Hintergrund des Falls
Eine Tierhalterin in Bayern (Antragstellerin) hatte ihre sechs Monate alte Viszla-Hündin „Bella“ über längere Zeit erheblich vernachlässigt. Nach einem Hinweis kontrollierte das Veterinäramt München Anfang Februar 2025 die Hundehaltung. Dabei wurde „Bella“ in einem alarmierend schlechten Zustand vorgefunden: Der junge Hund war stark abgemagert (Body-Condition-Score nahe 1 von 9, etwa nur die Hälfte des Rasse-Normalgewichts) und insgesamt verwahrlost (reduziertes Allgemeinbefinden, Ohrmilbenbefall). Vor Ort ordnete die Amtstierärztin sofort die Fortnahme des Tieres an, da akute Lebensgefahr bestand – die Halterin hatte sich geweigert, einen Tierarzt aufzusuchen, und keinerlei Einsicht gezeigt. Stattdessen behauptete sie, „Bella“ sei weder zu dünn noch krank und brauche keine andere Fütterung. Sie beschimpfte das Kontrollpersonal und erklärte, sie füttere den Hund so, wie es der ungarische Züchter empfohlen habe. „Bella“ wurde daraufhin sichergestellt, in einem Tierheim untergebracht und tierärztlich versorgt. Bereits auf der Fahrt ins Tierheim fraß der ausgehungerte Hund gierig das angebotene Futter. Innerhalb weniger Tage besserte sich ihr Zustand erheblich – es wurde festgestellt, dass keine Erkrankung vorlag, sondern allein eine quantitative und qualitative Mangelernährung die Ursache der Abmagerung war (nach einigen Tagen angemessener Fütterung nahm sie fast 4 kg zu).
Mit Bescheid vom 17. Februar 2025 bestätigte das Landratsamt München die dauerhafte Fortnahme der Hündin auf Grundlage von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tierschutzgesetz (TierSchG). Zudem ordnete die Behörde an, dass das Eigentum an „Bella“ auf den Staat übergeht und die Halterin die Veräußerung (Weitervermittlung) der Hündin zu dulden habe (Veräußerungsanordnung). Ferner wurde die sofortige Vollziehung dieser Maßnahmen angeordnet, d.h. die Halterin durfte nicht bis zum Abschluss eines Gerichtsverfahrens auf die Rückgabe warten.
Die Halterin erhob daraufhin Klage gegen diesen Bescheid und beantragte einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO, um bis zur Gerichtsentscheidung in der Hauptsache ihre Hündin zurückzubekommen. Sie machte geltend, die Maßnahmen verletzten sie in ihrem Eigentumsrecht und seien unverhältnismäßig. Inzwischen habe sie Einsicht gezeigt und sei bereit, den Hund künftig ordnungsgemäß zu halten, zu füttern und tierärztlich versorgen zu lassen. Sie habe bereits eine Tierarztpraxis kontaktiert, wolle sich bei der Fütterung beraten lassen und habe sich zu einem „Hundeführerschein“-Kurs angemeldet. Durch Auflagen wie regelmäßige Tierarztbesuche und unangekündigte Kontrollen könne das Veterinäramt den Tierschutz sicherstellen – ein endgültiger Entzug des Tieres sei daher nicht nötig.
Entscheidung des VG München (erste Instanz)
Das Verwaltungsgericht München (VG) gab der Halterin in erster Instanz teilweise Recht. Mit Beschluss vom 20. Mai 2025 (Az. M 23 S 25.1605) stellte das VG die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her und ordnete an, dass „Bella“ an die Halterin zurückzugeben sei – allerdings unter strengen Auflagen. Insbesondere müsse die Halterin die Hündin ab Juni 2025 monatlich tierärztlich untersuchen lassen und dem Landratsamt jeweils einen Befundbericht vorlegen. Bei Nichteinhaltung dieser Auflage oder neuen Verstößen hätte die Behörde die Möglichkeit, den Hund erneut fortzunehmen. Mit dieser Zwischenregelung versuchte das VG, im Eilverfahren sowohl dem Eigentumsinteresse der Halterin als auch dem Tierschutz Rechnung zu tragen. Es betonte, die Erfolgsaussichten der Klage seien offen; angesichts der Schwere des Eingriffs – eine endgültige Wegnahme mit Veräußerung sei irreversibel – müsse vorläufig das mildere Mittel genügen, den Hund zurückzugeben, jedoch unter engmaschiger Kontrolle. Die Verantwortung der Halterin für die Gesundung ihres Tieres und die auferlegte Nachweispflicht würden sicherstellen, dass bis zum Hauptsacheurteil keine tierschutzwidrigen Zustände mehr eintreten.
