Homeoffice im Ausland – Das gilt rechtlich bei Workation

16. Juni 2025 -

Immer mehr Arbeitnehmer verbinden ihre Arbeit mit Urlaub oder Auslandsaufenthalten – ein Phänomen, das als Workation (Work+Vacation) bekannt ist. Bei einer Workation übt der Arbeitnehmer seine reguläre Arbeit von einem ausländischen Ort aus, etwa vom Ferienhaus oder Hotel im EU-Ausland. Rechtlich betrachtet ist Workation ein neues Modell ohne spezielle gesetzliche Regelungen in Deutschland. Wichtig ist: Arbeitnehmer können ihren Urlaub nicht einfach “stundenweise” unterbrechen, um zu arbeiten. Das Bundesurlaubsgesetz sieht in § 3 Abs. 1 nur volltageweise Urlaubsgewährung vor – teilweises Arbeiten an Feiertagen oder Urlaubstagen ist demnach unzulässig. Eine Workation muss daher vertraglich als dienstliche Arbeitszeit vereinbart werden – sie ersetzt keinen Urlaub.

Arbeitsrechtliche Voraussetzungen

Für die Arbeit im Ausland gilt: Es besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Workation (genauso wenig wie auf Homeoffice). Der Arbeitnehmer darf nur dann im Ausland arbeiten, wenn der Arbeitgeber dem zustimmt und eine entsprechende Vereinbarung besteht. Arbeit im Ausland ist eine Änderung des Arbeitsorts, die den Willen beider Seiten erfordert. In der Regel bleibt auf alle Fälle deutsches Arbeitsrecht anwendbar – insbesondere die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). Das heißt, gesetzliche Höchstarbeitszeiten und Pausenregelungen müssen eingehalten und dokumentiert werden. Es empfiehlt sich, die Arbeitszeiterfassung klar zu regeln, da der Arbeitgeber seine Dokumentationspflicht an den Arbeitnehmer delegieren kann. Ebenfalls muss auf Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften geachtet werden, auch im Ausland.

Klare Absprachen und schriftliche Vereinbarungen

Weil bei einer Workation viele rechtliche Fragen berührt werden, sollte die Zustimmung des Arbeitgebers in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden. Darin sollten insbesondere geregelt werden:

  • Zeitraum: Beginn und Ende der Workation, ggf. Probezeitregelung.
  • Arbeitszeiten: Genaue Lage der Arbeitszeit, Pausenregelung, Erreichbarkeit.
  • Arbeitsmittel und Kosten: Welche technischen Geräte oder Software der Arbeitgeber stellt, welche der Arbeitnehmer selbst nutzt, und ob Pauschalen (z.B. für Internet oder Strom) gezahlt werden.
  • Datenschutz und Schweigepflichten: Verpflichtung des Arbeitnehmers, Geschäftsdaten zu schützen und nur sichere Arbeitsmittel zu verwenden.
  • Dokumentation: Pflicht, Arbeitszeiten sowie den Aufenthaltsort nachzuweisen, damit der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht erfüllen kann.
  • Länderregelung: Eine Liste der zulässigen Arbeitsländer; der Arbeitnehmer sollte verpflichtet sein, dem Arbeitgeber jede Ortsverlegung mitzuteilen.

Diese Vereinbarung schafft Klarheit über Rechte und Pflichten und schützt beide Seiten vor unerwarteten Risiken. Sie kann als Zusatz zum Arbeitsvertrag oder als Telearbeitsvertrag ausgestaltet sein. Fehlen klare Regelungen, kann dies zu Konflikten über Arbeitsort, Arbeitszeit oder Haftung führen.

Sozialversicherungsrechtliche Fragen

Ob während der Workation deutsches oder ausländisches Sozialversicherungsrecht gilt, hängt vor allem vom Aufenthaltsland und der Aufenthaltsdauer ab. Innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz kann die Tätigkeit im Ausland in der Regel als Entsendung des Arbeitnehmers behandelt werden. Das bedeutet: Der Arbeitgeber beantragt vor der Abreise bei der zuständigen Krankenkasse eine A1-Bescheinigung, die bestätigt, dass auf den Arbeitnehmer weiterhin deutsches Sozialversicherungsrecht Anwendung findet. Damit bleibt der Sozialversicherungs- und Unfallversicherungsschutz nach deutschem Recht bestehen. Die Entsendung ist üblicherweise auf maximal 24 Monate befristet. Wird dieser Zeitraum überschritten, endet der Vorrang des deutschen Rechts und es kommt zum Wechsel ins Sozialversicherungssystem des Aufenthaltsstaates.

Seit 1. Juli 2023 gibt es zudem eine EU-Rahmenvereinbarung, wonach in einigen Ländern bereits bis zu 49,99 % der Arbeitszeit im Wohnsitzstaat erbracht werden dürfen, ohne dass deutsches Recht automatisch entfällt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können hierfür einen Antrag bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) stellen. Arbeitnehmer sollten ihre A1-Bescheinigung ständig mitführen, um im Ausland ihren Versicherungsschutz nachzuweisen.

Außerhalb der EU/EWR/Schweiz ist das Sozialversicherungsrecht je nach bilateralen Abkommen unterschiedlich geregelt. Deutschland hat mit vielen Staaten Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen (Liste: BMAS-Webseite). Liegt ein solches Abkommen vor, kann unter Umständen deutsches oder ausländisches Recht vorrangig sein; liegt keines vor, muss man die jeweilige nationale Rechtslage prüfen, um Versicherungslücken oder Doppelversicherungen zu vermeiden. Es empfiehlt sich in jedem Fall, sich vor Arbeitsantritt im Ausland bei der Krankenkasse oder der DVKA beraten zu lassen.

Steuerliche Aspekte

Sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber kann eine Workation steuerliche Folgen haben. Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Deutschland bleiben grundsätzlich in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig (Welteinkommensprinzip), solange sie hier Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. In vielen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist jedoch festgelegt, dass bei einer nur kurzfristigen Tätigkeit im Ausland (meist bis zu 183 Tagen pro Jahr) nur der Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht hat. Das bedeutet: Bleibt der Arbeitnehmer weiter in Deutschland gemeldet und überschreitet er die 183-Tage-Grenze nicht, muss in der Regel in Deutschland Lohnsteuer abgeführt werden. Überschreitet er diese Frist und fällt dadurch der Lebensmittelpunkt ins Ausland, kann auch im Gastland eine Steuerpflicht entstehen. Etwaige Doppelbesteuerung wird durch DBA oder Steueranrechnung (§ 34c EStG) gemildert. Bei konkreter Planung einer längeren Workation sollte man frühzeitig prüfen, ob gegebenenfalls eine beschränkte Steuerpflicht im Ausland eintritt und welche Steuerfreistellungs- oder Anrechnungsmöglichkeiten bestehen.

Arbeitgeber sollten beachten, dass die längerfristige Beschäftigung eines Mitarbeiters im Ausland eine sogenannte Betriebsstätte beim ausländischen Fiskus begründen kann. Unter deutschem Steuerrecht stellt eine „feste Geschäftseinrichtung“ im Ausland eine Betriebsstätte dar, wenn der Arbeitgeber dort maßgeblich Einfluss nimmt. Ein reines Homeoffice in privaten Räumen wird nach deutscher Auslegung meist nicht als Betriebsstätte gewertet, da dem Arbeitgeber normalerweise keine unmittelbare Verfügungsmacht (Zutrittsrecht) eingeräumt wird. Allerdings kann ausländisches Steuerrecht oder das jeweilige DBA eine weiterreichende Definition von Betriebsstätte kennen. Etwa dann, wenn der Mitarbeiter für längere Zeit dort Verträge abschließt oder regelmäßig Geschäftsabschlüsse tätigt. Arbeitgeber sollten daher prüfen, ob ein Dauerarbeitsplatz im Ausland steuerlich meldepflichtig ist. Es empfiehlt sich, im Vorfeld einen Steuerberater zu konsultieren und ggf. eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt bzw. der ausländischen Behörde einzuholen.

Aufenthalts- und Arbeitsrecht

EU-Bürger genießen in den EU-/EWR-Staaten und in der Schweiz die Personenfreizügigkeit. Innerhalb der EU darf sich ein EU-Bürger ohne Anmeldung bis zu drei Monate ohne gesonderte Erlaubnis aufhalten (Art. 7 RL 2004/38/EG). Island, Liechtenstein und Norwegen gewähren ebenfalls visumsfreien Aufenthalt bis 90 Tage, und die Schweiz durch ein bilaterales Abkommen. Eine Arbeitserlaubnis ist für EU/Schweizer Bürger somit in der Regel nicht erforderlich. In Nicht-EU-Staaten muss man hingegen die jeweiligen Einreise- und Arbeitsgenehmigungen (Visum, Aufenthaltstitel und/oder Arbeitserlaubnis) beachten. Längerer Aufenthalt im Nicht-EU-Ausland ohne gültige Erlaubnis kann zu straf- oder ausweisungsrechtlichen Konsequenzen führen. Arbeitgeber sollten im Rahmen der Vereinbarung klarstellen, dass der Arbeitnehmer selbst dafür sorgt, dass alle erforderlichen Aufenthaltstitel eingeholt und Meldepflichten (z. B. Wohnsitzanmeldung) erfüllt werden.

Haftung, Datenschutz und Arbeitsschutz im Ausland

Auch beim Arbeiten aus dem Ausland bleiben wesentliche Rechtsvorschriften erhalten. Unfall- und Haftungsfragen: Grundsätzlich gilt, dass der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung für eine Auslands-Homeoffice-Tätigkeit fortbestehen kann, solange das deutsche Sozialversicherungsrecht anwendbar ist (z. B. bei Entsendung). Arbeitet der Mitarbeiter vorübergehend im EU-Ausland, wird dies meist als Entsendung angesehen, so dass auch die deutsche Unfallversicherung weiter gilt. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber über die Tätigkeit im Ausland informiert ist und – falls nötig – eine Auslandsversicherung (§ 140 SGB VII) abschließt.

Datenschutz: Sämtliche datenschutzrechtlichen Vorgaben bleiben verbindlich. Der Arbeitnehmer muss dafür sorgen, dass geschäftliche Daten auch im Ausland vor Unbefugten geschützt sind – etwa durch verschlüsselte Verbindungen (VPN) und passwortgeschützte Geräte. Auch räumliche Sicherheit (z. B. Arbeitsplatzabschottung) spielt eine Rolle. Die Vorgaben der DSGVO gelten unabhängig vom Arbeitsort.

Arbeitsschutz: Grundsätzlich finden die deutschen Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) und der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) auch im Homeoffice bzw. Mobile Office Anwendung. In der Praxis heißt das: Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass der Heimarbeitsplatz grundsätzlich ergonomisch eingerichtet ist und Arbeitsschutzregeln beachtet werden – allerdings ist die Kontrolle im Ausland schwer umsetzbar. Arbeitsunfälle sind in der Regel über die deutsche Unfallversicherung versichert, wenn weiterhin deutsches Recht gilt. Zudem gilt innerhalb der EU das sogenannte Rom-I-Übereinkommen: Arbeitet ein Beschäftigter dauerhaft in einem anderen EU-Staat, darf dessen Schutzstandard nicht unter das des Aufenthaltsstaates fallen. Das bedeutet, dass gegebenenfalls strengere lokale Sicherheitsstandards zu beachten sind.

Praktische Empfehlungen

Aus all den genannten Gründen sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Workation sorgfältig planen. Zu den Empfehlungen gehören etwa:

  • Vereinbarungen schriftlich treffen. Ergänzen Sie den Arbeitsvertrag bzw. Tarifvertrag um eine Homeoffice-Klausel für Auslandstätigkeit. Klären Sie Zeitraum, Arbeitszeiten, technische Ausstattung und Kostenregelungen.
  • Sozialversicherung klären. Beantragen Sie rechtzeitig die A1-Bescheinigung für EU/EWR/CH-Aufenthalte. Überprüfen Sie absehbare Aufenthaltsdauer und lassen Sie sich bei Unsicherheiten von der Krankenkasse oder der DVKA beraten. Für Nicht-EU-Staaten prüfen Sie mögliche Sozialabkommen oder Versorgungsmöglichkeiten (z. B. Auslandskrankenversicherung).
  • Steuern bedenken. Für längere Auslandsaufenthalte empfehlen sich vorab steuerliche Beratung (u. a. zur 183‑Tage-Regelung und eventueller Doppelbesteuerung). Beachten Sie Lohnsteuer-Abzugsmaßnahmen, wenn sich der gewöhnliche Aufenthalt ins Ausland verlagert.
  • Rechtliche Lage im Zielland prüfen. Beachten Sie Einreise- und Arbeitsbestimmungen des Gastlandes, nehmen Sie ggf. Kontakt zu deutschen Auslandsvertretungen auf. Einige Länder verlangen bei längerem Aufenthalt einen lokalen Arbeitsvertrag oder Steuernummer.
  • Datenschutz und IT-Sicherheit. Nutzen Sie sichere Verbindungen, geschützte Geräte und schulen Sie Mitarbeiter zum Thema Datenschutz im Ausland.
  • Arbeitsbedingungen regeln. Sichern Sie ab, dass wichtige Arbeitsmittel (Laptop, Handynetz) vorhanden sind und definieren Sie Erreichbarkeitszeiten. Klären Sie Haftung für Arbeitsunfälle (unabhängig vom Wohnsitz).

Durch vorausschauende Planung, klare Regeln und Information der Mitarbeiter lassen sich die meisten Fallstricke vermeiden. Workation kann eine attraktive Möglichkeit sein, Arbeit und Erholung zu verbinden – rechtlich abgesichert vorausgesetzt. Ein professioneller Rechts- und Steuercheck vorab ist dabei unerlässlich.