Arbeitgeber veranstalten gerne Betriebsfeiern – sei es die Weihnachtsfeier im Winter oder das Sommerfest im Grünen. Solche Feiern stärken das Betriebsklima und den Teamgeist. Doch rechtlich stellt sich oft die Frage: Gilt die Teilnahme an einer Betriebsfeier als Arbeitszeit und muss vom Arbeitgeber vergütet werden? Die Antwort hängt maßgeblich davon ab, wann die Feier stattfindet. Im Folgenden erklären wir verständlich die Rechtslage für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, geben Beispiele aus der Praxis und beleuchten einschlägige Urteile.
Was zählt als Arbeitszeit?
Bevor wir ins Detail gehen, lohnt ein Blick auf den Arbeitszeit-Begriff. Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist grundsätzlich die Zeit vom Beginn bis zum Ende der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung, ohne Pausen. Alles, was außerhalb dieser regelmäßigen Arbeitszeit liegt, zählt erst einmal zur Freizeit. Betriebsfeiern sind zusätzliche betriebliche Veranstaltungen – oft außerhalb der Kernarbeitszeit – und deshalb stellt sich hier die Frage, ob solche Veranstaltungen Teil der Arbeitszeit werden oder nicht. Entscheidend ist dabei vor allem der Zeitpunkt der Feier im Verhältnis zur regulären Arbeitszeit.
Betriebsfeier während der Arbeitszeit
Findet eine Firmenfeier innerhalb der regulären Arbeitszeit statt (z.B. an einem Nachmittag ab 14 Uhr, wo normalerweise gearbeitet würde), dann gilt diese Zeit in aller Regel als Arbeitszeit. Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss die Teilnahmezeit vergüten, als ob gearbeitet würde. Auch die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung greift hier – derzeit ist es ratsam, solche Zeiten einer Feier während der Arbeitszeit festzuhalten, da sie arbeitszeitrechtlich zählen.
Beispiel: Eine Weihnachtsfeier beginnt freitags um 15 Uhr im Betrieb. Die übliche Arbeitszeit ginge bis 17 Uhr. Die zwei Stunden, die die Arbeitnehmer stattdessen auf der Feier verbringen, sind normale bezahlte Arbeitszeit. Die Mitarbeiter müssen diese Zeit nicht nacharbeiten oder mit Urlaub abdecken – sie werden bezahlt, als hätten sie gearbeitet.
Wichtig: Auch wenn die Feier während der Arbeitszeit stattfindet, ist die Teilnahme freiwillig (dazu unten mehr). Niemand kann gezwungen werden, beim Betriebsfest mitzufeiern. Arbeitnehmer, die nicht an einer freiwilligen Feier während der Arbeitszeit teilnehmen möchten, müssen in dieser Zeit allerdings ganz normal weiterarbeiten. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, diesen Mitarbeitern ihre übliche Arbeit zu ermöglichen – das hat sogar das Bundesarbeitsgericht schon 1970 klargestellt. Konkret entschied das BAG, dass der Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten ausschöpfen muss, um Nicht-Teilnehmern die Weiterarbeit zu ermöglichen. Kann der Arbeitgeber einem Nicht-Feiernden ausnahmsweise keine Beschäftigung anbieten, gerät er in Annahmeverzug – das heißt, der Arbeitnehmer behält dennoch seinen Vergütungsanspruch, ohne an der Feier teilzunehmen (denn er hätte gearbeitet, wenn man ihn gelassen hätte).
Betriebsfeier außerhalb der Arbeitszeit
Anders stellt sich die Lage dar, wenn eine Betriebsfeier außerhalb der vertraglichen Arbeitszeit stattfindet – etwa abends, am Wochenende oder an einem Feiertag. Grundsatz: Findet die Feier außerhalb der Arbeitszeit statt, gilt die Teilnahme nicht als Arbeitszeit, sondern als Freizeit. Der Arbeitgeber muss die aufgewendete Zeit nicht vergüten, denn die Mitarbeiter erbringen in dieser Zeit keine Arbeitsleistung im rechtlichen Sinne.