Gegen diesen Beschluss legte der Freistaat Bayern (Landesanwaltschaft) Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) ein. Die Behörde hielt die Rückgabe von „Bella“ selbst unter Auflagen für unvertretbar, da akute Wiederholungsgefahr bestanden habe. Die einmaligen gravierenden Verstöße der Halterin und ihre völlige Uneinsichtigkeit ließen erwarten, dass das Tier bei ihr erneut leiden würde. Auch ein monatliches Tierarztattest könne eine tägliche mangelhafte Fütterung nicht rechtzeitig verhindern, denn innerhalb eines Monats könne der Hund wieder erheblich abmagern. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass inzwischen ein sofort vollziehbares Hundehaltungs- und Betreuungsverbot gegen die Halterin erlassen worden sei, was einer Rückgabe ebenfalls entgegenstehe. Angesichts des hohen Rangs des Tierschutzes (Staatsziel in Art. 20a GG) sei der Entzug des Tieres bei solch schweren Verstößen zum Schutz des Hundes geboten.
Rechtlicher Rahmen: Tierschutzgesetz und behördliche Eingriffsbefugnisse
Nach § 2 TierSchG ist jeder Tierhalter verpflichtet, sein Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen. Bei Hunden wird diese allgemeine Pflicht durch § 8 Abs. 1 Satz 2 der Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV) konkretisiert: „Sie hat den Hund mit artgemäßem Futter in ausreichender Menge und Qualität zu versorgen.“. Im vorliegenden Fall stand außer Frage, dass die Halterin dieser Grundpflicht in krasser Weise nicht nachgekommen war – das Tier litt unter erheblichem Hunger und Pflegevernachlässigung über längere Zeit.
Das Tierschutzgesetz gibt den Behörden weitreichende Befugnisse, um leidende Tiere zu schützen. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG ermächtigt die Behörde insbesondere dazu, ein Tier fortzunehmen und auf Kosten des Halters anderweitig pfleglich unterzubringen, wenn es nach amtstierärztlichem Gutachten erheblich vernachlässigt ist (oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufweist). Diese Unterbringung ist grundsätzlich als vorübergehend gedacht – der Halter soll die Chance erhalten, binnen einer bestimmten Frist wieder tierschutzgerechte Zustände herzustellen. Erst wenn nach Fristsetzung keine ausreichende Haltung durch den Halter sichergestellt werden kann, darf die Behörde das Tier veräußern (d.h. einem neuen Besitzer zuführen). In der Praxis bedeutet dies: Die endgültige Entziehung des Eigentums am Tier ist als letztes Mittel („ultima ratio“) vorgesehen, falls der Halter nicht willens oder in der Lage ist, die Missstände abzustellen.
Allerdings kann die Behörde ausnahmsweise auf eine Fristsetzung verzichten, wenn bereits feststeht, dass eine Rückkehr des Tieres zum Halter auf absehbare Zeit nicht in Betracht kommt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Tierhaltungsverbot gegen den Halter ergangen ist oder wenn aufgrund der Umstände – etwa gravierender wiederholter oder uneinsichtiger Verstöße – ausgeschlossen erscheint, dass der Halter zeitnah eine tierschutzgerechte Haltung gewährleisten wird. Genau diese Frage stellte sich im Fall „Bella“: War der Halterin trotz ihrer Beteuerungen eine zweite Chance einzuräumen, oder war derartiges Misstrauen gerechtfertigt, dass eine dauerhafte Fortnahme ohne weitere Frist verhältnismäßig war?
Beschluss des Bayerischen VGH vom 21. Juli 2025 (Az. 23 CS 25.1046)
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 21. Juli 2025 die Entscheidung der Vorinstanz abgeändert. Der Eilantrag der Halterin wurde vollumfänglich abgelehnt, sodass die sofort vollziehbare dauerhafte Fortnahme und Veräußerungsanordnung aufrechterhalten bleibt. Die Hündin verbleibt bis auf Weiteres in der Obhut des Tierheims bzw. der Behörde. Im Folgenden werden die Kernaussagen des VGH näher erläutert.
Erhebliche Vernachlässigung rechtfertigt Fortnahme
Zunächst bestätigt der VGH, dass die Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TierSchG zweifelsfrei erfüllt sind. Die Hündin „Bella“ war nach amtstierärztlicher Feststellung bei der Inobhutnahme „am Verhungern“ – ein eindeutiger Fall erheblicher Vernachlässigung. Elementarste Halterpflichten wie eine ausreichende Fütterung wurden eklatant verletzt, was bereits zu erheblichen Leiden des Tieres geführt hatte. Dass die Halterin dies anders darstellte, konnte die fachkundige Einschätzung der Amtstierärzte nicht erschüttern. Der BayVGH betont, dass einem amtstierärztlichen Gutachten grundsätzlich hoher Beweiswert zukommt; bloßes Bestreiten oder pauschale Behauptungen des Tierhalters genügen regelmäßig nicht, um einen nachgewiesenen Tierschutzverstoß zu entkräften. Im vorliegenden Fall hatte die Antragstellerin bis zuletzt behauptet, es sei alles in Ordnung gewesen – diese Einwände waren substanzlos und standen im Widerspruch zu den objektiven Befunden (dramatisches Untergewicht, Entwicklungsrückstand, akute Gesundheitsgefährdung).
Keine Fristsetzung bei fehlender Einsicht des Halters
Obwohl § 16a TierSchG grundsätzlich eine Frist zur Herstellung tierschutzgerechter Bedingungen vorsieht, hielt der VGH im konkreten Fall eine solche Frist für entbehrlich. Maßgeblich war die Beurteilung der Zuverlässigkeit und Einsichtsfähigkeit der Halterin. Der Senat stellte fest, dass die Antragstellerin weder während der Kontrolle noch im Nachgang irgendein Fehlverhalten eingeräumt hat. Im Gegenteil: Sie beharrte wiederholt darauf, der Hund sei gesund, nicht zu dünn gewesen, und Tierärzte hätten „keine Ahnung“. Selbst als der Hund bereits in Obhut war, blieb sie bei ihrer Darstellung, sie habe bei der Fütterung nichts falsch gemacht und „Bella“ sei es bei ihr gut gegangen. Diese beharrliche Uneinsichtigkeit zeigte nach Ansicht des Gerichts, dass eine nachhaltige Besserung der Haltungsbedingungen nicht zu erwarten stand.
Der VGH führt dazu aus, ohne greifbare Anhaltspunkte für das Gegenteil könne eine negative Prognose weiterer Tierschutzverstöße aus der Anzahl und Schwere bisheriger Verstöße hergeleitet werden. Hier genüge ein einmaliges Fehlverhalten, wenn es sich – wie hier – um grobe Verstöße mit erheblichen Leiden handelte. Genau dies war bei „Bella“ der Fall: Eine einzige Phase extremer Vernachlässigung des Welpen reichte aus, um ernsthafte Gesundheitsschäden herbeizuführen, weshalb eine Wiederholung unbedingt verhindert werden muss. Mit anderen Worten: Schon ein gravierender Fall kann das Vertrauen in die zukünftige Tierhaltung eines Halters zerstören, sofern keine klaren Anzeichen für eine Läuterung erkennbar sind.
Die Halterin hatte im Beschwerdeverfahren ihre plötzliche Einsicht betont und verschiedene Absichtserklärungen abgegeben (Tierarztbesuche, Hundeschule etc.). Der VGH misst diesen Beteuerungen jedoch keinerlei überzeugendes Gewicht bei. Er bezeichnet sie als bloße „Lippenbekenntnisse“, die im diametralen Gegensatz zu ihrem bisherigen Verhalten stehen und nicht auf echter Reue oder Verständnis für den Verstoß beruhen. Insbesondere sei unglaubhaft, dass es „nie ihre Absicht gewesen“ sei, dem Hund zu schaden, wo sie doch gleichzeitig – noch im Februar – darauf beharrt hatte, der Hund solle „nicht so viel fressen“ und müsse so dünn sein, wie sie ihn gehalten hatte. Auch ihre Erklärung, die abwehrenden Äußerungen („dem Hund sei es gut gegangen“ etc.) seien nur aus Überforderung und Panik erfolgt, überzeugt das Gericht nicht. Vielmehr dokumentiert die Akte eine konsequente Uneinsichtigkeit der Antragstellerin bis zuletzt, was ihre neuen Aussagen als unglaubhafte Schutzbehauptungen erscheinen lässt. Ein unter dem Druck eines laufenden Verfahrens gezeigtes vorübergehendes „Wohlverhalten“ – etwa die vereinzelten Tierarztkontakte nach dem VG-Beschluss – könne ohne einen erkennbaren inneren Sinneswandel keine grundlegende Verhaltensänderung belegen (ständige Rechtsprechung).
Unter diesen Umständen durfte die Behörde laut VGH davon ausgehen, dass eine tierschutzgerechte Haltung durch die Halterin auf absehbare Zeit nicht sichergestellt werden kann. Die Rückgabe des Hundes kam daher von vornherein nicht in Betracht, so der Senat. Folglich war es rechtmäßig, keine Frist zur Nachbesserung einzuräumen und unmittelbar die endgültige Fortnahme samt Veräußerungsbefugnis anzuordnen. Der Erlass des (parallel verfügten) Tierhaltungsverbots für Hunde bestätigte diese Einschätzung zusätzlich.
Verhältnismäßigkeit: Tierwohl geht vor Eigentumsrecht
Der VGH hebt hervor, dass die angeordnete dauerhafte Fortnahme und Veräußerung trotz des Eingriffs in das Eigentumsgrundrecht der Halterin verhältnismäßig und ermessensgerecht ist. Zwar verliert die Halterin dadurch ihr Tier und erleidet wirtschaftlichen Schaden, doch überwiegt das Wohl des Tieres und das öffentliche Interesse am Tierschutz in diesem Fall bei weitem. Das Staatsziel Tierschutz (Art. 20a GG) stellt ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut dar, das hier das private Interesse der Halterin deutlich überwiegt. Mit Blick auf die Schwere der festgestellten Verstöße und die fehlende Einsicht der Halterin durfte die Behörde annehmen, dass mildere Mittel (etwa Auflagen bei belassener Hundehaltung) nicht zum Erfolg führen würden. Die dauerhafte Wegnahme war zur Abwehr weiterer Leiden des Tieres erforderlich und angemessen.
Das Gericht verweist darauf, dass § 16a TierSchG bewusst die Möglichkeit einer „faktischen Enteignung“ des Halters vorsieht, wenn dies zum Schutz des Tieres erforderlich ist. Diese Vorschrift bewegt sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Schranken des Eigentums (Art. 14 GG), gerade weil sie der Umsetzung des Staatsziels Tierschutz dient. Auch in einem Eilverfahren ist eine solche Maßnahme nicht von vornherein unzulässig – der Gesetzgeber hat entschieden, dass in gravierenden Fällen das Tierwohl sofort und endgültig zu sichern ist, selbst wenn dadurch Eigentumspositionen unwiederbringlich verloren gehen. Die wirtschaftliche Belastung für die Halterin (Verlust des Kaufpreises/Werts des Hundes) wiegt vergleichsweise gering; im Übrigen würden die laufenden Kosten der Unterbringung im Tierheim rasch den Wert des Tieres übersteigen, was die Veräußerung auch unter diesem Aspekt sachgerecht erscheinen lässt.
Sofortvollzug zum Schutz von „Bella“ – keine Rückkehr in ein gefährliches Umfeld
Besonders eindringlich begründet der VGH, warum „Bella“ auf keinen Fall auch nur vorübergehend an die Halterin zurückgegeben werden durfte. Zum einen bestünde während des (möglicherweise langen) Hauptsacheverfahrens die konkrete Gefahr, dass der Hund erneut unzureichend gefüttert oder gepflegt würde – ein Risiko, das angesichts der bisherigen Erfahrungen nicht hingenommen werden kann. Zum anderen spielt das Gericht auch auf die psychische Gesundheit und Entwicklung des Junghundes an. Nach all den Entbehrungen bei der Halterin wäre eine Rückkehr für „Bella“ potenziell traumatisch. Der Senat stellt klar, es liege „auf der Hand“, dass bei einer – selbst nur vorläufigen – Rückgabe des Tieres an die Person, **„die sie fast verhungern hat lassen“, die Gefahr einer Retraumatisierung besteht, was aus Sicht des Tierwohls keinesfalls hinnehmbar ist. Eine solche Belastung des Tieres zuzulassen widerspräche dem Sinn des Tierschutzrechts.
Diese Einschätzung deckt sich auch mit der fachkundigen Meinung der Tierschutz-Expertin des Tierheims, in dem „Bella“ untergebracht ist. Laut deren Stellungnahme wäre es für die Psyche der Hündin nicht zuträglich, sie jetzt aus ihrer stabilen Umgebung im Tierheim herauszureißen und zur Halterin zurückzugeben – nur um sie dann womöglich erneut wegnehmen zu müssen. Die junge Hündin hat inzwischen Bindungen zu ihrer Pflegerin und den anderen Tieren aufgebaut; ein Hin-und-Her würde erheblichen Stress bedeuten. Der VGH nimmt diese tierwohlorientierten Argumente ausdrücklich auf und untermauert damit die Notwendigkeit des strikten Vorgehens.
In der Abwägung der Interessen musste somit das Interesse der Halterin, bis zu einer endgültigen Gerichtsentscheidung von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, hinter den dringlichen Belangen des Tierschutzes zurücktreten. Die sofortige Vollziehung der Fortnahme- und Veräußerungsanordnung war gerechtfertigt, um weiteres Leiden von „Bella“ abzuwenden. Ein möglicher irreversibler Eingriff in die Rechte der Halterin ist hier hinzunehmen, da ohne den Sofortvollzug das Tier bis zur Bestandskraft des Bescheids weiter gefährdet wäre. In prägnanten Worten fasst der VGH zusammen: Zum Schutz der Tiere im Sinne von Art. 20a GG hat der Halter die Folgen tierschutzrechtlicher Anordnungen schon vor einer endgültigen Entscheidung hinzunehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass sonst erneut eine Gefahr für eine angemessene Ernährung, Pflege und Unterbringung des Tieres entsteht. Genau einen solchen Anlass sah das Gericht im Verhalten der Antragstellerin gegeben.
Bedeutung für Tierhalter und Tierschützer
Dieser Beschluss des BayVGH unterstreicht mit Nachdruck, dass das Wohl des Tieres Vorrang vor den Interessen des Tierhalters hat, sobald gravierende Verstöße vorliegen. Für Tierhalter bedeutet dies eine klare Warnung: Wer sein Tier derart vernachlässigt, riskiert nicht nur die vorübergehende Wegnahme, sondern den endgültigen Verlust des Tieres und seines Eigentums daran. Selbst eine erstmalige Pflichtverletzung kann ausreichen, um ein Haustier dauerhaft zu entziehen, wenn es sich – wie bei „Bella“ – um einen besonders schweren Fall von Tierleid handelt. Die typischen Argumente uneinsichtiger Halter („War doch gar nicht so schlimm“, „Ich mache es ab jetzt besser“) finden bei den Gerichten wenig Gehör, sofern sie im Widerspruch zu den objektiven Tatsachen stehen. Entscheidend ist das objektive Tierwohl und die Gewähr, dass das Tier zukünftig artgerecht versorgt wird – fehlt diese Gewähr, müssen Halterrechte zurückstehen.
Zugleich liefert die Entscheidung Tierärzten, Veterinärbehörden und Tierschützern Rückenwind bei ihrem Einsatz gegen Tierquälerei durch Unterlassen. Der Staat verfügt über wirksame Instrumente, um Tiere aus schlechter Haltung zu befreien, und die Gerichte bestätigen deren konsequente Anwendung im Interesse des Tierschutzes. Der BayVGH macht deutlich, dass Behörden nicht abwarten müssen, bis ein uneinsichtiger Halter sein Verhalten vielleicht ändert, wenn die Fakten auf anhaltende Gefährdung des Tieres hindeuten. Im Zweifel ist es zulässig und geboten, sofort und endgültig Fakten zu schaffen, um das Tier zu retten – selbst wenn dies für den Halter den schweren Eingriff einer faktischen Enteignung bedeutet. Art. 20a GG, der den Tierschutz als nationales Ziel verankert, verleiht diesem Schutzauftrag besonderes Gewicht.
Für Tierschützer ist dieser Beschluss deshalb ein positives Signal: Die Rechtsordnung stellt den Schutz des leidenden Tieres klar über das Eigentumsrecht des Verursachers. Die Gerichte verlangen kein „zweites Leid“ als Bewährungsprobe für uneinsichtige Tierhalter – vielmehr steht präventiv der Gedanke der Tierleidvermeidung im Vordergrund. Sobald eine nachhaltige Besserung nicht erkennbar ist, darf ein Tier dauerhaft in bessere Hände gegeben werden. Im Fall „Bella“ wurde genau dies erreicht: Die Hündin bleibt in fürsorglicher Obhut und kann auf ein artgerechtes Leben hoffen, während die Halterin die Konsequenzen ihres Verhaltens tragen muss. Diese Entscheidung schafft somit auch Präzedenz für zukünftige Fälle, dass Tierquälerei durch Unterlassen nicht toleriert wird und Tierhalter bei schweren Verstößen ihre Rechte am Tier verwirken können.
Der BayVGH-Beschluss vom 21. Juli 2025 ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Durchsetzung des Tierschutzrechts. Er zeigt, dass Behörden und Gerichte entschlossen handeln, um Tiere vor weiteren Leiden zu bewahren – selbst wenn dies harte Einschnitte für den Halter bedeutet. Tierhalter sollten die darin enthaltene Botschaft ernst nehmen: Die artgerechte Versorgung ihres Tieres ist nicht nur moralische Pflicht, sondern auch rechtliche Voraussetzung dafür, das Tier behalten zu dürfen. Andernfalls schreitet der Staat zum Wohle der Schutzbefohlenen ein – im Zweifel unverzüglich und endgültig.