Wie oft und wie lang dürfen Arbeitnehmer krank sein, bis es bei der Arbeit zu Problemen kommt?

29. November 2025 -

Erkältung, Grippe, Migräne oder Burnout – Erkrankungen kommen bei Arbeitnehmern häufig vor, und krank ist krank. Die Krankheitsrate in Deutschland ist seit Jahren hoch. Im Jahr 2024 war jede bei der Techniker Krankenkasse versicherte Erwerbsperson durchschnittlich 19,1 Tage krankgeschrieben, während AOK-versicherte Beschäftigte sogar auf 23,9 Fehltage im Schnitt kamen. Zudem entfielen knapp 40 % aller Fehltage auf Langzeiterkrankungen von mehr als sechs Wochen Dauer. Angesichts solcher Zahlen fragen sich viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Wie oft und wie lange darf man krank sein, ohne eine Kündigung befürchten zu müssen? Im Folgenden erläutern wir die arbeitsrechtlichen Regeln zur Krankmeldung sowie den Kündigungsschutz bei Krankheit – aus Sicht von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, juristisch präzise und praxisnah.

Krankmeldung beim Arbeitgeber: Regeln und Pflichten

Jeder Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber unverzüglich Bescheid zu geben, wenn er arbeitsunfähig erkrankt ist. Wie diese Krankmeldung zu erfolgen hat, ist gesetzlich nicht vorgeschrieben – wichtig ist aber, dass sie umgehend erfolgt. Üblich ist ein Anruf oder eine E-Mail vor Arbeitsbeginn. Viele Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen enthalten genaue Vorgaben, z.B. bei wem man sich krankmelden muss (Vorgesetzter, Personalabteilung etc.). Folgende Spielregeln gelten nach dem Gesetz (§ 5 Abs. 1 EntgFG) und sollten Arbeitnehmer beachten:

  • Sofortige Krankmeldung: Am ersten Krankheitstag muss die Krankmeldung erfolgen, und zwar unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern). Dies bedeutet in der Praxis, gleich zu Arbeitsbeginn telefonisch oder per E-Mail den Arbeitgeber informieren, dass man heute krankheitsbedingt nicht kommen kann, und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit angeben. (Die Angabe der Diagnose ist nicht erforderlich und aus Datenschutzgründen meistens unzulässig.) Meldet man sich verspätet krank, riskiert man eine Abmahnung – im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung.
  • Attestpflicht ab dem 4. Tag: Dauert die Erkrankung länger als drei Kalendertage, so muss spätestens am vierten Krankheitstag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorgelegt werden. Beispiel: Wer Montag erkrankt, benötigt bei fortdauernder Krankheit ab Donnerstag ein Attest. Diese 3-Tage-Regel umfasst Kalendertage, nicht nur Arbeitstage – wer z.B. Mittwoch bis Freitag krank ist, müsste bei weiterer Krankheit am Samstag zum Arzt gehen. Gesetzlich ist dies in § 5 Abs. 1 EntgFG geregelt. Einige Arbeitsverträge oder Tarifverträge sehen strengere Regeln vor (z.B. Attest schon ab dem 2. Tag) – solche Klauseln sind zulässig. Wichtig:  Der Arbeitgeber darf auch ohne spezielle Klausel verlangen, dass ein Attest früher vorgelegt wird, z.B. schon ab dem 1. Krankheitstag. Er kann dies einzelfallbezogen anordnen oder per allgemeiner Anweisung für alle Mitarbeiter regeln. Arbeitnehmer müssen sich daran halten, da sonst ebenfalls arbeitsrechtliche Schritte drohen.
  • Dauer der Krankschreibung und Folgebescheinigung: Eine ärztliche Krankschreibung wird in der Regel zunächst für eine bestimmte Dauer (oft eine Woche oder zwei) ausgestellt. Ist der Arbeitnehmer nach Ablauf der bescheinigten Dauer noch nicht gesund, muss er erneut zum Arzt gehen und sich eine Folgebescheinigung ausstellen lassen. Auch über diese Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber sofort informiert werden. Jeder nahtlose Übergang erfordert ein neues Attest – ansonsten entfällt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung, bis die Bescheinigung vorliegt. Es gibt keine absolute Höchstgrenze für die Dauer einer Krankschreibung – der Arzt muss jedoch normalerweise alle zwei Wochen den Gesundheitszustand erneut prüfen. Mehrere Monate am Stück krankgeschrieben zu sein ist möglich, sofern medizinisch nötig (ggf. mit mehreren Folgebescheinigungen).
  • Elektronische Krankmeldung (eAU): Seit 2023 läuft die Übermittlung der AU an gesetzliche Krankenkassen und Arbeitgeber größtenteils digital. Arztpraxen melden die Krankmeldung elektronisch an die Krankenkasse, die Arbeitgeber können die Daten abrufen. Wichtig: Arbeitnehmer müssen dennoch wie bisher unverzüglich Bescheid geben und sich rechtzeitig krankschreiben lassen. Privatversicherte müssen dem Arbeitgeber weiterhin den „gelben Schein“ in Papierform schicken. In jedem Fall sollte man sich vom Arzt eine schriftliche Kopie der AU-Bescheinigung für die eigenen Unterlagen geben lassen.

