Firmen verantwortlich für ihre weltweiten Lieferketten

05. März 2021 -

Die Europäische Kommission soll ein Gesetz vorlegen, das Unternehmen zu guter Unternehmensführung verpflichtet und haftbar macht, wenn sie in ihren Wertschöpfungsketten Menschenrechte oder Umweltstandards verletzen.

Aus der Pressemitteilung des EP vom 05.03.2021 ergibt sich:

Das fordert der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments in seinem Entwurf einer Gesetzesinitiative. Am 10. März wird das Parlament im Plenum darüber abstimmen.

Das Gesetz soll auch den Zugang zu Rechtsmitteln für Geschädigte garantieren. Gleichzeitig würden verbindliche und einheitliche Vorschriften in Europa gleiche Wettbewerbsbedingungen sowie Rechtssicherheit für alle Unternehmen schaffen.

Besonders genau sollten Unternehmen kontrolliert werden, die in der chinesischen Provinz Xinjang produzieren und in die EU liefern. Das Europäische Parlament hatte mehrmals gegen Zwangsarbeit in der Provinz und gegen Menschenrechtsverletzungen an der Minderheit der Uiguren protestiert. In der Region sind auch große deutsche Firmen wie Volkswagen, BASF und Siemens aktiv.

Freiwilliger Ansatz gescheitert

Lange Zeit hat man auf die freiwillige Einhaltung von Mindeststandards durch Unternehmen gesetzt. Erfahrungen mit internationalen Rahmenwerken zur Sorgfaltspflicht, wie den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen haben allerdings gezeigt, dass ein freiwilliger Ansatz die negativen Auswirkungen einer globalisierten Wirtschaft nicht ausgleichen kann. Um für fairen Wettbewerb zu sorgen, braucht es verbindliche Regelungen.

Sorgfaltspflichten und Haftung

Unternehmen sollten in Zukunft bei der Nachverfolgung ihrer Wertschöpfungsketten die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards, aber auch gute Unternehmensführung prüfen. Bei Verstößen sollten sie haftbar gemacht und mit Sanktionen belegt werden können.

Es kann jedoch schwierig sein, die gesamte Wertschöpfungskette vieler Unternehmen zurückzuverfolgen. Die Europaabgeordneten befürworten deswegen einen risikobasierten Ansatz: Unternehmen sollen die Teile ihrer Lieferketten bei der Prüfung priorisieren, bei denen ein hohes Risiko von Verstößen, etwa Menschenrechtsverletzungen, vorliegen könnte. Agiert ein Zulieferer innerhalb der EU und fällt damit selbst unter die Richtlinie, soll keine Prüfpflicht bestehen.

Dazu der Schattenberichterstatter Axel Voss (CDU/EVP): „Verbindliche Sorgfaltspflichten sind ein wichtiger Schritt für mehr Verantwortung in globalen Lieferketten. Unser Ziel ist es, sinnlose Bürokratie durch die umfangreiche Nachverfolgung von Wertschöpfungsketten zu verhindern, insbesondere für europäische KMU. Nicht jedes Unternehmen ist in der Lage, jeden einzelnen seiner möglicherweise tausenden von Lieferanten zu kontrollieren. Wir setzen deshalb auf einen risikobasierten Ansatz.“

Geltungsbereich

Die Abgeordneten fordern verbindliche EU-Regeln für alle Unternehmen, die Zugang zum EU-Binnenmarkt haben wollen – auch solche, die außerhalb der EU ansässig sind. Die Regeln sollen für alle große Unternehmen gelten und auch für börsennotierte kleinere und mittlere Unternehmen (KMU). Andere KMU sollen nur dann unter die Regelungen fallen, wenn sie in hochrisikobasierten Sektoren tätig sind, die noch von der Kommission definiert werden müssten.

Deutsches Lieferkettengesetz und weitergehende EU-Lösung

EU-Justizkommissar Didier Reynders hat einen entsprechenden Gesetzesvorschlag für ein europäisches Lieferkettengesetz für Juni 2021 angekündigt. Der bevorstehende Legislativvorschlag soll integraler Bestandteil des europäischen Green Deals und des europäischen Konjunkturprogramms sein.

Deutschland und Frankreich haben bereits nationale Regelungen entwickelt. In Deutschland soll das Lieferkettengesetz noch vor der Bundestagswahl verabschiedet werden und ab 2023 in Kraft treten. Die auf EU-Ebene angekündigten Maßnahmen würden die Verpflichtungen für Unternehmen noch einmal deutlich verschärfen.

Eine öffentliche Konsultation der Europäischen Kommission zu Lieferketten und nachhaltiger Unternehmensführung ging am 8. Februar 2021 zu Ende. Die Ergebnisse der Konsultation werden in den Gesetzgebungsvorschlag der EU-Kommission einfließen.

Das Parlament stimmt am 10. März über den Berichtsentwurf des Rechtsausschusses ab.