Die fortschreitende Digitalisierung hat die Strafverfolgungsbehörden vor neue Herausforderungen gestellt, insbesondere im Umgang mit verschlüsselten oder gesperrten Mobiltelefonen. Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. März 2025 (Az. 2 StR 232/24) befasst sich mit der Frage, ob Ermittlungsbehörden befugt sind, den Finger eines Beschuldigten zwangsweise auf den Fingerabdrucksensor seines Mobiltelefons zu legen, um Zugriff auf gespeicherte Daten zu erhalten.
Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Fall wurde gegen den Angeklagten wegen des Verdachts des Besitzes und der Verbreitung kinderpornographischer Schriften ermittelt. Im Rahmen einer richterlich angeordneten Durchsuchung seiner Wohnung gemäß §§ 102, 105 Abs. 1 StPO wurde ein Mobiltelefon sichergestellt. Der Beschuldigte verweigerte die Entsperrung des Geräts. Daraufhin legten die Ermittlungsbeamten seinen Finger zwangsweise auf den Fingerabdrucksensor des Mobiltelefons, um Zugriff auf die darauf gespeicherten Daten zu erhalten.
Rechtliche Würdigung
Ermächtigungsgrundlage: § 81b Abs. 1 StPO
Der BGH bestätigte, dass die zwangsweise Entsperrung eines Mobiltelefons durch Auflegen des Fingers des Beschuldigten auf den Fingerabdrucksensor durch § 81b Abs. 1 StPO gedeckt ist. Diese Vorschrift erlaubt erkennungsdienstliche Maßnahmen, wie die Abnahme von Fingerabdrücken, auch gegen den Willen des Beschuldigten. Die technikoffene Formulierung der Norm ermöglicht es, moderne Identifikationsverfahren im Rahmen von Strafverfahren einzusetzen.
Das Gericht argumentierte, dass das einmalige Auflegen des Fingers auf den Sensor eine geringere Eingriffsintensität aufweise als die dauerhafte Speicherung von Fingerabdrücken. Da keine dauerhafte Speicherung der biometrischen Daten durch die Ermittlungsbehörden erfolge, sei der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nur von geringer Intensität.
Verhältnismäßigkeit der Maßnahme
Die Maßnahme wurde als verhältnismäßig angesehen, da sie der Aufklärung schwerwiegender Straftaten diente und keine milderen, gleich effektiven Mittel zur Verfügung standen. Das Gericht betonte, dass der Eingriff in die Grundrechte des Beschuldigten im Vergleich zur Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter zurücktrete.
Fazit
Die Entscheidung des BGH stellt klar, dass die zwangsweise Entsperrung eines Mobiltelefons durch Auflegen des Fingers des Beschuldigten auf den Fingerabdrucksensor unter bestimmten Voraussetzungen rechtmäßig ist. Voraussetzung ist eine zuvor richterlich angeordnete Durchsuchung, die auch das Auffinden von Mobiltelefonen umfasst, sowie die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Diese Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Strafverfolgung und die Rechte von Beschuldigten im digitalen Zeitalter.