anzuordnen. Mit Beschluss vom selben Tag wurde der Haftbefehl vom 28. Juni 2019 nach Maßgabe des Urteils vom 13. Juli 2021 aufrechterhalten.

Mit nicht angegriffenem Beschluss vom 13. Juli 2021 half das Landgericht einer Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Haftfortdauerentscheidung vom 13. Juli 2021 nicht ab. Das Oberlandesgericht verwarf mit nicht angegriffenem Beschluss vom 29. Juli 2021 die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landgerichts vom 13. Juli 2021, mit dem der Haftbefehl des Amtsgerichts vom 28. Juni 2019 aufrechterhalten wurde, als unbegründet.

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil vom 13. Juli 2021 auf die Revision des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 22. März 2022 hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen auf; die weitergehende Revision wurde als unbegründet verworfen. Zwar weise der Schuldspruch keine Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers auf. Der Strafausspruch begegne aber durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da das Landgericht bei der Strafzumessung die gleichzeitig angeordnete Sicherungsverwahrung nicht in den Blick genommen habe. Die Sache wurde im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Mit Schriftsatz vom 28. März 2022 beantragte der Beschwerdeführer, die Anordnung über die akustische Überwachung der Telefonate zwischen ihm und seinen Eltern aufzuheben. Die Gesprächsüberwachung sei nach einem Geständnis und einer Verurteilung nicht weiter erforderlich und daher unverhältnismäßig. Es bestehe weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr. Die Anordnung der akustischen Überwachung stelle einen erheblichen Eingriff in den persönlichen, durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Lebensbereich sowohl des Gefangenen als auch des Kommunikationspartners dar. Die Vorschrift des § 119 Abs. 3 StPO müsse eingedenk des Umstands ausgelegt werden, dass ein Untersuchungsgefangener noch nicht verurteilt sei und daher nur unvermeidlichen Beschränkungen unterworfen werden dürfe. Es sei jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass eine nicht überwachte Kommunikation eine Gefährdung von Haftzweck oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt mit sich brächte. Eine bloße Missbrauchsmöglichkeit reiche insoweit nicht aus.

Das Landgericht half mit angegriffenem Beschluss vom 26. April 2022 dem Antrag vom 28. März 2022, den es als Beschwerde gegen die Fortdauer der im Beschluss des Amtsgerichts München vom 28. Juni 2019 angeordneten Beschränkungen während der Untersuchungshaft auslegte, nicht ab. Die angeordnete Beschränkung in Gestalt der Überwachung der Telekommunikation mit den Eltern des Beschwerdeführers entspreche weiterhin der Sach- und Rechtslage. Insbesondere sei sie mit Rücksicht auf den Zweck der Untersuchungshaft erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Anordnung der Überwachung der Telekommunikation diene der Sicherstellung des Zwecks der Untersuchungshaft in Gestalt der Vermeidung von Flucht- und Verdunkelungsgefahr, wobei unerheblich sei, dass der Haftbefehl nur auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützt worden sei. Es seien all diejenigen Einschränkungen und Überwachungsmaßnahmen zulässig, welche die Vermeidung von Flucht- oder Verdunkelungsgefahr im Einzelnen erfordere. Die Eltern, die bislang von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hätten, kämen als Zeugen im Rahmen des nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens in Betracht. Dass der Beschwerdeführer den Tatvorwurf eingeräumt habe, vermöge hieran nichts zu ändern. Insbesondere die Angaben der Eltern zur psychischen Verfassung des Beschwerdeführers vor und während der Tatzeit könnten für das weitere Verfahren an Bedeutung gewinnen. Auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und von Art. 6 GG erschienen die angeordneten Beschränkungen „weiterhin als erforderlich und verhältnismäßig“, zumal der Beschwerdeführer bereits im Ermittlungsverfahren angeordnete Überwachungsmaßnahmen umgangen habe, indem er sich eines Mitpatienten bediente, um unüberwachte Telefonate zu führen. Die Erteilung einer Telefonerlaubnis ohne Überwachungsanordnung würde daher den Zweck der Untersuchungshaft gefährden.

