Umgang mit Low Performern – arbeitsrechtliche Maßnahmen für Arbeitgeber

13. Juni 2025 -

In jedem Unternehmen gibt es Mitarbeitende mit unterschiedlich starker Arbeitsleistung. So genannte Low Performer – also Arbeitnehmer, die über längere Zeit deutlich unter den Erwartungen oder dem Durchschnitt leisten – stellen Arbeitgeber vor besondere Herausforderungen. Zwar gibt es keine gesetzliche Definition, ab wann eine Beschäftigter als Low Performer gilt. Dennoch müssen Arbeitgeber bei anhaltend schwacher Leistung reagieren, um den Betriebsablauf und die Fairness im Team nicht zu gefährden. Dabei setzt das deutsche Arbeitsrecht hohe Hürden: Arbeitsrechtliche Maßnahmen wie Abmahnung und Kündigung wegen Schlechtleistung sind nur unter strengen Voraussetzungen und bei sorgfältiger Vorbereitung rechtssicher möglich. Im Folgenden wird erläutert, wie Arbeitgeber Low Performance erkennen und welche Schritte – insbesondere Abmahnung und (ordnungsgemäße) Kündigung – sie nach aktueller Rechtslage gehen können. Dabei werden Voraussetzungen, Ablauf und Dokumentation ebenso behandelt wie typische Fehlerquellen aus Arbeitgebersicht. Ziel ist es, juristisch interessierten Unternehmern einen klar strukturierten Leitfaden für den rechtssicheren Umgang mit Low Performern an die Hand zu geben.

Low Performer erkennen: Begriff und rechtliche Einordnung

Der Begriff „Low Performer“ (auch Minderleister oder Schlechtleister) bezeichnet Arbeitnehmer, die über einen längeren Zeitraum eine schwache Arbeitsleistung erbringen. Sie arbeiten aus Sicht des Arbeitgebers quantitativ zu wenig oder qualitativ zu schlecht. Wichtig ist: Arbeitnehmer schulden ihrem Arbeitgeber grundsätzlich die Arbeit, nicht aber den Erfolg. Das Arbeitsrecht geht also davon aus, dass Beschäftigte keine bestimmten Kennziffern oder ein „Durchschnittsniveau“ garantieren müssen, sondern ihre persönliche Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen haben. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) formuliert dies so: Der Arbeitnehmer erfüllt seine Pflichten, wenn er „unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit die Leistung erbringt, die er bei angemessener Anspannung seiner geistigen und körperlichen Kräfte auf Dauer ohne Gefährdung der Gesundheit zu leisten imstande ist“. In einfachen Worten heißt das: Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann.

In der Praxis ist diese subjektive Leistungspflicht schwer zu messen. Daher dienen häufig objektive Kriterien als Indiz: Weicht die Leistung eines Mitarbeiters über längere Zeit erheblich von der durchschnittlichen Leistung vergleichbarer Kollegen ab, kann ein individuelles Leistungsdefizit vorliegen. Nach herrschender Rechtsprechung ist eine Leistung unterdurchschnittlich (Schlechtleistung) insbesondere dann, wenn sie das durchschnittliche Leistungsniveau vergleichbarer Arbeitnehmer über längere Zeit um etwa ein Drittel oder mehr unterschreitet. Eine solche erhebliche Minderleistung – z.B. dauerhaft nur ~70 % der üblichen Arbeitsmenge oder eine deutlich höhere Fehlerquote verglichen mit Kollegen – ist kennzeichnend für Low Performer. Wichtig ist jedoch: Nicht jede Unterschreitung des Durchschnitts rechtfertigt automatisch arbeitsrechtliche Konsequenzen. Arbeitgeber müssen im Streitfall präzise darlegen, inwiefern die Leistung konkret hinter den Anforderungen zurückblieb. Es reicht also nicht, jemanden bloß als „Schlusslicht im Team“ zu bezeichnen; vielmehr muss der Arbeitgeber belastbare Vergleichsdaten und Fakten zur Minderleistung vorlegen.

