Braucht ein Arbeitgeber bei Kündigung eines Arbeitnehmers immer einen Kündigungsgrund?

07. November 2025 -

Ob ein Arbeitgeber für die Kündigung eines Arbeitnehmers immer einen Kündigungsgrund braucht, hängt im deutschen Arbeitsrecht von mehreren Faktoren ab. Entscheidend ist zunächst, um welche Art von Kündigung es sich handelt – ordentliche (fristgerechte) oder außerordentliche (fristlose) Kündigung – und ob das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist. Außerdem spielen die Betriebsgröße (Stichwort Kleinbetrieb) und die Beschäftigungsdauer (z. B. noch innerhalb der Probezeit) eine Rolle. Im Folgenden wird erläutert, wann ein Kündigungsgrund gesetzlich erforderlich ist und welche praktischen Beispiele es gibt. Abschließend geben wir Tipps für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wie sie im Kündigungsfall am besten vorgehen.

Ordentliche vs. außerordentliche Kündigung

Zunächst muss man zwischen ordentlicher (fristgemäßer) und außerordentlicher (fristloser) Kündigung unterscheiden. Bei einer ordentlichen Kündigung wird die vertraglich oder gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist eingehalten. Hierfür braucht der Kündigende grundsätzlich keinen spezifischen „wichtigen Grund“ – eine ordentliche Kündigung kann im Prinzip ohne Angabe von Gründen erfolgen, allein weil man das Arbeitsverhältnis beenden möchte. Wichtig: Dies gilt jedoch uneingeschränkt nur für Arbeitnehmer, die selbst kündigen. Arbeitgeber unterliegen bei ordentlichen Kündigungen weiteren Einschränkungen durch das Kündigungsschutzrecht (siehe unten).

Eine außerordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis hingegen sofort und ohne Frist. Sie ist nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig, nämlich wenn ein wichtiger Grund im Sinne des Gesetzes vorliegt. § 626 BGB bestimmt, dass für eine fristlose Kündigung immer ein „wichtiger Grund“ erforderlich ist. Das bedeutet, es muss ein schwerwiegender Anlass gegeben sein, der es dem Kündigenden unzumutbar macht, auch nur die normale Kündigungsfrist abzuwarten. Typische Beispiele für solche Gründe sind schwere Pflichtverstöße wie Diebstahl am Arbeitsplatz, tätliche Angriffe auf Kollegen/Vorgesetzte oder grobe Vertrauensbrüche (etwa vorsätzliche Fälschung von Arbeitszeitnachweisen). Ohne wichtigen Grund ist eine fristlose Kündigung unwirksam – der Arbeitgeber darf also nicht einfach grundlos „außer der Reihe“ kündigen.

Zusammengefasst: Eine ordentliche Kündigung erfolgt mit Frist und erfordert keinen sofortigen dringenden Anlass. Eine außerordentliche Kündigung erfolgt ohne Frist (sofort) und setzt immer einen wichtigen Grund voraus, der den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist untragbar machen würde. Arbeitgeber müssen also spätestens bei einer fristlosen Kündigung einen belastbaren Kündigungsgrund haben.

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) – wann braucht man einen Grund?

Ob bei einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber ein Grund erforderlich ist, richtet sich maßgeblich danach, ob das Kündigungsschutzgesetz zur Anwendung kommt. Das KSchG ist das zentrale Gesetz, das den allgemeinen Kündigungsschutz regelt. Es legt fest, ab wann ein Arbeitgeber nur mit einem bestimmten Grund kündigen darf und wann nicht.

Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Arbeitnehmer unter den Kündigungsschutz des KSchG fällt:

  • Betriebszugehörigkeit länger als 6 Monate: Der Arbeitnehmer muss bereits mehr als sechs Monate im Betrieb beschäftigt sein (§ 1 Abs. 1 KSchG). Diese ersten 6 Monate nennt man auch Wartezeit oder häufig Probezeit. Während der ersten sechs Monate greift der Kündigungsschutz in der Regel nicht.
  • Betriebsgröße über 10 Mitarbeiter: In dem Betrieb müssen regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sein (§ 23 Abs. 1 KSchG). Kleinstbetriebe mit 10 oder weniger Mitarbeitern sind vom Anwendungsbereich des KSchG weitgehend ausgenommen. (Zur Berechnung zählen Auszubildende nicht mit; Teilzeitkräfte werden anteilig berücksichtigt.)

Sind beide Voraussetzungen erfüllt, genießt der Arbeitnehmer den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG. Das bedeutet: Der Arbeitgeber darf eine ordentliche Kündigung nicht einfach grundlos aussprechen, sondern sie muss „sozial gerechtfertigt“ sein. Konkret verlangt das Gesetz einen anerkannten Kündigungsgrund – dazu gleich mehr. Fehlt ein solcher Grund, ist die Kündigung rechtsunwirksam, und der Arbeitnehmer kann erfolgreich Kündigungsschutzklage erheben.

Gilt das KSchG hingegen nicht, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis grundsätzlich auch ohne Angabe von Gründen kündigen, sofern er die Kündigungsfristen und Formalien einhält. Mit anderen Worten: In Betrieben, die nicht unter das KSchG fallen, oder während der ersten 6 Monate (Wartezeit) ist eine ordentliche Kündigung ohne sozialen Rechtfertigungsgrund rechtlich zulässig. Der Arbeitgeber braucht dann keinen besonderen Kündigungsgrund, um das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Allerdings bedeutet „ohne Grund kündigen dürfen“ nicht, dass wirklich alles erlaubt wäre – auch im Kleinbetrieb oder in der Probezeit müssen gewisse Grenzen eingehalten werden. Insbesondere sind diskriminierende oder willkürliche Kündigungen verboten. Ein Arbeitgeber darf z. B. auch in einem Kleinbetrieb niemanden aus rein schikanösen Motiven oder aus Gründen wie Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Identität kündigen, da dies gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen würde. Ebenso sind Kündigungen aus reiner Rachsucht oder zur völlig „unpassenden“ Zeit (Kündigung zur Unzeit) unzulässig. Solche Fälle sind zwar schwer nachzuweisen, stellen aber einen verfassungsrechtlich gebotenen Mindestschutz selbst außerhalb des KSchG dar. Außerdem gelten Sonderkündigungsschutz-Regelungen unabhängig vom KSchG (dazu später mehr).

Merke: Greift das KSchG, braucht jede ordentliche Kündigung einen gültigen Grund – anderenfalls kann sie erfolgreich angefochten werden. Greift das KSchG nicht, kann zwar formal ohne Grund gekündigt werden, doch weder rechtswidrige Diskriminierung noch willkürliche Schlechterstellung sind erlaubt.

Im Folgenden schauen wir uns genauer an, was in Kleinbetrieben und während der Probezeit gilt und welche Kündigungsgründe das Gesetz anerkennt.

Kündigung im Kleinbetrieb (bis 10 Mitarbeiter)

Eine wichtige Ausnahme vom strengen Kündigungsschutz stellt der Kleinbetrieb dar. Als Kleinbetrieb gelten Unternehmen, die nicht mehr als 10 Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigen (Auszubildende zählen dabei nicht mit). In solchen Betrieben findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Der Arbeitgeber benötigt hier für eine ordentliche Kündigung keinen Kündigungsgrund im Sinne des KSchG. Eine Kündigung kann also ohne sozial gerechtfertigten Grund erfolgen, ohne dass sie allein deshalb unwirksam wäre.

Für Arbeitgeber in kleinen Betrieben mag das im ersten Moment nach einer „freien Hand“ klingen. Wichtig ist jedoch: Auch im Kleinbetrieb ist nicht jede Kündigung automatisch erlaubt. Missbrauch und Diskriminierung bleiben verboten. Eine Kündigung darf auch hier nicht aus willkürlichen oder sachfremden Motiven ausgesprochen werden. Beispielsweise wäre es unzulässig und rechtswidrig, einen Mitarbeiter nur deshalb zu entlassen, weil er einem bestimmten Geschlecht oder einer bestimmten Religion angehört oder einfach aus persönlicher Rachsucht des Chefs. In der Rechtsprechung wird verlangt, dass selbst im Kleinbetrieb ein „Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme“ gewahrt bleibt. Krass ungerechte oder sittenwidrige Kündigungen können im Einzelfall auch ohne KSchG gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen und unwirksam sein. Zudem gilt in Kleinbetrieben trotzdem der besondere Kündigungsschutz für bestimmte Personen (z. B. Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder etc., dazu unten mehr) – solche Arbeitnehmer kann ein Arbeitgeber nicht einfach grundlos feuern.

Kurzum: In Betrieben mit 10 oder weniger Beschäftigten braucht der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund im Sinne des KSchG, um eine ordentliche Kündigung auszusprechen. Dennoch muss die Kündigung fair und rechtmäßig ablaufen. Auch im Kleinbetrieb sind Diskriminierungsverbote zu beachten und willkürliche Kündigungen unzulässig. Es existiert also ein gewisses Auffangniveau an Schutz, selbst wenn der volle Kündigungsschutz des KSchG nicht greift.

Kündigung während der Probezeit (Wartezeit)

Ähnliche Regeln gelten in den ersten Monaten eines neuen Arbeitsverhältnisses: Befindet sich der Arbeitnehmer noch in der Probezeit – meist sind das die ersten sechs Monate – dann greift der allgemeine Kündigungsschutz noch nicht. Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG muss das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden haben, damit das KSchG Anwendung findet. Vor Ablauf dieser sechsmonatigen Wartezeit kann der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung ohne Vorliegen eines KSchG-Kündigungsgrundes aussprechen. Es reicht aus, die maßgebliche Kündigungsfrist einzuhalten.

Typischerweise wird im Arbeitsvertrag eine Probezeit von bis zu 6 Monaten vereinbart. Während dieser Zeit gilt oft eine verkürzte Kündigungsfrist: Nach § 622 Abs. 3 BGB kann während einer vereinbarten Probezeit mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden. Diese kurze Frist kann jederzeit innerhalb der Probezeit angewandt werden, das heißt die Kündigung muss nicht zum Monatsende oder zu einem speziellen Termin erfolgen – sie endet exakt 14 Tage nach Zugang der Kündigung. Wichtig ist, dass die Kündigung dem Arbeitnehmer noch innerhalb der Probezeit zugeht, damit die kurzen Fristen gelten.

Auch in der Probezeit genießt der Arbeitnehmer allerdings bestimmte Basisrechte. Beispielsweise sind auch hier sittenwidrige oder diskriminierende Kündigungen verboten. Außerdem haben manche Arbeitnehmer von Anfang an Sonderkündigungsschutz: Eine Schwangere etwa ist nach dem Mutterschutzgesetz grundsätzlich unkündbar, selbst während der Probezeit. Ähnliches gilt für Schwerbehinderte (hier ist zumindest vor jeder Kündigung die Zustimmung des Integrationsamts einzuholen, § 168 SGB IX) oder für gewählte Betriebsratsmitglieder (die während der Amtszeit ordentlich unkündbar sind). Der Arbeitgeber darf also selbst in den ersten 6 Monaten nicht frei schalten und walten, sondern muss solche Schutzgesetze beachten.

Für die meisten „normalen“ Arbeitnehmer bedeutet die Probezeit jedoch faktisch: In den ersten sechs Monaten besteht kein Kündigungsschutz nach dem KSchG, sodass sie bei einer ordentlichen Kündigung kaum Chancen haben, sich dagegen zu wehren – selbst wenn kein echter Grund vorliegt. Erst nach Ablauf der Wartezeit können sie eine Kündigung auf ihren sachlichen Grund hin überprüfen lassen.

Merke: Während der (maximal 6-monatigen) Probezeit kann ein Arbeitsverhältnis mit kurzer Frist (2 Wochen) und ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Arbeitnehmer sind in dieser Phase besonders verwundbar, da der volle Kündigungsschutz noch nicht greift. Aber: Auch hier dürfen Arbeitgeber keine Treuwidrigkeit oder Diskriminierung an den Tag legen, und bestimmte Personengruppen genießen bereits Kündigungsschutz.

Gesetzlich anerkannte Kündigungsgründe (wenn KSchG gilt)

Greift das Kündigungsschutzgesetz, benötigt der Arbeitgeber für eine wirksame ordentliche Kündigung einen der anerkannten Kündigungsgründe. Das KSchG fordert, dass eine Kündigung „sozial gerechtfertigt“ ist (§ 1 Abs. 2 KSchG). Anerkannt sind drei Hauptkategorien von Gründen:

  • Personenbedingte Kündigung: Der Grund liegt hier in der Person des Arbeitnehmers – insbesondere in dessen Eigenschaften oder Fähigkeiten – ohne dass er dafür ein Fehlverhalten gezeigt hat. Klassische Beispiele sind langandauernde Krankheiten oder dauerhafte gesundheitliche Einschränkungen, durch die der Arbeitnehmer seine vertragliche Arbeit nicht mehr erfüllen kann. Auch der Verlust einer notwendigen beruflichen Qualifikation oder Erlaubnis kann dazugehören – etwa wenn ein Berufskraftfahrer seinen Führerschein verliert. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer nichts für den Grund kann, dieser aber dazu führt, dass das Arbeitsverhältnis künftig nicht mehr sinnvoll fortgesetzt werden kann. Wichtig: Bei einer personenbedingten Kündigung ist in der Regel keine Abmahnung erforderlich, da kein steuerbares Fehlverhalten des Mitarbeiters vorliegt. Der Arbeitgeber muss jedoch prüfen, ob es nicht eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit (ggf. auf einem anderen Arbeitsplatz) gibt, bevor er personenbedingt kündigt.
  • Verhaltensbedingte Kündigung: Hier beruht die Kündigung auf dem Verhalten des Arbeitnehmers, das vertragliche Pflichten verletzt. Es geht also um Fälle, in denen der Mitarbeiter schuldhaft gegen seine Pflichten verstoßen hat. Typische Beispiele sind häufiges unentschuldigtes Fehlen, wiederholtes Zuspätkommen, Arbeitsverweigerung, Alkohol am Arbeitsplatz oder auch Diebstahl/Betrug zulasten des Arbeitgebers. Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt in der Regel voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zunächst abgemahnt hat. Die Abmahnung dient als deutliche Warnung („gelbe Karte“) und gibt dem Mitarbeiter die Chance, sein Verhalten zu ändern. Nur bei sehr schweren Verstößen – etwa einer Straftat im Betrieb oder einem gravierenden Vertrauensbruch – darf ausnahmsweise ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden. Ansonsten gilt: Ohne vorherige einschlägige Abmahnung ist eine verhaltensbedingte Kündigung unwirksam, wenn der Verstoß nicht so gravierend war, dass er eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde.
  • Betriebsbedingte Kündigung: Diese liegt vor, wenn dringende betriebliche Erfordernisse den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers dauerhaft wegfallen lassen. Der Grund stammt also aus der Sphäre des Arbeitgebers bzw. des Betriebs, nicht aus dem Verhalten oder der Person des Mitarbeiters. Klassische Beispiele sind Auftrags- oder Umsatzrückgänge, Umstrukturierungen, Abteilungszusammenlegungen oder Betriebsschließungen, aufgrund derer Arbeitsplätze abgebaut werden müssen. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber bei betriebsbedingten Kündigungen eine korrekte Sozialauswahl durchführt, falls mehrere vergleichbare Arbeitnehmer in Betracht kommen. Das heißt, er muss sozial schutzwürdige Gesichtspunkte wie Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten oder Schwerbehinderung berücksichtigen und den am wenigsten schutzbedürftigen Arbeitnehmer kündigen. Andernfalls – wenn z. B. ein sozial stärkerer Arbeitnehmer im Betrieb bleibt und ein schutzwürdigerer gekündigt wird, ohne sachlichen Grund – ist die Kündigung trotz eines eigentlich betriebsbedingten Anlasses sozial ungerechtfertigt und unwirksam. Kurz: Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur zulässig, wenn es das Unternehmensergebnis erfordert, der Arbeitsplatz dauerhaft entfällt und die Kündigung sozial ausgewogen gegenüber der Belegschaft erfolgt.

Diese drei Gründe sind abschließend im KSchG vorgesehen. Andere Gründe (etwa „es passt menschlich nicht mehr“ oder ähnliches) reichen vor Gericht nicht aus, solange sie nicht einem der obigen Bereiche zugeordnet werden können. In der Praxis gibt es oft Mischfälle – zum Beispiel können Gründe, die teils im Verhalten und teils in der Person liegen, zusammenkommen (etwa Alkoholmissbrauch: dieser kann sowohl zu Pflichtverletzungen als Verhalten führen als auch eine krankheitsbedingte personenbedingte Problematik darstellen). Im Zweifel entscheidet dann das Arbeitsgericht, welcher Kündigungsgrund maßgeblich ist und ob er ausreicht, um sozial gerechtfertigt zu sein.

Für Arbeitnehmer ist wichtig: Wenn keiner dieser anerkannten Gründe tatsächlich vorliegt oder vom Arbeitgeber nicht korrekt bewiesen werden kann, hat eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht keinen Bestand. In einem Kündigungsschutzprozess wird genau geprüft, ob der geltend gemachte Kündigungsgrund wirklich gegeben und ausreichend ist.

Betriebliche Mitbestimmung: Anhörung des Betriebsrats

Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, so hat dieser bei jeder Kündigung ein gesetzliches Anhörungsrecht. Nach § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Arbeitgeber den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung umfassend informieren und anhören. Dabei sind dem Betriebsrat die Gründe der Kündigung mitzuteilen sowie die Person des zu Kündigenden, der geplante Kündigungstermin etc. Daraufhin kann der Betriebsrat eine Stellungnahme abgeben – er kann der Kündigung zustimmen, sie ablehnen oder auch schweigen. Wichtig: Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Dieses Anhörungserfordernis gilt unabhängig vom Kündigungsgrund und selbst dann, wenn der Betriebsrat mit der Kündigung nicht einverstanden ist. Das Gesetz gibt dem Betriebsrat kein Vetorecht bei „normalen“ Arbeitnehmerkündigungen – der Arbeitgeber kann also grundsätzlich auch bei Widerspruch des Betriebsrats kündigen. Aber die ordnungsgemäße Anhörung muss erfolgt sein; Verstöße führen zur Unwirksamkeit der Kündigung aus formalen Gründen.

In der Praxis bedeutet das: Arbeitgeber sollten vor jeder Kündigung ein schriftliches Anhörungsschreiben an den Betriebsrat richten, in dem der geplante Kündigungszeitpunkt, die Kündigungsart (ordentlich/außerordentlich) und der Kündigungsgrund sowie ggf. soziale Auswahlkriterien dargelegt werden. Der Betriebsrat hat dann eine kurze Frist zur Stellungnahme (bei ordentlicher Kündigung 1 Woche, bei fristloser 3 Tage). Nach Fristablauf – oder sobald der Betriebsrat sich äußert – darf der Arbeitgeber kündigen. Selbst wenn der Betriebsrat Bedenken äußert oder widerspricht, kann die Kündigung ausgesprochen werden; der Arbeitnehmer erhält dann lediglich das Widerspruchsschreiben des Betriebsrats und kann das im Prozess zu seinen Gunsten vorbringen.

Für Arbeitnehmer bedeutet ein vorhandener Betriebsrat: Sie haben einen Ansprechpartner, der vor einer Kündigung zumindest angehört werden muss und ggf. Vermittlung versuchen kann. Verhindern kann der Betriebsrat eine Kündigung zwar letztlich nicht dauerhaft, aber er kann z. B. auf Alternativen drängen (Versetzung, Weiterbeschäftigung auf anderem Posten) oder im Falle einer Kündigungsschutzklage zu ihren Gunsten aussagen. Auf jeden Fall lohnt es sich für Arbeitnehmer, den Betriebsrat sofort einzuschalten, wenn eine Kündigung droht (mehr dazu unten bei Tipps für Arbeitnehmer).

Praxisbeispiele aus dem Arbeitsalltag

Um die obigen Grundsätze greifbarer zu machen, hier einige typische Beispiele für Kündigungen und die dabei geltenden Anforderungen:

  • Beispiel 1 – Verhaltensbedingte Kündigung (Zuspätkommen): Ein Arbeitnehmer erscheint wiederholt unentschuldigt zu spät zur Arbeit, obwohl er bereits deswegen abgemahnt wurde. Als sich das Zuspätkommen trotz Abmahnung fortsetzt, spricht der Arbeitgeber eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung aus. -> Rechtliche Einordnung: Hier liegt ein anerkannter Kündigungsgrund vor (Pflichtverletzung durch wiederholte Unpünktlichkeit). Entscheidend ist, dass zuvor eine Abmahnung erfolgt ist; nur deshalb ist die Kündigung sozial gerechtfertigt. Ohne vorherige Abmahnung wäre die Kündigung unwirksam gewesen, da das Fehlverhalten nicht gravierend genug für eine fristlose Kündigung war.
  • Beispiel 2 – Betriebsbedingte Kündigung (Auftragsmangel): Ein Unternehmen verliert einen wichtigen Großauftrag und sieht sich gezwungen, die Produktion zu drosseln. Es gibt nicht mehr genug Arbeit für alle Mitarbeiter. Der Arbeitgeber entscheidet sich, aus wirtschaftlichen Gründen einen von fünf gleichqualifizierten Angestellten zu kündigen. -> Rechtliche Einordnung: Dies kann eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn der Arbeitsplatz des Betroffenen durch den Auftragsmangel dauerhaft entfällt. Wichtig ist die Sozialauswahl: Der Arbeitgeber muss objektiv prüfen, welcher der fünf vergleichbaren Arbeitnehmer am sozial stärksten ist (z. B. ledig, kurze Betriebszugehörigkeit, keine Unterhaltspflichten) und diesen kündigen. Kündigt er statt­dessen jemanden, der deutlich schutzwürdiger ist (etwa einen langjährigen Mitarbeiter mit Familie) ohne sachlichen Grund, wäre die Kündigung trotz Auftragsmangel unwirksam. Im Kleinbetrieb (<=10 Mitarbeiter) dürfte der Arbeitgeber theoretisch frei wählen – aber auch dort wäre eine völlig sozial unfair erscheinende Auswahl unter Umständen treuwidrig.
  • Beispiel 3 – Personenbedingte Kündigung (Krankheit): Ein Arbeitnehmer ist seit über einem Jahr wegen schwerer Krankheit arbeitsunfähig. Eine Besserung ist auch langfristig nicht in Sicht. Der Arbeitgeber benötigt die Stelle jedoch, um die Arbeit erledigen zu können, und eine Umverteilung der Aufgaben war bisher erfolglos. -> Rechtliche Einordnung: Hier käme eine personenbedingte Kündigung in Betracht, weil der Arbeitnehmer seine vertragliche Leistung auf absehbare Zeit nicht mehr erbringen kann. Eine solche Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn eine negative Gesundheitsprognose besteht (dauerhafte Leistungsunfähigkeit), der Arbeitsplatz nicht dauerhaft freigehalten werden kann und keine milderen Mittel (z. B. Anpassung des Arbeitsplatzes oder andere Beschäftigung im Betrieb) greifen. Eine vorherige Abmahnung ist nicht erforderlich, da den Arbeitnehmer kein Verschulden trifft. Allerdings muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung in der Regel ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten und prüfen, ob irgendeine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht – unterlässt er dies, kann die Kündigung unwirksam sein.
  • Beispiel 4 – Außerordentliche (fristlose) Kündigung: Ein Angestellter entwendet vorsätzlich Firmeneigentum (z. B. teures Werkzeug aus dem Lager) und wird dabei ertappt. Der Arbeitgeber kündigt daraufhin fristlos ohne vorherige Abmahnung. -> Rechtliche Einordnung: Hier liegt ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 BGB vor (Diebstahl als schwerwiegender Vertrauensbruch). Eine fristlose Kündigung ist in einem solchen Fall gerechtfertigt, da dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – selbst für die Dauer der Kündigungsfrist – nicht mehr zumutbar ist. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber die fristlose Kündigung innerhalb von 2 Wochen ausspricht, nachdem er von den entscheidenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat (§ 626 Abs. 2 BGB). Andernfalls wäre die Kündigung schon aus Fristgründen unwirksam. Auch muss der Betriebsrat vorab angehört werden (falls vorhanden). In weniger eindeutigen Fällen schwerer Verfehlungen ist es oft ratsam, zunächst eine Verdachtskündigung in Erwägung zu ziehen oder zumindest den Sachverhalt gründlich zu ermitteln, bevor fristlos gekündigt wird.

Diese Beispiele zeigen, dass es in den meisten Fällen auf die konkreten Umstände ankommt. Insbesondere bei Kündigungen, die dem KSchG unterliegen, muss der Arbeitgeber einen der genannten Gründe stichhaltig darlegen und – im Streitfall – beweisen. Andernfalls riskiert er eine Niederlage vor Gericht.

Was passiert, wenn kein (erforderlicher) Kündigungsgrund vorliegt?

Die Ausgangsfrage zielt darauf ab, ob ein Arbeitgeber immer einen Kündigungsgrund braucht – wir wissen jetzt: Nein, nicht immer, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen. Aber was sind die Folgen, wenn ein Arbeitgeber ohne Grund kündigt, obwohl eigentlich ein Grund nötig wäre? Und umgekehrt: Was ist, wenn kein Grund nötig war?

Man muss unterscheiden:

  • Kündigung außerhalb des KSchG (kein Grund nötig): In einem Kleinbetrieb oder während der Wartezeit kann der Arbeitgeber – wie oben erklärt – ohne sozialen Kündigungsgrund kündigen, ohne automatisch Sanktionen befürchten zu müssen. Die Kündigung ist dann rechtlich wirksam, solange sie formal korrekt erfolgt (also schriftlich nach § 623 BGB, mit richtiger Frist, mit vorheriger Betriebsratsanhörung sofern ein Betriebsrat existiert, etc.). Aber: Auch hier darf die Kündigung nicht gegen grundlegende Rechtsgrundsätze verstoßen. Wenn der Arbeitnehmer den Verdacht hat, die Kündigung sei z. B. diskriminierend (etwa wegen seiner Behinderung oder Herkunft) oder aus reiner Willkür erfolgt, kann er trotzdem klagen. Die Hürden sind allerdings hoch, denn er muss dem Gericht solche Verstöße schlüssig darlegen und beweisen. In der Praxis enden Klagen gegen Kündigungen im Kleinbetrieb nur selten mit einer Unwirksamkeit – schlicht weil der Arbeitgeber rein rechtlich keinen Grund brauchte und unlautere Motive oft kaum belegbar sind. Faktisch endet das Arbeitsverhältnis in solchen Fällen mit Ablauf der Kündigungsfrist, selbst wenn der Arbeitgeber „keinen guten Grund“ hatte.
  • Kündigung unter dem KSchG (Grund wäre nötig): Gilt das Kündigungsschutzgesetz, sieht die Sache anders aus. Kündigt der Arbeitgeber, ohne dass ein sozial gerechtfertigter Kündigungsgrund vorliegt, ist die Kündigung rechtswidrig. Der Arbeitnehmer kann dagegen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen – und zwar innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung. Diese Dreiwochenfrist ist absolut wichtig: Verpasst der Arbeitnehmer sie, gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam, selbst wenn sie eigentlich inhaltlich unwirksam war. Erhebt der Arbeitnehmer jedoch rechtzeitig Klage, prüft das Gericht den Kündigungsgrund. Stellt das Arbeitsgericht fest, dass kein ausreichender Grund vorlag oder z. B. die Sozialauswahl grob fehlerhaft war, wird die Kündigung für unwirksam erklärt. Folge: Das Arbeitsverhältnis besteht rechtlich fort, als wäre nie gekündigt worden. Der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter dann weiter beschäftigen und in der Regel den seither angefallenen Lohn nachzahlen (sogenannter Annahmeverzugslohn). Für Arbeitgeber kann das sehr teuer werden, vor allem wenn mehrere Monate ins Land gehen, bis ein Urteil ergeht.

In der Praxis enden Kündigungsschutzklagen allerdings häufig mit einem Vergleich. Das heißt, Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich vor Gericht darauf, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden. Eine Abfindung ist gewissermaßen ein „Schmerzensgeld“ für den Verlust des Arbeitsplatzes. Einen direkten gesetzlichen Anspruch darauf gibt es zwar nur in Ausnahmefällen, aber um die Unsicherheit eines langen Prozesses zu vermeiden, kaufen sich viele Arbeitgeber aus dem Verfahren frei. Für den Arbeitgeber ist eine vergleichsweise Abfindungszahlung dann die „saubere“ Lösung, um den Mitarbeiter trotz fehlenden Kündigungsgrunds loszuwerden – allerdings muss er dafür eben finanziell in die Tasche greifen. Für den Arbeitnehmer bedeutet ein Vergleich meist, dass er zwar nicht zum Arbeitsplatz zurückkehrt, aber eine monetäre Kompensation erhält und das Kapitel abschließen kann.

Kurz gesagt: Hat ein Arbeitgeber keinen tragfähigen Kündigungsgrund, obwohl das KSchG es verlangen würde, riskiert er vor Gericht zu scheitern. Die Kündigung wird dann für unwirksam erklärt – mit der Konsequenz, dass er den Arbeitnehmer weiter beschäftigen oder gegen Abfindung „loskaufen“ muss. Dieses Risiko sollte jedem Arbeitgeber bewusst sein, bevor er einem kündigungsgeschützten Mitarbeiter ohne Grund kündigt.

Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber

Steht man als Arbeitgeber vor der Entscheidung, einem Mitarbeiter zu kündigen, sollte man umsichtig vorgehen – gerade in Bezug auf die Frage „Brauche ich einen Kündigungsgrund?“. Hier einige Tipps, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden:

  • Prüfen, ob ein Kündigungsgrund erforderlich ist: Stellen Sie zunächst fest, ob das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist – also ob Ihr Betrieb mehr als 10 Mitarbeiter hat und der betreffende Arbeitnehmer länger als 6 Monate beschäftigt ist. Falls ja: Planen Sie keine Kündigung „auf gut Glück“ ohne echten Grund. Überlegen Sie, welcher der drei anerkannten Gründe (personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt) in Betracht kommt und ob er im Ernstfall beweisbar wäre. Dokumentieren Sie Probleme möglichst früh (z. B. Leistungsdefizite, Fehlverhalten, wirtschaftliche Kennzahlen). Falls nein (Kleinbetrieb oder kurze Betriebszugehörigkeit): Auch hier schadet es nicht, einen fairen Grund zu haben und diesen dem Arbeitnehmer zumindest mündlich zu erklären – es reduziert das Risiko von Streit und erleichtert die Kommunikation.
  • Alternativen abwägen: Eine Kündigung sollte immer letztes Mittel sein (ultima ratio). Fragen Sie sich, ob nicht zunächst mildere Maßnahmen in Betracht kommen. Bei Leistungs- oder Verhaltensproblemen: Haben Sie schon ein klärendes Gespräch gesucht? Eine Abmahnung ausgesprochen? Könnte der Mitarbeiter gegebenenfalls umgesetzt oder versetzt werden, statt gekündigt zu werden? Bei betrieblichen Schwierigkeiten: Könnten Kurzarbeit, Arbeitszeitreduzierung oder freiwillige Aufhebungsverträge mit Abfindung Alternativen zur Entlassung sein? – Gerichte erwarten insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen, dass der Arbeitgeber ernsthaft geprüft hat, ob die Kündigung vermeidbar ist.
  • Formalitäten strikt einhalten: Wenn die Kündigungsentscheidung gefallen ist, achten Sie penibel auf die korrekte Form. Kündigungen müssen schriftlich auf Papier mit Original-Unterschrift erfolgen (§ 623 BGB); per E-Mail oder mündlich ausgesprochene Kündigungen sind unwirksam. Nutzen Sie am besten ein Übergabe-Einschreiben oder übergeben Sie das Schreiben vor Zeugen, um den Zugang nachweisen zu können. Berechnen Sie die Kündigungsfrist korrekt (§ 622 BGB oder nach Arbeitsvertrag/Tarifvertrag) und sorgen Sie dafür, dass das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer rechtzeitig zugeht (Einhaltung der Frist!). Eine falsch berechnete Frist oder verspäteter Zugang kann die Beendigung verzögern oder unwirksam machen.
  • Betriebsrat anhören: Existiert in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat, unbedingt vor jeder Kündigung ordnungsgemäß anhören. Teilen Sie dem Betriebsrat alle relevanten Informationen mit: Personalien des Arbeitnehmers, Kündigungsart (ordentlich/außerordentlich) und -zeitpunkt, sowie den Kündigungsgrund und ggf. Überlegungen zur Sozialauswahl. Warten Sie die Anhörungsfrist ab, bevor Sie kündigen. Eine Kündigung ohne Anhörung ist nicht heilbar unwirksam. Tipp: Dokumentieren Sie die Anhörung (schriftliche Unterrichtung, Datum der Stellungnahme/des Fristablaufs), um im Streitfall beweisen zu können, dass sie erfolgte.
  • Ehrliche Kommunikation (mit Bedacht): Auch wenn Sie rechtlich keinen Grund angeben müssen – im Kündigungsschreiben wird ja üblicherweise kein Kündigungsgrund genannt – kann es dennoch sinnvoll sein, im persönlichen Gespräch offen den Anlass der Kündigung zu erklären. Viele Kündigungsstreitigkeiten eskalieren erst, weil der Gekündigte die Beweggründe nicht kennt und sich unfair behandelt fühlt. Eine sachliche Erklärung (im persönlichen Gespräch, nicht schriftlich) kann Härten abmildern. Aber Vorsicht: Formulieren Sie überlegt und versprechen Sie nichts, was man Ihnen später als Zusage auslegen könnte. Im Zweifel ziehen Sie eine zweite Person (Zeugen) zum Gespräch hinzu.
  • Sonderkündigungsschutz beachten: Informieren Sie sich vorab, ob der betreffende Mitarbeiter besonderen Kündigungsschutz genießt. Ist die Mitarbeiterin z. B. schwanger oder in Elternzeit? Handelt es sich um eine Schwerbehinderte Person? Ist der Mitarbeiter Mitglied des Betriebsrats oder handelt es sich um einen Auszubildenden? – Für all diese Gruppen gelten Sonderregeln (z. B. Zustimmungserfordernisse einer Behörde, absolute Unkündbarkeit oder besondere Verfahren). Holen Sie erforderliche Genehmigungen unbedingt vor Ausspruch der Kündigung ein. Sonst ist die Kündigung schon aus diesem Grund unwirksam.
  • Im Zweifel Rechtsrat einholen: Arbeitsrechtliche Kündigungen sind komplex. Wenn Sie unsicher sind, ob ein Kündigungsgrund trägt oder wie Sie formal vorgehen müssen, scheuen Sie sich nicht, fachkundigen Rat (z. B. von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht) einzuholen. Ein solches Vorgehen im Vorfeld ist meistens günstiger als ein langwieriger Kündigungsschutzprozess, der wegen Formfehlern oder fehlendem Grund verloren geht.

Tipp für Arbeitgeber: Eine Kündigung will gut vorbereitet sein – juristische Beratung im Vorfeld kann helfen, teure Fehler zu vermeiden. Überstürzte oder unbedachte Kündigungen ohne ausreichende Grundlage führen oft zu Prozessen, die Zeit, Nerven und Geld kosten.

Handlungsempfehlungen für Arbeitnehmer

Erhält man als Arbeitnehmer eine Kündigung, stellt sich sofort die Frage: „Ist das rechtens? Muss ich das hinnehmen oder kann ich mich wehren?“ Hier einige Ratschläge, was Arbeitnehmer tun sollten, wenn sie gekündigt werden – insbesondere, wenn kein Kündigungsgrund erkennbar ist:

  • Kündigung fachkundig prüfen lassen: Lassen Sie die Kündigung umgehend rechtlich überprüfen, insbesondere dann, wenn Ihnen kein klarer Kündigungsgrund genannt wurde oder die Kündigung für Sie überraschend kommt. In vielen Fällen lohnt der Gang zu einem Fachanwalt für Arbeitsrecht, der einschätzen kann, ob das Kündigungsschutzgesetz greift und ob die Kündigung angreifbar ist. Oft erkennen Experten schon an formalen Details oder der Betriebsgröße, ob etwas faul sein könnte.
  • Wichtige Frist – 3 Wochen – beachten: Wenn Sie gegen die Kündigung vorgehen wollen, müssen Sie sehr schnell handeln. Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Verpassen Sie diese Frist, wird die Kündigung wirksam – selbst wenn sie eigentlich rechtswidrig war. Diese Frist ist strikt und gilt nahezu ohne Ausnahme. Daher: Sofort nach Erhalt der Kündigung (spätestens innerhalb weniger Tage) sollten Sie entscheiden, ob Sie klagen wollen, und entsprechende Schritte einleiten. Ihr Anwalt oder Ihre Gewerkschaft kann die Klage für Sie erheben und begründen.
  • Betriebsrat und Gewerkschaft einschalten: Gibt es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat, informieren Sie ihn sofort über die Kündigung. Der Betriebsrat kann zwar die Kündigung nicht zurücknehmen, aber er kann unter Umständen mit dem Arbeitgeber sprechen, Bedenken äußern und auf eine einvernehmliche Lösung (z. B. Aufhebungsvertrag mit Abfindung) hinwirken. Auch kann er Sie im Prozess unterstützen. Sind Sie Gewerkschaftsmitglied, wenden Sie sich umgehend an Ihre Gewerkschaft – oft erhalten Mitglieder kostenlosen Rechtsschutz und Beratung für Kündigungsschutzklagen. Zögern Sie nicht, diese Ressourcen zu nutzen.
  • Keine „schlechten“ Schritte machen: Eine Kündigung ist für Betroffene emotional meist ein Schock. Trotzdem gilt: Vermeiden Sie unüberlegte Reaktionen, die Ihre Rechtsposition schwächen könnten. Auch nach Zugang der Kündigung sind Sie bis auf Weiteres Arbeitnehmer des Betriebs. Das heißt z. B.: Wenn Sie nicht freigestellt wurden, dürfen (und müssen) Sie weiter zur Arbeit erscheinen – unentschuldigtes Fernbleiben könnte dem Arbeitgeber sonst noch einen zusätzlichen Kündigungsgrund liefern. Beleidigungen oder öffentliche Wutausbrüche gegenüber dem Arbeitgeber sind ebenfalls keine gute Idee; im schlimmsten Fall bieten Sie damit Ansatzpunkte für eine fristlose Kündigung obendrein. Bleiben Sie also trotz verständlicher Verärgerung möglichst sachlich und professionell.
  • Aktiv nach vorne schauen: Auch wenn Sie gegen die Kündigung klagen, schadet es nicht, parallel schon mit der Jobsuche zu beginnen. Im Optimalfall gewinnen Sie den Prozess und behalten Ihren Job – aber falls nicht oder falls es auf einen Abfindungsvergleich hinausläuft, verlieren Sie keine Zeit. Melden Sie sich frühzeitig bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend, um Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld zu vermeiden. Trotzdem gilt: Bemühen Sie sich um eine Weiterbeschäftigung im Betrieb, solange der Rechtsstreit läuft – z. B. können Sie anbieten, bis zur Klärung auf einem anderen Posten weiterzuarbeiten. Das zeigt guten Willen und kann Ihre Verhandlungsposition verbessern.
  • Ansprüche sichern: Prüfen Sie Ihre letzten Lohnabrechnungen und überlegen Sie, ob Ihnen noch offene Ansprüche zustehen (z. B. Resturlaub, Überstundenvergütung, Bonuszahlungen, Zeugnis). Solche Punkte sollten möglichst schriftlich geklärt werden. Spätestens im Rahmen eines Abfindungsvergleichs vor Gericht können Sie diese Ansprüche zur Sprache bringen („Ich verzichte auf Weiterbeschäftigung, aber dafür hätte ich gern noch mein Zeugnis und die Auszahlung von X Urlaubstagen…“). Lassen Sie sich ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen und überprüfen Sie es auf codierte negative Formulierungen, damit Sie für zukünftige Bewerbungen gewappnet sind.
  • Emotionale Unterstützung suchen: Eine Kündigung trifft einen oft persönlich. Sprechen Sie mit Familie oder Freunden über die Situation. Manchmal hilft es auch, sich in Foren oder Selbsthilfegruppen mit anderen auszutauschen, die Ähnliches erlebt haben. Wichtig ist, trotz allem nach vorne zu blicken: Jede Kündigung kann auch die Chance für einen Neuanfang sein – sei es bei einem neuen Arbeitgeber oder in einer neuen Branche.

Tipp für Arbeitnehmer: Lassen Sie sich nicht entmutigen und bleiben Sie proaktiv. Holen Sie sich rechtlichen Rat, halten Sie Fristen ein und zeigen Sie, dass Sie Ihre Rechte kennen. Gleichzeitig sollten Sie nichts tun, was dem Arbeitgeber nachträglich Gründe liefern könnte, seine Entscheidung zu rechtfertigen. Mit Ruhe und guter Beratung stehen die Chancen nicht schlecht, aus der Kündigung zumindest finanziell oder beruflich das Beste herauszuholen.

Braucht ein Arbeitgeber immer einen Kündigungsgrund?Nein. In Kleinbetrieben oder während der Probezeit kann ein Arbeitgeber ohne Angabe eines Grundes kündigen, sofern er die Fristen und Formalien einhält. Ja, wenn das Kündigungsschutzgesetz greift: Dann muss die Kündigung sozial gerechtfertigt sein, also auf einem personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Grund beruhen. Immer erforderlich ist ein Grund bei fristlosen Kündigungen, da hier ein „wichtiger Grund“ vorliegen muss. Arbeitgeber tun gut daran, jeden Kündigungsschritt gut zu überlegen und sauber zu begründen, um keine unwirksame Kündigung auszusprechen. Arbeitnehmer sollten ihre Rechte kennen und im Zweifel fachkundigen Rat suchen, um sich gegen unbegründete Kündigungen zu wehren. So ist für beide Seiten Transparenz geschaffen: Kündigungen dürfen zwar ausgesprochen werden – aber eben nicht willkürlich, sondern innerhalb des vom Gesetz gesteckten Rahmens.