Wer trägt die Detektivkosten bei Pflichtverstößen von Arbeitnehmern?

14. Mai 2025 -

Wenn der Verdacht besteht, dass ein Arbeitnehmer seine Pflichten verletzt – etwa durch Arbeitszeitbetrug, unerlaubte Nebentätigkeit oder krankheitswidriges Verhalten – greifen manche Arbeitgeber zu einem drastischen Mittel: Sie beauftragen einen Detektiv. Kommt dabei tatsächlich ein Fehlverhalten ans Licht, droht dem Arbeitnehmer nicht nur die fristlose Kündigung, sondern oftmals auch eine zusätzliche finanzielle Belastung – die Übernahme der Detektivkosten.

Doch ist das überhaupt rechtens? Müssen Arbeitnehmer die teils hohen Kosten für eine Überwachung tatsächlich übernehmen, wenn sich der Verdacht bewahrheitet? Und worauf sollten Arbeitgeber achten, damit solche Maßnahmen rechtlich Bestand haben?


Der rechtliche Rahmen: Überwachung am Arbeitsplatz

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmer haben Anspruch auf den Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte – auch am Arbeitsplatz. Dennoch darf ein Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, um einen konkreten Verdacht auf arbeitsvertragswidriges Verhalten zu überprüfen.

Die Beauftragung eines Detektivs stellt allerdings einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar. Daher ist sie nur unter strengen Voraussetzungen zulässig:

  • Konkreter Verdacht: Es muss ein begründeter, also auf konkrete Anhaltspunkte gestützter Verdacht auf eine schwerwiegende Pflichtverletzung bestehen (z. B. Vortäuschen einer Erkrankung, Arbeitszeitbetrug, Diebstahl).
  • Verhältnismäßigkeit: Die Detektivbeobachtung muss das mildeste geeignete Mittel zur Aufklärung des Verdachts sein. Eine „Ausforschung ins Blaue hinein“ ist unzulässig.
  • Zweckbindung und Transparenz: Der Detektiveinsatz darf nur der Aufklärung der konkret vermuteten Pflichtverletzung dienen und muss möglichst schonend erfolgen.

Detektivkosten als Schadenersatz: Was sagt die Rechtsprechung?

Wird durch den Detektiv ein arbeitsrechtliches Fehlverhalten tatsächlich nachgewiesen, stellt sich die Frage: Kann der Arbeitgeber die Überwachungskosten als Schadensersatz vom Arbeitnehmer zurückverlangen?

Die Antwort lautet: Grundsätzlich ja – aber nur unter engen Voraussetzungen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) und das Bundesarbeitsgericht (BAG) haben hierzu mehrfach Stellung genommen. Maßgeblich ist insbesondere ein Urteil des BAG vom 26.09.2013 (Az. 8 AZR 1026/12). Die Kernaussagen:

  • Kostenerstattungspflicht besteht, wenn sich der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung bestätigt und die Überwachung rechtmäßig war.
  • Nicht ersatzfähig sind Kosten bei bloßem Anfangsverdacht oder unverhältnismäßiger Überwachung – selbst wenn sich im Nachhinein ein Fehlverhalten herausstellt.
  • Begrenzung auf notwendige Kosten: Nur die erforderlichen Detektivkosten können ersetzt verlangt werden – etwa keine Mehrkosten durch unangemessen lange Überwachung oder überhöhte Stundensätze.

Praxisbeispiel: Arbeitszeitbetrug und fristlose Kündigung

Ein typischer Fall:

Ein Arbeitgeber verdächtigt einen Mitarbeiter, seine Arbeitszeiten zu manipulieren. Die Stechuhr wird korrekt bedient, doch es gibt Hinweise darauf, dass der Mitarbeiter das Firmengelände während der Arbeitszeit regelmäßig verlässt. Der Arbeitgeber beauftragt einen Detektiv.

Die Observation bestätigt den Verdacht: Der Mitarbeiter verbringt während der Arbeitszeit regelmäßig Stunden in einem Café. Die Folge: fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs – und der Arbeitgeber verlangt rund 4.000 € für die Detektivkosten.

Ob der Arbeitnehmer diese Kosten tatsächlich tragen muss, hängt von folgenden Fragen ab:

  • Gab es einen konkreten Verdacht?
  • War die Observation erforderlich und verhältnismäßig?
  • Wurden durch das Fehlverhalten tatsächlich arbeitsvertragliche Pflichten schwerwiegend verletzt?
  • Ist der Nachweis durch die Detektivtätigkeit eindeutig?

Wenn diese Fragen bejaht werden, sind die Chancen für den Arbeitgeber gut, die Kosten gerichtlich geltend zu machen.


Hinweise für Arbeitgeber: So vermeiden Sie rechtliche Fallstricke

  • Dokumentieren Sie den Verdacht genau. Nur ein konkreter Verdacht rechtfertigt einen Detektiveinsatz.
  • Wählen Sie einen seriösen Detektivdienst. Überhöhte Rechnungen oder rechtswidrige Methoden (z. B. versteckte Kameras in sensiblen Bereichen) gefährden die Verwertbarkeit.
  • Binden Sie ggf. den Betriebsrat ein, wenn es um Überwachungsmaßnahmen geht – insbesondere bei kollektiv relevanten Sachverhalten.
  • Beachten Sie den Datenschutz. Auch bei Verdachtsmomenten sind datenschutzrechtliche Vorgaben strikt einzuhalten.

Hinweise für Arbeitnehmer: Was tun, wenn man zur Kasse gebeten wird?

  • Prüfen Sie die Rechtmäßigkeit der Überwachung. Wenn kein konkreter Verdacht bestand oder die Maßnahme unverhältnismäßig war, müssen Sie die Kosten nicht übernehmen.
  • Fordern Sie Einsicht in die Rechnung und Berichte. So lässt sich beurteilen, ob die Höhe der Detektivkosten gerechtfertigt ist.
  • Lassen Sie sich rechtlich beraten. Gerade bei fristlosen Kündigungen in Verbindung mit Kostenforderungen kann anwaltliche Hilfe entscheidend sein.

Fazit: Detektivkosten sind kein Automatismus

Arbeitgeber dürfen bei berechtigtem Verdacht einen Detektiv einsetzen – aber nur mit Augenmaß. Wird der Verdacht bestätigt, kann der überführte Arbeitnehmer für die Detektivkosten haften, wenn die Überwachung rechtmäßig war.

Für Arbeitnehmer gilt: Nicht jede Überwachung ist zulässig – und nicht jede Rechnung muss bezahlt werden. Es lohnt sich, die rechtlichen Voraussetzungen kritisch zu prüfen.