Rückwirkende Änderung des § 7 Satz 3 GewStG verfassungsrechtlich zulässig

08. April 2021 -

Das Finanzgericht Hamburg hat mit Urteil vom 10.12.2020 zum Aktenzeichen 6 K 306/19 in dem Klageverfahren einer Einschiffsgesellschaft darüber entschieden, ob nach dem Rückwechsel von der Tonnagebesteuerung zur Besteuerung durch Vermögensvergleich AfA auf den Teilwert des Schiffes zu berücksichtigen ist, ob Unterschiedsbeträge hinzuzurechnen sind, die auf ausgeschiedene Gesellschafter (Tod oder Schenkung) entfallen und schließlich ob der Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG zu kürzen ist, soweit er auf der Hinzurechnung von Unterschiedsbeträgen beruht.

Aus dem Newsletter des FG Hamburg Nr. 1/2021 vom 07.04.2021 ergibt sich:

In formeller Hinsicht war überdies streitig, ob das als Untätigkeitsklage erhobene Begehren zulässig war; insoweit hatte das Finanzamt keine Einspruchsentscheidung erlassen, weil es auf einen Nichtanwendungserlass für das BFH-Urteil IV R 35/16 warten wollte. Dies hat das Gericht nicht akzeptiert und die Untätigkeitsklage als zulässig angesehen. Die Klägerin hatte der Anordnung der Verfahrensruhe widersprochen und die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Seither waren bis zur mündlichen Verhandlung 13 Monate verstrichen.

In der Sache hat der Senat die AfA nach Maßgabe des BFH-Urteils vom 25. Oktober 2018, IV R 35/16, nach § 5a Abs. 6 EStG abzüglich des Schrittwertes angesetzt. Die mit JStG 2019 eingeführte Änderung war für das Streitjahr 2013 noch nicht anwendbar (§ 52 Abs. 10 Satz 5 EStG). Für die Hinzurechnung der Unterschiedsbeträge für ausgeschiedene Gesellschafter hat das Gericht ebenfalls nach Maßgabe der Rechtsprechung des FG Hamburg (2 K 277/16; 2 K 247/16) und des BFH (IV R 28/19; IV R 17/19) entschieden, dass Ausscheiden i.S. von § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG jedwedes Ausscheiden bedeutet, unabhängig davon, ob es entgeltlich oder unentgeltlich, im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge erfolgt. Auch im letzten Streitpunkt ging es um ein Eingreifen des Gesetzgebers zur Korrektur unerwünschter Rechtsprechung. Der BFH hatte mit Urteilen vom 25. Oktober 2018 (IV R 35/16 und IV R 40/16) judiziert, dass der Gewinn aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 EStG nicht der Fiktion des Gewerbeertrages gem. § 7 Satz 3 GewStG unterfalle und daher grundsätzlich um 80 % (§ 9 Nr. 3 Satz 2GewStG) gekürzt werden könne. Dies ist nunmehr durch die Neufassung von § 7 Satz 3 GewStG mit der ausdrücklichen Nennung von § 5a Abs. 3 EStG nicht mehr möglich. Der Gesetzgeber hat hier die rückwirkende Anwendung auf Erhebungsräume vor 2019 angeordnet (§ 36 Abs. 3 Satz 1 GewStG).

Dies begegnet aus Sicht des 6. Senats des FG Hamburg keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln. Zwar handele es sich um einen Fall der sog. echten Rückwirkung; dies sei aber ausnahmsweise zulässig, weil sich kein schutzwürdiges Vertrauen auf die mit den Urteilen vom 25. Oktober 2018 geänderte rechtliche Beurteilung habe bilden können. Wegen dieser verfassungsrechtlichen Frage ist die Revision zugelassen worden.

Die Revision wurde eingelegt (Az. des BFH IV R 1/21).