Ein juristischer Überblick für betroffene Beschäftigte – Rechte, Handlungsspielräume und Fallstricke bei Aufhebungsvertrag, Sozialplan und Transfergesellschaft
Die Nachricht schlug in der Region Aalen ein wie ein Paukenschlag: Der Automobilzulieferer Mapal baut am Standort Aalen 230 von rund 1.600 Stellen ab. Betroffen sind vor allem Beschäftigte in produktionsnahen Bereichen. In einer Zeit, in der die Transformation der Automobilindustrie viele Unternehmen unter Druck setzt, bleibt auch Mapal nicht verschont. Zwar wurde der Stellenabbau in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall ausgehandelt – dennoch steht für viele Beschäftigte viel auf dem Spiel: Existenzsicherung, berufliche Perspektiven und Vertrauen in den Arbeitgeber.
Als Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht mit einem klaren Fokus auf Arbeitnehmerinteressen möchten wir Ihnen in diesem Beitrag juristisch fundierte Orientierung geben: Was bedeutet der Stellenabbau konkret? Welche rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bestehen? Und worauf sollten Sie achten, wenn Sie vor der Entscheidung stehen, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen oder in eine Transfergesellschaft zu wechseln?
Stellenabbau bei Mapal – Hintergrund und rechtlicher Rahmen
Laut Unternehmensangaben soll der Abbau „sozialverträglich“ erfolgen. Die Beteiligten – Geschäftsführung, Betriebsrat und IG Metall – haben sich auf einen Interessenausgleich und Sozialplan, ein Freiwilligenprogramm sowie die Einrichtung einer Transfergesellschaft verständigt.
Diese drei Säulen sind klassische Elemente in größeren Restrukturierungsmaßnahmen:
- Interessenausgleich: regelt, ob, wann und wie die geplanten Maßnahmen (z. B. Abteilungen schließen, Arbeitsplätze abbauen) umgesetzt werden.
- Sozialplan: legt fest, wie die wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer abgefedert werden – etwa durch Abfindungen, Weiterbildungsmaßnahmen oder Überbrückungsgelder.
- Transfergesellschaft: ein arbeitsmarktpolitisches Instrument, das ausscheidenden Beschäftigten den Übergang in neue Beschäftigung erleichtern soll.
Aufhebungsvertrag – freiwillig, aber folgenreich
Im Rahmen des Freiwilligenprogramms bietet Mapal betroffenen Mitarbeitenden Aufhebungsverträge mit „attraktiven Konditionen“ an. Diese Angebote können in Einzelfällen tatsächlich vorteilhaft sein – aber nur, wenn sie rechtlich und finanziell sauber geprüft sind.
Worauf Sie bei einem Aufhebungsvertrag achten sollten:
- Abfindungshöhe: Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung, aber ein gerichtlicher Orientierungswert liegt meist bei 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr – bei betriebsbedingtem Ausscheiden kann mehr angemessen sein.
- Sperrzeit beim Arbeitslosengeld: Wer ohne wichtigen Grund selbst kündigt oder einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, riskiert eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen beim Arbeitslosengeld. Dies lässt sich aber vermeiden, wenn der Vertrag sauber formuliert ist (z. B. unter Hinweis auf eine drohende betriebsbedingte Kündigung).
- Resturlaub und Überstunden: Diese Ansprüche müssen eindeutig geregelt und vollständig ausgeglichen werden.
- Zeugnis: Lassen Sie sich die Formulierung des Arbeitszeugnisses mitgeben oder zusichern.
🔎 Tipp: Lassen Sie jeden Aufhebungsvertrag vor Unterzeichnung von einem spezialisierten Anwalt prüfen. Es geht um Ihre Existenz.
Transfergesellschaft – Chancen und Risiken
Mapal bietet als Alternative zur direkten Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Wechsel in eine Transfergesellschaft an. Diese wird häufig als „Auffanggesellschaft“ bezeichnet, ist aber in der Praxis ein Übergangsmodell zur Neuorientierung.
Vorteile:
- Sie erhalten weiterhin ein monatliches Einkommen, das aus Transferkurzarbeitergeld (ca. 60–67 % des letzten Nettoentgelts) plus Aufstockung besteht.
- Sie bleiben versichert (Renten-, Kranken-, Arbeitslosenversicherung).
- Sie erhalten Qualifizierungs- und Vermittlungsangebote.
- Eine Kündigung wird vermieden – das Arbeitsverhältnis endet einvernehmlich.
Nachteile:
- Die Verweildauer ist begrenzt (meist 6–12 Monate).
- Keine Beschäftigungsgarantie nach Ablauf.
- Für ältere oder spezialisierte Arbeitnehmer können die Qualifizierungsangebote wenig hilfreich sein.
📌 Wichtig: Auch hier gilt – keine Entscheidung ohne vorherige rechtliche Beratung. Der Wechsel in eine Transfergesellschaft ist freiwillig, aber bindend.
Sozialplan – Ihre Ansprüche
Der Sozialplan regelt in der Regel die Abfindungshöhen, Ausgleichszahlungen, mögliche Umschulungen und sonstige Hilfen. Anspruch darauf haben alle betroffenen Arbeitnehmer, sofern sie nicht individuell andere Regelungen vereinbart haben (z. B. über Aufhebungsvertrag oder Transfergesellschaft).
Typische Sozialplanregelungen:
- Pauschale Abfindungen nach Formel: z. B. 0,5 Monatsgehälter x Jahre der Betriebszugehörigkeit
- Zuschläge für unterhaltspflichtige Kinder oder ältere Beschäftigte
- Sonderregelungen für Schwerbehinderte oder tariflich geschützte Gruppen
👩⚖️ Tipp: Wenn Sie den Eindruck haben, der Sozialplan benachteilige bestimmte Gruppen oder Sie persönlich, lohnt sich eine rechtliche Überprüfung – notfalls auch vor dem Arbeitsgericht.
Vertrauensverlust und Perspektive – juristische Mitbestimmung
Die IG Metall sieht in der hohen Zahl freiwilliger Austritte ein Signal des Vertrauensverlusts. Dies ist nicht nur ein Stimmungsbild, sondern auch ein juristisch relevantes Zeichen: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, im Rahmen seiner Fürsorgepflicht und Mitbestimmung gemeinsam mit dem Betriebsrat an der Zukunftssicherung der verbliebenen Arbeitsplätze zu arbeiten.
Falls Sie als verbleibender Arbeitnehmer künftig Veränderungen Ihrer Arbeitsbedingungen erleben – etwa Versetzungen, Arbeitsverdichtung, Kündigungsandrohungen – stehen Ihnen weiterhin starke Mitbestimmungsrechte und arbeitsrechtliche Schutzmechanismen zu.
Fazit – Ihre Rechte wahren, bevor Sie unterschreiben
Die aktuelle Situation bei Mapal ist ein klassisches Beispiel für einen schwierigen, aber nicht seltenen Fall der betrieblichen Restrukturierung in der Automobilbranche. Für betroffene Beschäftigte gilt:
✅ Handeln Sie besonnen, nicht vorschnell.
✅ Lassen Sie alle Vereinbarungen – insbesondere Aufhebungsverträge – anwaltlich prüfen.
✅ Nutzen Sie Ihre Rechte aus Sozialplan und Betriebsverfassung.
✅ Informieren Sie sich umfassend über die Folgen eines Wechsels in die Transfergesellschaft.
Als Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht stehen wir Ihnen in dieser unsicheren Situation mit kompetenter Beratung zur Seite – persönlich, vertraulich und konsequent auf Ihrer Seite.
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