Umgangspflicht des Vaters auch gegen ausdrücklich erklärten Willen

04. Dezember 2020 -

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat am 11.11.2020 zum Aktenzeichen 3 UF 156/20 entschieden, dass ein getrennt lebender Kindesvater auch gegen seinen ausdrücklich erklärten Willen zum Umgang mit seinen Kindern verpflichtet ist, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient.

Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 86/2020 vom 03.12.2020 ergibt sich:

Aus der Ehe der getrenntlebenden, noch nicht geschiedenen Kindeseltern sind drei Söhne hervorgegangen. Das Sorgerecht steht den Eltern gemeinsam zu. Nach Auszug des Kindesvaters aus der gemeinsamen Wohnung Anfang 2017 fanden nur noch sporadische Umgangskontakte statt. Die Kindesmutter leitete im Herbst 2019 ein Umgangsverfahren ein, da die Kinder den Vater vermissen würden und sich einen regelmäßigen Umgang wünschten. Der Vater verwies darauf, beruflich und privat unter enormen Druck zu stehen. Er habe ein neugeborenes Kind, arbeite bis zu 120 Stunden wöchentlich und schlafe lediglich 3-4 Stunden. Ihm sei derzeit ein Umgang nicht möglich.
Mit dem angegriffenen Beschluss regelte das Amtsgericht den Umgang dergestalt, dass der Kindesvater das Recht und die Pflicht habe, die drei Söhne an einem Sonntag im Monat tagsüber sowie in näher bezeichneten Ferienzeiten zu sich zu nehmen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde .

Die Beschwerde des Kindesvaters hatte vor dem OLG Frankfurt keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Kindesvater zum Umgang mit seinen drei Söhnen gesetzlich verpflichtet (§ 1684 Abs. 1 BGB). Diese Umgangspflicht konkretisiere die den Eltern grundrechtlich zugewiesene Verantwortung für ihr Kind. Das Grundgesetz mache den Eltern „die Aufgabe der Pflege und Erziehung ihres Kindes zu einer zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“ (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Diese Pflicht bestehe nicht allein gegenüber dem Staat, sondern auch unmittelbar gegenüber dem Kind. Das Elternrecht dem Kind gegenüber finde seine Rechtfertigung darin, dass das Kind des Schutzes und der Hilfe bedürfe, um zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit heranzuwachsen. Dieses Recht sei deshalb untrennbar mit der Pflicht der Eltern verbunden, dem Kind diesen Schutz und diese Hilfe zu seinem Wohl angedeihen zu lassen. Dabei beziehe sich die Pflicht nicht lediglich auf das Kind, sondern besteht auch gegenüber dem Kind. Das Kind sei nicht Gegenstand elterlicher Rechtsausübung, es sei Rechtssubjekt und Grundrechtsträger, dem die Eltern schulden, ihr Handeln an seinem Wohl auszurichten. Mit der Verpflichtung der Eltern gegenüber dem Kind, es zu pflegen und zu erziehen, korrespondiere das Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch seine Eltern.

Das grundgesetzlich geschützte Erziehungsrecht der Eltern sei im Interesse des Kindes und auf dessen Wohl auszurichten. Dem Wohl des Kindes aber komme es grundsätzlich zugute, wenn es durch Umgang mit seinen Eltern die Möglichkeit erhalte, sein Vater und seine Mutter kennen zu lernen, mit ihnen vertraut zu werden oder eine persönliche Beziehung zu ihnen mithilfe des Umgangs fortsetzen zu können. Die Verweigerung jeglichen Umgangs mit dem Kind und damit die Loslösung von einer persönlichen Bindung stelle einen maßgeblichen Entzug elterlicher Verantwortung und zugleich die Vernachlässigung eines wesentlichen Teils der Erziehungspflicht dar. Ein Umgang sei für die kindliche Entwicklung von herausragender Bedeutung.

Auch hier diene der Umgang des Kindesvaters mit seinen drei Kindern deren Wohl. Die Kinder wünschten sich den Kontakt, der ihnen fehle. Den vom Kindesvater vorgetragenen enormen derzeitigen Belastungen werde durch die eingeschränkte Umgangsverpflichtung Rechnung getragen. Festzuhalten sei zudem, dass die vorgetragenen Belange des Kindesvaters ihn eher zu einer Umstrukturierung seiner Prioritäten veranlassen sollten, statt seiner verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Umgangspflicht mit seinen drei älteren Kindern weiter nicht nachzukommen.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.