Ursachen der Leistungsdefizite: „Will nicht“ vs. „Kann nicht“

Bevor arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden, sollte stets analysiert werden, woran die schwache Leistung liegen könnte. In der arbeitsrechtlichen Beurteilung unterscheidet man vor allem zwei Fallgruppen:

  • Verhaltensbedingte Low Performer („will nicht“): Hier könnte der Mitarbeiter eigentlich besser leisten, tut es aber aus mangelnder Motivation, Nachlässigkeit oder Arbeitsverweigerung nicht. In solchen Fällen liegt ein steuerbares Verhalten vor – der Arbeitnehmer hält seine volle Leistungsfähigkeit vorwerfbar zurück, obwohl er das Niveau seiner Kollegen erreichen könnte. Juristisch wird dies als Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten gewertet. Beispiel: Ein Mitarbeiter erledigt bewusst nur das Nötigste oder „schleicht“ bei der Arbeit, obwohl er körperlich und fachlich zu höherem Arbeitstempo imstande wäre.
  • Personenbedingte Low Performer („kann nicht“): Hier will der Arbeitnehmer zwar, ist aber objektiv nicht in der Lage, bessere Ergebnisse zu erzielen. Ursachen können fehlende fachliche Fähigkeiten, gesundheitliche Einschränkungen, altersbedingter Leistungsabfall oder andere persönliche Gründe sein. In diesem Fall liegt keine vorwerfbare Pflichtverletzung vor, da der Beschäftigte seine individuelle Leistungsgrenze bereits ausschöpft – die Defizite sind also auf fehlendes Können statt auf fehlendes Wollen zurückzuführen.

Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Szenarien ist essenziell, weil davon die Wahl der arbeitsrechtlichen Maßnahme abhängt. Verhaltensbedingte Leistungsmängel können prinzipiell mit Abmahnung und – bei Fortdauer – einer verhaltensbedingten Kündigung sanktioniert werden, da ein steuerbares Fehlverhalten vorliegt. Personenbedingte Leistungsmängel hingegen rechtfertigen – wenn überhaupt – nur eine personenbedingte Kündigung (ggf. mit Änderungskündigung), da dem Mitarbeiter kein Verschulden trifft und eine Verhaltensänderung nichts nützen würde. Hier ist die Hürde deutlich höher; in der Praxis kommen personenbedingte Kündigungen wegen Leistungsunfähigkeit nur in Ausnahmefällen zum Tragen, etwa wenn das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung krass gestört ist (z.B. dauerhaft weniger als ~70 % der durchschnittlichen Leistung trotz ausgeschöpfter Fähigkeiten). In jedem Fall muss der Arbeitgeber zunächst prüfen, ob zumutbare milde Mittel oder Hilfestellungen existieren (Versetzung auf einen geeigneteren Arbeitsplatz, Weiterbildung, Anpassung der Arbeitsbedingungen), bevor er an Kündigung denkt.

Arbeitsrechtliche Mindestleistung und Dokumentation der Leistung

Auch wenn Arbeitnehmer keinen bestimmten Erfolg schulden, bleibt eine Mindestleistungspflicht bestehen. Erbringt eine Mitarbeiterin über längere Zeit eine deutlich unzureichende Leistung, sollte der Arbeitgeber dies sorgfältig dokumentieren. Denn im Konfliktfall trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Schlechtleistung. Leistungsdefizite sollten protokolliert werden – idealerweise über einen repräsentativen Zeitraum – und zwar quantitativ und qualitativ. Praktisch bedeutet dies: Der Arbeitgeber sollte z.B. Fehlerquoten, erledigte Aufträge, Stückzahlen oder andere Leistungskennzahlen des Low Performers erfassen und mit einer Vergleichsgruppe ähnlicher Arbeitnehmer gegenüberstellen. Ein anerkannter Richtwert lautet, dass eine dauerhafte Unterschreitung der Durchschnittsleistung um etwa 1/3 oder mehr ein starkes Indiz für Low Performance ist. So entschied etwa das Landesarbeitsgericht Köln, dass die Kündigung eines Kommissionierers rechtmäßig war, nachdem dessen Leistung über Jahre teils nur ~60 % des Durchschnitts von 150 Kollegen betrug – belegt durch genaue elektronische Aufzeichnungen.

Fehlen solche Vergleichsdaten oder gibt es mangels gleicher Tätigkeiten keine geeignete Vergleichsgruppe, wird der Nachweis erheblich schwieriger. Gerichte verlangen zwar keine mathematische Präzision, aber der Arbeitgeber muss das Gericht zumindest in die Lage versetzen, die Leistung als evident unterdurchschnittlich einzustufen. Eine rein subjektive Bewertung („arbeitet schlecht“) ohne belegbare Fakten genügt nicht. Typischerweise scheitern Kündigungen vor Gericht, wenn die Dokumentation lückenhaft ist. So kassierte etwa das Arbeitsgericht Siegburg die Kündigung eines Kfz-Mechanikers, weil der Arbeitgeber weder einen repräsentativen Leistungszeitraum noch die Fehlerquote vergleichbarer Mitarbeiter dargelegt hatte. Arbeitgeber sollten daher akribisch Buch führen: alle relevanten Leistungsmängel, deren konkrete Zeitpunkte und Auswirkungen notieren, Zwischenfälle (z.B. Kundenbeschwerden, Fehlproduktionen) festhalten und, wenn möglich, auch positive Vergleichswerte anderer Mitarbeiter zum Beleg heranziehen. Diese Dokumentation ist Grundlage für jede weitere arbeitsrechtliche Maßnahme.

