Stellenabbau bei Volkswagen – Was betroffene Beschäftigte jetzt wissen müssen

04. Juni 2025 -

VW stellt sich neu auf

Volkswagen befindet sich mitten in einem umfassenden Transformationsprozess. Das Ziel: Effizienzsteigerung und Zukunftssicherung in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Automobilmarkt. Bereits im Dezember 2023 haben sich Management und Betriebsrat auf ein groß angelegtes Sanierungsprogramm geeinigt, das unter dem Titel „Zukunft Volkswagen“ firmiert. Der Plan sieht den sozialverträglichen Abbau von rund 35.000 Stellen bis zum Jahr 2030 vor – fast ein Viertel aller Arbeitsplätze in Deutschland bei der Kernmarke VW.

Keine betriebsbedingten Kündigungen – dafür Freiwilligkeit und Abfindungen

Ein zentrales Versprechen: betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben. Stattdessen setzt Volkswagen auf das Prinzip der „doppelten Freiwilligkeit“. Das bedeutet: Ein Beschäftigter kann nur dann aus dem Unternehmen ausscheiden, wenn sowohl er selbst als auch das Unternehmen zustimmen. Dieses Modell soll sicherstellen, dass keine Schlüsselkräfte unfreiwillig gehen müssen – etwa solche mit seltenen Qualifikationen oder aus kritischen Zukunftsbereichen wie Elektromobilität oder Softwareentwicklung.

Freiwilliger Ausstieg mit finanzieller Kompensation – Abfindungen im Überblick

Volkswagen hat für die Umstrukturierung hohe Summen zurückgestellt – rund 900 Millionen Euro bis 2026 allein für Abfindungen im Rahmen von Aufhebungsverträgen. Die Höhe dieser Abfindungen variiert stark und richtet sich unter anderem nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und der Tarifgruppe:

  • Mindestbetrag: 17.700 Euro für Tarifbeschäftigte
  • Regelmäßige Abfindungen: sechsstellig bei längerer Betriebszugehörigkeit
  • Höchstbeträge: über 400.000 Euro für Mitarbeitende mit mehr als 20 Jahren im Unternehmen in der höchsten Tarifgruppe („Tarif Plus“)

Tipp für Beschäftigte: Ein Aufhebungsvertrag mit Abfindung kann finanziell attraktiv sein – dennoch sollten Sie nicht vorschnell unterschreiben. Lassen Sie jeden Vertrag von einer spezialisierten Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt prüfen. Es gilt, sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Folgen zu bedenken – insbesondere im Hinblick auf mögliche Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld (§ 159 SGB III).

Altersteilzeit – ein Modell mit Vor- und Nachteilen

Ein Großteil der bisherigen Abgänge erfolgt über die Altersteilzeit. Die Regelung läuft typischerweise über sieben Jahre und ist zweigeteilt:

  • Arbeitsphase (erste Hälfte): reguläre Vollzeittätigkeit
  • Freistellungsphase (zweite Hälfte): der Beschäftigte bleibt zu Hause, erhält aber weiter Gehalt
  • Zusatzleistung: VW gleicht Rentenabschläge bei vorzeitigem Renteneintritt zur Hälfte aus

Aktuell richtet sich das Angebot an Beschäftigte der Jahrgänge 1965 bis 1968. Allein im Geburtsjahr 1968 sind rund 4.000 Personen teilnahmeberechtigt.

Vorsicht: Auch wenn Altersteilzeit eine vergleichsweise sichere Brücke in den Ruhestand darstellen kann, sind langfristige finanzielle Einbußen bei der Rente möglich. Lassen Sie sich unbedingt individuell beraten – auch von der Rentenversicherung oder einem unabhängigen Rentenberater.

Ausblick: Was droht ab 2027?

Die Neuausrichtung von Produktionsstandorten wirft bereits ihre Schatten voraus. In Wolfsburg soll die Golf-Produktion nach Mexiko verlagert werden. Bis das Werk auf die Produktion eines neuen E-Modells umgestellt ist, droht ein Leerlauf. Die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo brachte in diesem Zusammenhang eine temporäre Viertagewoche ab 2027 ins Gespräch – ein klares Signal, dass weitere Umstrukturierungen und Flexibilisierungen bevorstehen.

Ihre Rechte als Beschäftigte bei Umstrukturierungen

Auch bei freiwilligen Maßnahmen wie Aufhebungsverträgen oder Altersteilzeit gilt:
Sie als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer haben Rechte – und sollten diese auch wahrnehmen. Dazu gehören:

  • Anspruch auf umfassende und wahrheitsgemäße Information
  • Recht auf individuelle Beratung durch den Betriebsrat
  • Recht auf anwaltliche Prüfung von Vertragsangeboten
  • Vermeidung von Nachteilen bei Sozialversicherung und Steuern

Zudem ist der Betriebsrat verpflichtet, bei sämtlichen Umstrukturierungsmaßnahmen mitzubestimmen (§ 111 ff. BetrVG). Im Rahmen eines Interessenausgleichs und Sozialplans sollen Härten für die Belegschaft abgefedert werden. Die Einhaltung dieser Verpflichtungen kann notfalls auch gerichtlich eingefordert werden.


Chancen nutzen – aber nichts überstürzen

Der Umbau bei Volkswagen betrifft zehntausende Beschäftigte – und damit viele Lebensrealitäten. Für manche kann ein Aufhebungsvertrag mit hoher Abfindung ein Türöffner für einen vorzeitigen Ruhestand oder beruflichen Neuanfang sein. Für andere bedeutet der Wandel Unsicherheit und finanzielles Risiko.

Unsere Empfehlung: Holen Sie frühzeitig arbeitsrechtlichen Rat ein. Nur so können Sie fundiert entscheiden, ob ein freiwilliger Austritt für Sie die richtige Wahl ist – und wie Sie mögliche Nachteile vermeiden.


Kontakt und Beratung
Sie haben ein Abfindungsangebot erhalten oder denken über Altersteilzeit nach? Wir beraten Sie individuell zu:

  • Verhandlung von Abfindungen
  • rechtssicheren Aufhebungsverträgen
  • Sperrzeiten und ALG I
  • Auswirkungen auf die Rente

Vereinbaren Sie jetzt einen Termin mit Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. jur. Jens Usebach LL.M.