Wenn der eigene Arbeitgeber Insolvenz anmeldet, löst das bei vielen Beschäftigten erst einmal Unsicherheit und Panik aus. Fragen nach der Zukunft des Arbeitsplatzes, der Zahlung des Gehalts oder der Möglichkeit zu kündigen stehen im Raum. Wichtig ist jedoch: Die Insolvenzeröffnung bedeutet nicht, dass Arbeitnehmer sofort ohne Job oder Lohn dastehen. Im Folgenden werden die wichtigsten rechtlichen Punkte und Handlungsempfehlungen erläutert, wie Arbeitnehmer auf die Insolvenz ihres Arbeitgebers reagieren sollten.
Insolvenzanmeldung: Was bedeutet das rechtlich für mein Arbeitsverhältnis?
Die Insolvenzanmeldung des Arbeitgebers hat zunächst keine unmittelbare rechtliche Auswirkung auf das laufende Arbeitsverhältnis. Wird ein Insolvenzantrag beim Gericht gestellt, schließt sich in Deutschland ein Vorverfahren (Insolvenzantragsverfahren) an, in dem geprüft wird, ob das Unternehmen tatsächlich insolvent ist und genügend Masse für ein Verfahren vorhanden ist. In dieser Phase bleibt der Arbeitgeber grundsätzlich in seiner Position; es wird jedoch vom Gericht ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt – oder ein vorläufiger Sachwalter, falls eine Eigenverwaltung angeordnet wird. Dieser überwacht und unterstützt den Arbeitgeber, übernimmt aber häufig schon zentrale Aufgaben. Die Arbeitsverträge bestehen zunächst unverändert fort. Arbeitnehmer setzen ihre Arbeit also ganz normal fort, und der Arbeitgeber (bzw. der vorläufige Verwalter) ist weiter zur Lohnzahlung verpflichtet.
Erst am Ende des Antragsverfahrens entscheidet das Gericht, ob das eigentliche Insolvenzverfahren eröffnet wird oder mangels Masse abgewiesen wird. Bis zur offiziellen Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelten die üblichen arbeitsrechtlichen Regeln, insbesondere die normalen Kündigungsschutzvorschriften und Kündigungsfristen. Eine Insolvenz allein ist kein Kündigungsgrund – das Unternehmen darf Mitarbeiter nicht einfach wegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit entlassen. Natürlich kann es im weiteren Verlauf, abhängig von der Situation des Betriebs, dennoch zu betrieblichen Kündigungen oder Freistellungen kommen, etwa wenn der Geschäftsbetrieb teilweise oder vollständig eingestellt wird. Solange der Betrieb aber fortgeführt wird, besteht Ihr Arbeitsvertrag weiter.
Lassen Sie sich von einer Insolvenzanmeldung nicht vorschnell verunsichern. Zunächst ändert sich an Ihrem Arbeitsverhältnis nichts. Bleiben Sie jedoch aufmerksam, wie sich die Lage des Unternehmens entwickelt, denn je nach Fortgang des Verfahrens können später Änderungen oder Kündigungen erfolgen.
Gehalt und Insolvenzgeld: Bekomme ich weiter meinen Lohn?
Eine der drängendsten Fragen ist, ob man trotz Insolvenz des Arbeitgebers weiterhin sein Gehalt erhält. Zunächst bleibt der Arbeitgeber auch im vorläufigen Verfahren zur Lohnzahlung verpflichtet. Sollte der Arbeitgeber jedoch zahlungsunfähig sein und Löhne nicht mehr bezahlen können, springt die Bundesagentur für Arbeit mit dem sogenannten Insolvenzgeld ein. Dieses Insolvenzgeld sichert die Arbeitsentgeltansprüche der letzten drei Monate vor dem Insolvenzereignis ab – also rückwirkend für maximal drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (bzw. vor die gerichtliche Entscheidung über die Eröffnung oder vor eine eventuelle Betriebsstilllegung). Anspruch auf Insolvenzgeld haben grundsätzlich alle Arbeitnehmer (auch Minijobber, Azubis etc.), wenn:
- ein Insolvenzereignis vorliegt (d.h. das Gericht hat das Verfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt),
- der Arbeitgeber vor der Insolvenz Lohnansprüche nicht erfüllt hat (also Zahlungsrückstand bestand), und
- ein inländisches Arbeitsverhältnis vorliegt (Insolvenzgeld wird nur für Jobs in Deutschland gezahlt).
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, zahlt die Agentur für Arbeit den rückständigen Lohn dieser drei Monate als einmalige Leistung aus. Die Höhe entspricht in der Regel dem Netto-Arbeitsentgelt, allerdings gibt es eine Deckelung: Verdienste oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung werden nicht abgedeckt. Im Jahr 2025 liegt diese Grenze bei 8.050 € brutto pro Monat, was etwa dem maximal berücksichtigungsfähigen Bruttogehalt entspricht. Verdienen Arbeitnehmer mehr, erhalten sie dennoch höchstens Insolvenzgeld auf Basis dieses Grenzbetrags. Gut zu wissen: Insolvenzgeld ist steuerfrei und umfasst neben dem Grundgehalt unter Umständen auch variable Vergütungsbestandteile wie Überstundenvergütung oder anteilig Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Auch Urlaubsentgelt für genommenen Urlaub in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzereignis ist vom Insolvenzgeld abgedeckt – niemand muss also wegen einer drohenden Insolvenz bereits genehmigten Urlaub absagen.
Wichtig ist: Das Insolvenzgeld kann erst beantragt und ausgezahlt werden, wenn das Insolvenzereignis eingetreten ist – in der Regel also mit der Eröffnung des Verfahrens. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt rückwirkend, aber nicht im Voraus für laufende Zeiträume. Vorschuss: In Ausnahmefällen gibt es zwar die Möglichkeit eines Vorschusses, doch das geht nur, wenn das Arbeitsverhältnis bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits beendet ist und eine Bewilligung des Insolvenzgeldes sehr wahrscheinlich ist. Läuft das Arbeitsverhältnis noch, sind Vorabzahlungen der Bundesagentur so gut wie ausgeschlossen.
Vielen Beschäftigten stellt sich daher die Frage, wie sie finanziell die Zeit bis zur Auszahlung des Insolvenzgeldes überbrücken sollen – zumal ein Insolvenzeröffnungsverfahren oft mehrere Wochen dauern kann. Keine Panik: In der Praxis wird häufig eine Lösung gefunden. In der vorläufigen Insolvenzphase arrangiert der vorläufige Insolvenzverwalter in vielen Fällen eine Vorfinanzierung der Löhne in Zusammenarbeit mit einer Bank. Das heißt, eine Bank streckt die Gehälter für die Dauer des Vorverfahrens vor, damit die Mitarbeiter weiterhin bezahlt werden und der Betrieb weiterlaufen kann. Diese Bank erhält dann später das ausgezahlte Insolvenzgeld zur Begleichung des Kredits. Voraussetzung ist, dass die Agentur für Arbeit dem Vorgehen zustimmt. Für die Arbeitnehmer bedeutet dies: Sie bekommen ihr Geld i.d.R. ohne lange Unterbrechung weiter. Sollte dennoch einmal Gehalt vorübergehend ausfallen, dürfen Arbeitnehmer nach geltendem Recht sogar fristlos kündigen, wenn zwei Monate lang kein Lohn fließt – in der Praxis kommt es durch die genannten Auffangmechanismen jedoch selten zu solchen Extremsituationen.
Zusätzlich ist wichtig zu verstehen, was mit Lohnansprüchen passiert, die nicht vom Insolvenzgeld abgedeckt sind. Alle offenen Lohnforderungen, die vor Eröffnung des Verfahrens entstanden und nicht durch Insolvenzgeld gedeckt sind (z.B. Gehälter älter als 3 Monate Rückstand, Überstunden aus früheren Zeiträumen, nicht ausgezahltes Urlaubsgeld etc.), müssen vom Arbeitnehmer beim Insolvenzverwalter als Insolvenzforderungen angemeldet werden. Sie werden dann in die Insolvenztabelle aufgenommen und im Rahmen der Schlussverteilung des Verfahrens anteilig (je nach Insolvenzquote) ausgezahlt – dies kann allerdings Jahre dauern und es ist ungewiss, wie viel man erhält. Löhne für die Zeit nach Verfahrenseröffnung hingegen gelten als sogenannte Masseforderungen, die vorweg aus der Insolvenzmasse zu bedienen sind. Vereinfacht: Sobald das Verfahren eröffnet ist, genießt Ihr laufender Lohn Vorrang vor den meisten anderen Schulden des Unternehmens, sodass Sie bei weiterarbeitenden Beschäftigten normalerweise Ihr Gehalt für diese Zeit weiterhin erhalten sollten (sofern ausreichend Masse vorhanden ist).
Zusammengefasst: Ihr Lohn ist auch im Insolvenzfall weitgehend abgesichert. Entweder zahlt der Arbeitgeber bzw. Insolvenzverwalter weiter, oder für maximal die letzten drei Monate rückständigen Lohn springt die Bundesagentur mit Insolvenzgeld ein. Wichtig ist, dass Sie Ihren Anspruch auf Insolvenzgeld rechtzeitig geltend machen – dazu mehr im nächsten Abschnitt.
Wichtige Fristen: Insolvenzgeld beantragen und Ansprüche sichern
Damit Arbeitnehmer im Insolvenzfall kein Geld verlieren, müssen wichtige Fristen beachtet werden. Die wohl drängendste ist die Antragsfrist für das Insolvenzgeld. Dieser Antrag muss innerhalb von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis gestellt werden. Das Insolvenzereignis ist in der Regel der Tag der gerichtlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens (alternativ der Tag der Abweisung mangels Masse oder der Tag einer vollständigen Betriebsstilllegung, je nachdem, was zuerst eintritt). Achtung: Die Zwei-Monats-Frist ist eine Ausschlussfrist – das heißt, wird sie versäumt, besteht grundsätzlich kein Anspruch mehr auf Insolvenzgeld. Verspätete Anträge können nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden, z.B. wenn der Arbeitnehmer die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt (etwa wegen schwerer Krankheit); in solchen Fällen kann die Bundesagentur für Arbeit eine Nachfrist gewähren. Verlassen Sie sich darauf jedoch nicht, sondern stellen Sie den Antrag unbedingt rechtzeitig.
Die Beantragung des Insolvenzgeldes ist unkompliziert: Sie können den Antrag online über den eService der Bundesagentur für Arbeit stellen oder alternativ das Papierformular benutzen und bei der Agentur einreichen. Dem Antrag sollten Nachweise beigefügt werden, z.B. die Insolvenzgeldbescheinigung des Arbeitgebers oder Insolvenzverwalters, Kopie des Arbeitsvertrags, letzte Gehaltsabrechnungen, Kündigungsschreiben etc., damit die Agentur Ihre Ansprüche zügig prüfen kann. Wichtig: Wenn Sie von der Insolvenz erfahren, können Sie sich schon im Vorfeld vorbereiten, indem Sie alle nötigen Unterlagen zusammenstellen. Sobald das Gericht die Insolvenzeröffnung beschließt, sollten Sie dann den Antrag innerhalb der Frist einreichen.
Neben der Insolvenzgeld-Frist gibt es weitere Fristen/Termine, die Arbeitnehmer im Auge behalten sollten. Vertrags- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen („Verfallsfristen“) können verlangen, dass offene Ansprüche sehr zeitnah schriftlich geltend gemacht werden, oft binnen drei Monaten oder kürzer. Prüfen Sie daher Ihren Arbeitsvertrag oder anwendbaren Tarifvertrag: Gibt es Klauseln, wonach Ansprüche auf z.B. Überstundenvergütung, nicht gezahltes Gehalt, Urlaubsabgeltung etc. verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich angemeldet werden? Solche Fristen laufen trotz Insolvenz weiter. Arbeitnehmer sollten also rechtzeitig schriftlich ihre offenen Forderungen anmelden (z.B. gegenüber dem Arbeitgeber bzw. Insolvenzverwalter), um keine Ansprüche zu verlieren. Zur Sicherheit kann es sinnvoll sein, alle rückständigen Entgeltansprüche schriftlich aufzuschlüsseln und deren Zahlung unter Hinweis auf die Insolvenz beim vorläufigen Verwalter anzumelden. Dieser wird später entscheiden, ob es Insolvenzforderungen sind. Aber Ihr rechtzeitiges Tätigwerden stellt sicher, dass Sie keine vertraglichen Fristen versäumen.
Ebenfalls zentral: Kündigungsschutzfristen. Wird Ihnen im Zuge der Insolvenz gekündigt, läuft die dreiwöchige Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage ganz normal weiter. Auch eine vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Kündigung können Sie vor dem Arbeitsgericht angreifen – allerdings müssen Sie auch hier binnen 3 Wochen ab Zugang der Kündigung Klage erheben, sonst wird die Kündigung rechtswirksam, egal ob sie sozial gerechtfertigt war oder nicht. Zögern Sie also nicht, bei Erhalt einer Kündigung umgehend fachkundigen Rat einzuholen.
Tipp: Gehen Sie auf Nummer sicher und führen Sie eine Fristenliste für alle relevanten Termine. Notieren Sie den letztmöglichen Tag zur Stellung des Insolvenzgeld-Antrags, etwaige tarifliche Ausschlussfristen und – falls Sie eine Kündigung erhalten haben – die 3-Wochen-Frist zur Klageerhebung. So behalten Sie den Überblick und schützen Ihre Rechte effektiv.
Verhaltenstipps: Was sollten Arbeitnehmer jetzt tun?
Befindet sich Ihr Arbeitgeber im Insolvenzverfahren, ist das zwar eine schwierige Situation, aber Sie können selbst aktiv zu einer Klarheit und Sicherung Ihrer Rechte beitragen. Folgende Schritte und Verhaltensweisen werden empfohlen:
- Informiert bleiben: Nehmen Sie alle Betriebsversammlungen oder Informationsveranstaltungen mit, die in der Insolvenzphase angeboten werden. Der Insolvenzverwalter (oder vorläufige Verwalter) wird hier oft über den Stand des Verfahrens und die Zukunft des Betriebs informieren. Hören Sie gut zu und scheuen Sie sich nicht, Fragen zu stellen. Bei Unklarheiten können Sie auch das Gespräch mit dem Insolvenzverwalter suchen – dieser ist für die Anliegen der Arbeitnehmer zuständig und kann Auskunft geben. Je mehr Sie über die Pläne (Betriebsfortführung, Verkauf, Stilllegung etc.) wissen, desto besser können Sie sich darauf einstellen. Seien Sie darauf vorbereitet, dass im schlimmsten Fall mit Eröffnung des Verfahrens der Betrieb stillgelegt wird – überrascht zu werden hilft niemandem, daher frühzeitig informieren.
- Eigene Ansprüche dokumentieren: Prüfen Sie Ihre Unterlagen und verschaffen Sie sich Klarheit über offene Ansprüche. Haben Sie noch Resturlaub? Stehen Überstunden oder Reisekostenerstattungen aus? All dies sollten Sie schriftlich festhalten und Belege sammeln. Falls Sie später Forderungen anmelden müssen (z.B. Urlaubsabgeltung oder nicht gezahlte Spesen), sind Sie in der Beweispflicht für deren Bestand. Deshalb: Ordnen Sie Ihre Lohnabrechnungen, Urlaubskonten, Stundennachweise etc. jetzt, solange alles noch rekonstruierbar ist. Im Zweifel fertigen Sie sich eine Liste aller Ansprüche und legen Sie diese dem Insolvenzverwalter vor.
