Kritik an Vorlage zum Baulandmobilisierungsgesetz

23. Februar 2021 -

Die bisherigen Bemühungen zur Beschleunigung des Bautempos reichen nach Expertenansicht nicht aus.

Aus hib – heute im bundestag Nr. 217 vom 22.02.2021 ergibt sich:

Zu diesem Fazit kam die Mehrheit der Teilnehmer einer öffentlichen Anhörung zum Baulandmobilisierungsgesetz (BT-Drs. 19/24838 – PDF, 922 KB), BT-Drs. 19/26023 – PDF, 412 KB) am Montag. Sie forderten Nachbesserungen am vorliegenden Gesetzentwurf, wenn auch mit unterschiedlicher Stoßrichtung.

So zielte ein Teil der Stellungnahmen darauf ab, dass im Gesetzentwurf Maßnahmen enthalten seien, die nicht zur Baubeschleunigung beitragen und eher andernorts geregelt werden sollten. Andreas Ibel, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), erklärte beispielsweise, das Umwandlungsverbot habe nichts mit Baulandmobilisierung zu tun. Es gehöre nicht in dieses Gesetz. Auch die vorgesehenen stärkeren Zugriffsmöglichkeiten von Kommunen passten nicht zum Ziel des Gesetzentwurfs, ergänzte Ibel. Lösungen zur Lärmproblematik in verdichteten Lagen fehlten hingegen. Die nordrhein-westfälische Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) ergänzte, Mieterschutz solle im Mietschutzrecht geregelt werden.

Nach Ansicht von Rechtsanwalt Johannes Bohl von der Gesellschaft für die Prüfung der Umweltverträglichkeit ist auch die Neuauflage der erleichterten Bebauung in Außenbereichen nicht zielführend für mehr bezahlbaren Wohnraum. Von dieser Ausnahmeregelung machten vorwiegend kleinere Gemeinden für Einfamilienhausbebauung Gebrauch, sagte er. Geschosswohnungsbau, noch dazu in Ballungsräumen, sei damit bisher kaum entstanden.

Till Kemper von HFK Rechtsanwälte PartGmbB sagte ebenfalls, es sei fraglich, inwieweit durch das Gesetz wirklich neues Bauland mobilisiert wird. Er riet dazu, andere Disziplinen mit zu berücksichtigen und den Brückenschlag zu suchen, etwa zur Flächennutzungsplanung. Auch Handhabungen im Rahmen der Musterbauordnungen müssten mehr mitbedacht werden.

Aygül Özkan, Geschäftsführerin des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), erklärte, die angedachten Regelungen verzögerten Wohnungsbau eher, das sei sinnwidrig. Sie würden stark in das Marktgeschehen eingreifen, das widerspreche auch den Regelungen im Koalitionsvertrag. Özkan plädierte eindringlich für weniger Regulierung, auch angesichts der Corona-bedingten Herausforderungen. Sie thematisierte außerdem einen zweiten Kritikpunkt der Expertenrunde: Begrifflichkeiten seien teils unscharf, so dass Rechtsstreitigkeiten drohten. Die ZIA-Geschäftsführerin führte das Beispiel „angespannte Wohnungsmärkte“ an, ein Terminus, der verwirre und für den gerichtsfeste Kriterien fehlten.

Ansonsten ging es im Verlauf der dreistündigen Anhörung viel um die Frage, wie Eigentumsrechte und Handlungsmöglichkeiten von Kommunen austariert werden können. NRW-Ministerin Scharrenbach sah in vorgesehenen Maßnahmen wie dem sektoralen Bebauungsplan einen weiteren Eingriff in Eigentumsrechte. Mit dem Instrument sollen Gemeinden festlegen können, dass auf bestimmten Flächen im Innenbereich nur Wohnraum mit konkreten Vorgaben entstehen darf.

Kai H. Warnecke, Präsident von Haus und Grund Deutschland, sagte, die derzeitige Regelung zu Baugeboten sei ausreichend. Die geplante Neuregelung könnte zu einem Automatismus hin zu einer Enteignung führen. Beim Streit um das Umwandlungsverbot sah er einen Kompromiss im Einziehen einer objektbezogener Grenze, so dass das Verbot erst ab einer bestimmten Zahl von Wohnungen gilt.

Hilmar von Lojewski, Beigeordneter und Leiter des Dezernats Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen und Verkehr beim Deutschen Städtetag, wies hingegen darauf hin, dass das Baugebot in der derzeitigen Form für Kommunen kaum durchsetzbar sei. Daher müsse man an den Grundlagen arbeiten, was im vorliegenden Entwurf zumindest im ersten Ansatz geschehen sei. Beim Vorkaufsrecht sei die Lage ähnlich. Er erinnerte daran, dass Kommunen erst dann Bauland gemeinwohlorientiert in Wert setzen könnten, wenn sie es besitzen.

Friederike Mechel, Leiterin des Bereichs Recht bei der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, äußerte sich bezüglich der Problematik bei der gesetzlichen Ausgestaltung von Baugeboten. Im Vorkaufsrecht fehlt ihr der Aspekt eines Preislimits. Gemeinden müssten zum Verkehrswert kaufen können, das wäre im Sinn einer gemeinwohlorientierten Ausrichtung sehr zu begrüßen.

Stephan Reiß-Schmidt von der Münchner Initiative für ein soziales Bodenrecht, hielt das geplante Umwandlungsverbot für ein zentrales Element des Gesetzes. Allerdings seien die Formulierungen im jetzigen Entwurf „löchrig wie ein Schweizer Käse“, das helfe niemandem. Reiß-Schmidt forderte die Streichung der Befristung und weniger Schlupflöcher, und zwar auch in den Erhaltungssatzungen.

Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, appellierte an Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) bei dem Thema hartnäckig zu bleiben. Auch Siebenkotten fand die bisherigen Formulierungen nicht ausreichend. So solle eine Genehmigung erteilt werden, wenn an zwei Drittel der Mieter verkauft werden soll. Die Frage sei, wer das kontrolliere, so Siebenkotten. Außerdem sei der Begriff der Zumutbarkeit nicht definiert.

Ebenfalls vertreten waren Kay Ruge, Beigeordneter für Verfassung, Europa, Neue Medien, Bauen und Umwelt beim Deutschen Landkreistag, sowie Bernd Düsterdiek, Referatsleiter Städtebau beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. Über den Gesetzentwurf hinaus lagen der Anhörung neun Oppositionsanträge zugrunde (19/26190, 19/16833, 19/16043, 19/22594, 19/14156, 19/16047, 19/19143, 19/21531, 19/15121).