Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung bei mehrmaliger Bestellung desselben Sachverständigen

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 09. März 2022 zum Aktenzeichen 2 BvR 1419/18 entschieden, dass die Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung bei mehrmaliger Bestellung desselben Sachverständigen verfassungswidrig ist.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung in einem sogenannten Altfall.

Der zu diesem Zeitpunkt bereits erheblich vorbestrafte Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landgerichts Verden vom 7. September 1998 wegen gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus wurde seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Nach Verbüßung der Freiheitsstrafe wurde die Sicherungsverwahrung seit dem 27. April 2001 vollstreckt. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2007 ordnete das Landgericht Lüneburg die Überweisung des Beschwerdeführers in ein psychiatrisches Krankenhaus gemäß § 67a Abs. 2 StGB an, die es am 30. September 2008 wieder aufhob. Seit dem 16. Oktober 2008 wurde die Maßregel wieder im Vollzug der Sicherungsverwahrung vollstreckt.

Der Sachverständige Dr. X. begutachtete am 29. Mai 2015, am 12. Februar 2016 und am 7. Dezember 2016 den Beschwerdeführer, wobei dieser jeweils nicht zur Mitwirkung bereit war. Er kam zu dem Ergebnis, dass bei dem Beschwerdeführer eine chronische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis sowie eine Alkoholabhängigkeit vorliege und erhebliche dissoziale Persönlichkeitsanteile festzustellen seien.

Mit Beschluss vom 2. Februar 2017 ordnete das Landgericht Göttingen erneut den Vollzug der Sicherungsverwahrung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Der Beschwerdeführer wurde daraufhin in das Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen verbracht.

Nachdem dieses mit Stellungnahme vom 17. November 2017 mitgeteilt hatte, dass sich im mehrmonatigen Beobachtungszeitraum keine Hinweise auf eine psychotische Erkrankung, wohl aber auf eine dissoziale Persönlichkeit ergeben hätten, wobei offengelassen werde, ob diese den Grad einer Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 erreiche, ordnete das Landgericht Göttingen mit Beschluss vom 7. Dezember 2017 erneut eine Begutachtung des Beschwerdeführers durch den Sachverständigen Dr. X. an. Dem widersprach der Beschwerdeführer im Wege einer „sofortigen Beschwerde“, weil er bei der Auswahl des Sachverständigen nicht angehört worden sei. Mit Beschluss vom 5. Februar 2018 wies das Oberlandesgericht die Beschwerde als unzulässig zurück.

Nach einem erfolglosen Explorationsversuch erstattete der Sachverständige am 15. Januar 2018 ein Gutachten nach Lage der Akten, in dem er erneut zu dem Ergebnis des Vorliegens einer Alkoholabhängigkeit und einer dissozialen Persönlichkeitsakzentuierung kam. Das Vorliegen einer entsprechenden Persönlichkeitsstörung könne weder ausgeschlossen noch nachgewiesen werden.

Mit angegriffenem Beschluss vom 9. März 2018 ordnete das Landgericht Göttingen die Fortdauer der Sicherungsverwahrung sowie die Rückverlegung des Beschwerdeführers in den Sicherungsverwahrungsvollzug an. Zur Begründung führte das Gericht aus, es bestehe weiterhin die Gefahr, dass der Beschwerdeführer erhebliche Straftaten begehen werde, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt würden. Aufgrund des aktuellen Gutachtens des Sachverständigen Dr. X. sei es überzeugt, dass der Beschwerdeführer neben einer Alkoholabhängigkeit und mindestens erheblichen dissozialen Persönlichkeitsanteilen unter einer schweren chronifizierten Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis (ICD-10: F 20.9) leide.

Des Weiteren wies das Landgericht darauf hin, dass es die Fortdauerentscheidung erst verspätet habe treffen können, weil die Stellungnahme des Maßregelvollzugszentrums die zusätzliche Einschaltung eines Sachverständigen erfordert habe.

Der Beschwerdeführer begründete seine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde mit Schriftsatz vom 7. Mai 2018 unter anderem damit, dass das Landgericht einerseits eine psychische Störung bejaht, andererseits aber die Überweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus aufgehoben habe. Auch sei die Kausalität zwischen psychischer Störung und der Gefahr weiterer schwerer Straftaten nicht belegt. Unabhängig davon sei zu rügen, dass derselbe Gutachter zum wiederholten Male beauftragt worden sei und keine Möglichkeit bestanden habe, sich gegen die Gutachterauswahl zu wehren.

Mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 6. Juni 2018 verwarf das Oberlandesgericht Braunschweig die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde als unbegründet. Im Hinblick auf die Begutachtung des Beschwerdeführers sah das Oberlandesgericht keinen Verfahrensverstoß. Die erneute Beauftragung von Dr. X., mit dem der Beschwerdeführer ein Explorationsgespräch in früheren und in der aktuellen Begutachtung abgelehnt habe, sei unter Berücksichtigung des Gebots bestmöglicher Sachaufklärung nicht zu beanstanden.

Die Auswahl des gemäß § 463 Abs. 3 Satz 4 StPO einzuholenden Gutachtens stehe gemäß § 73 Abs. 1 StPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Die Strafvollstreckungskammer sei grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Gutachter dem Wunsch eines Untergebrachten entsprechend auszuwählen. Sie müsse im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls auch berücksichtigen können, innerhalb welcher Frist ein Gutachten erstellt werden könne. Bei der Entscheidung über die Fortdauer der Sicherungsverwahrung gebe es – anders als im Überprüfungsverfahren bei der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus – keine dem § 463 Abs. 4 Satz 3 StPO entsprechende Regelung. Die Norm beziehe sich ausweislich des Gesetzentwurfs vom 13. Januar 2016 ausdrücklich auf die Unterbringung nach § 63 StGB. Mit Blick auf die Sicherungsverwahrung sei auf eine derartige Regelung verzichtet worden.

Daher sei die erneute Bestellung von Dr. X. nicht zu beanstanden.

Soweit nach dem Gesetzentwurf der „Gefahr von repetitiven, sich selbst bestätigenden Beurteilungen begegnet werden“ solle, sei festzustellen, dass das Gutachten von Dr. X. nicht erkennen lasse, dass er sich von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen. Allein die Konstanz der Einschätzung in den Gutachten begründe keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Gebot einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung.

Für seine erneute Beauftragung hätten hier Gründe der Prozessökonomie gesprochen. Die Notwendigkeit der Einholung eines Gutachtens habe sich für die Kammer erst infolge der unerwarteten Stellungnahme des psychiatrischen Krankenhauses vom 17. November 2017 ergeben. Um eine Überschreitung der Prüffrist möglichst gering zu halten, sei es in besonderem Maße darauf angekommen, eine möglichst zeitnahe Begutachtung erreichen zu können, was im Rahmen einer Beauftragung des bereits zuvor tätigen Dr. X. wegen seiner Vorbefassung zu erwarten gewesen sei.

Auch der Umstand, dass die erneute Beauftragung nicht dem Wunsch des Beschwerdeführers entsprochen und dieser es bereits zuvor abgelehnt habe, mit Dr. X. zu sprechen, begründe keinen Verfahrensfehler. Die Kammer sei nicht gehalten gewesen, zu Aufklärungszwecken einen anderen Sachverständigen auszuwählen. Der Sachverständige Dr. X. habe über eine ausreichende Beurteilungsgrundlage verfügt. Er habe Gelegenheit gehabt, mit dem zuständigen Oberarzt und den betreuenden Pflegekräften zu sprechen. Auch sei ihm der Beschwerdeführer durch die drei Vorbegutachtungen gut bekannt gewesen. Zudem hätten ihm die aktuellen Stellungnahmen der behandelnden Ärzte vorgelegen. Durchgreifende sachliche Gründe gegen die Beauftragung von Dr. X. habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Ausgehend von dem sich aus den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt ergebenden Therapieverlauf, nach dem der Beschwerdeführer seit Jahren therapeutische Angebote nicht wahrnehme und der Behandlungsverlauf gänzlich stagniere, bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die erneute Exploration des Dr. X. für den Beschwerdeführer prognostisch günstige Umstände außer Acht gelassen worden seien.

Der Beschwerdeführer sieht sich in seinen Freiheitsrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 104 Abs. 1 und 2 GG verletzt.

Die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts Göttingen und des Oberlandesgerichts Braunschweig verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 20 Abs. 3 GG.

Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistet jedermann „die Freiheit der Person“ und nimmt einen hohen Rang unter den Grundrechten ein. Das kommt darin zum Ausdruck, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG die Freiheit der Person als „unverletzlich“ bezeichnet, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ihre Beschränkung nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes zulässt und Art. 104 Abs. 2 bis 4 GG besondere Verfahrensgarantien für ihre Beschränkung statuieren (vgl. BVerfGE 35, 185 <190>; 109, 133 <157>; 128, 326 <372>).