- Urlaub und Überstunden planen: Sie müssen bereits genehmigten Urlaub aufgrund der Insolvenz nicht absagen – wie erwähnt, das Urlaubsentgelt ist für die letzten drei Monate vor Insolvenzeröffnung durch das Insolvenzgeld gesichert. Sollte Ihr Arbeitsverhältnis voraussichtlich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens enden (z.B. durch Eigenkündigung, Aufhebungsvertrag oder Kündigung des vorläufigen Verwalters), ist es ratsam, noch möglichst den Resturlaub zu nehmen, statt auf finanzielle Abgeltung zu hoffen. Denn Urlaubsabgeltungsansprüche werden nicht vom Insolvenzgeld abgedeckt und müssen, wenn das Arbeitsverhältnis vor Verfahrenseröffnung endet, als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden. Ob und in welcher Höhe man dafür Geld sieht, ist ungewiss. Durch Urlaubnahme dagegen erhalten Sie regulär Ihr Urlaubsentgelt (entweder vom Arbeitgeber oder über Insolvenzgeld bzw. Insolvenzverwalter). Gleiches gilt für Überstunden: Bauen Sie nach Möglichkeit Mehrstunden ab oder lassen Sie sie sich auszahlen, falls absehbar ist, dass das Arbeitsverhältnis bald endet. Überstunden, die in den letzten drei Monaten vor Insolvenzeröffnung anfallen, sind zwar vom Insolvenzgeld umfasst, aber ältere Überstunden verfallen ohne Bezahlung, wenn sie nicht beglichen werden – diese müssten ebenfalls als Insolvenzforderung angemeldet werden. Hier kann es wirtschaftlich sinnvoll sein, rechtzeitig einen Ausgleich zu suchen.
- Ansprüche anmelden: Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet ist, melden Sie schriftlich alle noch offenen Forderungen (aus der Zeit vor Eröffnung) beim Insolvenzverwalter an – insbesondere rückständige Gehälter, Boni, verbleibende Urlaubs- oder Überstundenabgeltungen etc. Oft wird der Insolvenzverwalter hierzu Formulare oder Hinweise geben. Dennoch sollten Sie eigeninitiativ bleiben und sicherstellen, dass kein Anspruch unter den Tisch fällt. Beachten Sie: Lohnansprüche ab Eröffnung müssen nicht in die Tabelle, da sie Masseverbindlichkeiten sind, aber nur bis zur Eröffnung aufgelaufene Beträge gehören in die Insolvenztabelle.
- Rechtsschutz nutzen: Falls es zu Kündigungen im Zusammenhang mit der Insolvenz kommt, prüfen Sie deren Rechtmäßigkeit. Eine Insolvenz ändert nichts daran, dass Kündigungen sozial gerechtfertigt sein müssen (personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt) und besondere Kündigungsschutzvorschriften gelten (z.B. für Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder). Der Insolvenzverwalter hat kein Sonderkündigungsrecht; er muss die gleichen arbeitsrechtlichen Regeln einhalten. Lassen Sie im Zweifel durch einen Fachanwalt oder die Arbeitnehmervertretung prüfen, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt und formell korrekt ist. Wichtig: Wenn bei Ihnen besonderer Kündigungsschutz besteht – z.B. Schwangerschaft, Elternzeit oder Schwerbehinderung – müssen Sie innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber/Insolvenzverwalter dies mitteilen, damit die Kündigung unwirksam wird. Verstreicht diese Frist, kann der besondere Schutz eventuell nicht mehr greifen. Zögern Sie daher nicht, vorhandene Schutzrechte sofort zu kommunizieren. Und wie erwähnt: Wollen Sie gegen eine Kündigung vorgehen, läuft die Klagefrist von 3 Wochen ab Erhalt der Kündigung.
