Versagte Akteneinsicht in Betreuungsakte – Beschwerde nach §§ 23 ff EGGVG vs. §§ 58 ff FamFG

25. Mai 2021 -

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 19.05.2021 zum Aktenzeichen I-3 Va 10/19 in einem von Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. vertretenen Fall entschieden, dass gegen die Versagung der Akteneinsicht eine Beschwerde nach §§ 23 ff EGGVG zum Oberlandesgericht ausschließlich statthaft ist.

Der Antragsteller beantragte Akteneinsicht beim Amtsgericht in eine Betreuungsakte.

Den Einsichtsantrag wies das Betreuungsgericht durch Beschluss zurück. Nach der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung sollte gegen den Beschluss das Rechtsmittel der (FamFG-)Beschwerde gegeben sein. Der Antragsteller legte beim Amtsgericht durch Rechtsanwalt Usebach Beschwerde ein und begründete diese. Rechtsanwalt Usebach vertrat die Auffassung, gegen die Versagung der Akteneinsicht sei das Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG eröffnet.

Das Amtsgericht half mit weiterem Beschluss der Beschwerde nicht ab und legte diese dem Landgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vor. Dies vertrat in einer Verfügung die Auffassung, dass über ein nach Verfahrensabschluss gestelltes Akteneinsichtsgesuch sei vom Organ der Justizverwaltung durch Justizverwaltungsakt zu befinden, demgemäß gegen diese Entscheidung im Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG vor dem Oberlandesgericht vorzugehen sei; das Landgericht gab die Akten an das Amtsgericht mit der Bitte um Vorlage an das Oberlandesgericht zurück. Dieser Bitte kam das Amtsgericht nach.

Das Oberlandesgericht stellte fest, dass das Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG statthaft ist.

Der Antragsteller ist nicht Beteiligter des Betreuungsverfahrens gewesen und somit im Rechtssinne Dritter.

In der Vergangenheit hat sich der Senat auf den Standpunkt gestellt, gegen eine Entscheidung über ein Akteneinsichtsgesuch eines privaten Dritten sei, gleichgültig, ob das Gesuch vor oder nach Verfahrensbeendigung gestellt werde, und auch unabhängig davon, ob es um Akten über einen Rechtsstreit nach der ZPO oder über ein Verfahren nach dem FamFG gehe, im Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG vorzugehen, da die Entscheidung einen Justizverwaltungsakt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG darstellt; hierfür hat er sich auf die Rechtsprechung des BVerfG bezogen. Inzwischen hat sich gezeigt, dass es trotz dieser Rechtsprechung nach wie vor umstritten ist, ob nicht aus § 13 Abs. 7 FamFG folge, dass eine Beschwerde nach §§ 58 ff FamFG eröffnet sei – dies unter anderen mit der Folge eines abweichenden Instanzenzuges. Der Senat verbleibt jedoch nach erneuter Prüfung bei seiner bisherigen Sicht.

Das Konzept, bei – jedenfalls privaten – Einsichtsgesuchen zwischen solchen von Verfahrensbeteiligten und solchen von Dritten zu unterscheiden und nur bei ersteren weiterhin danach, ob sie während oder nach Abschluss des Verfahrens gestellt werden, schließlich allein die Gesuche von Beteiligten während eines Verfahrens der Rechtsprechungstätigkeit zuzuweisen, ist, wie insbesondere vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigt, in sich konsistent und darüber hinaus bei der gebotenen funktionellen Betrachtung sachgerecht, weil es sich in der Mehrzahl der vorgenannten Fallgruppen bei der Entscheidung über das Akteneinsichtsgesuch nicht um Rechtsprechung im funktionellen Sinne handelt, die allein ein unabhängiges Gericht ausüben könnte. Auch der Gesichtspunkt vermeintlicher Sachnähe der Überprüfungsinstanz sollte zumindest bei Einsichtsgesuchen Dritter nicht überschätzt werden. Ein Grund, Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit anders zu behandeln als solche nach der Zivilprozessordnung, ist im Hinblick auf diese Grundsätze nicht zu erkennen. Dann sollte die Frage dahin gestellt werden, ob sich ein Verständnis des – gegenüber der besagten höchstrichterlichen Rechtsprechung älteren – § 13 Abs. 7 FamFG im vorstehenden Sinne verbietet; das ist nicht der Fall; daran ändert auch der Vergleich mit dem historischen § 34 FGG nichts.

Soweit der Antragsteller die Monatsfrist der §§ 26 Abs. 1, 25 Abs. 1 EGGVG zur Antragstellung gegenüber dem Oberlandesgericht nicht gewahrt haben sollte – wenn man nämlich nicht schon auf die Einlegung der „Beschwerde“ nebst Begründung abstellt –, ist ihm jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 26 Abs. 2 und Abs. 3 EGGVG zu gewähren, weil ihm die Versäumung nicht zum Verschulden gereicht. Er hat sich der Rechtsbehelfsbelehrung im Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts entsprechend verhalten und diesbezüglich fristgerecht gehandelt. Der Meinungsstreit zwischen den Gerichten zum zulässigen Rechtsbehelf bzw. Rechtsmittel, in dessen Folge die Erklärungen des Antragstellers erst verspätet zum Oberlandesgericht gelangten, kann nicht zu seinen Lasten gehen.