Vorwurf der Untreue gegen Verantwortliche der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin muss neu geprüft werden

24. November 2020 -

Der Bundesgerichtshof hat am 24.11.2020 zum Aktenzeichen 5 StR 553/19 die Freisprüche des LG Berlin aufgehoben, das drei ehemalige hauptamtliche Vorstandsmitglieder der kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KVB) sowie deren ehemaligen Vorsitzenden der Vertreterversammlung vom Vorwurf der Untreue aus rechtlichen Gründen freigesprochen hatte.

Aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 147/2020 vom 24.11.2020 ergibt sich:

Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden die Angeklagten Dr. P., Dr. K. und B. zum 01.01.2005 zu Vorstandsmitgliedern der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin gewählt. Die Dienstverträge enthielten jeweils eine Vereinbarung, nach der den Vorstandsmitgliedern bei Beendigung ihrer sechsjährigen Tätigkeit als Übergangsgeld die Vergütung nebst Zuschüssen für die Dauer von bis zu zwölf Monaten weitergezahlt werde, wenn diese im Anschluss ihre selbständige Tätigkeit als Ärzte wieder ausüben. Mit dieser Regelung sollte den Vorstandsmitgliedern die Wiederaufnahme ihrer ärztlichen Praxistätigkeit finanziell erleichtert werden. Als sich angesichts geänderter Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörden andeutete, dass in künftigen Vorstandsdienstverträgen allenfalls Übergangsgelder für die Dauer von bis zu sechs Monaten akzeptiert würden, wollten die Angeklagten Dr. P., Dr. K. und B daher für die Anfang 2011 stattfindende Vorstandswahl nur dann kandidieren, wenn ihnen das Übergangsgeld in bisheriger Höhe erhalten bleibe. Dem entsprechend unterzeichneten die Angeklagten unmittelbar vor der Wiederwahl am 27.01.2011 einen Anpassungsvertrag, nach dem Ende Februar 2011 das Übergangsgeld für zwölf Monate, aber ohne Wiederaufnahme der ärztlichen Tätigkeit ausgezahlt wurde. Der Angeklagte Dr. T. als Vorsitzender der – insoweit allein entscheidungsbefugten – Vertreterversammlung unterzeichnete den Anpassungsvertrag, ohne die Vertreterversammlung hierüber zu informieren.

Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Der BGH hat die Freisprüche aufgehoben.

Nach Auffassung des BGH hat die Begründung des Landgerichts, wonach die Angeklagten nicht pflichtwidrig gehandelt hätten, revisionsrechtlicher Prüfung nicht standgehalten. Diese Bewertung des Landgerichts beruhe auf einer unzureichenden Auslegung der getroffenen Vereinbarungen, da für die strafrechtliche Bewertung maßgebliche Umstände aus dem Blick geraten seien. So erscheine die Gewährung des Übergangsgeldes ohne tatsächlich erfolgten „Übergang“ als Leistung ohne Gegenleistung, was einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit öffentlicher Verwaltung nahelege.

Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung.