Bußgeldverfahren: Ohne Rohmessdaten und die Lebensakte des Messgeräts verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 28. April 2021 zum Aktenzeichen 2 BvR 1451/18 entschieden, dass ein Bußgeldverfahren ohne die Rohmessdaten und die Lebensakte des Messgeräts verfassungswidrig ist.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde unter anderem gegen eine Verurteilung im Bußgeldverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung sowie gegen die Verwerfung der von ihm erhobenen Rechtsbeschwerde.

Die dem Ordnungswidrigkeitenvorwurf zugrundeliegende Geschwindigkeitsmessung erfolgte mittels eines standardisierten Messverfahrens mit dem Messgerät PoliScan Speed M1.

Sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Verfahren hatte der Beschwerdeführer erfolglos Zugang zu außerhalb der Bußgeldakte befindlichen Informationen, hierunter die sogenannten Rohmessdaten und die Lebensakte des Messgerätes oder vergleichbare Unterlagen, begehrt, um eine eigenständige Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit des Messergebnisses vorzunehmen.

Die Gerichte wiesen dieses Ansinnen unter Hinweis auf die auch bei Anwendung standardisierter Messverfahren bestehenden Amtsaufklärungspflichten zurück.

Das Urteil des Amtsgerichts und die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Rechtsbeschwerde verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

Die Fachgerichte haben verkannt, dass aus dem Recht auf ein faires Verfahren für den Beschwerdeführer grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang zu den nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen folgen kann.

Die generelle Versagung des Begehrens des Beschwerdeführers auf Informationszugang, welches dieser wiederholt im behördlichen und gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat, wird deshalb der aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Gewährleistung nicht gerecht.

Entgegen der Annahme der Fachgerichte handelt es sich hierbei auch nicht um eine Frage der gerichtlichen Aufklärungspflicht, sondern der Verteidigungsmöglichkeiten des Betroffenen.

Auf dieser Fehlannahme beruht die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg. Es ist auch nicht auszuschließen, dass bereits die Verurteilung des Beschwerdeführers auf dem Verstoß des Amtsgerichts Schweinfurt gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens beruht.