Arbeitgeber-Tipp: Achten Sie darauf, klare innerbetriebliche Regelungen zur Krankmeldung zu kommunizieren (Ansprechpartner, Meldeweg, Uhrzeit bis wann die Meldung erfolgen muss etc.). Sie dürfen vom gesetzlichen Standard abweichen und z.B. per Arbeitsvertrag festlegen, dass ein Attest schon früher vorgelegt werden muss. Bei Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit (etwa bei sehr häufigen Kurz-Krankmeldungen oder Verdacht auf „Blaumachen“) können Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen, schon ab dem ersten Tag ein ärztliches Attest vorzulegen. In gravierenden Verdachtsfällen darf der Arbeitgeber die Krankenkasse einschalten, die den Medizinischen Dienst zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einschalten kann. Eigenmächtige Kontrollen (Detektiv, Hausbesuch etc.) sind hingegen nur in Ausnahmefällen zulässig und können die Vertrauensbeziehung stark belasten. Grundsätzlich sollten Arbeitgeber krankheitsbedingte Ausfälle als Teil des Unternehmerrisikos akzeptieren – wichtig ist, durch rechtzeitige Meldung und Vertretungsregelungen die Betriebsabläufe trotz Ausfällen aufrechtzuerhalten.

Entgeltfortzahlung und Krankengeld: Wer zahlt wie lange?

Wenn ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt ausfällt, steht ihm zunächst die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu. Diese Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber beträgt 100 % des üblichen Gehalts und wird bis zu 6 Wochen lang pro Krankheitsfall gewährt. Diese Regelung ist eine wichtige Errungenschaft des Arbeitsrechts und im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) verankert. Es gibt keine Karenztage in Deutschland – die Zahlung beginnt ab dem ersten Krankheitstag. Allerdings gilt für neue Mitarbeiter in den ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses eine Wartezeit, in der der Arbeitgeber noch nicht zahlen muss (hier springt ggf. schon die Krankenkasse ein).

Wichtig für Arbeitgeber: Die 6-Wochen-Frist bezieht sich auf einen durchgehenden Krankheitsfall. Erkrankt der Mitarbeiter innerhalb von 6 Monaten erneut an derselben Krankheit, werden die Zeiten zusammengezählt (§ 3 EFZG). Unterschiedliche Diagnosen lösen jeweils einen neuen 6-Wochen-Zeitraum aus. Nach Ablauf von sechs Wochen Entgeltfortzahlung endet die Zahlungspflicht des Arbeitgebers für diesen Krankheitsfall. Dadurch soll der Arbeitgeber vor überlangen Zahlungsverpflichtungen geschützt werden, während der Arbeitnehmer über die Krankenkasse abgesichert wird.

Ab der 7. Woche einer fortdauernden Krankheit erhalten Arbeitnehmer Krankengeld von ihrer gesetzlichen Krankenkasse. Das Krankengeld beträgt 70 % des Bruttoverdienstes (maximal 90 % des Netto) und wird längstens für 72 Wochen (1,5 Jahre) pro Erkrankung gezahlt. In dieser Zeit bleibt der Arbeitnehmer krankenversichert und die Krankenkasse übernimmt einen Teil der Sozialversicherungsbeiträge. Nach Ausschöpfen der 72 Wochen Krankengeld endet die Leistung – oft wird dann Erwerbsminderungsrente relevant, sofern keine Rückkehr an den Arbeitsplatz möglich ist.

