Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 27.11.2024 zum Aktenzeichen 15 B 1005/24 entschieden, dass das „Camp for Gaza“ der „Students for Palestine“ auf dem Gelände der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen fortgesetzt werden darf. Beim Verwaltungsgericht Aachen waren die Veranstalter mit ihrem Eilantrag gegen die angeordnete Räumung zunächst erfolglos gewesen.
Aus der Pressemitteilung des OVG NRW vom 28.11.2024 ergibt sich:
Das Protestcamp wird seit etwa Mitte 2024 auf den Rasenflächen an der Südwestseite des Hauptgebäudes der Hochschule durchgeführt. Mit Verfügung vom 23.09.2024 beschränkte das Polizeipräsidium Aachen das Camp bis zum 30.09.2024, 23.59 Uhr, und gab den „Students for Palestine“ (Antragsteller) die Beseitigung sämtlicher Aufbauten und Gegenstände auf. Den hiergegen gerichteten Eilantrag lehnte das Verwaltungsgericht Aachen ab. Die Beschwerde des Antragstellers hatte nun beim Oberverwaltungsgericht Erfolg.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 15. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Das Protestcamp ist eine durch die Versammlungsfreiheit geschützte Versammlung. Auch mit Blick auf die erhebliche Dauer des Camps hat der Antragsteller eine versammlungsspezifische Zwecksetzung (noch) hinreichend substantiiert. Da die in Anspruch genommenen Flächen ein öffentlich zugänglicher Kommunikationsraum und damit ein geschützter Versammlungsort sind, ist deren Inanspruchnahme auch ohne die Zustimmung der Hochschule zulässig. Die zeitliche Beschränkung der Versammlung erweist sich als rechtswidrig. Aus der Bescheidbegründung und auch sonst ergeben sich keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine nach dem Versammlungsgesetz erforderliche unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Eine Beeinträchtigung des Forschungs-, Lehr- und Prüfbetriebs der Hochschule ist nicht erkennbar. Hierzu genügt insbesondere nicht schon, dass diese einzelne Veranstaltungen umplanen musste.
Tatsachengestützte Anhaltspunkte, dass durch die Versammlung das friedliche Miteinander im universitären Betrieb in relevanter Weise gestört wird, bestehen ebenfalls nicht. Das gilt auch im Hinblick auf geschützte Belange jüdischer Studierender. Die Veröffentlichung eines möglicherweise wegen Volksverhetzung strafbaren Inhalts bei „Instagram“ rechtfertigt jedenfalls schon deshalb keine andere Bewertung, weil das Polizeipräsidium auf diesen erst nachträglich bekannt gewordenen Umstand nicht abgestellt hat. Auch nicht verletzt ist die Freiheit anderer Studierender und der Beschäftigten der Hochschule, sich gegen eine Teilnahme an der Versammlung entscheiden zu können. Es ist schließlich nicht anzunehmen, dass die Versammlung einen „nötigenden Charakter“ erlangt hätte, weil der Antragsteller eine Fortsetzung des Protestcamps bis zur Erfüllung seines Forderungskatalogs durch die Hochschule angekündigt hat. Ungeachtet der Frage, inwieweit sie diesen erfüllen könnte, besteht das Anliegen des Antragstellers jedenfalls auch darin, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken und sein Anliegen nach außen zu kommunizieren. Bisher ist auch nicht erkennbar, dass an dem Protestcamp Personen teilnehmen, die durch ihr Auftreten gar einen gewalttätigen oder unfriedlichen Verlauf befürchten lassen. Stellt sich nach alledem die zeitliche Beschränkung des Protestcamps als rechtswidrig dar, gilt Entsprechendes für die hieran anknüpfende Aufforderung zur Beseitigung.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.