Abmahnung bei Low Performance

Vor Ausspruch einer Kündigung steht regelmäßig die Abmahnung. Die Abmahnung ist im deutschen Arbeitsrecht das milde Mittel, um einem Arbeitnehmer vertragwidriges Verhalten vor Augen zu führen und ihn zur Besserung aufzufordern. Im Kontext Low Performance bedeutet dies: Eine Abmahnung wegen Schlechtleistung kommt nur in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer die Leistungsdefizite vorwerfbar sind. Da der*die Beschäftigte nur die subjektiv zumutbare Leistung schuldet, ist gelegentliche Langsamkeit oder Fehlleistung ohne Verschulden noch kein Abmahngrund – “wer arbeitet, macht Fehler”. Erst wenn sich Fehler häufen oder die Arbeitsmenge dauerhaft zu gering ist und der Arbeitnehmer trotz Fähigkeit nicht das erforderliche Maß an Einsatz zeigt, liegt ein abmahnwürdiges Verhalten vor.

Voraussetzung einer wirksamen Abmahnung ist zunächst, dass der Arbeitgeber das beanstandete Verhalten konkret beschreibt: Welche Pflicht wurde verletzt, wann und wie? Im Fall der Schlechtleistung muss also dargestellt werden, worin die Minderleistung besteht und wie sie sich vom Normalmaß abhebt. Beispielsweise könnte eine Abmahnung formulieren, dass der Mitarbeiter in einem definierten Zeitraum X % weniger Aufträge erledigt hat als der Durchschnitt oder dass die Fehlerquote Y % betrug, während die Vergleichsgruppe nahezu fehlerfrei arbeitete. Als Vergleichsmaßstab dient die durchschnittliche Leistung vergleichbarer Kollegen oder eine vertraglich vereinbarte Normalleistung. Ferner muss deutlich werden, dass dem Arbeitnehmer ein steuerbares Fehlverhalten vorgeworfen wird – sprich, er hätte besser arbeiten können (Motivations- oder Sorgfaltsmangel). Liegt ein reines Unvermögen vor, wäre eine Abmahnung unangebracht, da der Mitarbeiter sein Verhalten gar nicht willentlich ändern kann.

Neben der Beschreibung des Fehlverhaltens gehört in jede Abmahnung der ernsthafte Hinweis auf die Vertragsverletzung sowie die Aufforderung zur Verhaltensänderung. Insbesondere muss der Arbeitgeber unmissverständlich androhen, dass im Wiederholungsfall die Kündigung droht. Diese Warnfunktion der Abmahnung ist zentral: Der Arbeitnehmer soll erkennen, dass sein Verhalten Konsequenzen haben wird, falls keine Besserung eintritt. Formell ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; eine Abmahnung kann mündlich erfolgen, sollte aber aus Beweisgründen immer schriftlich erteilt und zum Personalakt genommen werden. Üblich ist, das Gespräch zu suchen und anschließend eine schriftliche Abmahnung auszuhändigen. Wichtig: Abmahnung und eine spätere Kündigung müssen sich auf vergleichbare Pflichtverstöße beziehen – nur dann kann die Abmahnung ihre Warnwirkung für die Kündigung entfalten. Zeigt der*die Abgemahnte danach für längere Zeit wieder ausreichende Leistungen, verliert die Abmahnung nach einiger Zeit an Bedeutung; kommt es jedoch erneut zu erheblichen Leistungsproblemen, kann die früher erteilte Abmahnung im Rahmen der Kündigung verwertet werden.

Typische Fehler bei Abmahnungen in Low-Performance-Fällen sind: zu unpräzise Vorwürfe (etwa pauschal „Sie arbeiten zu langsam“ ohne Zahlenbeleg), fehlende Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, oder Abmahnungen, obwohl der Grund nicht verhaltenssteuerbar ist (z.B. Abmahnung eines kranken Mitarbeiters für niedrige Leistung wäre unwirksam). Ebenso sollte die Abmahnung zeitnah zum festgestellten Leistungsdefizit erfolgen; schiebt der Arbeitgeber sie unnötig lange auf, wirkt dies widersprüchlich. Wenn Unsicherheit besteht, ob das Leistungsproblem auf „Wollen“ oder „Können“ beruht, neigen manche Arbeitgeber dazu, vorsorglich abzumahnen – dies ist zulässig, sofern Anhaltspunkte für ein vorwerfbares Verhalten vorliegen. Im Zweifel kann die Abmahnung auch als Signal dienen, dass der Arbeitgeber mit der Leistung unzufrieden ist. Sie gibt dem*der Beschäftigten die Chance, sich zu erklären und zu bessern. Ohne vorherige Abmahnung ist eine spätere verhaltensbedingte Kündigung in der Regel unwirksam, da es am erforderlichen Hinweis- und Warnfunktion fehlt.

Kündigung von Low Performern

Zeigt die Abmahnung (oder auch mehrere) keine Wirkung und bleibt die Arbeitsleistung trotz angemessener Frist zur Verbesserung unzureichend, kann als letztes Mittel eine Kündigung in Betracht kommen. Eine Kündigung wegen schlechter Leistung ist arbeitsrechtlich besonders heikel und muss gründlich vorbereitet werden. Nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bedarf eine ordentliche Kündigung – soweit das KSchG anwendbar ist (Betrieb >10 Mitarbeiter und Betriebszugehörigkeit >6 Monate) – eines sozial gerechtfertigten Grundes (§ 1 Abs. 2 KSchG). Im Falle der Low Performance kommen als Kündigungsgrund nur personenbedingte oder verhaltensbedingte Gründe in Betracht. Beide Kategorien stellen unterschiedliche Anforderungen an den Arbeitgeber:

  • Verhaltensbedingte Kündigung: Sie setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vertragspflichtwidrig handelt, was bei Low Performern bedeutet: Er verstößt schuldhaft gegen die Pflicht zur ordentlichen Arbeitsleistung, indem er bewusst unter seinen Möglichkeiten bleibt. Hier ist eine (weiterhin) deutlich unterdurchschnittliche Leistung über längere Zeit ein Indiz für beharrliche Verletzung der Arbeitspflicht, insbesondere wenn das Leistungsniveau um mehr als ein Drittel hinterherhinkt. Allerdings muss vor einer verhaltensbedingten Kündigung mindestens eine einschlägige Abmahnung erfolgt sein. Ohne Abmahnung wäre die Kündigung unverhältnismäßig, da dem Mitarbeiter keine Chance zur Verhaltensänderung gegeben wurde. Liegt eine Abmahnung vor und bessert sich der*die Beschäftigte dennoch nicht, kann bei fortdauernder erheblicher Minderleistung die Kündigung ausgesprochen werden. Wichtig ist, dass es sich um dasselbe Muster handelt (z.B. weiterhin zu langsam oder fehlerhaft wie abgemahnt). Im Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber dann darlegen, dass trotz Abmahnung keine Besserung eingetreten ist und die Leistungen weiterhin erheblich unter dem Durchschnitt liegen. Gelingt dieser Nachweis (siehe Dokumentation oben) und ist die Low Performance dem Arbeitnehmer vorwerfbar, stehen die Chancen einer gerichtlichen Bestätigung der Kündigung gut. Zu beachten ist, dass die Kündigung innerhalb angemessener Zeit nach dem letzten dokumentierten Leistungsversagen erfolgen sollte – wer nach einer erfolglosen Abmahnung zu lange zuwartet, riskiert, dass das Gericht die Dringlichkeit der Maßnahme infrage stellt.
  • Personenbedingte Kündigung: Sie kommt in Betracht, wenn der Leistungsabfall nicht auf steuerbares Verhalten, sondern auf persönliche Umstände beim Arbeitnehmer zurückzuführen ist. Klassische Beispiele wären chronische Erkrankungen, die das Arbeitstempo verlangsamen, nachlassende Leistungsfähigkeit im Alter oder schlicht fehlende Eignung für die Stelle. Eine personenbedingte Kündigung wegen Low Performance ist nur zulässig, wenn die Leistungsmängel gravierend und dauerhaft sind und keine Aussicht besteht, dass sich die Leistung wesentlich verbessert. Hier gilt das Prinzip der negativen Prognose: Es muss zu erwarten sein, dass derdie Arbeitnehmerin auch in Zukunft die vertraglich geschuldete Leistung nicht (mehr) erbringen kann. Zudem muss die Leistungsstörung zu einer erheblichen betrieblichen Beeinträchtigung führen – etwa weil kontinuierlich Mehrarbeit oder Ersatz durch Kollegen nötig ist oder wichtige Geschäftsabläufe leiden. Bei personenbedingter Low Performance zieht die Rechtsprechung die Schwelle für die „erhebliche Unterschreitung“ noch etwas höher: Ein dauerhaftes Absinken auf rund 70 % oder weniger des Durchschnitts der Vergleichsgruppe kann als grober Anhalt dienen, wobei stets alle Umstände abzuwägen sind. Anders als bei Fehlverhalten ist hier keine Abmahnung erforderlich – denn man kann vom Arbeitnehmer kein „anderes Verhalten“ einfordern, wenn er objektiv nicht leistungsfähiger ist. Allerdings erwartet man vom Arbeitgeber, dass er vor Ausspruch einer personenbedingten Kündigung alle milderen Mittel geprüft hat (Ultima-Ratio-Prinzip). Das heißt: Könnte der Mitarbeiter evtl. auf einem anderen, seinen Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden? Wären Umschulungen, Trainings oder technische Hilfsmittel denkbar, um die Leistung zu steigern? Nur wenn auch solche Maßnahmen keine Besserung versprechen oder unzumutbar sind, ist die Beendigung gerechtfertigt. In manchen Fällen kommt statt einer Beendigungskündigung auch eine Änderungskündigung in Betracht – also das Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen (z.B. andere Position mit geringeren Anforderungen oder reduzierter Stundenzahl/Bezahlung) fortzusetzen. Dies kann eine schonendere Alternative sein, wenn derdie Arbeitnehmerin z.B. auf einem weniger anspruchsvollen Posten ordentliche Leistungen erbringen könnte.

Unabhängig vom Kündigungsgrund müssen weitere formelle Voraussetzungen beachtet werden. Kündigungen bedürfen der Schriftform (§ 623 BGB); eine mündliche oder per E-Mail ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Das Kündigungsschreiben muss von einer vertretungsberechtigten Person eigenhändig unterschrieben sein. Im Kündigungsschreiben selbst muss bei einer ordentlichen Kündigung kein Kündigungsgrund angegeben werden (außer bei besonderen Fällen wie Kündigung Schwerbehinderter oder während Elternzeit, wo Behördenbeteiligung erforderlich ist). Dennoch sollte der Sachverhalt intern sauber dokumentiert sein, um ihn im Prozess darlegen zu können. Fristen sind zu wahren: die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 BGB (oder vertraglich verlängerte Fristen) für ordentliche Kündigungen, bzw. die 2-Wochen-Frist des § 626 BGB für den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung ab Kenntnis des wichtigen Grundes. Eine fristlose (außerordentliche) Kündigung wegen Low Performance ist allerdings nur in Extremfällen denkbar – etwa wenn die schwache Leistung als vorsätzliche Arbeitsverweigerung zu bewerten ist und der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint. In der Regel wird der Arbeitgeber aber stattdessen zur verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung greifen, da Schlechtleistung selten die Schwelle zum wichtigen Grund (§ 626 BGB) erreicht.

Besondere Beteiligungsrechte sind ebenso zu beachten. Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, ist dieser vor jeder Kündigung anzuhören (§ 102 Abs. 1 BetrVG). Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Kündigungsabsicht und die Gründe (hier: die Leistungsprobleme des Mitarbeiters) mitteilen. Der Betriebsrat kann der Kündigung widersprechen oder Bedenken äußern, insbesondere wenn er die Minderleistung nicht als ausreichend ansieht. Fehlt die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats, ist die Kündigung gesetzlich unwirksam (§ 102 Abs. 1 S.3 BetrVG). Arbeitgeber dürfen also erst kündigen, nachdem das Verfahren mit dem Betriebsrat durchlaufen ist – bei einer ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat hierfür bis zu einer Woche Zeit (§ 102 Abs. 2 BetrVG). Ebenso sollten Arbeitgeber prüfen, ob besondere Kündigungsschutzvorschriften greifen: Ist der betroffene Mitarbeiter z.B. schwerbehindert oder gleichgestellt, muss vor Kündigung die Zustimmung des Integrationsamts eingeholt werden (§ 168 SGB IX). Schwangere oder frischgebackene Eltern genießen besonderen Kündigungsschutz (§ 17 MuSchG, § 18 BEEG) und können in der Low-Performer-Problematik nicht ohne Weiteres gekündigt werden. Solche Sonderfälle erfordern gesonderte Beratung und werden hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

Ablauf und praxisgerechtes Vorgehen

Der empfohlene Ablauf bei anhaltender Low Performance lässt sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Ursachenforschung und Gespräch: Zunächst sollte der Arbeitgeber das Gespräch mit demder Mitarbeiterin suchen. In diesem Rahmen kann auf die wahrgenommenen Leistungsmängel hingewiesen und nach Gründen gefragt werden. Möglicherweise lassen sich bereits dabei Missverständnisse klären (etwa unrealistische Zielvorgaben, unzureichende Einarbeitung, private Belastungen etc.). Zeigt sich, dass keine äußeren Umstände die Leistung mindern, sondern eher Motivationsprobleme vorliegen, sollte der Arbeitgeber klar kommunizieren, welche Leistung erwartet wird, und Unterstützung oder Ziele für Verbesserungen anbieten.
  2. Dokumentation beginnen: Parallel sollte ab Beginn der Problemerkennung eine saubere Dokumentation geführt werden (siehe oben). Alle relevanten Leistungsindikatoren, Fehler und Gespräche gehören aktenkundig gemacht.
  3. Abmahnung(en): Verbessert sich die Leistung trotz klarer Ansprache nicht in angemessener Zeit, sollte eine formelle Abmahnung ausgesprochen werden. Darin die Pflichtverletzung genau benennen (z.B. „Sie haben in den letzten 3 Monaten durchschnittlich X Aufträge bearbeitet, während der Durchschnitt im Team bei Y liegt…“), auf die Vertragspflicht hinweisen und auffordern, die Leistung zu steigern. Die Abmahnung dient zugleich der Vorbereitung einer möglichen Kündigung, falls keine Besserung erfolgt. Gegebenenfalls können bei fortgesetzter Schwäche auch zwei Abmahnungen sinnvoll sein, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Genüge zu tun – im oben genannten LAG Köln-Fall gingen z.B. zwei Abmahnungen der Kündigung voraus. Wichtig: Jede Abmahnung sollte den gleichen Kern des Problems betreffen (z.B. unzureichende Kommissionierleistung), damit im Wiederholungsfall die Kündigung darauf gestützt werden kann.
  4. Leistungsbeurteilung nach Abmahnung: Nach einer Abmahnung muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter Gelegenheit geben, seine Leistung zu verbessern. Die Dauer hängt vom Einzelfall ab – bei monatlich gemessenen Zielen z.B. ein bis drei Monate. In dieser Zeit weiter dokumentieren. Wenn eine erhebliche Verbesserung ausbleibt und die Leistung weiterhin deutlich unzureichend ist, kann der nächste Schritt erwogen werden.
  5. Kündigungsvorbereitung: Vor Ausspruch der Kündigung ist zu prüfen, ob wirklich kein milderes Mittel mehr infrage kommt (z.B. Umsetzung auf anderen Arbeitsplatz, sofern nicht schon probiert). Sodann den Betriebsrat anhören (falls vorhanden) mit detaillierten Angaben zur Leistungsminderung und dem Verlauf (Abmahnungen etc.). Die Kündigungsschreiben vorbereiten: in aller Regel ordentliche Kündigung mit geltender Frist, auszusprechen durch eine kündigungsberechtigte Person, schriftlich mit Originalunterschrift (§ 623 BGB). Die Kündigungsgründe müssen dem Arbeitnehmer auf Verlangen spätestens im Prozess mitgeteilt werden – hier ist also Ehrlichkeit und Präzision im Vortrag entscheidend.
  6. Ausspruch der Kündigung: Übergabe oder Zustellung des Kündigungsschreibens unter Wahrung der Kündigungsfrist. Nach Ausspruch beginnt ggf. die dreiwöchige Klagefrist für den Arbeitnehmer (um Kündigungsschutzklage zu erheben). Arbeitgeber sollten die eigene Dokumentation und Argumentation für einen möglichen Prozess parat haben: Insbesondere Nachweise der Leistungsdaten, der Abmahnungen und aller Schritte, die den Ultima-Ratio-Grundsatz erfüllen (Gespräche, Angebote zur Unterstützung, Versetzungsangebote etc.).

Typische Fehlerquellen aus Arbeitgebersicht vermeiden

Der Umgang mit Low Performern birgt diverse Fallstricke. Nachfolgend einige typische Fehler aus Arbeitgebersicht – und wie sie sich vermeiden lassen:

  • Fehler 1: Keine oder unzureichende Abmahnung – Wie dargestellt, ist bei steuerbarem Leistungsdefizit die Abmahnung Pflicht vor einer verhaltensbedingten Kündigung. Ohne vorherige deutliche Warnung ist die Kündigung meist unwirksam. Lösung: Frühzeitig abmahnen, sobald klar ist, dass die Leistung erheblich und vorwerfbar hinterherhinkt. Inhaltlich konkret sein und die Kündigungsandrohung nicht vergessen.
  • Fehler 2: Mangelhafte Dokumentation – Viele Arbeitgeber kündigen „ins Blaue hinein“, ohne die Minderleistung gerichtsfest belegen zu können. Vor Gericht lässt sich dann nicht nachweisen, dass derdie Beschäftigte wirklich erheblich schlechter als Kolleginnen war. Lösung: Immer Vergleichsdaten und Zeiträume dokumentieren. Zeigen Sie z.B. anhand von Zahlen oder Statistiken, wie stark derdie Low Performerin abfällt. Führen Sie Protokolle über Fehlleistungen, Gesprächsnotizen und Abmahnungen.
  • Fehler 3: Falsche Ursachenzuordnung – Wird eine Kündigung auf das falsche „Kündigungskarussell“ gesetzt, drohen Probleme. Beispiel: Der Mitarbeiter kann objektiv nicht mehr leisten (personenbedingt), der Arbeitgeber kündigt aber verhaltensbedingt wegen „Schlechtleistung“ und mahnt vorher ab. Hier könnte das Gericht bemängeln, dass kein Verschulden vorlag, die Abmahnung ins Leere ging und die Kündigung unverhältnismäßig ist. Lösung: Versuchen Sie, ehrlich zwischen Leistungswillen und Leistungsfähigkeit zu unterscheiden. Im Zweifel, wenn Indizien für beide Varianten sprechen, kann man in der Kündigung hilfsweise beide Gründe anführen (verhaltens- und personenbedingt). So empfahl es jedenfalls die Literatur, um alle Eventualitäten abzudecken – wobei klar sein muss, dass ohne Abmahnung die verhaltensbedingte Komponente schwierig wird.
  • Fehler 4: Missachtung des Ultima-Ratio-PrinzipsKündigung ist Ultima Ratio. Häufig scheitern Kündigungen, weil der Arbeitgeber nicht alle milderen Mittel ausgeschöpft hat. Etwa wenn eine Versetzung auf einen leichteren Posten möglich gewesen wäre oder eine Fortbildung die Defizite hätte beheben können. Lösung: Dokumentieren Sie, dass Sie Alternativen geprüft haben. Ein Protokoll eines Versetzungsgesprächs oder eines angebotenen Trainings kann Gold wert sein, um zu zeigen, dass wirklich nichts anderes half.
  • Fehler 5: Formfehler im Kündigungsverfahren – Selbst in der Sache gerechtfertigte Kündigungen können an Formfehlern scheitern. Klassiker sind: Betriebsrat nicht oder nicht ordnungsgemäß angehört (führt zur Unwirksamkeit, § 102 BetrVG), Kündigungsschreiben nicht schriftlich oder nicht von Befugtem unterzeichnet (§ 623 BGB), oder Fristen versäumt (z.B. falsche Kündigungsfrist berechnet, was zur sozialen Ungerechtfertigkeit führen kann). Lösung: Halten Sie alle Formvorschriften strikt ein. Im Zweifel rechtzeitig arbeitsrechtlichen Rat einholen, bevor das Kündigungsschreiben rausgeht. Eine Checkliste (Betriebsratsanhörung, Schriftform, richtige Frist, Zustellnachweis) hilft, nichts zu übersehen.
  • Fehler 6: Mangelnde Vorbereitung auf den Kündigungsschutzprozess – Einige Arbeitgeber unterschätzen die Anforderungen im Prozess. Insbesondere vor den Arbeitsgerichten großer Städte ist bekannt, dass Kündigungen wegen Low Performance schwierig durchzusetzen sind. Ohne überzeugende Belege und schlüssige Argumentation wird der Arbeitgeber im Gütetermin schnell auf einen Vergleich (mit Abfindungszahlung) gedrängt. Lösung: Sorgfältige Kündigungsvorbereitung ist das A und O. Gehen Sie im Kopf alle Punkte durch, die Sie dem Gericht präsentieren müssen: Zeitraum der Leistungsminderung, Vergleichsdaten, Abmahnungen, keine Besserung, ultima ratio begründet etc. Bereiten Sie Zeugen vor (z.B. direkte Vorgesetzte, die die Leistung beurteilen können) und sichern Sie Beweise (Auswertungen, Reports, E-Mails). Je lückenloser Ihr Vortrag, desto eher sind Gerichte überzeugt, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist.
  • Fehler 7: Überreaktionen oder Diskriminierungsrisiken – Aus Frust über schlechte Leistung neigen manche Vorgesetzte zu Überreaktionen, etwa spontane Kündigungen „auf der Stelle“ oder unbedachte Äußerungen. Dies kann rechtlich nach hinten losgehen – fristlose Kündigungen ohne sorgfältige Prüfung sind nahezu immer unwirksam, wenn nicht extreme Umstände (z.B. nachgewiesene Arbeitsverweigerung trotz Abmahnung) vorliegen. Ebenso heikel: Wenn die Leistungsmängel in Wahrheit auf einem geschützten Merkmal beruhen (etwa einer Behinderung oder Krankheit), kann eine vorschnelle Kündigung als Diskriminierung ausgelegt werden. Lösung: Bewahren Sie Ruhe und halten Sie sich an das beschriebene stufenweise Vorgehen. Jede Kündigungsentscheidung sollte sachlich und gut dokumentiert getroffen werden. Ziehen Sie bei Sonderkonstellationen (Schwerbehinderung, Krankheit, Schwangerschaft) unbedingt juristischen Rat hinzu, um Fehlentscheidungen zu vermeiden.

