Darf man in der Probezeit Urlaub nehmen?

11. Mai 2025 -

Die Frage, ob Arbeitnehmer*innen während der Probezeit bereits Urlaub nehmen dürfen, beschäftigt viele Berufseinsteiger ebenso wie Arbeitgeber. Denn während die Probezeit oftmals als Testphase dient, in der beide Vertragsparteien herausfinden, ob das Arbeitsverhältnis langfristig passt, stehen gleichzeitig gesetzliche Urlaubsansprüche im Raum. Wie also ist das Zusammenspiel zwischen Urlaub und Probezeit rechtlich geregelt?

Gesetzlicher Urlaubsanspruch: Grundlagen

Nach § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) haben alle Arbeitnehmer*innen in Deutschland Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt nach § 3 Abs. 1 BUrlG 24 Werktage bei einer Sechs-Tage-Woche, was bei einer Fünf-Tage-Woche 20 Urlaubstagen entspricht.

Allerdings differenziert das Gesetz in § 4 BUrlG zwischen dem vollen Urlaubsanspruch, der erst nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben wird, und einem Teilurlaubsanspruch, der auch vorher schon entsteht.

Urlaub während der Probezeit: Gesetzliche Regelung

Wartezeit gemäß § 4 BUrlG

Gemäß § 4 BUrlG entsteht der volle gesetzliche Urlaubsanspruch erst nach einem sechsmonatigen ununterbrochenen Bestehen des Arbeitsverhältnisses. Diese Sechsmonatsfrist wird umgangssprachlich oft mit der Probezeit gleichgesetzt, obwohl beides rechtlich unabhängig voneinander ist.

Die Probezeit ist eine vertraglich vereinbarte Frist zu Beginn des Arbeitsverhältnisses, meist zwischen drei und sechs Monaten, in der eine verkürzte Kündigungsfrist gilt (§ 622 Abs. 3 BGB).

Teilurlaubsanspruch vor Ablauf der Wartezeit

Auch wenn der volle Urlaub erst nach sechs Monaten entsteht, sieht das Gesetz in § 5 Abs. 1 BUrlG eine zeitanteilige Entstehung des Urlaubsanspruchs vor:

„Für jedes volle Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs.“

Das bedeutet: Schon während der Probezeit erwirbt ein Arbeitnehmer anteiligen Urlaubsanspruch. Bei 20 Tagen gesetzlichem Urlaub wären das etwa 1,67 Urlaubstage pro Monat.

Beispiel: Eine Arbeitnehmerin beginnt am 1. März mit einer Sechs-Monats-Probezeit. Bis Ende Mai hat sie das Arbeitsverhältnis drei volle Monate lang bestanden – ihr stehen daher etwa fünf Urlaubstage zu (§ 5 Abs. 1 lit. a BUrlG).

Praktische Handhabung: Urlaub beantragen in der Probezeit

Urlaubsgewährung im Ermessen des Arbeitgebers

Der anteilige Urlaubsanspruch ist also vorhanden – doch darf man in der Probezeit tatsächlich Urlaub nehmen?

Grundsätzlich: Ja, es ist nicht verboten, während der Probezeit Urlaub zu nehmen. Der Urlaub kann jedoch nur mit Zustimmung des Arbeitgebers genommen werden. Dieser kann insbesondere in der Probezeit berechtigte betriebliche Interessen entgegenhalten und den Urlaub verweigern oder verschieben – etwa wenn sich das Arbeitsverhältnis noch nicht bewährt hat oder der Arbeitgeber zunächst die Einarbeitung sicherstellen möchte.

Verhinderungsfälle: Dringende Gründe

Trotzdem gibt es Ausnahmen: Etwa wenn ein dringender persönlicher Grund vorliegt (z. B. Hochzeit eines nahen Familienangehörigen oder lange zuvor gebuchter Erholungsurlaub). In solchen Fällen zeigen sich viele Arbeitgeber kulant, auch wenn sie dazu rechtlich nicht verpflichtet sind.

Vertragliche Regelungen und Praxis in Unternehmen

Viele Arbeitsverträge enthalten klauselartige Formulierungen, wonach Urlaub in der Probezeit „grundsätzlich nicht gewährt“ oder „nur in Ausnahmefällen“ möglich ist. Solche Klauseln sind zulässig, solange sie nicht den gesetzlichen Mindesturlaub ausschließen oder beschneiden.

In der Praxis handhaben viele Unternehmen die Urlaubsgewährung in der Probezeit flexibel – etwa durch Genehmigung unter Vorbehalt (z. B. „vorzeitige Gewährung unter Rückforderungsvorbehalt bei vorzeitigem Austritt“) oder durch Urlaubssperren für besonders betriebsintensive Zeiträume.

Sonderfall: Kündigung während der Probezeit

Wird das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der sechs Monate beendet, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den anteiligen Urlaub, der nach § 5 BUrlG abzugelten ist. Dieser Anspruch besteht auch dann, wenn der Urlaub nicht genommen werden konnte – z. B. wegen Kündigung oder verweigerter Freistellung.

In solchen Fällen ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Urlaub finanziell abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG).

Fazit: Urlaub in der Probezeit – möglich, aber nicht selbstverständlich

Auch während der Probezeit steht Arbeitnehmer*innen ein anteiliger Urlaubsanspruch zu. Ob dieser jedoch tatsächlich in Anspruch genommen werden kann, hängt von der Zustimmung des Arbeitgebers ab. Es gibt keinen Automatismus. Rechtlich ist die Lage eindeutig: Urlaub in der Probezeit ist möglich, aber nicht einklagbar ohne Genehmigung.

Kurzübersicht: Rechte und Pflichten im Überblick

Thema Regelung
Gesetzlicher Urlaubsanspruch 20 Tage bei 5-Tage-Woche (anteilig bei unter 6 Monaten)
Wartezeit (§ 4 BUrlG) Volle Urlaubsansprüche erst nach 6 Monaten
Teilurlaub (§ 5 BUrlG) 1/12 des Jahresurlaubs pro vollem Monat
Urlaub in Probezeit Möglich mit Zustimmung des Arbeitgebers
Kündigung in Probezeit Anspruch auf Abgeltung des nicht genommenen anteiligen Urlaubs

Tipp für Arbeitnehmer: Frühzeitig mit dem Arbeitgeber kommunizieren, wenn ein geplanter Urlaub in die Probezeit fällt.

Tipp für Arbeitgeber: Klare Urlaubsregelungen in den Arbeitsvertrag aufnehmen, aber gesetzliche Mindeststandards einhalten.