Landesfinanzausgleichsgesetz: Keine Normenkontrolle gegen Weitergeltungsanordnung des VerfGH Koblenz

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat am 08.11.2021 zum Aktenzeichen 1 K 1033/19.KO und 1 K 1035/19.KO entschieden, dass die Weitergeltungsanordnung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz betreffend die Regelungen des für verfassungswidrig erklärten Landesfinanzausgleichsgesetzes dem Bundesverfassungsgericht nicht zur Normenkontrolle vorgelegt werden kann.

Aus der Pressemitteilung des VG Koblenz Nr. 32/2021 vom 23.11.2021 ergibt sich:

Die Gemeinden und Gemeindeverbände in Rheinland-Pfalz erhalten vom Land im Wege des kommunalen Finanzausgleichs Zuweisungen nach den Vorschriften des Landesfinanzausgleichsgesetzes in der jeweils gültigen Fassung. Mit Urteil vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 – entschied der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, dass die einschlägigen Vorschriften des Landesfinanzausgleichsgesetzes verfassungswidrig seien und verpflichtete den Gesetzgeber, spätestens bis zum 1. Januar 2014 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen. Nach Erlass eines neuen Landesfinanzausgleichsgesetztes setzte das Land Rheinland-Pfalz mit Bescheid vom 24. Juli 2015 die Schlüsselzuweisungen betreffend das Jahr 2014 neu fest, und zwar für die Verbandsgemeinde Birkenfeld in Höhe in Höhe von 2.167.208,00 € und für die Ortsgemeinde Ellweiler in Höhe von 37.922,00 €.

Hiergegen erhoben beide Kommunen jeweils Klage und machten einen Anspruch auf höhere Schlüsselzuweisungen geltend. Auch das novellierte Landesfinanzausgleichs-gesetz sei verfassungswidrig, da sie nach wie vor durch das Land nicht in einer Weise finanziell ausgestattet würden, die der Verfassung entspreche. Beide Klagen wurden zunächst wegen vorgreiflicher anderer Verfahren u. a. vor dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz zum Ruhen gebracht bzw. ausgesetzt. Mit Urteil vom 16. Dezember 2020 stellte der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz (VGH N 12/19, VGH N 13/19, VGH N 14/19) zwar auch die Verfassungswidrigkeit des novellierten Landesfinanzausgleichsgesetzes fest, entschied jedoch, dass dessen Regelungen bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar sind und der Gesetzgeber verpflichtet ist, eine Neuregelung spätestens bis zum 1. Januar 2023 zu treffen. Verfahrensbeendende Erklärungen gaben die beiden Kommunen daraufhin nicht ab, sondern beantragten, dass die Verfahren vom Verwaltungsgericht erneut auszusetzen und dem Bundes-verfassungsgericht vorzulegen seien. Zur Begründung führten sie aus, es liege hier ein Wiederholungsverstoß des Gesetzgebers zu Lasten der Kommunen vor. Die vom Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz ausgesprochene Weitergeltungsanordnung sei deswegen mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

Die Klagen hatten keinen Erfolg.

Die beiden Bescheide, so das Gericht, seien rechtmäßig. Sie verfügten insbesondere weiterhin über die erforderliche Rechtsgrundlage, da die finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen angesichts der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 16. Dezember 2020 für die noch laufende Übergangszeit weiter anzuwenden seien. Nach der Landesverfassung Rheinland-Pfalz sei das Gericht an diese Entscheidung gebunden. Eine Vorlage zum Bundesverfassungsgericht komme nicht in Betracht. Gegenstand einer Normen¬kontrolle könne nur ein formelles, nachkonstitutionelles Gesetz des Bundestags oder eines Landtags sein. Die Weitergeltungsanordnung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz sei jedoch ein Richterausspruch und damit kein tauglicher Vorlagegegenstand. Ferner liege der Zweck einer konkreten Normenkontrolle darin, die Normverwerfungskompetenz bei den Verfassungsgerichten zu monopolisieren, um zu verhindern, dass Gerichte im Verhältnis zu den Parlamenten die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen unterschiedlich bewerteten. Im Verhältnis zu dem rheinland-pfälzischen Landtag sei aber verbindlich geklärt, dass die Regelungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes verfassungswidrig seien. Von daher fehle für eine Normenkontrolle auch die sachliche Rechtfertigung. Zudem unterliege der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz bei der Auslegung der Landesverfassung keinen Beschränkungen durch seine frühere Rechtsprechung. Mithin sei er auch in Ansehung seines Urteils vom 14. Februar 2012 (a. a. O.), mit welchem dem Gesetzgeber auferlegt worden sei, spätestens bis zum 1. Januar 2014 eine verfassungsgemäße Regelung betreffend den kommunalen Finanzausgleich zu treffen, nicht daran gehindert gewesen, anzuordnen, dass auch das novellierte Landesfinanzausgleichsgesetz trotz seiner Verfassungswidrigkeit für eine Übergangszeit weiter anwendbar bleibe.

Gegen die Entscheidungen können die Beteiligten jeweils einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.