Einsetzung einer Einigungsstelle wegen eines Interessenausgleichs und Sozialplans

04. Mai 2022 -

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 09.03.2022 zum Aktenzeichen 19 TaBV 1/22 entschieden, dass eine offensichtliche Unzuständigkeit i.S.d. § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG der nach § 112 Abs. 2 BetrVG für den Versuch eines Interessenausgleichs einzusetzenden Einigungsstelle besteht, wenn bereits die Durchführung einer Einschränkung oder Stilllegung eines Betriebsteils durch den Ausspruch von Kündigungen bereits durch den Unternehmer vorgenommen wurde.

Dieser hat insofern vollendete Tatsachen geschaffen, die einseitig nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

Eine offensichtliche Unzuständigkeit der für den Abschluss eines Sozialplans nach den §§ 112 Abs. 2, Abs. 4 i.V. m. 111 BetrVG einzusetzenden Einigungsstelle ist zu bejahen, wenn von der Stilllegung i.S.d.§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG kein wesentlicher Betriebsteil betroffen ist.

Im Rahmen eines Personalabbaus bestimmt sich dies danach, ob hinsichtlich des Betriebsteils die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG erreicht werden.

Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle liegt auch dann vor, wenn keine Stilllegung eines in diesem Sinne wesentlichen Betriebsteils, sondern lediglich eine Einschränkung erfolgt und der Personalabbau selbst die Zahlengrößen des § 17 Abs. 1 KSchG hinsichtlich des Betriebs nicht erreicht.

Ein Fall der offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle liegt aber nicht vor, wenn der Unternehmer ursprünglich beabsichtigte, den Betriebsteil auf ein anderes Unternehmen zu übertragen, wodurch die Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung und zu unveränderten Arbeitsbedingungen übergehen sollten, er sich dann aber entschließt, sämtliche Arbeitsverhältnisse insbesondere durch Kündigungen zu beenden und das andere Unternehmen den betroffenen Arbeitskräften neue Arbeitsverträge anbietet.

Nimmt ein nach Zahl- und Sachkunde wesentlicher Teil des Personals das Vertragsangebot an, kann jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen werden, dass eine Spaltung in Verbindung mit einem Betriebsteilübergang vorliegt (§ 111 Satz 3 Alternative 2 BetrVG).