Keine Entschädigung wegen Mobbing bei nicht zielgerichteten Verhalten

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat mit Urteil vom 12.02.2021 zum Aktenzeichen 1 Sa 1220/20 entschieden, dass einem klagenden Arbeitnehmer Ansprüche auf Zahlung einer billigen Entschädigung in Geld unter dem Gesichtspunkt „Mobbing“ nicht zustehen, sofern sich weder die dem Arbeitgeber vorgeworfenen Verhaltensweisen – jede für sich gesehen – als inadäquat darstellen noch eine Gesamtschau aller einzubeziehenden Verhaltensweisen den Schluss darauf zulassen, sie bewirkten aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung eine Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers.

Dabei ist zu beachten, dass nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers darstellt und damit die Rechtsqualität einer unerlaubten Handlung oder eines Verstoßes gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB einnimmt. Konfliktsituationen, die im Arbeitsleben üblich sind, erfüllen auch bei längerer Fortdauer nicht bereits für sich gesehen die Tatbestandsvoraussetzungen. Aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, die das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers ausblendet, ist festzustellen, ob das beklagte Verhalten des Arbeitgebers rechtsfolgenlos bleibt, weil es sozial- und rechtsadäquat ist.

Der Arbeitgeber überschreitet die Grenze zum rechtswidrigen bzw. sozialinadäquaten Verhalten, wenn seine Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Diese Grenze kann auch dann überschritten sein, wenn einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen, die dem Arbeitgeber zuzurechnen sind, für sich allein betrachtet zwar noch keine Rechtsverletzungen darstellen, eine Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen aber den Rückschluss auf eine Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung ergeben, weil die Zusammenfassung der jeweiligen Einzelhandlungen aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt. Alle Handlungen und Verhaltensweisen, die diesem rechtsverletzenden systematischen Prozess zuzuordnen sind, sind in die Betrachtung einzubeziehen.