Darf mein Chef mich zwingen, alle Urlaubstage bis zum Jahresende zu nehmen?

22. Juni 2025 -

Zum Jahresende stellt sich in vielen Betrieben die Frage, was mit verbleibenden Resturlaubstagen geschieht. Arbeitgeber möchten oft verhindern, dass Urlaubsansprüche ins nächste Jahr übertragen werden müssen oder verfallen. Arbeitnehmer wiederum fragen sich, ob sie ihren Urlaub aufsparen dürfen oder ob der Chef sie zwingen kann, den gesamten Resturlaub noch vor dem 31. Dezember zu nehmen. In diesem Rechtstipp beleuchten wir ausführlich die gesetzlichen Grundlagen des Urlaubsanspruchs nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und geben Hinweise für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Dabei geht es um die Festlegung der Urlaubszeit, den Verfall von Urlaubsansprüchen am Jahresende, die Mitwirkungs- und Hinweispflichten des Arbeitgebers sowie Sonderfälle wie Betriebsferien, Krankheit, Kündigung oder Kurzarbeit. Konkrete Praxistipps und Formulierungshilfen helfen beiden Seiten bei einer rechtssicheren Urlaubsplanung.

Gesetzliche Grundlagen des Urlaubsanspruchs (BUrlG)

Der Urlaubsanspruch ist im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Jeder Arbeitnehmer hat pro Kalenderjahr einen gesetzlich garantierten Mindesturlaub von vier Wochen, was bei einer 5-Tage-Woche 20 Arbeitstagen entspricht. In Arbeits- oder Tarifverträgen werden häufig höhere Urlaubsansprüche (z. B. 25 oder 30 Tage) vereinbart, aber weniger als die gesetzlichen 20 Tage (bei Vollzeit) dürfen nicht gewährt werden. Urlaub dient der Erholung des Arbeitnehmers und wird daher bezahlt; während des Urlaubs besteht Anspruch auf Fortzahlung des Lohns. Eine Abgeltung in Geld (Auszahlung der Urlaubstage) ist nach dem Gesetz nur zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis endet und der Urlaub nicht mehr genommen werden kann. Ansonsten gilt: Urlaub ist in Natur zu nehmen, nicht auszubezahlen.

Wartezeit: Einen vollen Jahresurlaubsanspruch erwirbt man erstmals nach 6 Monaten im Betrieb (§ 4 BUrlG). Zuvor erlangt man pro Monat 1/12 des Jahresurlaubs. Teilurlaub bei Eintritt oder Austritt im laufenden Jahr wird ebenfalls anteilig berechnet (jeder voller Monat Beschäftigung = 1/12 Jahresurlaub).

Grundsatz der Urlaubnahme: Arbeitnehmer haben nicht nur ein Recht, sondern auch die Pflicht, den Urlaub im laufenden Kalenderjahr anzutreten, um die Erholungsfunktion zu gewährleisten. Urlaub ansparen“ über mehrere Jahre ist aus Sicht des Gesetzes eigentlich nicht vorgesehen, damit dauerhaftes Durcharbeiten ohne Auszeiten vermieden wird. Das Gesetz möchte verhindern, dass sich massenhaft Urlaubstage ansammeln, die dem Erholungszweck widersprechen würden. Daher sind klare Regeln für die zeitliche Festlegung und den Verfall von Urlaub festgelegt.

Urlaubsplanung: Wer bestimmt den Urlaubszeitraum?

Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer selbst entscheiden, wann sie ihren Urlaub nehmen möchten, und zwar orientiert an ihren Wünschen und Bedürfnissen. Das heißt, ein Mitarbeiter stellt einen Urlaubsantrag für bestimmte Tage oder Wochen, und der Arbeitgeber genehmigt diesen normalerweise, sofern keine dringenden Gründe dagegensprechen. § 7 Abs. 1 BUrlG schreibt dazu vor, dass bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, soweit dem keine dringenden betrieblichen Belange oder vorrangige Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter entgegenstehen.

In der Praxis bedeutet das: Arbeitnehmer sollen nach Möglichkeit eigenständig planen, zum Beispiel den Sommerurlaub oder einzelne Brückentage, und der Arbeitgeber darf nur aus wichtigem Grund abweichen. Dringende betriebliche Belange können etwa eine unerlässlich hohe Arbeitsauslastung, ein eng getakteter Projektplan oder Personalmangel in der gewünschten Urlaubszeit sein. Auch können soziale Gründe eine Rolle spielen, wenn etwa mehrere Kollegen denselben Urlaubszeitraum wünschen – dann sind Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern oder anderen besonderen Umständen oft bevorzugt zu behandeln (soziale Auswahl). Gibt es einen Betriebsrat, hat dieser bei der Urlaubsplanung und Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze ein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs.1 Nr.5 BetrVG). In vielen Betrieben gibt es Urlaubspläne oder Betriebsvereinbarungen, die den Ablauf von Urlaubsanträgen und etwaige Sperrzeiten (Urlaubssperren in arbeitsintensiven Phasen) regeln.

Urlaubsantrag: In der Regel beantragt der Arbeitnehmer seinen Urlaub schriftlich (oder elektronisch via System) beim Vorgesetzten oder der Personalabteilung. Ein formloses Schreiben mit Angaben zum gewünschten Zeitraum und der Anzahl der Tage genügt. Der Arbeitgeber entscheidet dann zeitnah über die Genehmigung. Ohne Genehmigung darf der Arbeitnehmer nicht einfach zuhause bleiben – eine „Selbstbeurlaubung“ ist unzulässig und kann arbeitsrechtliche Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung) haben.

Praxistipp (Muster Urlaubsantrag): Ein Urlaubsantrag könnte z. B. folgendermaßen formuliert werden:

An: Personalabteilung / Vorgesetzter
Betreff: Urlaubsantrag
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich Erholungsurlaub für den Zeitraum von Montag, 14. August, bis Freitag, 25. August 20XX (zwei Wochen). Dies entspricht 10 Arbeitstagen Urlaub.
Bitte bestätigen Sie mir die Genehmigung. Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen,
[Unterschrift Arbeitnehmer]

Hinweis: Viele Unternehmen haben eigene Formulare oder elektronische Workflows für Urlaubsanträge. Wichtig ist, den Antrag rechtzeitig einzureichen – idealerweise mindestens einige Wochen im Voraus –, damit der Arbeitgeber planen kann.

Zwangsurlaub und Betriebsferien: Darf der Chef Urlaub einseitig anordnen?