Die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG erfordert auch im Verfahrensrecht Beachtung. Aus ihr ergeben sich Mindesterfordernisse für eine zuverlässige Wahrheitserforschung. Es ist unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben (vgl. BVerfGE 70, 297 <308>; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 28. September 2020 – 2 BvR 1235/17 -, Rn. 41 und vom 22. April 2021 – 2 BvR 320/20 -, Rn. 28 m.w.N.).

In Bezug auf die Fortdauerentscheidungen bei Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es bei einer langjährigen Unterbringung in der Regel geboten ist, von Zeit zu Zeit einen anstaltsfremden Sachverständigen hinzuzuziehen, um der Gefahr repetitiver Routinebeurteilungen vorzubeugen und auszuschließen, dass Belange der Anstalt oder der Beziehung zwischen Untergebrachtem und Therapeuten das Gutachten beeinflussen (vgl. BVerfGE 109, 133 <162, 164>; BVerfGK 15, 287 <295>). Aus denselben Gründen kann es bei langdauernder Unterbringung angezeigt sein, den Untergebrachten von einem solchen Sachverständigen begutachten zu lassen, der im Laufe des Vollstreckungsverfahrens mit diesem noch überhaupt nicht befasst war (vgl. BVerfGE 109, 133 <164>; BVerfGK 15, 287 <295 f.>). Dabei kommt auch einem Gutachten, das ohne Exploration des Betroffenen allein auf der Grundlage der Akten, der Vorgutachten sowie der Unterbringungsunterlagen erstellt worden ist, Bedeutung zu, da ein neuer Gutachter die Feststellungen und Stellungnahmen der Unterbringungseinrichtung einer eigenständigen Bewertung zuführen wird, bei der sich seine gesteigerte Unvoreingenommenheit und kritische Distanz entfalten können (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. April 2021 – 2 BvR 320/20 -, Rn. 29 m.w.N.).

Diese verfassungsrechtlichen Prinzipien gelten auch für den Vollzug der Sicherungsverwahrung. Dem steht nicht entgegen, dass es für den Bereich der Sicherungsverwahrung einfachrechtlich an einer § 463 Abs. 4 Satz 2 StPO entsprechenden Regelung fehlt. Vielmehr folgen die Anforderungen an die Einholung von Sachverständigengutachten und die Bestimmung der Gutachter unmittelbar aus dem Gebot bestmöglicher Sachaufklärung gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht auch in Bezug auf die Sicherungsverwahrung angenommen, dass das Gericht der Gefahr repetitiver Routinebeurteilungen durch die sorgfältige Auswahl des Gutachters entgegenwirken muss (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. April 2021 – 2 BvR 320/20 -, Rn. 30 m.w.N.).

Die Entscheidung über die Einholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund § 463 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 454 Abs. 2 StPO ist zunächst Aufgabe der Fachgerichte. Ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts ist erst dann gerechtfertigt, wenn die Auslegung und Anwendung dieser freiheitssichernden Vorschriften mit Bedeutung und Tragweite des Freiheitsgrundrechts nicht zu vereinbaren sind oder sich als objektiv willkürlich erweisen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. April 2021 – 2 BvR 320/20 -, Rn. 31).

Die Fachgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung der prozeduralen Sicherungen des Freiheitsgrundrechts allerdings zu berücksichtigen, dass die materiellen Freiheitsgarantien des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG unter den grundrechtlich verbürgten Rechten ein besonderes Gewicht haben und die Freiheit des Einzelnen nur in einem mit wesentlichen formellen Garantien ausgestatteten Verfahren entzogen werden darf. Daher sind Inhalt und Reichweite der Form- und Verfahrensvorschriften eines freiheitsbeschränkenden Gesetzes von den Fachgerichten so auszulegen, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten, schon um einer Aushöhlung und Entwertung des Grundrechts über das Verfahrensrecht entgegenzuwirken (vgl. BVerfGE 65, 317 <322 f.>; BVerfGK 15, 287 <298 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. April 2021 – 2 BvR 320/20 -, Rn. 32).