Das gilt insbesondere, wenn die Teilnahme freiwillig ist und es keine ausdrückliche dienstliche Anordnung gibt, dass alle erscheinen müssen. Beispiel: Der Chef lädt zum Sommerfest an einem Samstagabend ein. Ohne ausdrückliche Weisung zur Teilnahme bleibt das Erscheinen jedem Arbeitnehmer freigestellt – und die Stunden auf dem Fest gelten nicht als Arbeitszeit, es gibt also keine Bezahlung oder Überstundengutschrift dafür. Die Teilnahme erfolgt vielmehr aus Kollegialität und Spaß an der Freude, nicht aufgrund einer Arbeitspflicht.
Manche Arbeitnehmer mögen es als ungerecht empfinden, in ihrer Freizeit an Firmenveranstaltungen teilzunehmen, ohne dafür entlohnt zu werden. Doch rechtlich ist das zulässig: Solange die Feier außerhalb der regulären Arbeitszeit stattfindet und freiwillig ist, besteht kein Vergütungsanspruch. Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter zu solchen Anlässen einladen und erwarten, dass möglichst viele kommen – ein Anspruch auf Bezahlung der Feier-Stunden besteht aber nicht. Ebenso können Arbeitnehmer, die keine Lust haben, einfach fernbleiben (ohne dass dies arbeitsrechtliche Konsequenzen haben darf).
Tipp: Finden Betriebsfeiern überwiegend nach Feierabend statt, können Arbeitgeber als Ausgleich freiwillig kleine Anreize bieten – z.B. einen Freizeitausgleich oder ein Geschenk für alle Teilnehmer. Eine Verpflichtung dazu gibt es jedoch nicht.
Freiwilligkeit: Keine Teilnahmepflicht für Arbeitnehmer
Wichtig zu wissen für beide Seiten: Die Teilnahme an Betriebsfeiern ist immer freiwillig. Arbeitgeber können nicht per Direktionsrecht anordnen, dass Mitarbeitende an einer Feier teilnehmen müssen. Selbst vertraglich lässt sich eine generelle Feier-Pflicht nicht wirksam festlegen. Arbeitnehmer haben ein Persönlichkeitsrecht, selbst zu entscheiden, ob sie an solchen außerplanmäßigen Veranstaltungen teilnehmen möchten.
Das gilt selbst dann, wenn die Feier (ganz oder teilweise) während der Arbeitszeit liegt. Niemand begeht eine Vertragspflichtverletzung, wenn er einer freiwilligen Betriebsfeier fernbleibt. Sanktionen (wie Abmahnung oder Nachteile in der Karriere) wären unzulässig, solange das Fernbleiben keinen dienstlichen Pflichtenverstoß darstellt.
Für Arbeitgeber bedeutet das: Eine lockere Einladungskultur ist gefragt, kein Zwang. In der Praxis wird zwar oft erwartet, dass man aus Teamgeist erscheint – aber juristisch darf niemand gezwungen oder bestraft werden. Arbeitgeber sollten auch darauf achten, keinen sozialen Druck auszuüben (etwa durch spitze Bemerkungen über „Partymuffel“), denn das Betriebsklima könnte sonst leiden und im Ernstfall könnten sich gemobbte Arbeitnehmer beschweren.
Und was ist, wenn doch niemand zur freiwilligen Feier kommen mag? Hier kann der Arbeitgeber höchstens an die Kollegialität appellieren oder versuchen, durch attraktive Gestaltung (z.B. interessante Aktivitäten, gutes Essen, kleine Geschenke) die Teilnahme schmackhaft zu machen. Rechtlich erzwingen lässt sich eine höhere Beteiligung jedoch nicht.
Gleichbehandlung: Alle oder keiner
Wenn der Arbeitgeber eine Betriebsfeier organisiert, muss er grundsätzlich alle Beschäftigten einladen und gleich behandeln. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen, dass niemand willkürlich ausgeschlossen wird. Ohne sachlichen Grund darf der Chef also keine einzelnen Mitarbeiter von der Einladungsliste streichen. Ein einschlägiges Urteil des Arbeitsgerichts Köln aus 2017 bestätigte, dass für den Ausschluss eines Mitarbeiters von der Betriebsfeier ein sachlicher Grund vorliegen muss.
Beispiel: Das Unternehmen lädt alle Mitarbeiter zur Jahresfeier ein, außer einen Kollegen, der unangenehm aufgefallen ist. Einen solchen Ausschluss ohne objektiven Grund (z.B. ohne dass der Betreffende an dem Tag unabkömmlich wäre) würde als ungerechtfertigte Benachteiligung gewertet. Erlaubte Gründe, jemanden nicht zur Feier zu lassen, können z.B. betriebliche Notwendigkeiten sein – etwa wenn einige Mitarbeiter Dienst tun müssen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten (z.B. Notaufnahme-Personal, Schichtbetrieb). In solchen Fällen kann die Teilnahme aller schlicht nicht ermöglicht werden. Auch wer sich auf früheren Feiern schwer fehlverhalten hat, könnte im Einzelfall von zukünftigen Einladungen ausgeschlossen werden – hier ist jedoch große Vorsicht geboten und meist sollten andere Maßnahmen (wie Abmahnungen) greifen, statt jemanden komplett auszuladen.
Arbeitgeber tun gut daran, bei Betriebsfeiern alle Beschäftigten gleich zu behandeln. Das betrifft neben der Einladung auch Geschenke oder Extras auf der Feier. Wenn es z.B. Präsente bei der Weihnachtsfeier gibt oder ein Weihnachtsgeld verkündet wird, darf das nicht diskriminierend nur an bestimmte Personen gehen. Im Grundsatz müssen solche freiwilligen Leistungen allen zugutekommen. Eine Ausnahme hat etwa das LAG Köln in einem Fall zugelassen, wo nur die Teilnehmer der Weihnachtsfeier ein hochwertiges Geschenk (ein iPad) bekamen – allerdings war vorab angekündigt, dass dies als Anreiz für die Teilnahme dient, sodass die Differenzierung ausnahmsweise erlaubt war. Solche Situationen sind aber heikel – grundsätzlich ist Transparenz und Gleichbehandlung das A und O, um keinen Unmut oder gar rechtliche Streitigkeiten zu provozieren.
Versicherungsschutz und Verhalten auf Betriebsfeiern
Auch wenn Betriebsfeiern oft in lockerem Rahmen stattfinden: Sie sind in der Regel offizielle betriebliche Veranstaltungen, keine rein privaten Partys. Das hat zur Folge, dass gewisse Versicherungsschutz und Verhaltensregeln gelten.
Unfallversicherung: Verletzt sich eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter während einer offiziellen Betriebsfeier, greift in der Regel die gesetzliche Unfallversicherung – es handelt sich um einen Arbeitsunfall im weiteren Sinne. Voraussetzung ist, dass die Veranstaltung vom Arbeitgeber veranstaltet oder zumindest gebilligt ist und allen Beschäftigten offensteht. Beispiel: Beim Sommerfest, zu dem der Chef alle Angestellten eingeladen hat, stolpert ein Mitarbeiter und bricht sich den Arm. Das ist unfallversichert – ebenso wie der direkte Heimweg von der Feier. Aber Achtung: Wenn nach offiziellem Ende nur noch ein kleiner privater Restkreis weiterfeiert, kann dieser Teil als private Veranstaltung gewertet sein – dann entfällt der Unfallversicherungsschutz ab diesem Zeitpunkt. Ebenso erlischt der Schutz, wenn jemand auf dem Heimweg so betrunken ist, dass der Unfall hauptsächlich auf Alkoholeinfluss zurückzuführen ist. Daher sollten sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer darauf achten, dass der offizielle Teil der Feier klar definiert ist.
Verhaltenspflichten: Eine Betriebsfeier ist kein rechtsfreier Raum. Auch wenn die Veranstaltung außerhalb der üblichen Arbeitszeit stattfindet und in lockerer Atmosphäre, gelten die grundlegenden arbeitsrechtlichen Pflichten weiter – insbesondere gegenüber Kollegen und Vorgesetzten. Respekt und Anstand sollte man also nicht an der Garderobe abgeben. Fehlverhalten auf Betriebsfeiern kann arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Gerichte haben klargestellt, dass auch auf Betriebsfeiern außerhalb der Arbeitszeit keine „Narrenfreiheit“ herrscht.
So hat etwa das Landesarbeitsgericht Hamm entschieden, dass eine grobe Beleidigung des Chefs auf der Weihnachtsfeier – etwa durch Schimpfwörter oder obszöne Gesten im alkoholisierten Zustand – eine Kündigung rechtfertigen kann. In dem Fall (LAG Hamm, Urteil vom 30.06.2004 – 18 Sa 836/04) hatte ein Arbeitnehmer seinen Vorgesetzten auf der Feier wüst beschimpft; trotz des abendlichen Anlasses und Alkoholgenusses galt dies als erhebliche Pflichtverletzung, die zur fristlosen Kündigung führte. Ähnlich riskant sind Tätlichkeiten: Schlägereien unter Kollegen oder Übergriffe können auch auf der Feier zu fristlosen Kündigungen führen. Kurz gesagt: Wer auf der Betriebsfeier über die Stränge schlägt, muss mit denselben Konsequenzen rechnen wie bei vergleichbarem Fehlverhalten am Arbeitsplatz.
Unser Tipp an Arbeitnehmer lautet deshalb: Genießen Sie die Feier, aber behalten Sie im Hinterkopf, dass Sie sich auf einer Firmenveranstaltung befinden. Ein gewisses Maß an Professionalität schadet nicht – auch (und gerade) wenn spätabends die Stimmung ausgelassen ist. Und Arbeitgeber sind gut beraten, ihre Belegschaft im Vorfeld freundlich auf die Grenzen des akzeptablen Verhaltens hinzuweisen (etwa durch eine humorvoll formulierte Richtlinie oder Ansprache), um Missverständnisse zu vermeiden.
Arbeitszeit oder Freizeit? – Worauf Arbeitgeber und Arbeitnehmer achten sollten
Zusammenfassend lässt sich festhalten:
- Liegt die Betriebsfeier in der regulären Arbeitszeit, zählt sie als Arbeitszeit und wird normal bezahlt. Arbeitnehmer dürfen für die Feier von der Arbeit freigestellt werden, ohne Lohnverlust. Wer nicht mitfeiern möchte, muss stattdessen arbeiten – sofern Arbeit anfällt.
- **Findet die Feier außerhalb der Arbeitszeit statt, ist die Teilnahme Freizeit und nicht vergütet. Es besteht kein Anspruch darauf, die Feierstunden bezahlt zu bekommen oder später abbummeln zu dürfen. Die Teilnahme erfolgt freiwillig und unentgeltlich – dafür kann man die Veranstaltung in entspannter Atmosphäre genießen.
- Die Teilnahme an Betriebsfeiern ist immer freiwillig. Kein Arbeitnehmer kann zur Anwesenheit gezwungen werden. Fernbleiben darf nicht sanktioniert werden, solange die Feier nicht Teil der Arbeitspflicht ist.
- Gleichbehandlung ist wichtig: Alle Mitarbeiter sollten die Chance zur Teilnahme erhalten. Willkürliche Ausschlüsse einzelner (ohne sachlichen Grund) sind unzulässig und schaden dem Betriebsfrieden.
- Unfall- und Haftungsschutz gelten grundsätzlich auch bei offiziellen Feiern. Arbeitnehmer sind auf vom Betrieb veranstalteten Feiern gesetzlich unfallversichert. Allerdings entbindet das nicht von persönlicher Verantwortung – übermäßiger Alkoholgenuss und grobes Fehlverhalten können sowohl den Versicherungsschutz als auch das Arbeitsverhältnis gefährden.
Für Arbeitgeber bedeutet dies: Sie können durch Betriebsfeiern die Motivation und das Miteinander fördern, sollten aber klar kommunizieren, ob die Feier in oder außerhalb der Arbeitszeit stattfindet und dass die Teilnahme freiwillig ist. Vergütungsansprüche entstehen nur, wenn die Feier in die Arbeitszeit fällt. Zudem sollte organisatorisch sichergestellt sein, dass Nicht-Teilnehmer nicht benachteiligt werden – zum Beispiel indem man ihnen während der Feier Arbeitsmöglichkeiten bietet oder zumindest keine Nachteile entstehen lässt.
Arbeitnehmer wiederum wissen nun, woran sie sind: Wer nach Feierabend zum Firmenevent geht, tut dies in seiner Freizeit – Spaß und Networking stehen im Vordergrund, aber bezahlt wird diese Zeit nicht. Findet die Feier während der Arbeitszeit statt, darf man sich über bezahltes Vergnügen freuen, muss aber im Gegenzug auch akzeptieren, dass Nicht-Teilnehmer in dieser Zeit arbeiten müssen. In jedem Fall empfiehlt es sich, das Betriebsfest positiv zu sehen: als Gelegenheit, Kolleginnen und Kollegen besser kennenzulernen, und als vom Arbeitgeber gemeinte Wertschätzung für das Team. Mit gegenseitigem Respekt und etwas Maßhalten wird die Betriebsfeier so zu einem Erfolg – juristische Streitfragen treten dann hoffentlich erst gar nicht auf.