Urteil gegen IS-Heimkehrerin im Ausspruch über die Anrechnung ausländischer Freiheitsentziehung aufgehoben

02. Juli 2021 -

Der Bundesgerichtshof hat am 01.07.2021 zum Aktenzeichen 3 StR 473/20 ein Urteil gegen eine IS-Heimkehrerin im Ausspruch über die Anrechnung ausländischer Freiheitsentziehung aufgehoben.

Aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 122/2021 vom 01.07.2021 ergibt sich:

Das Oberlandesgericht Celle hat eine 30-jährige deutsche Staatsangehörige, die im Jahr 2014 in das syrische Bürgerkriegsgebiet ausgereist war, wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) und Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Zugleich hat es angeordnet, dass in der Türkei vollzogene Freiheitsentziehung im Umfang von etwa zweieinhalb Monaten auf die Gesamtfreiheitsstrafe im Maßstab 1:2 angerechnet wird. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat lediglich gegen die Anrechnungsentscheidung Revision eingelegt, so dass der Schuld- und der Strafausspruch rechtkräftig geworden sind.

Der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mit der Sachrüge geführte Revision der Generalstaatsanwaltschaft das Urteil des Oberlandesgerichts im Ausspruch über die Anrechnung ausländischer Freiheitsentziehung aufgehoben und die Sache insoweit an einen anderen Senat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen.

Die Überprüfung des Anrechnungsausspruchs hat der Senat anhand der bisher getroffenen nicht hinreichend klaren Feststellungen nicht vorzunehmen vermocht, denn die Wertung des Oberlandesgerichts, die von der Angeklagten in der Türkei erlittene Freiheitsentziehung sei als türkische Untersuchungshaft gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 StGB auf die erkannte Freiheitsstrafe anrechenbar, findet dort keine sichere Grundlage. Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erscheint die Annahme näherliegend, dass die Angeklagte außerhalb eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens in Abschiebehaft genommen worden war. Die Anrechnungsfähigkeit solcher Abschiebehaft wiederum ist von dem Vorliegen weiterer einschränkender Voraussetzungen – etwa einem internationalen Haftbefehl – abhängig, die das Oberlandesgericht bislang ebenfalls nicht festgestellt hat.