- Arbeitszeugnis verlangen: Sollten Sie im Zuge der Insolvenz Ihren Arbeitsplatz verlieren (durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag), haben Sie Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Dieses stellt in der Insolvenz regelmäßig der Insolvenzverwalter aus (er tritt mit Verfahrenseröffnung an die Stelle des Arbeitgebers). Fordern Sie ein Zeugnis aktiv ein und prüfen Sie es auf Korrektheit. Ein wohlwollendes Zeugnis ist für Ihre Stellensuche wichtig und Sie sollten darauf nicht verzichten.
Eigene Kündigung: Wie schnell kann ich gehen – und droht eine Sperrzeit?
Viele Arbeitnehmer überlegen, ob sie in der Insolvenz des Arbeitgebers vorsichtshalber selbst kündigen sollten – sei es, um sich einen neuen Job zu suchen, oder aus Angst, der Lohn bliebe aus. Hier gilt es, einige Besonderheiten zu beachten:
Kündigungsfristen: Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gilt eine spezielle Regelung des Insolvenzarbeitsrechts: Alle Kündigungsfristen, für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sind auf maximal drei Monate zum Monatsende beschränkt. Diese Verkürzung beruht auf § 113 InsO. Das bedeutet, selbst wenn Ihr Arbeitsvertrag oder § 622 BGB eigentlich eine längere Kündigungsfrist (etwa aufgrund langer Betriebszugehörigkeit) vorsehen würde, können sowohl Sie selbst als auch der Insolvenzverwalter mit dreimonatiger Frist kündigen. Längere vertragliche Kündigungsfristen werden insoweit außer Kraft gesetzt. Beispiel: Hätten Sie normalerweise sechs Monate Kündigungsfrist, können Sie nach Insolvenzeröffnung dennoch innerhalb von drei Monaten aus dem Arbeitsverhältnis heraus. Wichtig: Gilt eigentlich eine kürzere Kündigungsfrist als drei Monate (z.B. vier Wochen), bleibt es bei der kürzeren. Die Drei-Monats-Frist ist nur ein Maximum, kein Minimum.
Was passiert, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund dieser Sonderregel früher ausscheidet, als es sein Vertrag ursprünglich vorsah? Für den Zeitraum, um den die Kündigungsfrist verkürzt wurde, können entgangene Gehälter als Schadensersatz zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Beispiel: Vertraglich hätten Sie 6 Monate Kündigungsfrist, tatsächlich kündigen Sie insolvenzbedingt mit 3 Monaten – die Gehälter der „fehlenden“ 3 Monate können Sie als Forderung im Insolvenzverfahren anmelden. Allerdings handelt es sich auch hierbei nur um eine Insolvenzforderung, die nach Quote bedient würde, also unsicher ist.
Aufhebungsvertrag: In vielen Fällen sind Insolvenzverwalter bereit, mit Arbeitnehmern einen Aufhebungsvertrag abzuschließen, wenn diese vorzeitig gehen möchten. Aus der Praxis weiß man: Während eines laufenden Insolvenzverfahrens wird einem Aufhebungsvertrag in der Regel zugestimmt. Scheuen Sie sich also nicht, offen mit dem Insolvenzverwalter über einen einvernehmlichen Auflösungszeitpunkt zu sprechen, wenn Sie eine neue Stelle in Aussicht haben. Dies kann oft unkomplizierter sein, als eine eigene Kündigung einzureichen. Beachten Sie aber: Verlangen Sie in einem Aufhebungsvertrag keine Abfindung ohne anwaltliche Beratung, da Abfindungsansprüche in der Insolvenz problematisch sein können (Abfindungen, die vor Verfahrenseröffnung vereinbart werden, gehen ggf. in die Tabelle ein und werden eventuell nie gezahlt). Hier ist anwaltlicher Rat ratsam, um keine Ansprüche zu verlieren.
Sperrzeit beim Arbeitslosengeld: Normalerweise riskiert ein Arbeitnehmer, der selbst kündigt oder einen Aufhebungsvertrag schließt, eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen beim Arbeitslosengeld I. Dies ist eine Sanktion der Bundesagentur, wenn man sein Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund aufgibt. Doch im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers gilt: Der Eintritt der Insolvenz wird von der Agentur für Arbeit als wichtiger Grund anerkannt, das Beschäftigungsverhältnis zu beenden. Sie müssen also keine Sperrzeit befürchten, wenn Sie aufgrund der Insolvenz selbst kündigen oder einen Aufhebungsvertrag schließen – insbesondere wenn abzusehen ist, dass der Betrieb zahlungsunfähig ist oder geschlossen wird. Die Bundesagentur bewertet die Eigenkündigung in diesem Fall als nachvollziehbar, da der Arbeitnehmer die drohende Arbeitslosigkeit nicht verschuldet hat. Trotzdem sollte man im Zweifelsfall vor einer Eigenkündigung Rücksprache mit der Agentur oder einem Fachanwalt halten, um sicherzugehen, dass alle Voraussetzungen erfüllt sind (z.B. dass tatsächlich ein Insolvenzereignis vorliegt). Generell ist es immer besser, erst dann zu kündigen, wenn man eine neue Stelle sicher hat – auch in der Insolvenz. Andernfalls riskiert man möglicherweise doch eine Phase der Arbeitslosigkeit (wenn etwa die Firma doch weitergeführt wird oder sich die Dinge verzögern).
Hinweis: Wenn der Arbeitgeber schon vor Eröffnung des Verfahrens keine Löhne mehr zahlt, kann dies ebenfalls einen wichtigen Grund für eine außerordentliche (fristlose) Kündigung durch den Arbeitnehmer darstellen. Allerdings verlangt die Rechtsprechung hier in der Regel, dass der Lohnrückstand erheblich ist und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zuvor abgemahnt hat. Wer fristlos kündigt, sollte sich diesen Schritt gut überlegen und unbedingt rechtlich beraten lassen. In jedem Fall aber – wie oben erwähnt – wird die Agentur für Arbeit bei einer gerechtfertigten wichtigen Grund-Kündigung wegen Insolvenz keine Sperrzeit verhängen.
Arbeitslos melden und neue Perspektiven: Wie geht es weiter?
Unabhängig davon, ob Sie im Unternehmen verbleiben oder es in absehbarer Zeit verlassen: Planen Sie frühzeitig Ihre nächsten Schritte. Insbesondere wenn abzusehen ist, dass Ihr Arbeitsplatz auf der Kippe steht (z.B. bei einer drohenden Betriebsstilllegung oder Massenentlassung), sollten Sie rechtzeitig Kontakt zur Bundesagentur für Arbeit aufnehmen. Sobald klar wird, dass Sie arbeitslos werden könnten, melden Sie sich arbeitsuchend. Das können und sollten Sie vorsorglich tun, auch wenn das Arbeitsverhältnis formal noch besteht. Die Meldung kann in Deutschland drei Monate vor Beendigung erfolgen – bei einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter oder eigener Kündigung sind Sie sogar gesetzlich verpflichtet, spätestens drei Tage nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur vorstellig zu werden (oder online/telefonisch die Arbeitssuchend-Meldung vorzunehmen). Diese frühzeitige Meldung hat zwei Vorteile: Zum einen sichern Sie Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld, ohne eine Sperre wegen verspäteter Meldung zu riskieren; zum anderen kann die Agentur Ihnen Vermittlungsunterstützung bieten. Je früher die Vermittlungsfachkräfte der Arbeitsagentur mit Ihnen über Ihre Zukunft sprechen können, desto größer die Chance, dass Arbeitslosigkeit gar nicht erst eintritt oder nur kurz dauert.