Der Begriff Zwangsurlaub meint, dass der Arbeitgeber den Urlaubszeitraum ohne (oder gegen) den Wunsch des Arbeitnehmers festlegt. Klassisches Beispiel sind Betriebsferien, bei denen der gesamte Betrieb für eine gewisse Zeit geschlossen wird (oft z. B. zwischen Weihnachten und Neujahr oder in der Sommerflaute). Darf der Arbeitgeber Mitarbeiter einfach in den Urlaub schicken?

Grundsatz: Eine einseitige Urlaubsanordnung durch den Arbeitgeber ist nur in engen Grenzen zulässig. Idealerweise ist so etwas vorher vertraglich vereinbart (im Arbeitsvertrag oder via Betriebsvereinbarung). Fehlt eine solche Vereinbarung, benötigt der Arbeitgeber triftige Gründe, die den individuellen Urlaubswünschen ausnahmsweise vorgehen. Dringende betriebliche Belange können Betriebsferien rechtfertigen. In der Praxis erkennen Gerichte dringende Gründe zum Beispiel in folgenden Konstellationen an:

  • Wiederkehrende Betriebsschließung: Etwa wenn die Auftragslage in einem bestimmten Zeitraum sehr gering ist (z. B. zwischen Weihnachten und Neujahr in manchen Branchen). Der Betrieb macht dann geschlossen Urlaub, um Kosten zu sparen.
  • Abhängigkeit von Dritten: Wenn wichtige Lieferanten oder Kunden Betriebsferien machen und deshalb im eigenen Betrieb mangels Material oder Arbeit nichts zu tun ist.
  • Unverzichtbare Schlüsselperson: Wenn der Betrieb ohne eine bestimmte Person nicht laufen kann (z. B. Inhaber, Arztpraxis) und diese Person Urlaub macht, kann auch das Personal in dieser Zeit in Urlaub geschickt werden.
  • Saisonbetrieb: Bei saisonalen Betrieben (z. B. Skilift, Eisdiele) kann außerhalb der Saison mangels Arbeit Betriebsurlaub angeordnet werden.

Nicht ausreichend sind hingegen bloße wirtschaftliche Schwierigkeiten oder spontane Auftragsflauten. Das allgemeine Betriebsrisiko darf nicht einfach durch Zwangsurlaub auf die Mitarbeiter abgewälzt werden. Beispielsweise rechtfertigen ein kurzer Auftragsmangel oder eine kaputte Maschine keinen Zwangsurlaub, solange andere mildere Mittel (Überstundenabbau, Kurzarbeit, Schichtänderung) möglich sind.

Umfang des Zwangsurlaubs: Wichtig ist, dass der Arbeitgeber nicht den gesamten Jahresurlaub der Mitarbeiter als Betriebsferien verplanen darf. Die Arbeitnehmer müssen einen wesentlichen Teil ihres Urlaubs frei verplanen können. Zwar enthält das Gesetz keine feste Quote, aber laut Bundesarbeitsgericht darf Zwangsurlaub „immer nur einen Teil des gesamten Urlaubsanspruchs“ ausmachen. In einer Grundsatzentscheidung hielt das BAG eine Verteilung von etwa 3/5 Betriebsferien und 2/5 freier Urlaub für angemessen. Alle Urlaubstage eines Jahres zwangsweise vorzugeben, wäre unzulässig. Im Klartext: Ihr Chef kann nicht den kompletten Urlaub einseitig festlegen – ein paar Wochen im Jahr müssen für Ihre eigene Planung übrig bleiben.

Ankündigungsfrist: Falls Betriebsferien oder Zwangsurlaub geplant sind, muss der Arbeitgeber dies frühzeitig ankündigen. Kurzfristige Ansagen („Nächste Woche haben alle Urlaub!“) müssen Arbeitnehmer **nicht hinnehmen】. Eine genaue Frist schreibt das Gesetz zwar nicht vor, aber ausreichend Vorlauf ist erforderlich, damit Arbeitnehmer sich darauf einstellen können. Üblich ist eine Ankündigung mehrere Monate vorher – als Richtschnur gelten mindestens 6 Monate Vorlauf für längere Betriebsferien. Dann können Mitarbeiter ihren eigenen Urlaub darum herum planen. Wichtig: Wurde ein individueller Urlaub eines Arbeitnehmers bereits genehmigt, kann der Arbeitgeber ihn nicht einfach „stornieren“, nur weil er kurzfristig Betriebsferien einführen will. Besteht ein Betriebsrat, muss dieser einem Betriebsurlaub zustimmen; andernfalls kann der Arbeitgeber in mitbestimmungsfreien Betrieben ausnahmsweise von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen.

Rechtsfolge bei unrechtmäßigem Zwangsurlaub: Hält sich der Arbeitgeber nicht an diese Vorgaben (kein dringender Grund oder zu kurzfristig angekündigt), können Arbeitnehmer sich weigern, auf Kommando Urlaub zu nehmen. Arbeitsrechtlich gerät dann der Arbeitgeber in Annahmeverzug (§ 615 BGB), wenn Mitarbeiter ihre Arbeitsleistung anbieten. Die Folge: Unrechtmäßig angeordnete Urlaubstage dürfen nicht vom Urlaubskonto abgezogen werden – sie bleiben dem Arbeitnehmer erhalten. Der Chef müsste also trotz „Betriebsferien“ das Gehalt zahlen, ohne dass dafür Urlaubstage verbraucht werden.

Praxis-Tipp für Arbeitgeber: Wenn Betriebsferien notwendig sind, planen Sie diese vorausschauend und informieren Sie die Belegschaft so früh wie möglich (ideal im Vorjahr). Holen Sie die Zustimmung des Betriebsrats ein, falls vorhanden. Denken Sie daran, nicht den kompletten Urlaub eines Mitarbeiters durch Betriebsferien zu blockieren – lassen Sie individuellen Spielraum. Kündigen Sie Zwangsurlaub nie als Kurzschlussreaktion auf wirtschaftliche Engpässe an, sondern prüfen Sie Alternativen (Kurzarbeit, Überstundenabbau).

Verfall des Urlaubsanspruchs zum Jahresende

Nach dem Bundesurlaubsgesetz gilt der Grundsatz: Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Nicht genommener Urlaub verfällt grundsätzlich am 31. Dezember des Jahres. Resturlaub ist also der Anteil des Urlaubs, den der Arbeitnehmer bis Jahresende noch nicht genommen hat. Die gesetzliche Idee dahinter: Der Mitarbeiter soll im eigenen Interesse gezwungen werden, ausreichend Urlaub zu machen und es soll verhindert werden, dass er über Jahre immer mehr Urlaubstage „anstaut“. Haben Arbeitnehmer die Möglichkeit gehabt, ihren Urlaub im Kalenderjahr zu nehmen, müssen sie das also nach dem Gesetz auch tun – sonst geht der Anspruch verloren.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat 30 Urlaubstage im Jahr und nimmt davon bis Dezember nur 20 Tage. Ohne besonderen Grund verfallen die übrigen 10 Tage am 31.12. – sie sind dann ersatzlos weg. Ansprüche auf Erholungsurlaub erlöschen, wenn sie nicht rechtzeitig genommen werden (außer es greift eine Ausnahmeregel).

Ausnahmen: Übertragung von Urlaub ins nächste Jahr

Das BUrlG lässt Ausnahmen zu, in denen Resturlaub doch ins nächste Jahr gerettet werden kann. § 7 Abs. 3 BUrlG erlaubt eine Übertragung von Urlaubstagen ins Folgejahr bis zum 31. März, wenn entweder dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Nur unter solchen Umständen darf der Resturlaub über den Jahreswechsel gerettet werden – andernfalls verfällt er zum 31. Dezember.

Dringende betriebliche Gründe liegen vor, wenn aus Unternehmenssicht wichtige Umstände den Urlaub im alten Jahr unmöglich gemacht haben. Klassische Beispiele:

  • Außergewöhnliche betriebliche Belastung: Etwa Großaufträge, Inventur, Jahresabschlussarbeiten oder hoher Krankenstand im Betrieb, wodurch der Mitarbeiter bis Jahresende nicht fehlen konnte.
  • Urlaubskonflikte mit Kollegen: Wenn der Arbeitgeber bestimmten Arbeitnehmern aus sozialen Gründen den Vortritt bei Urlaub geben musste (z. B. Eltern in den Schulferien), können andere aus betrieblichen Notwendigkeiten ihren Urlaub erst später nehmen.

In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe sind persönliche Umstände, die den Urlaub im laufenden Jahr verhindert haben:

  • Krankheit: War der Arbeitnehmer längere Zeit arbeitsunfähig krank und konnte deshalb seinen Urlaub nicht nehmen, zählt das als persönlicher Grund. Gleiches gilt im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer Kur/Reha.
  • Mutterschutz/Elternzeit: Befand sich der Arbeitnehmer im Mutterschutz oder in Elternzeit, ist ein Übertrag des Urlaubs üblich. Diese urlaubslosen Zeiten dürfen nicht zum Verfall führen. Der Resturlaub bleibt bis nach der Elternzeit erhalten und kann dann genommen werden (ggf. auch über die 3-Monatsfrist hinaus, § 17 BEEG).
  • Sonstige persönliche Härten: In der Praxis werden persönliche Gründe teils großzügig ausgelegt. Beispielsweise wurde anerkannt, dass Urlaub ins nächste Jahr geschoben werden durfte, weil der Partner im laufenden Jahr keinen Urlaub nehmen konnte, und man gemeinsam verreisen wollte. Solche Fälle sind Ermessenssache – entscheidend ist, dass dem Arbeitnehmer objektiv die Urlaubsnahme im alten Jahr nicht zumutbar oder möglich war.

Tipp: Wenn einer der genannten Ausnahmefälle vorliegt und Resturlaub mit Zustimmung des Arbeitgebers ins Folgejahr übertragen wird, sollten sich Arbeitnehmer das schriftlich bestätigen lassen. Im Streitfall muss nämlich der Arbeitnehmer beweisen, dass ihm die Übertragung gewährt wurde. Eine kurze schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers (z. B. „Es wird vereinbart, dass der Resturlaub von X Tagen aus 2023 bis 31.03.2024 übertragen wird“) schafft Klarheit.

Wurde Urlaub ins nächste Jahr übertragen, so schreibt das Gesetz vor, dass dieser übertragene Urlaub bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden muss. Bis zum 31.03. des neuen Jahres gelten die Tage dann als Nachurlaub. Gelingt dies nicht, verfällt der Urlaub endgültig mit Ablauf des 31. März, es sei denn, es tritt wiederum ein anerkannter Ausnahmegrund (z. B. erneute Krankheit) ein. Eine Verlängerung über den März hinaus ist ohne speziellen Grund nicht vorgesehen. Nach altem Verständnis war also spätestens am 1. April alles verloren, was aus dem Vorjahr übrig war.

Allerdings hat sich diese Rechtslage durch die neuere Rechtsprechung (EuGH und BAG) – insbesondere zum Hinweis des Arbeitgebers – etwas relativiert. Hierzu mehr im nächsten Abschnitt.

Hinweis- und Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers (Verfallswarnung)

Lange Zeit galt: Wenn der Arbeitnehmer bis Jahresende (oder übertragen bis 31. März) seinen Urlaub nicht beantragt hat, verfällt er – unabhängig davon, ob der Arbeitgeber ihn dazu aufgefordert hat oder nicht. Das hat sich geändert. Inzwischen nimmt die Rechtsprechung den Arbeitgeber in die Pflicht, proaktiv dafür zu sorgen, dass der Urlaub genommen wird.

Das Bundesarbeitsgericht stellte 2019 klar: Ein Verfall von Urlaubsansprüchen am Jahresende tritt in der Regel nur noch ein, wenn der Arbeitgeber seinen Beschäftigten zuvor klar und rechtzeitig aufgefordert hat, Urlaub zu nehmen, und auf den drohenden Verfall ausdrücklich hingewiesen hat. Andernfalls bleiben die Urlaubsansprüche bestehen – der Arbeitnehmer verliert seine restlichen Tage nicht allein dadurch, dass er keinen Urlaubsantrag gestellt hat.

Konkret muss der Arbeitgeber nun jedes Jahr folgende Schritte erfüllen:

  • Information über den Urlaubsstand: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr deutlich auf seinen noch offenen Urlaubsanspruch hinweisen (z. B. „Sie haben noch 12 Urlaubstage für dieses Jahr übrig.“).
  • Aufforderung zur Urlaubsnahme: Er muss den Mitarbeiter konkret auffordern, diesen Urlaub zu nehmen – idealerweise unter Nennung einer Frist oder Bitte um Urlaubsantrag. Beispiel: „Bitte planen Sie Ihren Resturlaub und nehmen Sie ihn bis spätestens 31. Dezember.“
  • Warnung vor Verfall: Der Arbeitgeber muss klar und unmissverständlich darauf hinweisen, dass der Urlaub verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht innerhalb der Frist (Jahresende bzw. Übertragungszeitraum) nimmt. Diese Belehrung über die Verfallsfristen muss eindeutig sein („… andernfalls geht Ihr Urlaubsanspruch am 31. Dezember endgültig unter.“).

Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und der Arbeitnehmer dennoch „freiwillig“ auf Urlaub verzichtet, darf der Anspruch verfallen. Unterlässt der Arbeitgeber dagegen diese Mitwirkung, kann der Arbeitnehmer seine Urlaubstage auch noch später einfordern. Die Rechtsprechung begründet das damit, dass der Arbeitgeber nach der EU-Arbeitszeitrichtlinie die „Initiativlast“ für den Urlaub trägt – er muss also aktiv dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub nehmen kann.

Diese Pflicht gilt nicht nur für den laufenden Jahresurlaub, sondern auch rückwirkend für alte Resturlaubsansprüche. D. h. wenn ein Mitarbeiter über Jahre Urlaub nicht genommen hat und nie ordnungsgemäß darauf hingewiesen wurde, könnten unter Umständen sogar Ansprüche aus vergangenen Jahren noch bestehen bleiben. Früher waren solche Alt-Urlaube spätestens nach drei Jahren verjährt (§ 195 BGB). Doch seit einem BAG-Urteil vom 20.12.2022 verjähren Urlaubsansprüche ebenfalls nicht mehr, solange der Arbeitgeber seine Hinweispflicht verletzt. Das BAG setzte damit eine EuGH-Entscheidung um. Ohne Hinweis kein Verfall und auch keine Verjährung – so lässt sich die aktuelle Linie zusammenfassen.

Praxis-Tipp für Arbeitgeber: Kommen Sie Ihrer Hinweispflicht unbedingt schriftlich nach, idealerweise einmal jährlich gegen Ende des Sommers oder im Herbst, damit die Mitarbeiter noch Zeit haben zu reagieren. Nennen Sie konkret den Resturlaub in Tagen und weisen Sie deutlich auf den Verfall hin. Lassen Sie sich den Zugang des Schreibens bestätigen (z. B. Empfangsbekenntnis oder per E-Mail mit Lesebestätigung). So sind Sie auf der sicheren Seite, falls ein Mitarbeiter später Ansprüche erhebt.

Formulierungshilfe: Hinweis auf drohenden Urlaubsverfall (Muster) – ein solches Erinnerungsschreiben des Arbeitgebers könnte z. B. so aussehen:

Betreff: Ihr Resturlaub – Hinweis auf Verfall zum Jahresende
Sehr geehrter Herr Schmidt,
gemäß unseren Aufzeichnungen haben Sie im laufenden Kalenderjahr noch 8 Urlaubstage offen. Wir fordern Sie hiermit auf, diesen Resturlaub bis zum 31. Dezember 2025 zu nehmen. Bitte reichen Sie Ihre Urlaubswünsche bis spätestens 15. November 2025 ein, damit wir die Freistellung planen können.
Wichtig: Sollten Sie Ihren verbleibenden Urlaub nicht bis zum 31. 12. 2025 nehmen, verfällt Ihr Urlaubsanspruch gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG. Sie würden diese Urlaubstage dann leider unwiederbringlich verlieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Personalabteilung XYZ GmbH

Hinweis: Ein solches Schreiben erfüllt die genannten Kriterien („konkret“, „klar“ und „rechtzeitig“). Es liegt rechtzeitig vor, da der Mitarbeiter noch ausreichend Zeit hat, Urlaub zu planen (mit Zugang Mitte November wären noch ~6 Wochen bis Jahresende). Zusätzlich zur allgemeinen Erinnerung am Jahresende empfiehlt es sich für Arbeitgeber, regelmäßig den Urlaubsstand mitzuteilen – etwa im Mitarbeiterportal oder auf der Gehaltsabrechnung – damit gar nicht erst überraschend viel Resturlaub aufläuft.

Urlaub und Krankheit

Krank während des Urlaubs: Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines genehmigten Urlaubs, so werden die Tage der Arbeitsunfähigkeit (mit Attest) nicht auf den Urlaub angerechnet. Diese Regel (in § 9 BUrlG) schützt Arbeitnehmer davor, dass ihnen Urlaubstage „verloren gehen“, wenn sie im Urlaub krank im Bett liegen. Die krank gemeldeten Urlaubstage gelten als nicht genommen – der Mitarbeiter kann sie später nachholen, sobald er wieder gesund ist. Wichtig ist, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt; ohne Attest gilt man offiziell als im Urlaub. Praktisch läuft es so: Man meldet sich krank wie üblich, und die betreffenden Tage werden dem Urlaubskonto wieder gutgeschrieben.

Beispiel: Frau M. hat vom 10.–21. Juli Urlaub, wird aber vom 12.–14. Juli krank (ärztliches Attest liegt vor). Diese 3 Tage gelten nicht als Urlaubstage; sie kann sie später erneut als Urlaub beantragen. Ihr werden letztlich nur die übrigen Urlaubstage abgezogen.

Urlaub nicht genommen wegen Krankheit: Wenn ein Arbeitnehmer über längere Zeit krank geschrieben ist (z. B. mehrere Monate) und deshalb seinen ihm zustehenden Urlaub bis Jahresende nicht nehmen kann, dann verfällt der Urlaubsanspruch nicht zum 31. Dezember. Hier greift der persönliche Übertragungsgrund des § 7 Abs. 3 BUrlG: Die restlichen Urlaubstage dürfen ins nächste Kalenderjahr übertragen werden. Der Mitarbeiter soll durch seine Krankheit nicht auch noch den Erholungsurlaub verlieren.

Allerdings galt früher die starre Regel, dass dieser übertragene Urlaub dann bis 31. März des Folgejahres genommen werden muss, sonst verfällt er ebenfalls. Bei fortdauernder Krankheit bis über den März hinaus war das natürlich ein Problem. Die höchstrichterliche Rechtsprechung (EuGH und BAG) hat daher entschieden, dass bei dauerhaft Erkrankten eine verlängerte Frist greift: Urlaubsansprüche von dauerhaft arbeitsunfähigen Arbeitnehmern verfallen erst 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Konkret: Ist jemand das ganze Kalenderjahr 2024 und darüber hinaus arbeitsunfähig, dann verfallen die Urlaubsansprüche 2024 erst am 31. März 2026 (also 15 Monate nach Ende 2024). Diese verlängerte Übertragungsfrist soll sicherstellen, dass Langzeiterkrankte zumindest eineinviertel Jahre Zeit haben, ihren Urlaub nach der Genesung noch zu nehmen. Nach 15 Monaten tritt dann aber spätestens der Verfall ein, selbst wenn die Krankheit immer noch andauert – jedenfalls nach aktueller Linie der Gerichte.

