Chronisches Erschöpfungssyndrom als Folge einer Virusinfektion: Unfallversicherung muss Rente zahlen

18. Dezember 2025 -
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 27. November 2025 zum Aktenzeichen L 3 U 206/19 entschieden, dass derjenige, der aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit an einem Virus erkrankt – hier einer Infektion mit Ringelröteln – und infolge dieser Erkrankung ein Chronisches Fatigue-Syndrom (CFS) ausbildet, hierfür durch die für ihn zuständige gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) zu entschädigen ist.
Aus der Pressemitteilung des LSG Berlin-Brandenburg vom 17.12.2025 ergibt sich:

Die im Jahr 1969 geborene Klägerin war als Erzieherin in einer Grundschule im östlichen Berliner Umland tätig. Dort erkrankten im Januar 2012 sechs Kinder an Ringelröteln. Kurz darauf musste sich die Erzieherin unter anderem wegen Schwellungen und Schmerzen an ihren Gelenken in stationäre ärztliche Behandlung begeben. Labordiagnostisch konnte ein Parvovirus B19 gesichert werden, der als Auslöser der sogenannten Ringelröteln gilt. Im Jahr 2014 erkannte die Berufsgenossenschaft die von der Erzieherin durchgemachte Infektion im Grundsatz als Berufskrankheit Nr. 3101 an. Zugleich lehnte sie es allerdings ab, eine starke körperliche und geistige Erschöpfung, unter der die Klägerin nach der Infektion litt, auf die Ringelröteln zurückzuführen und zu entschädigen.

Die Erzieherin klagte erfolgreich vor dem Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder). Dieses stellte nicht nur das CFS als Folge der Berufskrankheit fest, sondern verurteilte die Berufsgenossenschaft unter anderem auch zur Zahlung einer Rente wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von zeitlich gestaffelt 60 bzw. 80 Prozent. Hiergegen legte wiederum die Berufsgenossenschaft Berufung vor dem LSG ein.

Der 3. Senat des LSG hat mit seinem Urteil vom 27. November 2025 die Feststellung des CFS als Folge der Virusinfektion bestätigt, die Höhe der der Klägerin zu zahlenden Rente aber auf 40 Prozent herabgesetzt. Mehrere im Verlauf des Verfahrens eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten hätten den nicht bloß zeitlichen Zusammenhang zwischen der Infektion mit Ringelröteln und der Entwicklung eines CFS bei der Klägerin überzeugend dargelegt. Im Hinblick auf die Bemessung der Höhe der MdE bestünden beim CFS indes keine qualifizierten unfallmedizinischen Erfahrungssätze. Berücksichtigung finden könne hier die „Begutachtungsempfehlung Post COVID“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, nach der eine stärker ausgeprägte Fatigue-Symptomatik generell mit einer MdE von 30 Prozent zu bewerten sei. Treten weitere Symptome hinzu, könne dieser Wert erhöht werden. In Anbetracht der bei der Klägerin virusbedingt bestehenden chronischen Muskel- und Gelenkschmerzen sei es hier gerechtfertigt, der Rente eine MdE von insgesamt 40 Prozent zugrunde zu legen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin und die Beklagte können beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen.