Grünes Licht für Kooperationsvorhaben von RWZ und Raiffeisen Waren

21. April 2021 -

Das Bundeskartellamt hat am 21.04.2021 den Erwerb von 19 Landhandels-Standorten der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG (RWZ), Köln, durch die Raiffeisen Waren GmbH (RaiWa), Kassel, freigegeben.

Aus der Pressemitteilung des BKartA vom 21.04.2021 ergibt sich:

Aufgrund von wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamtes hatten die Unternehmen zuvor ihre ursprünglichen Pläne angepasst. Freigegeben wurde auch die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, der Raiffeisen AgriTrading Rhein-Main GmbH & Co. KG, das Agrarerzeugnisse (Getreide und Ölsaaten) auf Großhandelsebene vermarkten soll.

Die RaiWa ist ein Handelsunternehmen für Produkte und Dienstleistungen aus dem Agrarbereich und betreibt 62 Standorte vor allem in Hessen, Thüringen und Sachsen. Sie erzielte 2019 einen Umsatz von rund 1,6 Mrd. Euro. Die RWZ bezeichnet sich selbst als die drittgrößte landwirtschaftliche Hauptgenossenschaft Deutschlands und betreibt ca. 150 Agrarstandorte in weiten Teilen von Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Sie erzielte 2019 Umsatzerlöse von rund 2,2 Mrd. Euro.

Hauptkunden der beiden Unternehmen sind Landwirte. Das Vorhaben hat v.a. Auswirkungen auf verschiedene regionale Märkte bei der Erfassung von Getreide und Ölsaaten sowie bei dem Vertrieb von Saatgut, Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Die Unternehmen hatten ursprünglich geplant, künftig enger zusammenzuarbeiten und mehrere Gemeinschaftsunternehmen zu betreiben. Unsere Ermittlungen bei Wettbewerbern und Landwirten haben aber deutlich gemacht, dass dieses Vorhaben den Wettbewerb auf den Agrarmärkten vor allem in Hessen erheblich behindert hätte. Die Unternehmen haben schließlich ihr Vorhaben angepasst und so unsere wettbewerblichen Bedenken ausräumen können.“

RWZ und RaiWa hatten zunächst im Juli 2020 die Gründung dreier Gemeinschaftsunternehmen beim Bundeskartellamt angemeldet, diese Anmeldung aber wegen der Unvereinbarkeit der gemeinsamen Kontrolle mit dem genossenschaftsrechtlichen Förderprinzip Ende August 2020 wieder zurückgenommen. Im Anschluss daran wurde ein modifiziertes Vorhaben angemeldet, wonach RWZ und RaiWa die Gemeinschaftsunternehmen wechselseitig alleine kontrollieren sollten. Nachdem das Bundeskartellamt ein vertieftes Hauptprüfverfahren eingeleitet und wettbewerbliche Bedenken geäußert hatte, haben RWZ und RaiWa diese Anmeldung Ende Dezember 2020 zurückgenommen und das Vorhaben erneut umstrukturiert.

Die Neu-Anmeldung vom 6. April 2021 umfasst den Erwerb von 19 RWZ Standorten in Hessen, Thüringen und Sachsen durch die RaiWa sowie die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens (der Raiffeisen Agri-Trading Rhein-Main GmbH & Co. KG) sowie den Abschluss einer Vertriebsvereinbarung zur gemeinsamen Vermarktung von Agrarerzeugnissen (Getreide und Ölsaaten) auf der Großhandelsebene und einer Bezugsvereinbarung.

Regionen, in denen sich die Aktivitäten der Unternehmen überschneiden, gibt es vor allem in Hessen und Thüringen. In Thüringen ergeben sich durch das Vorhaben jedoch keine wettbewerblichen Bedenken. Trotz hoher Marktanteile von RaiWa in einzelnen Düngemittelmärkten gibt es starke Wettbewerber und die nachfragenden Landwirte sind durchaus bereit, den Händler je nach Angebotslage zu wechseln. Zudem besteht Wettbewerbsdruck durch organische Düngemittel.

Dagegen hatte das Bundeskartellamt nach den Ermittlungen erhebliche wettbewerbliche Bedenken auf den Getreideerfassungsmärkten und den Märkten für den Handel mit Saatgut, Pflanzenschutz- und Düngemitteln in Hessen, vor allem in den Regionen Vogelsberg und Hanau. Der hohe Marktanteilsabstand zu den übrigen Wettbewerbern, die Alleinstellung der RaiWa am Wasserumschlag am Hanauer Hafen und weitere Faktoren hätten eine sehr starke Position der RaiWa nach dem Zusammenschluss begründet.

Aufgrund dieser Bedenken haben die Parteien angeboten, bestimmte Maßnahmen umzusetzen, um die wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamtes zu beseitigen. Diese Zusagen bestehen zum einen in der Veräußerung der Beteiligung der RWZ an der Raiffeisen Vogelsberg GmbH und zum anderen in der Aufsplittung des Hafenstandortes Hanau zwischen RWZ und RaiWa. Die beiden Teile sind unabhängig voneinander zu betreiben. Diese Zusagen wurden bereits vor der Neu-Anmeldung des Vorhabens umgesetzt.

Die Veräußerung der Beteiligung an der RWZ Vogelsberg GmbH führt dazu, dass im Raum Mittelhessen künftig ein weiterer Wettbewerber am Markt auftritt. Aufgrund der günstigen Lage der Standorte und der weiten Lieferradien der RWZ Vogelsberg GmbH wirkt sich dies weitläufig wettbewerblich positiv aus. Die Teilung des Hafenstandorts Hanau eröffnet für Landwirte die Möglichkeit, künftig zwischen zwei verschiedenen Erfassern am Hafen wählen zu können, und beseitigt die bisherige Alleinstellung der RaiWa am Wasserumschlag.

Die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens für die gemeinsame Vermarktung von Agrarerzeugnissen von RWZ und RaiWa ist mit Blick auf die betroffenen Großhandelsmärkte für Getreide und Ölsaaten fusionskontrollrechtlich unbedenklich, da die gemeinsamen Marktanteile niedrig sind und sich das Vorhaben sogar wettbewerblich positiv auswirkt. Das Bundeskartellamt hat Hinweise zur kartellrechtskonformen Ausgestaltung des Gemeinschaftsunternehmens gegeben, die von den Parteien umgesetzt wurden. Zudem hat es darauf hingewiesen, dass die Parteien bei der Durchführung der Kooperation nicht gegen das allgemeine Kartellverbot des § 1 GWB verstoßen dürfen.