In arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen rund um die Beendigung von Arbeitsverhältnissen stellt sich häufig die Frage: Muss im Kündigungsschreiben ein Kündigungsgrund genannt werden? Diese Frage betrifft sowohl Arbeitnehmerinnen, die von einer Kündigung überrascht werden, als auch Arbeitgeberinnen, die eine rechtssichere Kündigung aussprechen möchten. Die Antwort hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: der Art der Kündigung (ordentlich oder außerordentlich) und dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG).
Gesetzliche Anforderungen an ein Kündigungsschreiben
Grundsätzlich ist für die Wirksamkeit einer Kündigung nach § 623 BGB die Schriftform erforderlich. Das bedeutet, dass das Kündigungsschreiben eigenhändig unterschrieben sein muss. Im Gesetz findet sich jedoch keine allgemeine Pflicht zur Begründung einer Kündigung im Kündigungsschreiben selbst.
Ordentliche Kündigung: Keine Angabe des Grundes erforderlich
Bei einer ordentlichen Kündigung – also einer fristgerechten Beendigung des Arbeitsverhältnisses – gilt:
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Es besteht grundsätzlich keine Verpflichtung, den Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben zu benennen.
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Dies gilt unabhängig davon, ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet oder nicht.
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Ein Arbeitgeber kann also ein Kündigungsschreiben verfassen, das lediglich das Datum der Beendigung und den Hinweis auf die Einhaltung der Kündigungsfrist enthält – ohne Angabe von Gründen.
Allerdings: Liegt das Arbeitsverhältnis im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes, also insbesondere wenn der Betrieb mehr als zehn Mitarbeitende beschäftigt und das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht, muss die Kündigung sozial gerechtfertigt sein (§ 1 Abs. 1 KSchG). Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss im Prozess – nicht im Kündigungsschreiben – darlegen, dass die Kündigung durch personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe gerechtfertigt ist.
➡️ Fazit: Die Angabe des Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben ist bei ordentlicher Kündigung nicht erforderlich, kann jedoch im Sinne der Transparenz oder zur Deeskalation sinnvoll sein.
Außerordentliche (fristlose) Kündigung: Angabe auf Verlangen
Bei einer außerordentlichen Kündigung, also insbesondere einer fristlosen Kündigung nach § 626 BGB, ist die Rechtslage etwas anders:
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Auch hier ist der Kündigungsgrund nicht automatisch im Kündigungsschreiben selbst anzugeben.
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Allerdings verpflichtet § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB den Arbeitgeber dazu, dem Arbeitnehmer auf Verlangen die Kündigungsgründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
Diese Regelung dient dem Schutz des Gekündigten, der sich gegen eine fristlose Kündigung angemessen verteidigen können muss. Wird das Verlangen nach Begründung nicht erfüllt, hat das zwar keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der Kündigung, kann aber prozesstaktisch nachteilig für den Arbeitgeber sein.
Besonderheiten bei bestimmten Personengruppen
Es gibt Fälle, in denen das Gesetz ausdrücklich eine Begründung der Kündigung im Schreiben selbst verlangt. Hierzu zählen unter anderem:
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Auszubildende: Nach Ablauf der Probezeit muss eine Kündigung gemäß § 22 Abs. 3 BBiG unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.
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Schwangere und Mütter im Mutterschutz: Eine Kündigung ist nach § 17 MuSchG nur mit behördlicher Zustimmung zulässig. Die schriftliche Begründung erfolgt hier meist gegenüber der Behörde.
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Schwerbehinderte Menschen: Auch hier ist eine vorherige Zustimmung des Integrationsamts erforderlich (§ 168 SGB IX), die Begründung erfolgt gegenüber der Behörde.
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Betriebsratsmitglieder: Für deren Kündigung ist ebenfalls eine Zustimmung des Betriebsrats erforderlich (§ 15 KSchG), wobei Gründe angegeben werden müssen.
In diesen Fällen wird – unabhängig vom allgemeinen Arbeitsrecht – eine stärkere Begründungspflicht verlangt, zumindest gegenüber Dritten wie Behörden oder Interessenvertretungen.
Praxisrelevanz: Wann ist eine Begründung sinnvoll?
Auch wenn das Gesetz keine generelle Begründungspflicht vorsieht, kann es in der Praxis strategisch klug sein, einen Kündigungsgrund im Schreiben zu nennen – insbesondere um:
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eine klare Kommunikation gegenüber dem Arbeitnehmer herzustellen,
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die Chancen auf eine einvernehmliche Trennung zu erhöhen (z. B. mit Aufhebungsvertrag),
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sich auf eine mögliche Kündigungsschutzklage vorzubereiten,
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Missverständnisse zu vermeiden, etwa bei betriebsbedingten Kündigungen im Rahmen von Umstrukturierungen.
Zugleich sollte man jedoch beachten: Eine nicht sauber formulierte oder unklare Begründung kann im Prozess gegen den Arbeitgeber verwendet werden – insbesondere, wenn sich im Nachhinein ein anderer Kündigungsgrund als tragfähig herausstellt.
Fazit: Kündigung ohne Grund ist oft zulässig – aber nicht immer klug
Im deutschen Arbeitsrecht gilt:
✅ Ein Kündigungsschreiben muss in den meisten Fällen keinen Grund enthalten.
❗ Nur in besonderen Konstellationen – wie bei Auszubildenden, fristlosen Kündigungen (auf Verlangen) oder geschützten Personengruppen – besteht eine Begründungspflicht.
💡 Dennoch kann eine wohlüberlegte Angabe von Gründen im Einzelfall hilfreich oder sogar empfehlenswert sein, etwa zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten oder im Rahmen der sozialen Verantwortung des Arbeitgebers.
Hinweis: Arbeitnehmer*innen, die eine Kündigung erhalten haben, sollten die Wirksamkeit der Kündigung in jedem Fall von einer spezialisierten Fachkanzlei für Arbeitsrecht prüfen lassen – insbesondere dann, wenn der Kündigungsgrund nicht genannt wurde oder Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen.
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