Für die Praxis heißt das:

  • Kurzzeit-Erkrankung: Wer nur einige Wochen krank war und deswegen nicht allen Urlaub nehmen konnte, überträgt die restlichen Tage ins nächste Jahr und sollte versuchen, sie bis März zu verbrauchen. Ggf. kann man mit dem Arbeitgeber auch eine etwas spätere Urlaubsnahme vereinbaren, falls die Genesung erst zum Jahresbeginn eintrat.
  • Langzeit-Erkrankung: Wer das gesamte Jahr über krank war (oder bis in den Jahreswechsel hinein), rettet seinen Urlaub automatisch ins neue Jahr – die 3-Monatsfrist gilt für ihn nicht. Bei Wiederaufnahme der Arbeit kann der Betroffene dann alten Urlaub nehmen; praktisch wird man sich hier mit dem Arbeitgeber abstimmen, wann das betrieblich passt.
  • Dauerkrank (länger als 15 Monate): Sollte die Erkrankung so lange anhalten, dass auch nach 15 Monaten keine Rückkehr möglich war, gehen die ganz alten Urlaubsansprüche schlussendlich unter. Beachte: Diese 15-Monatsregel greift nur für Urlaub, der wegen eigener Krankheit nicht genommen werden konnte. Für normalen (gesunden) Resturlaub bleibt es bei der kürzeren Frist, außer der Arbeitgeber hat nicht auf den Verfall hingewiesen (siehe oben).

Praxistipp für Arbeitnehmer: Melden Sie sich im Urlaub sofort krank, wenn Sie arbeitsunfähig erkranken, und holen Sie sich ein ärztliches Attest. Nur so retten Sie Ihre Urlaubstage. Falls Sie zum Jahresende hin krank sind und merken, dass Sie Urlaubstage nicht mehr nehmen können, informieren Sie den Arbeitgeber und beantragen Sie vorsorglich die Übertragung. Nach Rückkehr aus langer Krankheit sollten Sie Ihren Resturlaub zeitnah verplanen – der Arbeitgeber muss ihn dann gewähren, da er ja aus berechtigtem Grund übertragen wurde.

Urlaub bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Wenn ein Arbeitsverhältnis endet (durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag), stellt sich die Frage, was mit dem restlichen Urlaub geschieht. Grundsätzlich soll der Arbeitnehmer seinen Resturlaub nach Möglichkeit noch während der Kündigungsfrist nehmen. Das Bundesurlaubsgesetz sieht vor: „Ist der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt worden, so ist er abzugelten“ (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Das heißt, nicht genommener Urlaub muss ausbezahlt werden, wenn man vor dem Ende nicht mehr frei nehmen kann. Es verfällt also nichts – entweder nimmt man die freien Tage oder man bekommt eine Urlaubsabgeltung in Geld.

Ordentliche (fristgerechte) Kündigung: Bei einer Kündigung mit Einhaltung der normalen Kündigungsfrist (Arbeitnehmer– oder Arbeitgeberkündigung) darf der Arbeitgeber den Resturlaub im Regelfall nicht verweigern. Der Mitarbeiter hat ein Recht, die ihm zustehenden Urlaubstage vor dem letzten Arbeitstag zu nehmen. Nur in Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber darauf bestehen, dass bis zum Ende gearbeitet wird und Urlaub nicht gewährt wird – etwa wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen, zum Beispiel weil eine Einarbeitung des Nachfolgers unbedingt durch den Kündigenden erfolgen muss. Lehnt der Arbeitgeber den Urlaub während der Kündigungsfrist ab, muss er die verbleibenden Urlaubstage bei Beendigung auszahlen. Ein Verfallenlassen kommt nicht in Betracht.

Außerordentliche (fristlose) Kündigung: Bei einer fristlosen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis sofort, sodass offene Urlaubstage gar nicht mehr genommen werden können. In diesem Fall muss der Resturlaub zwingend ausbezahlt werden, und zwar selbst der gesetzliche Mindesturlaub. Die Urlaubsabgeltung ist dann unverzüglich fällig (oft mit der letzten Gehaltsabrechnung).

Kündigt der Arbeitnehmer selbst, gilt das oben Gesagte analog: Während der Kündigungsfrist kann er seinen Resturlaub nehmen, solange nichts Dringendes dagegenspricht. Der Arbeitgeber darf bei einer Eigenkündigung den Urlaub auch nicht „als Strafe“ verweigern – er kann allenfalls dringende betriebliche Gründe entgegenhalten. Häufig sind Arbeitgeber froh, wenn ausscheidende Mitarbeiter ihren Resturlaub nehmen, da sie so nicht mehr beschäftigt (aber weiterhin bezahlt) werden müssen und man Überstunden abbauen kann.

Teilurlaub bei Ausscheiden unterjährig: Endet ein Arbeitsverhältnis unterjährig, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den anteiligen Jahresurlaub. Pro vollem Monat stehen ihm 1/12 des Jahresurlaubs zu, ggf. abgerundet. Hat er bis zum Austritt schon mehr Urlaub genommen, als ihm anteilig zustand, darf der Arbeitgeber zu viel genommenen Urlaub nicht vom Gehalt abziehen – ein nachträgliches „Zurückfordern“ ist ausgeschlossen (das Risiko trägt der Arbeitgeber). Umgekehrt, wenn noch Urlaub übrig ist, siehe Abgeltung.

Urlaubsbescheinigung: Der frühere Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer zum Ende eine Urlaubsbescheinigung ausstellen (§ 6 BUrlG). Darin steht, wie viel Urlaub im laufenden Jahr bereits gewährt wurde. Das verhindert, dass der Arbeitnehmer beim neuen Arbeitgeber unberechtigt doppelt Urlaub nimmt. Der neue Arbeitgeber darf nämlich den vollen Jahresurlaub kürzen um die Tage, die schon beim alten Arbeitgeber genommen oder abgegolten wurden.

Praxis-Tipp: Arbeitnehmer sollten bei Kündigung sofort ihren Resturlaub beantragen, am besten im Kündigungsschreiben direkt mit angeben, wann sie gerne freigestellt wären. Eine mögliche Formulierung: „Hiermit beantrage ich, mir meinen Resturlaub von X Arbeitstagen innerhalb der Kündigungsfrist zu gewähren, beginnend ab …“. Der Arbeitgeber wird in der Regel zustimmen, außer wichtige Gründe sprechen dagegen. Arbeitgeber wiederum sollten bei Kündigungen proaktiv das Thema Resturlaub klären – entweder Urlaub gewähren (ggf. unter Anrechnung auf die Kündigungsfrist, sprich bezahlte Freistellung) oder schriftlich mitteilen, dass aus betrieblichen Gründen keine Freistellung möglich ist und stattdessen eine finanzielle Abgeltung erfolgt. So herrscht Klarheit und es kommt nicht zu Missverständnissen am letzten Arbeitstag.

