Schnell vor die Tür, Zigarette anzünden und tief durchatmen – für viele Beschäftigte gehört die kurze Raucherpause zum Arbeitsalltag. Doch rechtlich wirft diese Gewohnheit Fragen auf: Zählen Raucherpausen zur Arbeitszeit? Muss der Arbeitgeber das Rauchen während der Arbeit dulden? Und müssen Arbeitnehmer für die Zigarette zwischendurch ausstempeln? Im Folgenden geben wir einen neutralen Rechtstipp zu diesen Fragen – relevant für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen.
Gesetzliche Grundlagen: Ruhepausen vs. Raucherpausen
Nach dem deutschen Arbeitszeitrecht gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf gesonderte Raucherpausen während der Arbeitszeit. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) schreibt lediglich Ruhepausen ab einer bestimmten Arbeitsdauer vor (z.B. 30 Minuten Pause bei über 6 Stunden Arbeit gemäß § 4 ArbZG). Diese planmäßigen Ruhepausen gelten nicht als Arbeitszeit und werden in der Regel unbezahlt gewährt. Arbeitnehmer dürfen ihre gesetzliche Pause natürlich zum Rauchen nutzen, sofern die Arbeitsstätte dies zulässt (z.B. im Freien). Darüber hinaus – also außerhalb der regulären Ruhezeiten – besteht jedoch kein Recht auf zusätzliche Raucherpausen.
Der arbeitsrechtliche Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ (§ 614 BGB) ist hier entscheidend. Arbeitszeit ist die Zeit, in der der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt – dementsprechend zählen spontane Raucherpausen grundsätzlich nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Eine Raucherpause ist rechtlich gesehen vielmehr eine Arbeitsunterbrechung, die nicht zur Erfüllung der Arbeitspflicht beiträgt. Folglich müssen Raucherpausen außerhalb der regulären Ruhepausen nachgearbeitet werden bzw. führen zu entsprechenden Minusstunden, wenn sie nicht erfasst und ausgeglichen werden. Ausnahme: Gestattet der Arbeitgeber freiwillig kleine Extrapausen (etwa durch eine betriebliche Vereinbarung), dürfen Nichtraucher dadurch nicht benachteiligt werden – häufig wird dann etwa allen Mitarbeitern eine bestimmte Anzahl unbezahlter Kurzpausen gewährt.
Nichtraucherschutz: Arbeitgeber sind zudem verpflichtet, Nichtraucher am Arbeitsplatz vor Passivrauchen zu schützen (vgl. § 5 Arbeitsstättenverordnung). Daher bestehen in vielen Betrieben Rauchverbote in geschlossenen Räumen oder spezielle Raucherzonen. Rauchen am Arbeitsplatz selbst (also innerhalb des Betriebsgebäudes) darf der Arbeitgeber aus Gründen des Gesundheitsschutzes untersagen. Die Zigarette während der Arbeit ist somit rechtlich betrachtet ein Privatvergnügen, das nur in dafür vorgesehenen Bereichen und Zeiten erfolgen kann.
Raucherpausen als Arbeitszeit? Kein Vergütungsanspruch
In der Praxis stellt sich oft die Frage, ob jahrelang geduldete Raucherpausen nicht doch als Arbeitszeit zählen – etwa durch Gewohnheitsrecht oder betriebliche Übung. Hierzu hat die Rechtsprechung eine klare Haltung: Bezahlte Raucherpausen sind nicht automatisch ein geschützter Anspruch, selbst wenn der Arbeitgeber sie längere Zeit geduldet hat. So entschied etwa das Landesarbeitsgericht Nürnberg in einem Präzedenzfall, dass Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen dürfen, dauerhaft Raucherpausen bezahlt zu bekommen, nur weil dies zuvor toleriert wurde. Die freiwillige Duldung solcher Pausen begründet keine verbindliche betriebliche Übung, zumal Raucherpausen keine geldwerte Leistung an alle Mitarbeiter darstellen, sondern vor allem zusätzliche freie Zeit für Raucher gewähren. Außerdem würde eine fortgezahlte Vergütung für Raucherpausen zu einer Ungleichbehandlung führen: Nichtraucher müssten für das gleiche Gehalt spürbar länger arbeiten als Raucher. Arbeitgeber können daher eine bisher großzügig gehandhabte Raucherpausenregelung jederzeit ändern oder abschaffen, ohne dass Beschäftigte einen Rechtsanspruch auf bezahlte Raucherpausen geltend machen können.
In diesem Zusammenhang gilt weiterhin: Arbeitszeit bleibt Arbeitszeit. Wenn also im Betrieb bislang niemand ausgestempelt hat und Raucherpausen irrtümlich vergütet wurden, kann der Arbeitgeber durch klare Regelungen (z.B. eine Betriebsvereinbarung „Rauchen“) den Status quo ändern. Ab Einführung solcher Regeln müssen Raucher nun die Zeiterfassung nutzen, wenn sie zum Rauchen den Arbeitsplatz verlassen. Tut der Arbeitgeber dies, greift der oben genannte Grundsatz: Keine Arbeitsleistung – kein Lohn. Wer also eigenmächtig den Platz verlässt, ohne Pause zu buchen, verletzt seine Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsvertrag.
Pflicht zum Ausstempeln und Dokumentation der Pausen
Moderne Zeiterfassungssysteme erlauben es, auch unterwegs – etwa per Smartphone-App – Pausen einfach zu erfassen. Ausstempeln für die Raucherpause bedeutet, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit unterbricht und dokumentiert, sobald er zum Rauchen geht. Gibt es im Betrieb ein Zeiterfassungssystem, darf der Arbeitgeber verlangen, dass Beschäftigte dieses für Raucherpausen pflichtgemäß nutzen. Auf diesem Wege stellt der Arbeitgeber sicher, dass die zusätzlich eingeräumten Pausenzeiten nicht als Arbeitszeit gezählt und entweder unbezahlt bleiben oder nachgearbeitet werden. Das dient auch der Fairness im Team, damit Nichtraucher keine Nachteile haben.
Seit einer Grundsatzentscheidung des BAG aus 2022 besteht außerdem die Pflicht, Arbeitszeiten systematisch zu erfassen, was ordnungsgemäße Pausenaufzeichnungen einschließt. Zwar hat der Gesetzgeber die Details dieser Pflicht noch zu konkretisieren, doch schon jetzt sind Unternehmen gut beraten, verlässliche Zeiterfassung einzuführen. Arbeitnehmer sind im Gegenzug verpflichtet, bei vorgegebenen Systemen ihre Arbeitszeit korrekt zu buchen und Pausen wahrheitsgemäß zu registrieren. Wird etwa per Stechuhr, Terminal oder App gearbeitet, ist das Nicht-Ausloggen während einer Raucherpause kein Kavaliersdelikt, sondern kann als Arbeitszeitbetrug gewertet werden. Insbesondere im Gleitzeitmodell oder Vertrauensarbeitszeit muss der Arbeitgeber sich darauf verlassen können, dass die dokumentierten Zeiten stimmen.
Tipp: Arbeitgeber sollten klare Anweisungen zur Zeiterfassung von Raucherpausen geben – idealerweise schriftlich (Arbeitsanweisung oder Betriebsvereinbarung). Arbeitnehmer sollten diese Vorgaben unbedingt befolgen und jede nicht gearbeitete Raucherpause wie vorgeschrieben ausstempeln. Technische Hilfsmittel (wie oben im Bild) können die Dokumentation erleichtern, indem Beschäftigte z.B. direkt per Smartphone ein- und ausstempeln.
Darf der Arbeitgeber Raucherpausen verbieten?
Außerhalb der vorgeschriebenen Ruhepausen darf der Arbeitgeber zusätzliche Raucherpausen verweigern oder einschränken. Es existiert kein Gesetz, das ein Recht auf Rauchen während der Arbeitszeit einräumt. Daher liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob und in welchem Umfang er Raucherpausen neben den regulären Pausen zulässt. Pauschale Rauchverbote während der Arbeitszeit sind zulässig – das heißt, der Arbeitgeber kann anordnen, dass nur in der Mittagspause oder gar nicht geraucht werden darf. Viele Betriebe wählen einen Mittelweg: Sie erlauben eine gewisse Anzahl kurzer Raucherpausen, verlangen aber konsequentes Ausstempeln und gegebenenfalls Nacharbeit dieser Zeit. Wichtig ist dabei die Gleichbehandlung: Falls Raucher kleine Extrapausen nehmen dürfen, sollte man Nichtrauchern im Gegenzug z.B. gleich lange Kaffeepausen oder Erholungspausen ermöglichen.
Bei der Einführung von Raucherpausen-Regelungen sind auch die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten (betrifft Ordnung des Betriebs und Arbeitszeit). Oft werden daher Betriebsvereinbarungen geschlossen, die genau festlegen, wo und wann geraucht werden darf, wie lange eine Raucherpause maximal sein darf und wie sie auf die Arbeitszeit angerechnet wird. Typische Regelungen sind z.B.: kein Rauchen während der ersten oder letzten Stunde der Schicht, Nutzung bestimmter Raucherecken, und automatische Zeiterfassung jeder Raucherpause. Solche klaren Vereinbarungen schaffen Rechtssicherheit und vermeiden Konflikte im Team.
Hinweis: Selbstverständlich darf während der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen (z.B. Mittagspause) niemand das Rauchen verbieten, solange die allgemeinen Nichtraucherschutz-Regeln (etwa Rauchverbot in geschlossenen Räumen) eingehalten werden. Innerhalb dieser freien Zeit können Beschäftigte nach Belieben eine Zigarette genießen. Darüber hinaus besteht jedoch kein Anspruch, zu beliebigen Zeiten während der Arbeit rauchen zu gehen. Arbeitgeber können dies untersagen oder an Bedingungen knüpfen, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen.
Arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Verstößen
Werden klare Raucherpausen-Regeln aufgestellt, müssen sich Mitarbeiter daran halten – andernfalls drohen arbeitsrechtliche Sanktionen. Verstößt ein Arbeitnehmer beispielsweise gegen die Pflicht auszustempeln oder ignoriert ein ausgesprochenes Rauchverbot, kann der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung erteilen. Schon das einmalige Rauchen während der Arbeitszeit ohne Pause kann als Pflichtverletzung gewertet werden, die eine (verwarnende) Abmahnung rechtfertigt. Wiederholt der Arbeitnehmer das Verhalten trotz Abmahnung, ist der Arbeitgeber in der Regel zu einer verhaltensbedingten Kündigung berechtigt.
Insbesondere das bewusste Nicht-Ausloggen bei Raucherpausen wird von Gerichten als Arbeitszeitbetrug angesehen – eine schwerwiegende Pflichtverletzung. Die Rechtsprechung versteht darunter das Vortäuschen geleisteter Arbeit, obwohl in Wahrheit währenddessen etwa geraucht wurde. Die Folgen können drastisch sein: In einem Fall bestätigte das Landesarbeitsgericht Thüringen die Wirksamkeit einer Kündigung, nachdem eine Arbeitnehmerin trotz Vorgabe mehrfach Raucherpausen nicht erfasst hatte. Das Gericht sah darin einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB, der an sich sogar eine fristlose (außerordentliche) Kündigung gerechtfertigt hätte. Zwar wurde hier „nur“ fristgerecht gekündigt, doch betonten die Richter, dass das Vertrauensverhältnis durch den Zeitbetrug so massiv zerstört sei, dass auch eine fristlose Entlassung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein könne. Voraussetzung für eine Kündigung ohne Abmahnung ist allerdings, dass es sich um einen besonders schweren oder wiederholten Verstoß handelt, bei dem von vornherein klar ist, dass das Verhalten vom Arbeitgeber keinesfalls toleriert wird.
Auch in früheren Fällen haben Gerichte ähnlich entschieden: Das LAG Rheinland-Pfalz hielt bereits 2010 fest, dass kein Anspruch auf bezahlte Raucherpausen besteht und dass ein wiederholtes Nicht-Ausstanzen trotz entsprechender Anweisung einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen kann. Selbst die Berufung auf Nikotinsucht schützt nicht vor Konsequenzen: Ein suchtabhängiger Raucher kann nicht geltend machen, er sei unfähig, die Stempeluhr zu bedienen – so eine ausdrückliche Feststellung des LAG Rheinland-Pfalz. Mit anderen Worten: Das Bedürfnis zu rauchen entschuldigt nicht die Verletzung der Dokumentationspflicht.
Zusammengefasst: Arbeitgeber sind bei Verstößen gegen Raucherpausen-Regeln nicht machtlos. Meist erfolgt beim ersten Verstoß eine Abmahnung; bei erneuten oder gravierenden Verstößen kann die Kündigung drohen. Die Arbeitsgerichte haben deutlich gemacht, dass beim Thema Arbeitszeitbetrug kein Spaß verstanden wird. Arbeitnehmer sollten daher sorgfältig darauf achten, vorgegebene Zeiterfassungssysteme korrekt zu bedienen, um keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu riskieren.
Praxistipps
Für Arbeitgeber: Sie müssen Raucherpausen nicht als Arbeitszeit anerkennen und sind nicht verpflichtet, über die gesetzliche Pause hinaus Rauchen während der Arbeit zu gestatten. Gleichwohl kann es der Betriebsfrieden fördern, mit rauchenden Mitarbeitern einen praktikablen Kompromiss zu finden. Empfehlenswert sind klare betriebliche Regelungen (z.B. per Betriebsvereinbarung), die Umfang und Handhabung von Raucherpausen festschreiben. Dadurch wissen alle Mitarbeiter – Raucher wie Nichtraucher – woran sie sind. Wichtig ist, festzulegen, dass Raucherpausen auszustempeln sind bzw. nicht zur Arbeitszeit zählen. Zudem sollten Sanktionen bei Verstößen (Abmahnung, Kündigung) transparent benannt werden. Nicht zuletzt ist der Nichtraucherschutz zu beachten: Rauchverbote in bestimmten Bereichen und Schutz der nicht rauchenden Kollegen sind gesetzlich geboten.
Für Arbeitnehmer: Ein eigenmächtiger Griff zur Zigarette während der Arbeitszeit ist riskant. Es gibt kein einklagbares Recht auf diese Extra-Pause, sondern allenfalls das, was der Arbeitgeber freiwillig erlaubt. Nutzen Sie also die offiziellen Pausenzeiten zum Rauchen oder halten Sie sich genau an die vom Arbeitgeber vorgegebenen Raucherpausen-Regeln. Stempeln Sie immer ordnungsgemäß aus, wenn dies verlangt wird, auch wenn die Pause nur wenige Minuten dauert. Diese kleine Mühe ist zumutbar und unerlässlich, um Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren – andernfalls droht ein Vertrauensverlust. Sollte Ihr Arbeitgeber Raucherpausen gar nicht erlauben, müssen Sie sich daran halten und können nicht einfach heimlich Pausen einlegen. Stattdessen können Sie beispielsweise vor oder nach der Arbeit oder in der Mittagspause rauchen. Wer die Vorgaben bewusst ignoriert, riskiert Abmahnungen und im Wiederholungsfall sogar den Verlust des Arbeitsplatzes. Kurz gesagt: Raucherpausen ja – aber nur nach den Regeln! Halten sich beide Seiten an klare Vereinbarungen, lassen sich Konflikte vermeiden und ein faires Miteinander von Rauchern und Nichtrauchern erreichen.