Fiktion einer Nullbescheinigung gilt auch für Regiebetriebe

07. August 2020 -

Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 23.06.2020 zum Aktenzeichen 6 K 2049/17 KE entschieden, dass Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto auch bei einem Regiebetrieb nur dann als verwendet gelten, wenn für die Leistung rechtzeitig eine Steuerbescheinigung i.S.d. § 27 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ausgestellt wurde.

Aus der Pressemitteilung des FG Düsseldorf vom 06.08.2020 ergibt sich:

Fehle es an einer solchen Bescheinigung, gelte der Betrag der Einlagenrückgewähr als mit Null Euro bescheinigt, so das Finanzgericht.

Klägerin des Verfahrens war eine Gemeinde. Sie unterhielt einen Betrieb gewerblicher Art in Form eines Regiebetriebs, also ein in ihre Gemeindeverwaltung eingegliedertes, unselbstständiges wirtschaftliches Unternehmen, der seit Jahren Verluste erzielte. Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte das beklagte Finanzamt fest, dass ein Teil des im Jahr 2013 beim Regiebetrieb angefallenen Verlustes ein nicht begünstigter Dauerverlust sei. Dies löse – nach Ansicht des Finanzamts – eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Trägerkörperschaft, also die Klägerin, aus. Die Voraussetzungen einer Einlagenrückgewähr lägen nicht vor, weil keine Steuerbescheinigung über den Abgang dieser Mittel aus dem steuerlichen Einlagekonto ausgestellt worden sei.
Das Finanzamt erließ daraufhin gegen die Klägerin einen Nachforderungsbescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer. Die dagegen erhobene Klage wurde damit begründet, dass keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege und somit keine Kapitalertragsteuer angefallen sei. Es handele sich um eine Einlagerückgewähr. Die Ausstellung einer Bescheinigung über die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos sei bei Regiebetrieben ein bloßer Formalismus und daher nicht erforderlich. Bei Regiebetrieben würden sich Gewinnausschüttungen und der Ausgleich von Verlusten automatisch vollziehen.

Das FG Düsseldorf hat die Klage abgewiesen.

Nach Auffassung des Finanzgerichts hat der Beklagte die Klägerin als Ersatzsteuersubjekt des Regiebetriebs zu Recht aufgefordert, Kapitalertragsteuer auf eine verdeckte Gewinnausschüttung abzuführen. Es liege keine Einlagenrückgewähr vor. Da es an einer Steuerbescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG fehle, werde gesetzlich die Ausstellung einer Nullbescheinigung fingiert. Die entsprechende Regelung (§ 27 Abs. 5 Satz 2 KStG) gelte auch für Regiebetriebe.

Obwohl der Regiebetrieb mangels eigener Rechtspersönlichkeit mit seiner Trägerkörperschaft zivilrechtlich identisch sei, sei die Klägerin als Trägerkörperschaft steuerrechtlich grundsätzlich wie ein Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft zu behandeln. Dies müsse auch hinsichtlich der Verwendungsfestschreibung des steuerlichen Einlagekontos gelten. Der vom Gesetz verfolgte Zweck der Festschreibung der Verwendung des Einlagekontos zu einem bestimmten Zeitpunkt habe auch für Regiebetriebe Bedeutung. Die materiell-rechtliche Berechnung einer Einlagenrückgewähr solle durch die Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitig oder gar nicht erteilten Steuerbescheinigung stets überlagert werden.

Die Entscheidung hat für die Besteuerung der wirtschaftlichen Betätigung von Städten und Gemeinden große Bedeutung.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das FG Düsseldorf hat die Revision zugelassen.