Urlaub und Kurzarbeit

Die Kurzarbeit – insbesondere Kurzarbeit Null (vollständige Aussetzung der Arbeitspflicht) – hat Auswirkungen auf den Urlaubsanspruch. Grundsätzlich gilt: Kurzarbeit zählt nicht als Urlaubszeit, sondern reduziert die Arbeitspflicht und damit auch den Erholungsbedarf.

Urlaubsverbrauch vor Kurzarbeit: Arbeitgeber mussten während der Corona-Pandemie lernen, dass sie Resturlaub möglichst vor Gewährung von Kurzarbeitergeld einbringen sollen/müssen. Tatsächlich verlangt § 96 Abs. 4 SGB III, dass Urlaub aus dem Vorjahr und aktuell nicht dringlich benötigter Urlaub zunächst abgebaut wird, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt wird. Praktisch heißt das: Bevor ein Betrieb Kurzarbeit anmeldet, kann der Arbeitgeber die Mitarbeiter auffordern, ihren noch offenen Urlaub zuerst zu nehmen, soweit zumutbar. Damit sollen erst vorhandene Freistellungsansprüche genutzt werden, ehe staatliche Leistungen greifen. Keinesfalls darf allerdings Urlaub „zwangsentwertet“ werden – der gesetzliche Urlaubsanspruch bleibt bestehen, er wird nur in die Kurzarbeitsphase gelegt, um die Ausfallzeit zu überbrücken.

Urlaubsgewährung während Kurzarbeit: Arbeitnehmer können auch während der Kurzarbeit Urlaub nehmen. Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem normalen Gehalt, also ohne Kurzarbeits-Abzüge, selbst wenn gerade Kurzarbeit läuft. Für Urlaubstage erhält der Arbeitnehmer sein volles reguläres Gehalt (der Arbeitgeber stockt quasi auf), und für diese Tage bekommt der Betrieb kein Kurzarbeitergeld erstattet. Daher ist Urlaub in Kurzarbeit aus Arbeitnehmersicht finanziell vorteilhaft (kein Lohnausfall). Arbeitgeber werden aber darauf achten, Urlaub möglichst gleichmäßig zu verteilen.

Gekürzter Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit Null: Ein wichtiger Punkt: Monate mit Kurzarbeit „Null“ mindern den Jahresurlaubsanspruch anteilig. Die Rechtsprechung – gestützt auf Entscheidungen des EuGH – sieht Kurzarbeiter ähnlich wie Teilzeitbeschäftigte an. Wer einen ganzen Monat gar nicht arbeitet, soll für diesen Zeitraum keinen vollen Urlaubsanspruch erwerben, denn Urlaub dient der Erholung von geleisteter Arbeit. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf urteilte 2021, dass pro vollem Monat Kurzarbeit Null der Jahresurlaub um 1/12 gekürzt werden darf. Beispiel: Eine Arbeitnehmerin mit 30 Urlaubstagen/Jahr, die von April bis Juni in Kurzarbeit Null war (3 volle Monate), hat für dieses Jahr nur Anspruch auf 30 – (3×(30/12)) = 22,5, gerundet 23 Urlaubstage. In anderen Worten, für jeden vollen Kurzarbeits-Monat entfällt ein Zwölftel des Urlaubs. Dies leitet sich aus § 3 BUrlG ab, wonach die Urlaubstage auf die tatsächlichen Arbeitstage im Jahr bezogen werden. Sind in einem Zeitraum keine Arbeitstage vorhanden (Kurzarbeit 0), entsteht für diesen Zeitraum kein Urlaubsanspruch. Das Bundesarbeitsgericht hat dies inzwischen bestätigt: Fallen einzelne Arbeitstage oder ganze Wochen aufgrund von vereinbarter Kurzarbeit weg, werden sie wie Teilzeit mit weniger Wochenarbeitstagen behandelt – der Urlaubsanspruch reduziert sich entsprechend.

Für Arbeitnehmer bedeutet das: Wenn lange Kurzarbeit im Jahr war, könnten am Jahresende weniger Urlaubstage übrig sein als gedacht, weil das Soll reduziert wurde. Arbeitgeber sollten die Neuberechnung des Urlaubs bei Kurzarbeit dokumentieren und den Mitarbeitern mitteilen. Wichtig: Diese Kürzung betrifft sowohl den gesetzlichen Mindesturlaub als auch vertragliche Mehrurlaubsansprüche, sofern nicht vertraglich abweichend geregelt. Es empfiehlt sich, in der Betriebsvereinbarung oder Vereinbarung zur Kurzarbeit explizit festzulegen, dass und wie der Urlaub angepasst wird, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Kurzarbeit und Urlaubsverfall: Auch während Kurzarbeit gilt das übliche zum Verfall: Urlaub verfällt am Jahresende nur, wenn kein Übertragungsgrund vorliegt und der Arbeitgeber korrekt auf den Verfall hingewiesen hat. Kurzarbeit an sich ist kein persönlicher Verhinderungsgrund (man könnte ja theoretisch Urlaub nehmen), aber faktisch wird in vielen Kurzarbeitsphasen eher Urlaub abgebaut als übertragen. Resturlaub kann also grundsätzlich verfallen, sofern der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nachgekommen ist. Hatten Beschäftigte jedoch so viel Kurzarbeit, dass ihnen objektiv kaum Gelegenheit zu eigener Erholung blieb, könnte argumentiert werden, dass eine Übertragung gerechtfertigt ist – hier gibt es aber noch wenig Rechtsprechung.

Praxis-Tipp: Arbeitgeber sollten vor Einführung von Kurzarbeit prüfen, welcher Alturlaub noch offen ist, und diesen zur Vermeidung von KUG möglichst verplanen (ggf. mit Einverständnis der Mitarbeiter). Arbeitnehmer in Kurzarbeit sollten im Blick behalten, dass längere Kurzarbeitszeiten ihren Urlaubsanspruch mindern können – die Personalabteilung sollte eine Neuberechnung mitteilen. Resturlaub aus Kurzarbeitsjahren unterliegt ebenfalls den normalen Regeln: Bis März nehmen oder mit Grund übertragen.

Darf der Arbeitgeber Urlaub einseitig anordnen oder verweigern?

Urlaub anordnen: Wie oben dargelegt, hat der Arbeitgeber das Direktionsrecht, den Urlaubszeitraum festzulegen, muss dabei aber die Wünsche der Mitarbeiter berücksichtigen. Ohne dringenden Anlass darf er nicht einseitig Urlaubstermine bestimmen. Mit triftigem Grund (z. B. Betriebsferien aus dringenden Gründen) kann er Urlaub für alle oder einzelne Mitarbeiter anordnen, sollte dies aber lange im Voraus ankündigen und fair gestalten. Individuell kann der Chef im Einzelfall Urlaub „verordnen“, wenn ein Mitarbeiter seinen Urlaub nicht verplant und der Verfall droht – hier liegt sogar ein Interesse beiderseits vor, den Urlaub im Jahr zu verbrauchen. Allerdings sollte der Arbeitgeber zuvor dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben, selbst Termine auszuwählen. In der Praxis kommt es vor, dass Arbeitgeber im Herbst auf Mitarbeiter mit viel Resturlaub zugehen: „Bitte planen Sie Ihren Urlaub, sonst müssen wir Sie im Dezember freistellen.“ Das ist zulässig, solange es nicht willkürlich passiert, sondern um den gesetzlichen Urlaubsanspruch zu erfüllen und Übertragungen/Verfall zu vermeiden. Weigert sich ein Arbeitnehmer partout, Urlaub zu nehmen, kann der Arbeitgeber tatsächlich einen Zeitraum festlegen – aber auch das rechtzeitig und transparent. Ein plötzliches „Ab morgen bleiben Sie zuhause, Urlaub abbauen!“ ohne Vorwarnung ist nicht rechtens.

Urlaub verweigern: Ebenso darf der Arbeitgeber Urlaubsanträge ablehnen, jedoch nur aus legitimen Gründen. Er muss die Interessen beider Seiten abwägen. Zulässige Gründe für eine Ablehnung sind vor allem dringende betriebliche Belange (z. B. unerwarteter hoher Arbeitsanfall, personeller Engpass) oder kollegiale Rücksichtnahme (wenn etwa nur eine begrenzte Zahl von Mitarbeitern gleichzeitig fehlen kann und andere Vorrang haben). Die Ablehnung sollte begründet werden, damit der Mitarbeiter sie nachvollziehen kann. Wichtig: Der Arbeitgeber kann nicht generell Urlaub verweigern, er muss zumindest einen Ersatzzeitraum anbieten. Lehnt er einen Termin ab, sollte er im Dialog mit dem Arbeitnehmer klären, wann der Urlaub stattdessen genommen werden kann. Komplett verweigern, dass überhaupt Urlaub genommen wird, darf er nicht – jeder Arbeitnehmer muss seinen Mindesturlaub bekommen, notfalls per Zwangszuweisung.

Ein spezieller Fall ist die Verweigerung von Resturlaub zum Jahresende: Beispiel, ein Mitarbeiter beantragt Mitte Dezember spontan die letzten 10 Tage Urlaub ab Weihnachten, aber der Arbeitgeber lehnt wegen Betriebsdruck ab. In dem Fall liegt ein dringender betrieblicher Grund vor (kurzfristig geht es nicht), und der Mitarbeiter hatte möglicherweise vorher Zeit, Urlaub zu nehmen. Was passiert nun mit den 10 Tagen? Hier greift wieder § 7 Abs. 3 BUrlG: Der Urlaub verfällt nicht, sondern wird als Resturlaub ins nächste Jahr übertragen, weil der Arbeitgeber ihn aus betrieblichen Gründen nicht gewähren konnte. Der Chef ist seine „Verpflichtung, Urlaub zu gewähren“ für dieses Jahr los, aber er muss dem Arbeitnehmer die 10 Tage im nächsten Jahr bis 31. März ermöglichen. Verweigern kann er sie dauerhaft nicht – er kann sie nur aufschieben aus sachlichem Grund. Ähnlich, wenn ein Mitarbeiter Urlaub bis März beantragt und der Arbeitgeber bis dahin nicht dazu kommt, ihn zu gewähren: nach dem 31. März erlischt die Verpflichtung des Arbeitgebers (wenn alle Voraussetzungen erfüllt waren), aber ohne Angebot im Übertragungszeitraum durfte der Mitarbeiter seinen Anspruch mit hinübernehmen.

Fazit für Arbeitgeber: Sie dürfen nicht grundlos Urlaub verweigern. Nutzen Sie die gesetzlichen Möglichkeiten sparsam und dokumentieren Sie die Gründe. Fazit für Arbeitnehmer: Wenn Ihr Urlaubsantrag abgelehnt wird, haben Sie Anspruch zu erfahren, warum, und wann Sie stattdessen gehen können. Ein generelles „Sie können dieses Jahr keinen Urlaub mehr nehmen“ ist rechtswidrig, sofern Sie noch Anspruch haben. Notfalls sollten Sie schriftlich darauf hinweisen, dass Sie Ihren Urlaub geltend machen möchten.

Urlaub aufsparen: Was können Arbeitnehmer tun?

Viele Arbeitnehmer hätten gerne die Möglichkeit, Urlaubstage „anzusparen“, z. B. um im nächsten Jahr eine längere Reise zu machen oder für besondere Vorhaben mehr freie Tage am Stück zu haben. Doch das Bundesurlaubsgesetz kennt kein Ansparen aus persönlichen Wünschen. „Urlaubstage ansparen für eine längere Reise darf man also leider nicht“, erklärt Fachanwalt Frank Preidel deutlich. Der Gesetzgeber will, dass der Urlaub der jährlichen Erholung dient und regelmäßig genommen wird. Persönliche Pläne wie ein Weltreise-Sabbatical müssen daher anders gelöst werden (etwa über unbezahlten Urlaub oder Langzeitkonten), nicht durch Horten von gesetzlichen Urlaubstagen.

Ohne besonderen Grund kann ein Arbeitnehmer also nicht verlangen, Urlaub ins nächste Jahr mitzunehmen – er ist darauf angewiesen, dass der Arbeitgeber das freiwillig erlaubt oder ein Ausnahmefall vorliegt. In vielen Firmen gibt es allerdings kulante Regelungen: Zum Beispiel erlaubt der Arbeitgeber vertraglich, dass ein paar Urlaubstage (oft 5) ins nächste Jahr mitgenommen und dort bis zum 31. März oder 30. Juni genutzt werden dürfen. Solche Abreden beziehen sich meist auf den übergesetzlichen Mehrurlaub. Auch Tarifverträge enthalten mitunter großzügigere Übertragungsfristen oder Langzeitkonto-Modelle.

