Nächtliche Ausgangsbeschränkung im Kreis Siegen-Wittgenstein voraussichtlich rechtswidrig

15. April 2021 -

Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat mit Beschluss vom 13.04.2021 zum Aktenzeichen 6 L 291/21 einem Eilantrag gegen die durch Allgemeinverfügung des Kreises Siegen-Wittgenstein vom 09.04.2021 erlassene Ausgangsbeschränkung (täglich von 21 Uhr bis 5 Uhr) stattgegeben. Zur Begründung führt die mit drei Richtern besetzte Kammer aus, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Regelung.

Aus der Pressemitteilung des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14.04.2021 ergibt sich:

Zwar verfolge die Ausgangsbeschränkung angesichts der drohenden Überlastung des Gesundheitswesens im Kreis Siegen-Wittgenstein (bei einer aktuellen 7-Tages-Inzidenz von knapp unter 200) einen legitimen Zweck und stelle auch grundsätzlich ein geeignetes Mittel zur Pandemiebekämpfung durch Kontaktreduzierung dar.

Allerdings stelle das Infektionsschutzgesetz in seiner derzeitigen Fassung für die Anordnung von Ausgangsbeschränkungen hohe Anforderungen. Danach seien solche nur zulässig, sofern ansonsten – auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen – eine wirksame Eindämmung des Infektionsgeschehens „erheblich“ gefährdet wäre. Das allerdings habe der Kreis Siegen-Wittgenstein in seiner Allgemeinverfügung nicht hinreichend dargelegt. Es spreche vielmehr Vieles für eine nur sehr begrenzte Wirkung der Ausgangsbeschränkung. Ohnehin seien private Kontakte im Kreisgebiet bereits zuvor sowohl im öffentlichen wie im privaten Raum stark eingeschränkt worden. Soweit der Kreis auf die Ausbreitung von Infektionen im privaten Bereich, aber auch in Unternehmen und bei Kindern verweise, habe er begründen müssen, warum gerade private Kontakte zur Nachtzeit im Kreisgebiet einen ins Gewicht fallenden Anteil am gesamten Infektionsgeschehen haben sollen. Daran fehle es jedoch. Ein entscheidender Einfluss (bloß) nächtlicher Ausgangsbeschränkungen sei auch nicht offenkundig. Studien kämen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Schließlich sei die Annahme des Kreises, die nächtliche Ausgangsbeschränkung erleichtere Kontrollen, angesichts der Vielzahl und Reichweite der in der Verfügung geregelten Ausnahmen zweifelhaft.

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster erhoben werden.

Ebenfalls mit Beschluss vom 13. April 2021 (6 L 286/21) hatte die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts bereits einem Eilantrag gegen eine durch den Märkischen Kreis angeordnete nächtliche Ausgangsbeschränkung stattgegeben. Derzeit sind bei der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts noch drei weitere Eilanträge gegen den Kreis Siegen-Wittgenstein, elf gegen den Märkischen Kreis, und ein Verfahren gegen die Stadt Hagen anhängig.