Hinweis für Arbeitnehmer: Während der Entgeltfortzahlung dürfen Arbeitgeber das Gehalt nur verweigern, wenn der Mitarbeiter seine Mitwirkungsobliegenheiten grob verletzt – z.B. kein Attest vorlegt trotz längerem Kranksein. Solange eine gültige AU-Bescheinigung vorliegt, hat der Arbeitnehmer einen einklagbaren Anspruch auf Lohnfortzahlung. Das Krankengeld ist geringer als das volle Gehalt; wer über viele Monate Krankengeld bezieht, muss mit finanziellen Einbußen rechnen. Daher empfiehlt es sich, ggf. rücklagen zu bilden oder eine zusätzliche Krankentagegeldversicherung abzuschließen, vor allem für Besserverdienende (da Krankengeld gedeckelt ist). Wichtig ist auch zu wissen, dass der Urlaubsanspruch bei langer Krankheit irgendwann verfällt – nach 15 Monaten im Falle durchgängiger Arbeitsunfähigkeit zum Beispiel –, aber das führt vom Thema weg.

Kündigungsschutz bei Krankheit: Wann drohen Konsequenzen?

Viele glauben, während Krankheit sei man unkündbar. Doch das ist ein Mythos. Zwar kann eine Krankheit an sich keine fristlose Kündigung rechtfertigen – schließlich trifft den Arbeitnehmer kein Verschulden an seiner Erkrankung. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist jedoch möglich, wenn strenge Voraussetzungen erfüllt sind. Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Jens Usebach, LL.M. erklärt: „Allein wegen einer Erkrankung darf niemand gekündigt werden. Dafür müssen aber unzumutbare Fehlzeiten vorliegen, die Gesundheitsprognose muss negativ sein und eine Interessenabwägung muss zugunsten des Arbeitgebers ausfallen.“ Diese Kriterien werden von den Arbeitsgerichten sorgfältig geprüft.

Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber braucht bei einer Kündigung wegen Krankheit einen sozial gerechtfertigten Grund (§ 1 KSchG), nämlich eine dauerhafte erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen durch die Erkrankungen des Arbeitnehmers. Die Rechtsprechung verlangt dabei einen Dreistufen-Test:

  1. Negative Gesundheitsprognose: Zum Zeitpunkt der Kündigung muss zu erwarten sein, dass der Arbeitnehmer auch künftig in erheblichem Umfang fehlen wird. Vergangene Fehlzeiten werden als Indikator herangezogen. Eine bloße einmalige lange Krankheit reicht nicht – es muss eine anhaltende Krankheitsneigung vorliegen, z.B. chronische Erkrankungen oder immer wieder auftretende Leiden. Ohne negative Zukunftsprognose ist eine Kündigung unwirksam.
  2. Erhebliche betriebliche Beeinträchtigung: Die vergangenen und prognostizierten künftigen Fehlzeiten stören den Betriebsablauf beträchtlich oder verursachen dem Arbeitgeber erhebliche Belastungen. Beispiele: Produktionsablaufstörungen, Kosten durch stetige Lohnfortzahlung oder teure Ersatzkräfte, dauerndes Umverteilen der Arbeit auf Kollegen etc. Die Fehlzeiten müssen so ins Gewicht fallen, dass sie für den Arbeitgeber unzumutbar werden.
  3. Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers: Schließlich muss eine Gesamtabwägung ergeben, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei werden etwa Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten und die Ursache der Erkrankung berücksichtigt. Ein langjähriger, älterer Mitarbeiter genießt tendenziell mehr Nachsicht als ein jung Eingestellter. Auch spielt eine Rolle, ob die Krankheit evtl. betriebsbedingt (z.B. durch einen Arbeitsunfall) ist oder der Arbeitnehmer alles Zumutbare getan hat, um gesund zu werden. Kündigung ist ultima ratio: Sie kommt nur in Betracht, wenn mildere Mittel (Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, Anpassung der Arbeitsbedingungen, Teilzeit, etc.) ausgeschöpft sind.

Kein Gesetz schreibt eine konkrete Zahl vor, wie oft oder wie lange man krank sein „darf“. Aber: In der Praxis haben sich Richtwerte etabliert. Als grobe Faustregel gilt: Fehlzeiten von mehr als 6 Wochen pro Jahr (über 30 Arbeitstage) gelten auf Dauer als unzumutbar für den Arbeitgeber. Bis zu 30 Fehltage jährlich muss ein Arbeitgeber hinnehmen – darüber hinaus bewegt man sich in einer Grauzone, die bei Wiederholung zu Kündigungsrisiken führt. Häufige kurze Krankheitsphasen können dabei ebenso ins Gewicht fallen wie wenige lange Ausfälle.

Die Arbeitsgerichte betrachten meist die Krankenhistorie der letzten 3 Jahre*: War der Mitarbeiter *in drei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils länger als ~6 Wochen krank, spricht man von “häufigen Kurzerkrankungen” und die Prognose weiterer Ausfälle ist oft negativ. Beispiel: Ein Arbeitnehmer fehlte 2022 sieben Wochen, 2023 acht Wochen und 2024 sechs Wochen wegen verschiedener Krankheiten. Der Arbeitgeber darf hier argumentieren, dass auch künftig pro Jahr mit ~6+ Wochen Ausfall zu rechnen ist – die negatieve Gesundheitsprognose liegt nahe. Das Gericht würde prüfen, ob diese Fehlzeiten dem Betrieb nicht mehr zumutbar sind und alle Umstände abwägen. Einzelne unabhängige Erkrankungen (jedes Jahr eine neue Grippe o.ä.) begründen eher keine Kündigung, insbesondere wenn Besserung in Sicht ist. Wiederkehrende oder chronische Leiden (z.B. jedes Jahr monatelang Rückenbeschwerden) erhöhen dagegen das Risiko einer als wirksam angesehenen Kündigung deutlich.

Eine Sonderkonstellation ist die Langzeiterkrankung: Wenn ein Arbeitnehmer über viele Monate ununterbrochen arbeitsunfähig ist und keine Besserung absehbar, kann ebenfalls gekündigt werden. Hier stützt sich die negative Prognose darauf, dass der Mitarbeiter auf unbestimmte Zeit dauerhaft ausfällt. Allerdings muss auch dann geprüft werden, ob z.B. durch eine Wiedereingliederung oder Umsetzung an einen anderen Arbeitsplatz eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich wäre.

Wichtig: Die beschriebenen Hürden gelten nur, wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar ist – also in Betrieben mit mehr als 10 Mitarbeitern und bei Arbeitnehmern mit mehr als 6 Monaten Betriebszugehörigkeit. Ohne KSchG-Schutz (z.B. Kleinbetrieb, Probezeit) kann der Arbeitgeber grundsätzlich ordentlich kündigen, ohne einen Kündigungsgrund nachweisen zu müssen. Das heißt, in kleinen Firmen oder in den ersten 6 Monaten kann auch jemand mit vergleichsweise moderaten Fehlzeiten gekündigt werden, solange keine diskriminierenden Motive im Spiel sind. Dennoch darf auch im Kleinbetrieb die Kündigung nicht willkürlich oder treuwidrig erfolgen – ein Mindestmaß an sozialer Rücksicht ist zu wahren. In der Praxis bedeutet dies aber: Arbeitnehmer in Kleinbetrieben haben bei häufiger Krankheit leider wenig Kündigungsschutz, da der Chef sich notfalls ohne Angabe von Gründen trennen kann.

Was bedeutet das für Arbeitnehmer?

Für Arbeitnehmer heißt das zunächst: Keine Panik bei ab und zu Krankheit. Jeder wird mal krank – ein verständiger Arbeitgeber wird einige Fehltage pro Jahr tolerieren. Selbst mehrere Wochen am Stück (etwa nach einer Operation) führen nicht automatisch zur Kündigung, solange es sich um einen einmaligen Vorfall handelt und man ansonsten zuverlässig ist. Ein einzelner längerer Krankenstand oder ein unverschuldeter Unfall sind vom Arbeitgeber hinzunehmen. Das Bundesarbeitsgericht verlangt eine negative Zukunftsprognose – wer nach Genesung wieder voll einsatzfähig ist, braucht eine Kündigung nicht zu fürchten.