Nutzen Sie die Beratungsangebote: Die Arbeitsagentur kann mit Ihnen besprechen, ob Sie in derselben Branche eine neue Stelle suchen möchten oder ob eine Weiterbildung oder Umschulung sinnvoll wäre. Vielleicht gibt es Nachfrage nach Ihrem Profil bei anderen Unternehmen oder Sie möchten die Gelegenheit für einen Neuanfang nutzen. Auch hierzu gibt es Fördermöglichkeiten, die Ihnen die Berater erläutern können. Wichtig ist, dass Sie aktiv werden, statt abzuwarten. Eine Insolvenz muss nicht das Ende Ihrer beruflichen Laufbahn bedeuten – viele Beschäftigte finden schnell eine neue Anstellung, insbesondere wenn sie sich frühzeitig bewerben und Netzwerk-Kontakte nutzen.
Und noch ein praktischer Tipp: Melden Sie sich im Falle einer Kündigung sofort arbeitslos, sobald Sie ohne Beschäftigung sind (bzw. zum ersten Tag der Arbeitslosigkeit). In vielen Fällen haben insolvenzbedingt gekündigte Arbeitnehmer sofort Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I), insbesondere wenn keine Sperrzeit vorliegt. Das Arbeitslosengeld kann Ihnen übergangsweise helfen, bis Sie entweder das Insolvenzgeld erhalten oder eine neue Stelle antreten. Es wird zwar später mit dem Insolvenzgeld verrechnet (Insolvenzgeld wird auf ALG I angerechnet), aber die Bezugsdauer des ALG I verkürzt sich dadurch nicht. Sie verlieren also nichts, gewinnen aber Liquidität in der Zwischenzeit.
Ruhe bewahren, Ansprüche sichern, Hilfe nutzen
Die Insolvenz des Arbeitgebers ist für jeden Arbeitnehmer eine Herausforderung, aber mit dem richtigen Wissen können Sie Ihre Rechte wahren und finanziell abgesichert aus der Situation hervorgehen. Bewahren Sie zunächst Ruhe – eine Insolvenzanmeldung bedeutet nicht automatisch den Verlust des Arbeitsplatzes. Informieren Sie sich über die betrieblichen Entwicklungen und nutzen Sie alle Informationsangebote. Sichern Sie Ihre finanziellen Ansprüche: Beantragen Sie Insolvenzgeld rechtzeitig, achten Sie auf Fristen und dokumentieren Sie alles. Lassen Sie sich beraten, wenn Ihnen gekündigt wird oder wenn Sie selbst gehen möchten – Fachanwälte für Arbeitsrecht (wie Dr. Usebach) oder Gewerkschaften können wertvolle Unterstützung bieten. Und kümmern Sie sich frühzeitig um Ihre berufliche Zukunft: Die Arbeitsagentur steht bereit, um Sie bei Bedarf in Arbeit zu vermitteln oder durch Qualifizierung aufzufangen.
So schwierig die Situation auch ist – Arbeitnehmer stehen im Insolvenzverfahren nicht rechtlos da. Mit den oben genannten Tipps und etwas Umsicht können Sie die Phase der Insolvenz Ihres Arbeitgebers bestmöglich überbrücken und die Weichen für Ihre Zukunft stellen. Wichtig ist, aktiv zu bleiben und keine Fristen oder Möglichkeiten ungenutzt zu lassen. Denn gut informierte und gut vorbereitete Arbeitnehmer kommen meist am besten durch die Insolvenz des Arbeitgebers. Bleiben Sie handlungsfähig: Holen Sie sich Rat, wahren Sie Ihre Rechte und schauen Sie nach vorne. Die Erfahrung zeigt, dass eine Unternehmensinsolvenz oft auch neue Chancen für Beschäftigte mit sich bringen kann – sei es im selben Unternehmen nach einer Sanierung oder in einer neuen beruflichen Herausforderung.