Tipp: Falls Sie vorhaben, für ein größeres Projekt Urlaubstage anzusparen (etwa für eine mehrwöchige Reise oder eine geplante Weiterbildung), sprechen Sie frühzeitig mit Ihrem Arbeitgeber. In manchen Fällen lässt sich eine Lösung finden – zum Beispiel unbezahlter Urlaub zusätzlich zum regulären Urlaub, oder die Verschiebung einzelner Urlaubstage ins neue Jahr mit Zustimmung des Chefs. Aber machen Sie sich bewusst, dass es ein Entgegenkommen des Arbeitgebers ist, kein einklagbarer Anspruch.

Wenn der Arbeitgeber drängt, Urlaub abzubauen, und man selbst würde lieber aufsparen, sollte man versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Zum Beispiel kann man anbieten, einen Teil jetzt zu nehmen und einen Teil ausnahmsweise zu übertragen, falls ein milder Grund vorliegt (z. B. geplante Hochzeit oder Reise kurz nach Jahreswechsel). Einfach verweigern, Urlaub zu nehmen, ist keine gute Idee – damit riskiert man am Ende, dass der Urlaub verfällt (wenn der Arbeitgeber alles richtig gemacht hat) oder dass man in Konflikt mit der Arbeitspflicht gerät.

Rechtlich clever handeln: Arbeitnehmer sollten immer ihre Urlaubsansprüche anmelden, auch wenn sie sie vorerst nicht nehmen wollen. Dadurch signalisiert man, dass man den Anspruch nicht freiwillig verfallen lässt. Wenn der Arbeitgeber den Urlaub dann aus betrieblichen Gründen nicht gewährt, sichert man sich den Übertrag. Wer hingegen gar nicht erst Urlaub beantragt, läuft Gefahr, dass der Arbeitgeber sagt: „Du hast ja nichts verlangt, also ist es verfallen.“ (Es sei denn, der Chef hat seinerseits die Hinweispflicht verletzt, dann siehe oben.)

Außerdem gilt: Auf Auszahlung hoffen ist kein guter Plan. Solange das Arbeitsverhältnis läuft, gibt es keinen Anspruch, Urlaub auszuzahlen. Der Chef darf das auch gar nicht anbieten, weil es gegen den Erholungszweck verstößt. Nur wenn Sie kündigen oder gekündigt werden, kommt das Thema Auszahlung ins Spiel. Daher sollte das Ziel sein, den Urlaub möglichst zu nehmen, wann immer es geht.

Praxistipp (Muster Übertragungsantrag): Wenn Sie Resturlaub ins nächste Jahr retten möchten (und einen Grund dafür haben), stellen Sie einen schriftlichen Antrag an den Arbeitgeber. Zum Beispiel:

An die Geschäftsführung / Personalabteilung
Betreff: Antrag auf Übertragung von Resturlaub
Sehr geehrte Damen und Herren,
aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse konnte ich meinen Urlaub im Jahr 2025 nicht vollständig nehmen. Ich beantrage hiermit, meinen Resturlaub von 5 Arbeitstagen aus 2025 ins Jahr 2026 zu übertragen. Als Zeitraum für die Inanspruchnahme dieser Tage schlage ich spätestens bis 31. März 2026 vor. Bitte bestätigen Sie mir schriftlich die Übertragung.
Mit freundlichen Grüßen,
[Unterschrift Arbeitnehmer]

Begründen Sie kurz, warum Sie den Urlaub nicht nehmen konnten (oder warum Sie ihn benötigen). Ein Rechtsanspruch besteht zwar nur in den gesetzlich genannten Ausnahmefällen, aber viele Arbeitgeber sind zuvorkommend, wenn die Bitte nachvollziehbar ist. Lehnen sie ab, sollte man den Urlaub lieber nehmen, solange es noch geht – sonst ist er im Zweifel weg.

Für Arbeitnehmer bedeutet all das: Den Urlaub frühzeitig planen und beantragen ist die beste Strategie, damit am Jahresende kein unnötiger Stress entsteht. Wer Urlaub übrig hat, sollte rechtzeitig mit dem Arbeitgeber sprechen – entweder nehmen, was geht, oder offiziell um Übertragung bitten, wenn ein guter Grund vorliegt. Warten Sie nicht stillschweigend darauf, dass Urlaubstage „schon irgendwie ins nächste Jahr gehen“ – ohne Vereinbarung ist das riskant. Und: Achten Sie auf schriftliche Hinweise Ihres Arbeitgebers zum Resturlaub. Sollte ein solcher Hinweis ausbleiben, wissen Sie, dass Ihr Urlaubsanspruch nicht einfach kommentarlos verfallen darf.

Für Arbeitgeber ist wichtig: Urlaubsansprüche der Mitarbeiter ernst nehmen und aktiv managen. Führen Sie ein transparentes Urlaubskonto, erinnern Sie Ihre Leute rechtzeitig an offene Tage und weisen Sie ausdrücklich auf den drohenden Verfall hin. So handeln Sie rechtssicher und fördern zugleich die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter durch ausreichende Erholungszeiten. Vermeiden Sie konfrontative Maßnahmen wie kurzfristigen Zwangsurlaub – besser ist es, gemeinsam Lösungen zu suchen, um Urlaub abzubauen (z. B. individuelle Gespräche im Herbst). Beachten Sie bei Betriebsferien die nötigen Formalien und Grenzen (nicht den ganzen Urlaub verplanen!). Dann bleiben Sie auch im Falle einer Auseinandersetzung vor Gericht auf der sicheren Seite.

Abschließend lässt sich die Ausgangsfrage beantworten: Ihr Chef darf Sie nicht ohne Weiteres zwingen, alle Urlaubstage bis zum Jahresende zu nehmen – aber er kann und muss darauf hinwirken, dass der Jahresurlaub im Jahr genommen wird. Wenn kein legitimer Übertragungsgrund vorliegt, sollten Sie den Resturlaub tatsächlich nehmen, da er sonst verfällt (vorausgesetzt, der Arbeitgeber hat seine Hinweispflichten erfüllt). Andererseits kann der Arbeitgeber nicht einfach eigenmächtig über Ihren Urlaub verfügen, ohne Ihre Wünsche zu beachten – außer in den genannten Ausnahmefällen. Im Idealfall finden Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Kompromiss, der betriebliche Erfordernisse und persönliche Urlaubspläne in Einklang bringt. So ist gewährleistet, dass niemand um wohlverdiente freie Tage gebracht wird.