Andererseits sollten Arbeitnehmer bei auffällig häufigen Erkrankungen ehrlich zu sich selbst schauen. Wenn man z.B. jedes Jahr viele Wochen fehlt, steckt unter Umständen ein chronisches oder arbeitsplatzbezogenes Problem dahinter (z.B. Stress, Mobbing, Vorerkrankungen). In solchen Fällen droht auf Dauer Gefahr, dass der Arbeitgeber eine Kündigung in Erwägung zieht. Tipp: Führen Sie möglichst Gesundheitsgespräche mit Ihrem Arzt und ggf. dem Betriebsarzt, um die Ursachen der häufigen Krankheiten anzugehen. Falls es betriebliche Gründe gibt (etwa schlechte Ergonomie, Überlastung), ziehen Sie den Betriebsrat oder die Arbeitssicherheit hinzu. Ihr Arbeitgeber ist ebenfalls daran interessiert, Fehlzeiten zu reduzieren – oft lassen sich durch Präventionsmaßnahmen oder Anpassungen am Arbeitsplatz Krankenstände verbessern.

Wichtig ist, alle Pflichten bei der Krankmeldung genau einzuhalten (siehe oben). Viele Kündigungen wegen Krankheit scheitern zwar an den hohen Anforderungen – aber Abmahnungen oder verhaltensbedingte Kündigungen können drohen, wenn man sich nicht ordnungsgemäß krank meldet oder Atteste zu spät abgibt. Machen Sie hier keinen Fehler: Melden Sie sich immer sofort und schriftlich krank und reichen Sie ärztliche Bescheinigungen fristgerecht ein. So nehmen Sie dem Arbeitgeber jeden Vorwand für arbeitsrechtliche Schritte.

Sollte der schlimmste Fall eintreten und Ihnen wird wegen Krankheit gekündigt, lassen Sie die Kündigung umgehend rechtlich prüfen. Oft bestehen gute Chancen, sich zu wehren, denn viele Arbeitgeber kündigen vorschnell oder fehlerhaft in solchen Situationen. Erheben Sie binnen 3 Wochen Kündigungsschutzklage, sonst wird die Kündigung rechtswirksam, egal wie ungerechtfertigt sie war. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht – wie Dr. Usebach – kann die Erfolgsaussichten einschätzen. Häufig enden solche Verfahren mit einem Vergleich oder einer Abfindung, da Arbeitgeber die strengen Hürden vor Gericht nicht lückenlos beweisen können. Gerade wenn kein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) angeboten wurde, stehen die Chancen gut, die Kündigung abzuwehren – das Gericht wertet eine unterlassene BEM-Angebot oft zu Lasten des Arbeitgebers. Zögern Sie also nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Noch ein Hinweis: Bestimmte Personengruppen genießen Sonderkündigungsschutz. Schwerbehinderte Arbeitnehmer (GdB ≥ 50) können z.B. nur mit Zustimmung des Integrationsamts gekündigt werden. Schwangere und frischgebackene Mütter sind nach dem MuSchG sogar praktisch unkündbar. Wer in Elternzeit ist oder als Betriebsratmitglied, Azubi etc. besonderen Schutz hat, muss ebenfalls strengere Voraussetzungen erfüllen. Diese Schutzrechte gelten zusätzlich – eine krankheitsbedingte Kündigung ist hier faktisch kaum durchsetzbar. Betroffene sollten sich bei Häufung von Fehlzeiten frühzeitig beraten lassen, um ihre Rechte voll auszuschöpfen.

Was bedeutet das für Arbeitgeber?

Für Arbeitgeber bedeutet die Rechtslage: Krankheit ist ein schwer kalkulierbares Risiko, aber keine völlig schutzlose Situation. Zunächst ist wichtig zu erkennen, dass übliche Fehlzeiten Teil des normalen Geschäfts sind. Bis zu sechs Wochen Krankenstand pro Jahr müssen Arbeitgeber in der Regel akzeptieren – das entspricht grob dem Durchschnitt und ist vom Gesetzgeber einkalkuliert (Entgeltfortzahlung wird ja für diesen Zeitraum übernommen). Einzelne Mitarbeiter können auch mal darüber liegen, ohne dass gleich eine Kündigung gerechtfertigt wäre. Übereilte Reaktionen sind hier fehl am Platz; eine Kündigung allein wegen Unmut über eine Krankmeldung wäre unwirksam und kann teuer werden.