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde vom 28. März 2022 mit angegriffenem Beschluss vom 25. Mai 2022 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die Überwachung der Telekommunikation des Beschwerdeführers mit seinen Eltern seien in Anbetracht der fortbestehenden Gefahr, dass er diese Telefonate zu Verdunkelungshandlungen missbrauchen würde, nach wie vor gegeben. Dem stehe nicht entgegen, dass er die verfahrensgegenständliche Tat eingeräumt habe und der gegen ihn ergangene Schuldspruch inzwischen rechtskräftig sei, da über den Rechtsfolgenausspruch angesichts der Teilaufhebung des Urteils neu zu verhandeln sei. Aus den im Urteil wiedergegebenen Äußerungen des Beschwerdeführers gegenüber seinem Therapeuten ergebe sich, dass er mit Nachdruck eine Unterbringungsanordnung gemäß § 63 StGB auch im vorliegenden Verfahren anstrebe. Deshalb sei es naheliegend, dass er in Telefonaten mit seinen Eltern manipulativ darauf hinwirken könne, dass diese in der neuen Verhandlung als Zeugen Angaben zu seiner psychischen Verfassung zur Tatzeit machen könnten, die geeignet wären, den Rechtsfolgenausspruch im genannten Sinne zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Gemäß § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO stünde das Verschlechterungsverbot einer Unterbringungsmaßregel gemäß § 63 StGB in der neuen Verhandlung nicht entgegen. Bereits im Ermittlungsverfahren habe der Beschwerdeführer eine angeordnete Haftbeschränkung durch Einwirkung auf einen Mitpatienten gezielt umgangen. Aus dem geschilderten Vorfall lasse sich eine grundsätzliche Bereitschaft zur Gefährdung der Haftzwecke mittels gezielter Manipulation ableiten. Mildere Mittel, eine manipulative Einflussnahme auf die als Zeugen in Betracht kommenden Eltern zu unterbinden, seien nicht ersichtlich, sodass die Aufrechterhaltung der beschwerdegegenständlichen Anordnung auch unter Einbeziehung des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Interesses des Beschwerdeführers an vertraulicher innerfamiliärer Kommunikation verhältnismäßig sei.

Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

Die Maßstäbe zur Beurteilung haftgrundbezogener Beschränkungen in der Untersuchungshaft sind in zahleichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt worden (vgl. zur Besuchsüberwachung BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Oktober 2014 – 2 BvR 1513/14 -; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Juni 1996 – 2 BvR 634/96 -, juris; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 1993 – 2 BvR 1479/93 -, juris; zur Verweigerung von Telefonaten mit dem Verteidiger vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 7. März 2012 – 2 BvR 988/10 -; zur Beschränkung des Besuchsverkehrs BVerfGE 34, 384 <395 ff.>; zur Postkontrolle BVerfGK 19, 140 <146 f.> m.w.N.). So hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die akustische Besuchsüberwachung einen erheblichen Eingriff in den persönlichen, durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Lebensbereich sowohl des Gefangenen als auch des Besuchers darstellt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 1993 – 2 BvR 1479/93 -, juris, Rn. 12; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Juli 1996 – 2 BvR 634/96 -, juris, Rn. 8). Nichts Anderes gilt für die akustische Überwachung der Telekommunikation, die gleichfalls die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes zwischen dem Untersuchungsgefangenen und seinen Gesprächspartnern berührt (vgl. Schultheis, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 119 Rn. 27; Gärtner, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2019, § 119 Rn. 38).

Die in der Literatur und Rechtsprechung geäußerte Auffassung, an die Verhältnismäßigkeit der Überwachung der Telekommunikation seien weniger strenge Anforderungen zu stellen als an die akustische Überwachung von Besuchen (vgl. dazu Schultheis, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 119 Rn. 27; Krauß, in: BeckOK StPO, § 119 Rn. 30 [Oktober 2022]; und OLG Hamm, Beschluss vom 9. Februar 2010 – 3 Ws 45/10 -, juris, Rn. 23), weil im ersteren Fall nicht einmal kontrolliert werden könne, mit wem diese Telefonate geführt würden, verfängt jedenfalls vorliegend nicht, da dem Beschwerdeführer – soweit ersichtlich – ohnehin lediglich die Erlaubnis zu Telefonaten mit seinen Eltern erteilt worden ist.

In Grundrechte darf nur auf gesetzlicher Grundlage eingegriffen werden. Dieser allgemeine rechtsstaatliche Grundsatz gilt auch für den Vollzug der Untersuchungshaft. Die Vorschrift des § 119 Abs. 1 StPO bietet grundsätzlich eine zureichende gesetzliche Grundlage für Einschränkungen grundrechtlicher Freiheiten des Untersuchungsgefangenen und – gemäß § 119 Abs. 6 Satz 1 StPO – auch des Strafgefangenen, für den die nach § 116b Satz 2 StPO nachrangig zu vollstreckende Untersuchungshaft angeordnet ist (vgl. BVerfGE 34, 369 <379>; 34, 384 <395>; 35, 307 <309>; 35, 311 <316>; 57, 170 <177>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Oktober 2014 – 2 BvR 1513/14 -, Rn. 18). Die Auslegung der Vorschriften zur Untersuchungshaft hat allerdings dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein Untersuchungsgefangener noch nicht rechtskräftig verurteilt ist und deshalb allein den unvermeidlichen Beschränkungen unterworfen werden darf (vgl. BVerfGE 15, 288 <295>; 34, 369 <379>; 42, 95 <100>; BVerfGK 13, 163 <165>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit prägt daher den Vollzug der Untersuchungshaft in besonderem Maße (vgl. BVerfGE 34, 369 <380>; 35, 5 <9>; 35, 307 <309>).

Voraussetzung für die Zulässigkeit von Grundrechtseingriffen auf der Grundlage von § 119 StPO ist eine reale Gefährdung der in der Bestimmung bezeichneten Haftzwecke (vgl. BVerfGE 15, 288 <295>; 34, 369 <380>), der durch die Inhaftierung allein nicht ausreichend entgegengewirkt werden kann. Das Gericht muss deshalb stets prüfen, ob für das Vorliegen einer solchen Gefahr im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte bestehen (vgl. BVerfGE 35, 5 <10>; 42, 234 <236>; 57, 170 <177>). Die bloße Möglichkeit, dass ein Untersuchungsgefangener seine Freiheiten missbraucht, reicht bei einer den Grundrechten Rechnung tragenden Auslegung des § 119 Abs. 1 StPO nicht aus, um Beschränkungen anzuordnen (vgl. BVerfGE 35, 5 <10>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juli 1994 – 2 BvR 806/94 -, juris, Rn. 23; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Juni 1996 – 2 BvR 634/96 -, juris, Rn. 8; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Januar 2008 – 2 BvR 1229/07 -, Rn. 17).

Stellt die einschränkende Maßnahme auch einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG dar, bedarf es einer besonders ernstlichen und eingehenden, auch die Dauer der Untersuchungshaft einbeziehenden und am Kriterium der Zumutbarkeit orientierten Prüfung, ob eine Besuchsbeschränkung unverzichtbar vom Zweck der Untersuchungshaft oder der Ordnung im Vollzug gefordert wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 1993 – 2 BvR 1479/93 -, juris, Rn. 15). Nichts anderes kann für eine Beschränkung der Telekommunikation mit engen Familienangehörigen gelten, wenn diese für den Betroffenen – wie hier – eine der wenigen Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des Kontakts mit seiner Familie darstellt. Bei der Anordnung von Beschränkungen in der Untersuchungshaft ist stets zu beachten, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen und der in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenen wertentscheidenden Norm im Haftvollzug besondere Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 42, 95 <101 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juli 1994 – 2 BvR 806/94 -, juris, Rn. 16).

Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Die Begründungstiefe des landgerichtlichen Beschlusses, der vom Oberlandesgericht nicht beanstandet wurde, genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen angesichts der insbesondere auf Grund der Anordnungsdauer der Beschränkungsmaßnahme schwerwiegend betroffenen Grundrechte des Beschwerdeführers nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob die in Streit stehenden Beschränkungen der Untersuchungshaft auch in verfassungsgemäßer Weise hätten angeordnet werden können.

Das Landgericht, das die vom Amtsgericht angeordnete Beschränkung mit einer den veränderten Umständen entsprechenden, modifizierten Begründung aufrechterhalten hat, führt nur unzureichend zur Gefährdung der Haftzwecke im Falle einer Aufhebung der Beschränkungsmaßnahme aus. Eine Gefährdung des Haftzwecks der Fluchtgefahr wird lediglich behauptet, die Annahme einer Verdunkelungsgefahr nicht hinreichend begründet. Konkrete Anhaltspunkte für letztere erblickt das Landgericht in einer möglichen Einwirkung des Beschwerdeführers auf seine Eltern, deren „Angaben zur psychischen Verfassung des Angeklagten vor und während der Tatzeit Bedeutung für das weitere Verfahren erlangen könnten“, und dem Umstand, dass er bereits angeordnete Überwachungsmaßnahmen erfolgreich umgangen habe. Angesichts des Umstands, dass die einmalige Umgehung der Überwachungsmaßnahme im Ermittlungsverfahren, als dem Beschwerdeführer der telefonische Kontakt zu seinen Eltern vollständig untersagt war, und vor Rechtskraft des Schuldspruchs erfolgte, hätte die Einschätzung, daraus unverändert eine grundsätzliche Bereitschaft des Beschwerdeführers zur gezielten Manipulation seiner Eltern abzuleiten, jedenfalls näherer Erläuterung bedurft. Zudem hat das Landgericht nicht plausibel dargelegt, inwiefern eine vom Beschwerdeführer beeinflusste Aussage der Eltern im jetzigen Verfahrensstadium eine substantielle Veränderung des Rechtsfolgenausspruchs hin zur Anordnung einer Maßregel nach § 63 StGB bewirken könnte. Der Schuldspruch ist nach einem Geständnis des Beschwerdeführers bereits rechtskräftig, und die Möglichkeit seiner Unterbringung nach § 63 StGB war bereits zu Verfahrensbeginn nicht zuletzt deswegen Gegenstand gutachterlicher Beurteilung, weil er derzeit nach § 63 StGB untergebracht ist. Ferner lässt die Befassung des Landgerichts mit den betroffenen Grundrechtspositionen des Beschwerdeführers keine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenen Wertentscheidung genügende Abwägung erkennen. Die betroffenen Grundrechte werden lediglich abstrakt benannt, ohne dass die familiäre Situation des Beschwerdeführers, die Haftbedingungen und insbesondere die Dauer der seit Dezember 2019 währenden Überwachung der Telefonate erkennbar näher gewürdigt worden wären. Die Feststellung, die angeordneten Beschränkungen erschienen „weiterhin als erforderlich und verhältnismäßig“, lässt nicht erkennen, ob das Landgericht sich der Dauer der angeordneten Beschränkungsmaßnahme bewusst war, und bezieht das insoweit zunehmende Gewicht des Eingriffs nur unzureichend ein.

Durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist dieser Begründungsmangel nicht behoben worden. Die knappe Feststellung, „das durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Interesse des Angeklagten an vertraulicher innerfamiliärer Kommunikation [habe] unter den gegebenen Umständen hinter dem staatlichen Interesse an einer Meidung missbräuchlicher Einwirkungen auf die neue Verhandlung über den Rechtsfolgenausspruch zurückzustehen“, bleibt hinsichtlich der abzuwägenden Grundrechtspositionen ebenfalls abstrakt und lässt eine substantielle Auseinandersetzung mit der Angemessenheit beziehungsweise Zumutbarkeit der Überwachung der Telefonate, insbesondere mit Blick auf die fortgeschrittene Dauer der Maßnahme, vermissen.