Endlich ist es Dezember: Weihnachtsmärkte, Glühwein und der Duft von Zimt und Mandarinen liegen in der Luft. In dieser atmosphärischen Vorweihnachtszeit laden viele Arbeitgeber ihre Belegschaft zur gemeinsamen Weihnachtsfeier ein, oft um den Teamgeist zu stärken. Doch was passiert, wenn man an der vom Arbeitgeber organisierten Weihnachtsfeier gar nicht teilnehmen möchte? Ist die Teilnahme an den feucht-fröhlichen Feierlichkeiten verpflichtend oder freiwillig? Im Folgenden geben wir einen strukturierten arbeitsrechtlichen Rechtstipp – sachlich und nüchtern – der sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber klarstellt, welche Regeln rund um die betriebliche Weihnachtsfeier gelten.
Freiwillige Teilnahme – keine Pflicht zur Weihnachtsfeier
Grundsätzlich gilt: Niemand kann zur Teilnahme an einer Betriebsweihnachtsfeier gezwungen werden. Eine Teilnahmepflicht an einer solchen Feier existiert arbeitsrechtlich nicht. Findet die Feier außerhalb der regulären Arbeitszeit (z.B. abends) statt, liegt sie in der Freizeit der Beschäftigten – in dieser Zeit hat der Arbeitgeber kein Weisungsrecht über seine Mitarbeiter. Aber selbst wenn die Weihnachtsfeier während der normalen Arbeitszeit geplant ist, besteht ebenfalls keine Anwesenheitspflicht. Denn die Teilnahme an einer Feier gehört nicht zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten im Sinne von § 611a BGB, welche vielmehr in der Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung bestehen. Arbeitnehmer dürfen also frei entscheiden, ob sie an der Betriebsfeier teilnehmen möchten oder nicht – Sanktionen für das Fernbleiben sind unzulässig.
Keine Teilnahme: Arbeiten statt feiern
Ist die Weihnachtsfeier in die Arbeitszeit gelegt und eine Arbeitnehmerin entscheidet sich, nicht daran teilzunehmen, dann gilt: Wer nicht feiert, muss arbeiten. In diesem Fall muss der/die Beschäftigte ganz normal bis zum Feierabend weiterarbeiten, da die bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht üblicherweise nur für die Dauer der Weihnachtsfeier und nur für die tatsächlich anwesenden Mitarbeiter gewährt wird.
Eine Ausnahme kann gelten, wenn reguläre Arbeit während der Feier faktisch nicht möglich ist, etwa weil fast alle Kollegen und Vorgesetzten abwesend sind und keine zumutbaren Aufgaben erledigt werden können. In so einem Fall darf man mit Zustimmung des/der Vorgesetzten ausnahmsweise früher nach Hause gehen. Wichtig: Der Arbeitgeber darf abwesende Beschäftigte nicht einfach zwangsweise in Urlaub schicken, nur weil sie nicht an der Feier teilnehmen – eine Anordnung von Zwangsurlaub wäre unzulässig.
Einladung für alle – niemand darf ausgeschlossen werden
Wenn ein Unternehmen eine betriebliche Weihnachtsfeier veranstaltet, muss grundsätzlich allen Beschäftigten die Teilnahme ermöglicht werden. Einzelne Mitarbeiter dürfen nicht ohne sachlichen Grund von der Feier ausgeschlossen werden, denn der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz ist zu beachten. So hat etwa das Arbeitsgericht Köln entschieden, dass auch ein freigestellter Mitarbeiter ein Recht zur Teilnahme an Betriebsfeiern hat – ein willkürlicher Ausschluss einzelner Arbeitnehmer ist unzulässig. Nur in besonderen Ausnahmefällen ist ein Ausschluss erlaubt, etwa wenn ein bestimmter Mitarbeiter zuvor solche Veranstaltungen massiv gestört hat oder aus zwingenden betrieblichen Gründen (z.B. zur Aufrechterhaltung eines Notdienstes) jemand während der Feier arbeiten muss. Grundsätzlich aber gilt: Die Einladung zur Weihnachtsfeier sollte an alle Mitarbeiter gehen, um ein gutes Betriebsklima zu fördern und Benachteiligungen zu vermeiden.
Verhalten auf der Feier: kein rechtsfreier Raum
Auch wenn bei der Weihnachtsfeier gefeiert wird – das betriebliche Umfeld und die üblichen Verhaltensregeln bleiben bestehen. Die Weihnachtsfeier ist kein rechtsfreier Raum, in dem man alle Zurückhaltung fallen lassen dürfte. Arbeitnehmerinnen unterliegen weiterhin ihren arbeitsvertraglichen Nebenpflichten, insbesondere der Pflicht zu einem respektvollen Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten. Übermäßiger Alkoholgenuss ist keine Entschuldigung für Fehlverhalten: Wer beispielsweise seinen Chef oder Kolleginnen beleidigt, belästigt oder tätlich angreift, riskiert arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung gemäß § 626 BGB.
Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: In einem Fall vor dem Landesarbeitsgericht Hamm hatte ein Mitarbeiter auf der Weihnachtsfeier seinen Vorgesetzten wüst beschimpft (u.a. als „Arschloch“) und ihm sogar den Mittelfinger gezeigt – das Gericht bestätigte, dass eine derart schwerwiegende Beleidigung eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Ebenso wenig werden andere grobe Verfehlungen toleriert. Sexuelle Belästigungen, diskriminierende Äußerungen oder vorsätzliche Sachbeschädigungen auf der Feier können Abmahnungen oder weitergehende arbeitsrechtliche Schritte nach sich ziehen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein: Die ausgelassene Stimmung entbindet nicht von den üblichen Verhaltensregeln – jeder bleibt verantwortlich für sein Tun.
Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz auf der Weihnachtsfeier
Da es sich bei der Weihnachtsfeier um eine betriebliche Veranstaltung handelt, stehen die teilnehmenden Beschäftigten während der Feier unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das bedeutet: Unfälle auf der Weihnachtsfeier gelten in der Regel als Arbeitsunfall. Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf alle Aktivitäten, die dem „Gemeinschaftszweck“ der Veranstaltung dienen und im Rahmen des vom Arbeitgeber organisierten Programms stattfinden. Selbst wenn die Feier außerhalb der Betriebsstätte (z.B. in einem Restaurant) stattfindet, bleibt der Schutz bestehen. Auch der direkte Heimweg nach dem offiziellen Ende der Feier ist mitversichert – sollte also auf dem Nachhauseweg von der Betriebsfeier ein Unfall passieren, greift in der Regel die gesetzliche Unfallversicherung.
Die Rechtsprechung hat dies mehrfach bestätigt. Beispielsweise hat das Bundessozialgericht entschieden, dass sogar eine gemeinsame Wanderung im Rahmen einer Firmen-Weihnachtsfeier vom Unfallversicherungsschutz erfasst ist, weil sie Teil des geplanten Programms und dem Gesamtzweck der Veranstaltung dienlich war. Wichtig für den Versicherungsschutz ist allerdings, dass die Veranstaltung vom Arbeitgeber offiziell ausgerichtet oder zumindest gebilligt wird und allen Mitarbeitenden offensteht – nur dann handelt es sich um eine versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung.
Fotos auf der Feier: Veröffentlichung nur mit Einwilligung
Gerade in lockerer Feierlaune werden gern Fotos geschossen – doch bei Fotos von der Weihnachtsfeier ist Vorsicht geboten. Ohne Einverständnis der abgebildeten Personen dürfen solche Fotos nicht öffentlich veröffentlicht werden. Auch auf Betriebsfeiern gelten die Grundsätze des Persönlichkeitsrechts und des Datenschutzes. Das bedeutet, Mitarbeiter dürfen nicht ungefragt Bilder oder Videos von Kollegen aufnehmen und etwa auf sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram posten. Arbeitgeber sind gut beraten, vorab klare Regeln zu kommunizieren: Etwa den Hinweis, dass es möglicherweise einen offiziellen Fotografen gibt und dass die Aufnahmen nur für interne Zwecke (z.B. das Intranet oder eine Firmenchronik) genutzt werden.
Ohne ausdrückliche Zustimmung aller Abgebildeten ist eine externe Veröffentlichung – zum Beispiel auf der Unternehmenswebsite, in sozialen Medien oder in öffentlich zugänglichen Bereichen – nicht zulässig. Somit muss niemand befürchten, dass ein peinliches Bild mit Weihnachtsmütze oder Rentierohren jahrelang am „schwarzen Brett“ oder im Intranet kursiert, ohne dass man dem zugestimmt hat. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte bleibt auch während der Feier gewahrt.
Weihnachtsgeschenke nur für Anwesende
Viele Unternehmen nutzen die Weihnachtsfeier, um Dankeschön-Geschenke an ihre Mitarbeiter zu überreichen – sei es eine Bonuszahlung, Sachgeschenke oder sogar hochwertige Preise. Wichtig zu wissen: Wer der Feier fernbleibt, hat im Nachhinein keinen Anspruch darauf, ein dort verteiltes Geschenk zu erhalten. Das gilt selbst dann, wenn der/die Arbeitnehmerin aus entschuldigtem Grund (z.B. wegen Krankheit) nicht teilnehmen konnte. So entschied etwa das Arbeitsgericht Köln im Jahr 2013, dass ein Mitarbeiter, der der Betriebsweihnachtsfeier ferngeblieben war, keinen Anspruch auf ein dort an die Anwesenden verschenktes iPad mini im Wert von ca. 400 € hatte. Die iPads wurden freiwillig und ausschließlich den anwesenden Beschäftigten überreicht – und genau das war zulässig, wie das Gericht feststellte. Denn die Teilnahme an der Feier ist freiwillig und gehört nicht zu den Arbeitspflichten, und der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz war hier nicht verletzt: Das exklusive Geschenk für die Feiernden diente einem legitimen Zweck (nämlich die Attraktivität der Veranstaltung zu steigern) und begründete keinen Anspruch für abwesende Kollegen.
Für Arbeitgeber bedeutet dies: Sie dürfen im Rahmen freiwilliger Betriebsveranstaltungen durchaus Vorteile nur für die Teilnehmenden vorsehen – etwa Verlosungen oder Präsente auf der Weihnachtsfeier –, ohne dass daraus automatisch Ansprüche der Nichtteilnehmer entstehen. Und für Arbeitnehmer heißt es umgekehrt: Wer der Feier fernbleibt, muss akzeptieren, eventuell leer auszugehen, was Sondergaben angeht. Eine nachträgliche Geltendmachung solcher Geschenke ist in der Regel ausgeschlossen, sofern der Arbeitgeber die Regeln fair und transparent gestaltet hat.
Freiwillig mitfeiern – oder ruhigen Gewissens verzichten
Zusammengefasst ist die betriebliche Weihnachtsfeier keine Pflichtveranstaltung. Arbeitnehmerinnen können mit ruhigem Gewissen auch Nein sagen*, denn weder außerhalb noch während der Arbeitszeit besteht eine Teilnahmeverpflichtung. Wer nicht mitfeiert, muss dann zwar regulär weiterarbeiten, braucht aber keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu fürchten. Genauso sollten Arbeitgeber darauf achten, alle Mitarbeiter einzuladen und niemanden ohne guten Grund auszuschließen, um ein gutes Betriebsklima zu erhalten.
Für alle, die teilnehmen, gilt: Genießt die Feier, aber bleibt professionell – auch auf dem Firmenevent gelten Anstand und gesetzliche Regeln. Bei Einhaltung dieser Grundsätze steht einer fröhlichen Weihnachtsfeier nichts im Weg. Ob man also die Feier auslässt oder mitmacht und Spaß auf Firmenkosten hat, bleibt jedem selbst überlassen – Pflicht ist die Betriebsweihnachtsfeier nicht.