Skiunfall in USA ist kein Arbeitsunfall

07. September 2020 -

Das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt hat mit Urteil vom 07.09.2020 zum Aktenzeichen L 9 U 188/18 entschieden, dass der Unfall eines Geschäftsführers auf einer für Firmenkunden organisierten Skireise in die USA nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen ist, da das Skifahren als Freizeitaktivität nicht gesetzlich unfallversichert ist.

Aus der Pressemitteilung des Hess. LSG Nr. 14/2020 vom 07.09.2020 ergibt sich:

Beschäftigte seien auf Dienstreisen gesetzlich unfallversichert. Dies gelte allerdings nicht „rund um die Uhr“. Vielmehr müsse die konkrete Tätigkeit auf einer Dienstreise – ebenso wie am Arbeitsplatz – mit dem Beschäftigungsverhältnis wesentlich zusammenhängen und diesem dienen. Lade eine Firma ihre Kunden zu einer Skireise ein und sei das Skifahren der einzige Programmpunkt der Reise, sei bereits fraglich, ob es sich um eine Dienstreise handele. Jedenfalls aber sei das Skifahren nicht gesetzlich unfallversichert, soweit es dem Freizeitbereich zuzuordnen sei, so das Oberlandesgericht.

Der Geschäftsführer eines Fachhandelsunternehmens organisierte für Firmenkunden eine sechstägige Skireise nach Aspen in Colorado, mit welcher die Kundenbindung intensiviert werden sollte. Während der Reise stürzte der 50-Jährige bei einer Skiabfahrt, als sich beim Umsetzen seine Skier verkanteten. Er zog sich eine Oberschenkelfraktur zu, die noch in den USA operativ versorgt wurde. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, da sich der Unfall nicht während einer versicherten Tätigkeit ereignet habe. Reine Freizeitbetätigungen seien auch dann nicht versichert, wenn sie in eine Veranstaltung eingebettet seien, welche dienstlichen Belangen diene. Die Teilnehmer der Skireise hätten sich zwar täglich zum Frühstück und Abendessen getroffen, ansonsten seien sie in der Gestaltung der täglichen Aktivitäten aber vollkommen frei gewesen. Der Verunglückte berief sich dagegen darauf, dass er von seiner Arbeitgeberin beauftragt worden sei, die geschäftlichen Kontakte zu den mitreisenden Führungskräften der Geschäftspartner zu pflegen. Der Firma sei es wichtig gewesen, dass er an den Aktivitäten einschließlich des Skifahrens teilnehme. Die Mitreisenden hätten am Unfalltag ausdrücklich seine Teilnahme an der Skiabfahrt gewünscht. Beim Aufstieg sei ferner über geschäftliche Dinge gesprochen worden.
Das Sozialgericht hatte einen Arbeitsunfall verneint.

Das LSG Darmstadt hat ebenfalls einen Arbeitsunfall verneint.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist die maßgebliche Skiabfahrt eine privatwirtschaftliche Tätigkeit gewesen. Diese Freizeitaktivität stehe mit der versicherten Beschäftigung des Geschäftsführers in keinem sachlichen Zusammenhang und sei daher nicht gesetzlich unfallversichert. Skifahren habe offenkundig nicht zu dessen arbeitsvertraglichen Pflichten gehört. Auch sei ihm keine entsprechende Weisung zur Teilnahme an einer Skiabfahrt erteilt worden.

Zudem sei die Skifahrt nicht im Rahmen einer Dienstreise gesetzlich unfallversichert gewesen. Denn nicht alle für ein Unternehmen nützlichen Aktivitäten stünden unter Versicherungsschutz.

Gerade bei längeren Dienstreisen ließen sich vielmehr regelmäßig Tätigkeiten unterscheiden, die für das Unternehmen in einem wesentlichen Zusammenhang stünden und solchen, bei denen dies in den Hintergrund trete. Es sei schon fraglich, ob die Skireise überhaupt eine Geschäfts- bzw. Dienstreise oder nicht vielmehr eine sog. Motivations- bzw. Incentivereise gewesen sei. Jedenfalls aber habe das Skifahren im Mittelpunkt der Reise gestanden und sei nach dem vorgelegten Flyer sogar der einzige Programmpunkt gewesen.

Auch die Pflege geschäftlicher Kontakte begründe keine versicherte Tätigkeit. Der Versicherte und seine Arbeitgeberin hätten es schließlich nicht in der Hand, Freizeitaktivitäten (Skifahren) insgesamt dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu unterstellen, indem sie diese mit betrieblichen Motiven (Kundenbindung) verknüpften. Dies gelte gleichermaßen für die betriebliche Finanzierung der Skireise, die Freistellung des Geschäftsführers von der Arbeit und die Erwartung der Arbeitgeberin, dass er an der Freizeitaktivität teilnehme.

Die Revision wurde nicht zugelassen.