Dennoch haben Arbeitgeber bei extremen Fehlzeiten Handlungsoptionen. Zeichnet sich ab, dass ein Arbeitnehmer ständig oder sehr lange krank ist, sollten Arbeitgeber systematisch vorgehen:

  • Gesundheitssupport & BEM: Schon bevor ans Kündigen gedacht wird, ist bei längeren oder häufigen Erkrankungen ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) Pflicht (sofern der Mitarbeiter innerhalb von 12 Monaten >6 Wochen krank war). Bieten Sie dem Arbeitnehmer ein BEM-Gespräch an, um gemeinsam Lösungen zu suchen (z.B. Anpassung des Arbeitsplatzes, Arbeitszeitreduzierung, Versetzung, technische Hilfen). Das BEM zeigt dem Gericht später, dass Sie versucht haben, mildere Mittel als Kündigung anzuwenden. Unterlassen Sie das BEM, wird eine spätere Kündigung kritisch gesehen – im Prozess wird man Ihnen vorhalten, Sie hätten womöglich durch zumutbare Maßnahmen die Fehlzeiten reduzieren können. Ein ordnungsgemäßes BEM ist daher nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern auch Strategie zum Risikomanagement.
  • Dokumentation und Prognose: Führen Sie über die Fehlzeiten und deren Gründe Buch. Wichtig ist, im Kündigungsfall eine Chronologie der Krankheitszeiten der letzten 3 Jahre darlegen zu können. Erstellen Sie ggf. eine Aufstellung der Krankenkasse über die Ausfalltage. Analysieren Sie, ob ein Muster erkennbar ist (z.B. jedes Jahr längere Ausfälle in Wintermonaten, immer wieder dieselbe Krankheit etc.). Für die negative Gesundheitsprognose braucht es belastbare Anhaltspunkte. Ziehen Sie gegebenenfalls den Betriebsarzt oder den Medizinischen Dienst hinzu, um eine Einschätzung der künftigen Arbeitsfähigkeit zu bekommen – gerade bei chronischen Leiden oder unklaren Diagnosen. Beachten Sie jedoch den Datenschutz: Diagnosen unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht, Sie dürfen nicht ohne Weiteres medizinische Unterlagen einsehen. Sie dürfen aber den Arbeitnehmer um eine Entbindung von der Schweigepflicht bitten, damit Ihre Vertrauensärzte Auskunft mit dem Hausarzt austauschen können. Im Kündigungsschutzprozess trägt der Arbeitgeber die Beweislast für die negative Prognose, im Zweifel muss ein medizinisches Gutachten vorgelegt werden.
  • Betriebliche Auswirkungen belegen: Bereiten Sie auch Nachweise vor, wie die Fehlzeiten den Betrieb beeinträchtigen. Haben Sie z.B. Vertretungskosten (Zeitarbeit, Überstunden anderer Mitarbeiter) oder Auftragseinbußen wegen des häufigen Ausfalls? Dokumentieren Sie das. Je konkreter der betriebliche Schaden dargelegt wird, desto eher überzeugt das ein Gericht, dass die Fehlzeiten unzumutbar sind. Pauschale Klagen über „ständiges Fehlen“ reichen nicht aus – zeigen Sie z.B., dass an x Tagen die Produktion stockte, Deadlines verpasst wurden oder die Lohnfortzahlung Sie bereits Summe X gekostet hat.
  • Ultima Ratio und Alternativen: Prüfen Sie vor Ausspruch der Kündigung ernsthaft, ob es nicht Alternativen zur Beendigung gibt. Könnte der Mitarbeiter auf einem anderen leidensgerechten Arbeitsplatz eingesetzt werden, wo seine Fehlzeiten weniger ins Gewicht fallen? Ist Umschulung oder Anpassung der Arbeit möglich (etwa Homeoffice bei immunschwachen Beschäftigten, ergonomische Ausstattung bei Rückenproblemen etc.)? Dokumentieren Sie diese Überlegungen. Eine Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn keine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht. Gerichte fragen hier oft nach: „Warum haben Sie den Mitarbeiter nicht XY machen lassen?“ – Sie sollten darauf eine Antwort haben.
  • Kleinbetrieb und Probezeit: Wenn das KSchG nicht greift (weniger als 10 Mitarbeiter oder kurzer Betriebszugehörigkeit), haben Sie zwar formal freie Hand, sollten aber trotzdem fair vorgehen. Eine Kündigung im Kleinbetrieb kann zwar ohne Angabe von Gründen erfolgen, doch um Streit oder Imageschäden zu vermeiden, empfiehlt sich ein klärendes Gespräch mit dem Mitarbeiter. Oft lässt sich eine einvernehmliche Lösung finden (Aufhebungsvertrag). Bedenken Sie auch: Kündigen während einer laufenden Erkrankung wirkt auf das restliche Team schnell als unsolidarisch und kann die Arbeitsmoral senken. Im Zweifel warten viele Arbeitgeber einen Genesungszeitpunkt ab, um humane Gründe vorzuschieben. Rechtlich notwendig ist das nicht – man darf auch während Krankheit kündigen –, aber taktisch kann es sinnvoll sein.