Ob eine Verletzung des Gebots der bestmöglichen Sachaufklärung vorliegt, weil eine erneute Beauftragung eines Sachverständigen mit der Gefahr einer repetitiven Routinebeurteilung verbunden ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Ein Indiz für eine derartige Gefahr kann insbesondere sein, dass der Sachverständige mehrere Gutachten in einer engen zeitlichen Abfolge erstattet hat. Entscheidend sind insoweit die Häufigkeit und die Intensität der Vorbefassung des beauftragten Sachverständigen. Verstärkt wird diese Gefahr, wenn der Betroffene zu einer Exploration durch den Sachverständigen nicht bereit ist und das Gutachten daher nach Aktenlage erstellt werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. April 2021 – 2 BvR 320/20 -, Rn. 33).

Diesen Maßstäben genügen die angegriffenen Beschlüsse nicht.

Die Fachgerichte haben der verfahrensrechtlichen Dimension des Freiheitsgrundrechts mit der vierten Bestellung desselben Sachverständigen in Folge nicht in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise Rechnung getragen. Die erneute Beauftragung von Dr. X. stellt einen Verstoß gegen das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung dar, dem in Anbetracht der außerordentlich langen Gesamtvollzugsdauer von drei Jahren Strafvollzug und anschließend über siebzehn Jahren Sicherungsverwahrungsvollzug vorliegend besonderes Gewicht zukam.

Die erneute Beauftragung von Dr. X. war erkennbar mit der Gefahr einer repetitiven Routinebeurteilung verbunden.

Der Sachverständige Dr. X. hatte mit seinen Gutachten vom 29. Mai 2015, 12. Februar 2016 und 7. Dezember 2016 bereits an den drei vorausgegangenen Fortdauerentscheidungen mitgewirkt, ehe er mit Beschluss vom 7. Dezember 2017 erneut zur Begutachtung herangezogen wurde. Damit hat er den Beschwerdeführer innerhalb von weniger als drei Jahren vier Mal in Folge begutachtet. Neben ihm legten in diesem Zeitraum keine weiteren externen Sachverständigen Gutachten vor.

Angesichts der engen zeitlichen Abfolge der durch den Sachverständigen erstatteten Gutachten lag die Gefahr einer repetitiven Routinebegutachtung bei einer erneuten Beauftragung dieses Sachverständigen auf der Hand. Dies gilt insbesondere aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer zu einer Exploration durch den Sachverständigen Dr. X. nicht bereit war.

Dem trägt das Landgericht weder im Beschluss zur Bestellung des Sachverständigen vom 7. Dezember 2017 noch im angegriffenen Fortdauerbeschluss vom 9. März 2018 Rechnung.

Im Bestellungsbeschluss wird der Sachverständige beauftragt, ein Gutachten „in Ergänzung und Aktualisierung seines Vorgutachtens vom 7. Dezember 2016 (auf das – soweit noch zutreffend, weitestgehend – verwiesen werden kann)“ zu erstatten. Neben der Auswahl des Gutachters spricht diese Formulierung des Gutachtenauftrags dafür, dass das Landgericht die Gefahr einer repetitiven Routinebegutachtung nicht gesehen oder sich jedenfalls damit nicht hinreichend auseinandergesetzt hat.

Dabei musste das Landgericht angesichts der vorangegangenen Abläufe davon ausgehen, dass sich der Beschwerdeführer einer Exploration durch den ausgewählten Sachverständigen verweigern würde. Nachdem das Maßregelvollzugszentrum aber mitgeteilt hatte, dass im Beobachtungszeitrum keine Symptome einer psychotischen Erkrankung hätten festgestellt werden können, war es geboten, eine neue Begutachtung durch einen nicht vorbefassten Sachverständigen vornehmen zu lassen, dessen Bewertung auf der Basis gesteigerter Unvoreingenommenheit gegenüber dem Beschwerdeführer und kritischer Distanz gegenüber den bisherigen Gutachten hätte erfolgen können.

Der Hinweis des Landgerichts, dass es von der Stellungnahme des Maßregelvollzugszentrums unvorbereitet getroffen worden sei, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Vielmehr hätte diese von den bisherigen Sachverständigenfeststellungen scheinbar abweichende Stellungnahme gerade Veranlassung sein müssen, dem Gebot bestmöglicher Sachaufklärung durch die Bestimmung eines weiteren, mit dem Beschwerdeführer bisher nicht bereits mehrmals befassten Gutachters Rechnung zu tragen.

Auch die durch das Oberlandesgericht auf die sofortige Beschwerde angestellten Erwägungen rechtfertigen die erneute Bestellung von Dr. X. nicht.

Soweit das Oberlandesgericht einen Verstoß gegen das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung unter Hinweis darauf ablehnt, dass das aktuelle Gutachten keine sachfremden Erwägungen erkennen lasse und allein aus der Konstanz und Übereinstimmung mit seinen vorherigen Begutachtungen keine objektivierbaren Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Gebot einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung folgten, geht diese Begründung fehl.

Das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung richtet sich an die Gerichte und ist der Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Feststelllungen des Sachverständigen vorgelagert. Da mit der Auswahl des Sachverständigen der Gefahr einer repetitiven Begutachtung vorgebeugt werden soll, kann ein in der erneuten Bestellung liegender Verstoß gegen dieses Gebot nicht dadurch geheilt werden, dass das Gutachten anschließend materiell durch die Gerichte daraufhin geprüft wird, ob es objektivierbare Anhaltspunkte für eine sachlich unzureichende repetitive Begutachtung enthält. Vor diesem Hintergrund ist auch der Hinweis des Oberlandesgerichts, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der erneuten Begutachtung für den Beschwerdeführer prognostisch günstige Umstände außer Betracht geblieben seien, ohne Belang.

Auch die vom Oberlandesgericht im Übrigen benannten Gründe führen zu keinem anderen Ergebnis.

Zwar ist zuzugestehen, dass es für den Bereich der Sicherungsverwahrung keine § 463 Abs. 4 Satz 3 StPO entsprechende einfachgesetzliche Regelung gibt. Die Anforderungen an die Einholung von Sachverständigengutachten und an die Bestimmung des jeweiligen Gutachters folgen im Bereich der Sicherungsverwahrung aber unmittelbar aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Daher ist auch in diesem Bereich der Gefahr repetitiver Routinebeurteilungen durch eine entsprechende Gutachterauswahl entgegenzuwirken (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 6. August 2014 – 2 BvR 2632/13 -, Rn. 16 und vom 28. September 2020 – 2 BvR 1235/17 -, Rn. 43).

Des Weiteren ist dem Oberlandesgericht auch zuzugeben, dass bei der Bestimmung des Gutachters zu berücksichtigen ist, innerhalb welcher Frist das beauftragte Gutachten erstellt werden und ob dadurch eine Überschreitung der Überprüfungsfrist vermieden werden kann. Dies rechtfertigt jedoch nicht eine Außerachtlassung des Gebots bestmöglicher Sachaufklärung und die Hinnahme der Gefahr repetitiver Routinebegutachtungen.

Die Vorschriften über die regelmäßige Überprüfung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung dienen der Wahrung des Übermaßverbots bei der Beschränkung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. BVerfGK 4, 176 <181>; 5, 67 <68>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Mai 2008 – 2 BvR 1615/07 -, Rn. 17; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2011 – 2 BvR 1334/10 -, Rn. 16). Ihre Missachtung kann dieses Grundrecht verletzen, wenn es sich um eine nicht mehr vertretbare Fehlhaltung gegenüber dem das Grundrecht sichernden Verfahrensrecht handelt, die auf eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts schließen lässt (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 72, 105 <114 f.>; 109, 133 <163>; BVerfGK 4, 176 <181>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2011 – 2 BvR 1334/10 -, Rn. 16). Daher ist es Aufgabe des Gerichts, durch eine entsprechende Gestaltung des Überprüfungsverfahrens dafür Sorge zu tragen, dass es fristgerecht über die Fortdauer der Unterbringung entscheiden kann, ohne das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung zu verletzen. Die Mittel, die zur Beschleunigung des Verfahrens eingesetzt werden, dürfen die übrigen aus dem Freiheitsgrundrecht folgenden Anforderungen nicht konterkarieren.

Zwar ist es nachvollziehbar, dass mit der Beauftragung des vorbefassten Sachverständigen Dr. X. die Erwartung einer Beschleunigung der Gutachtenerstellung verbunden war. Angesichts der damit einhergehenden Gefahr repetitiver Routinebegutachtung war dafür aber kein Raum. Kommt es aufgrund der Beachtung des verfassungsrechtlichen Gebots bestmöglicher Sachaufklärung zu einer Überschreitung der Überprüfungsfrist, ist dem durch die Feststellung der hierin gegebenenfalls liegenden Grundrechtsverletzung Rechnung zu tragen, nicht aber durch eine Einschränkung der Sachaufklärung.