Rechtssicher handeln bei leistungsschwachen Mitarbeitern

Die Kernbotschaft für Arbeitgeber im Umgang mit Low Performern lautet: Sorgfalt, Fairness und Dokumentation. Schwache Leistungen eines Mitarbeiters sind nicht schicksalhaft hinzunehmen, aber arbeitsrechtlich auch nicht leicht sanktionierbar. Arbeitgeber sollten zunächst die Ursachen der Minderleistung erforschen und dem Mitarbeiter gegenüber klar kommunizieren, was von ihm erwartet wird. Geduld und Unterstützung (etwa durch Feedbackgespräche, Zielvereinbarungen, Training) sind angebracht, solange Hoffnung auf Besserung besteht. Wenn sich zeigt, dass der Arbeitnehmer trotz Fähigkeit nicht will, muss vor einer Kündigung mindestens eine Abmahnung erfolgen, um ihm die Chance zur Verhaltensänderung zu geben. Bleibt die Leistung dann weiterhin erheblich unter dem Durchschnitt, kann eine Kündigung – ob verhaltens- oder personenbedingt – als letzter Ausweg (Ultima Ratio) gerechtfertigt sein. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber im Kündigungsfall detailliert darlegen kann, warum die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist: Die Leistung liegt über langen Zeitraum bei nur X % im Vergleich zu Kollegen, trotz zweier Abmahnungen keine Steigerung, andere Maßnahmen ausgeschöpft, betriebliche Belastung dadurch zu hoch etc. Gerichte verlangen hier eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, orientiert an den hohen Maßstäben des KSchG.

Arbeitgeber können sich durch besonnenes Vorgehen jedoch rechtlich absichern. Wie aktuelle Urteile zeigen, sind Kündigungen von Low Performern durchaus möglich, wenn gründlich vorgearbeitet wurde: Etwa im LAG Köln-Fall, wo detaillierte Leistungsdaten, Personalgespräche und Abmahnungen am Ende eine verhaltensbedingte Kündigung stützten. Auf der anderen Seite mahnen Fälle wie der des Arbeitsgerichts Siegburg zur Vorsicht: Ohne aussagekräftige Daten und saubere Vorgehensweise hat eine Kündigung kaum Bestand.

Für juristisch interessierte Unternehmer bedeutet dies: Investieren Sie die Zeit, Low Performance frühzeitig zu erkennen und zu managen. Halten Sie Rücksprache mit HR oder Arbeitsrechtsexperten, wenn Sie unsicher sind. Und vor allem: Dokumentieren, abmahnen, Fristen und Formalien einhalten – dann lässt sich auch mit schwierigen Low Performern am Ende eine tragfähige, rechtskonforme Lösung finden. So stellen Sie sicher, dass Sie einerseits die Interessen des Betriebs wahren und andererseits die Rechte der Beschäftigten achten – und vermeiden teure Fehler im komplexen Feld des Kündigungsschutzes.