Zusammenfassend gilt für Arbeitgeber: Nicht jede Krankmeldung ist ein Kündigungsgrund. Aber wenn ein Mitarbeiter weit über das normale Maß hinaus fehlt und keine Besserung in Sicht ist, steht das Instrument der personenbedingten Kündigung zur Verfügung. Nutzen Sie es besonnen und gut vorbereitet. Halten Sie sich an vorgeschriebene Verfahren wie das BEM, ziehen Sie den Betriebsrat ins Vertrauen (dieser muss vor jeder Kündigung angehört werden) und lassen Sie sich im Zweifel arbeitsrechtlich beraten. So vermeiden Sie Fehler, die zu Prozessniederlagen führen könnten. Und: Jeder Fall ist individuell. Die Gerichte schauen genau hin, ob die Prognose wirklich negativ ist, ob die Fehlzeiten wirklich untragbar sind und ob dem Mitarbeiter nicht doch noch eine Chance gegeben werden könnte. Mit einer sorgfältigen Vorbereitung und Dokumentation können Sie aber Ihre Position deutlich stärken.

Weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber sollten das Thema Krankmeldung auf die leichte Schulter nehmen. Arbeitnehmer haben Rechte im Krankheitsfall – Lohnfortzahlung, kein Zwang zur Arbeit trotz Krankheit – aber auch Pflichten, insbesondere die Anzeige- und Nachweispflicht strikt einzuhalten. Sie dürfen so oft krank werden, wie es eben passiert; absichtlich krankfeiern ist natürlich ein Vertragsverstoß. Eine Kündigung wegen Krankheit müssen sie nur bei außergewöhnlich hohen Fehlzeiten fürchten, und selbst dann gibt es Gegenwehrmöglichkeiten. Arbeitgeber wiederum müssen normale Krankheiten tolerieren, sollten aber bei Dauer- oder Vielerkrankern den Rechtsrahmen kennen. Mit den richtigen Schritten (BEM, Dokumentation, Interessenabwägung) lässt sich in Extremfällen eine Kündigung rechtssicher begründen – jedoch ist dies wirklich das letzte Mittel. Im Idealfall profitieren beide Seiten davon, frühzeitig ins Gespräch zu gehen: So können Missverständnisse (etwa Verdacht auf Blaumachen) ausgeräumt, gesundheitliche Unterstützungsmaßnahmen ergriffen und damit Kündigungen vielleicht vermieden werden. Im Ergebnis darf man sich also so oft krankmelden, wie man krank ist – ohne sofort um den Job zu bangen, aber mit dem Bewusstsein, dass dauerhafte oder ständige Ausfälle arbeitsrechtliche Konsequenzen haben können. Es gilt der Grundsatz: Gesundheit geht vor, aber die Spielregeln müssen eingehalten werden. Und im Konfliktfall hilft der Rat eines Fachanwalts, die eigenen Rechte zu wahren.